Entscheidungsdatum
27.09.2018Index
90/02 KraftfahrgesetzNorm
KFG 1967 §26 Abs5Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch die Richterin Mag. Manuela Flir über die Beschwerde von AB AA, AF 6/1, AD AE, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 9.8.2017, Zahl xxx, betreffend eine Übertretung gemäß Kraftfahrgesetz (KFG),
zu Recht:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 20 zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (belangte Behörde) dem Beschwerdeführer folgende Verwaltungsübertretung angelastet:
"Angaben zur Tat:
Zeit der Begehung: 24.08.2016, 14:05 Uhr
Ort der Begehung: AE/ Höhe
AQ 10, Richtung Kindergarten AE
Fahrzeug: Zweirädriges Kleinkraftrad L1e, yyy (A)
? Sie haben als Lenker das Kraftfahrzeug in Betrieb genommen, ohne sich in zumutbarer Weise davon zu überzeugen, dass das Fahrzeug den Vorschriften entspricht und dass Personen nur befördert werden, wenn deren Sicherheit gewährleistet ist. Nähere Angaben: Dem beförderten 2-jährigen Kind war es möglich beide Beine nach außen zu strecken und konnte sich das Kind lediglich an den Rückspiegeln des Fahrzeuges festhalten. Weiters wurde festgestellt, dass das Kind während der Fahrt Zugang zu sämtlichen Bedienelementen (Bremse, Gasgriff, Hupe, Blinker) des angeführten Fahrzeuges hatte, obwohl der Kindersitz so angebracht und beschaffen sein muss, dass durch das Kind nicht die Sicht oder die Bewegungsfreiheit des Lenkers behindert, seine Aufmerksamkeit abgelenkt oder sonst die Sicherheit des Lenkers oder des Kindes selbst gefährdet werden kann.
Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretung begangen:
? Übertretung gemäß
§ 102(1) Kraftfahrgesetz iVm § 106(1) KFG iVm § 26(5) Kraftfahrgesetz
Deshalb wird gegen Sie folgende Verwaltungsstrafe verhängt:
Strafe gemäß:
§ 134(1) Kraftfahrgesetz
Euro
100,00
Ersatzfreiheitsstrafe:
32 Stunden
Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64(2) des Verwaltungsstrafgesetzes, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch je € 10,- (je ein Tag Arrest wird gleich € 100,- angerechnet)
Euro
10,00
Gesamtbetrag:
Euro
110,00"
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. Darin führt der Beschwerdeführer aus, dass er sich im Hinblick auf seine langjährige Erfahrung als Fahrlehrer, lange darüber Gedanken gemacht habe, wie er mit seinem Sohn legal mit einem einspurigen Kraftfahrzeug fahren könne. Zudem habe er hinsichtlich des Kindersitzes selbst und dessen Montage mehrmals Rücksprache mit einem Ingenieur der Landesregierung gehalten, nach Fertigstellung habe dieser die Montage für gut befunden. Auch die von der Behörde eingeholte Stellungnahme der Kfz-Prüfstelle komme zu diesem Ergebnis. Entgegen den Darlegungen im Straferkenntnis sei es auf Grund der Sitzposition seines Sohnes sowie der Lage seiner eigenen Beine nicht möglich gewesen, dass sein Sohn die Beine derart weit nach außen strecke, dass die Fahrzeugbreite überschritten werde. Der Kindersitz verfüge auch über eine Haltemöglichkeit, doch selbst wenn sich sein Sohn an den Rückspiegeln des Fahrzeuges festhalten würde, sei dies, aufgrund der geringen Krafteinwirkung nicht geeignet das Fahrverhalten zu ändern oder zu gefährden. Zudem seien die Spiegel bedeutend mittiger als die Griffe des Fahrers, weshalb die Hebelwirkung nur minimalst sei. Es sei auch ausgeschlossen, dass sein Sohn die Bedienelemente des Motorfahrrades erreichen könne bzw sei seine Kraft nicht ausreichend um Gas oder Bremse zu betätigen. Dagegen berge das im Auto zugelassene Befördern eines Kindes am Beifahrersitz die weitaus größere Gefahr, dass beispielsweise eine elektrische Handbremse oder sonstige in der Mittelkonsole befindliche Bedienelemente betätigt werden.
Die belangte Behörde hat die Beschwerde zusammen mit dem Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Salzburg zur Entscheidung vorgelegt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht konnte abgesehen werden, da ein diesbezüglicher Antrag weder vom Beschwerdeführer noch von der belangten Behörde gestellt worden ist und im Straferkenntnis eine € 500 nicht übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist.
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt als erwiesen festgestellt:
Am 24.8.2016 um 14:05 Uhr hat der Beschwerdeführer das Motorfahrrad (Moped) mit dem amtlichen Kennzeichen yyy auf der AQ 10 in Fahrtrichtung Kindergarten in AE gelenkt und dabei seinen zweijährigen Sohn auf einem zwischen Fahrersitz und Lenkstange fest und sicher montierten Fahrradkindersitz befördert:
Durch die Anbringung des Kindersitzes unmittelbar vor dem Fahrersitz war die Bewegungsfreiheit des Beschwerdeführers behindert. Zudem konnte die Sicht des Beschwerdeführers behindert werden und seine Aufmerksamkeit abgelenkt werden. Diese Form der Beförderung ist außerdem geeignet, sowohl die Sicherheit des Lenkers als auch jene des beförderten Kindes zu gefährden.
Beweiswürdigung:
Der Sachverhaltsfeststellungen fußen, soweit sie Tatzeit, Tatort, Angaben zum beförderten Kind und zum verwendeten Fahrzeug betreffen auf dem Inhalt der Anzeige der Polizeiinspektion AE. Das oben wiedergegebene Lichtbild wurde von den meldungslegenden Polizeibeamten im Zuge der Amtshandlung aufgenommen. Soweit festgestellt wurde, dass der Fahrradkindersitz am Kleinkraftrad fest und sicher montiert war, beruht dies auf der im verwaltungsbehördlichen Verfahren eingeholten Stellungnahme des Amtssachverständigen der Kfz-Prüfstelle vom 2.11.2016, in welcher unter anderem wie folgt, festgehalten wird:
"Beim beanstandeten Kindersitz handelt es sich um ein Fabrikat der Fa. Bobike Type "mini classic". Dieser Sitz wurde vom TÜV-Rheinland als Fahrrad-Kindersitz für Kinder bis 3 Jahre als geeignet geprüft. Dabei gibt es für den Kindersitz keine Einschränkung der Geschwindigkeit. Somit kann der Kindersitz als grundsätzlich "geprüft und geeignet" für Kinder bis 3 Jahre und max 15 kg betrachtet werden.
Bei der Vorrichtung zur Befestigung des Kindersitzes handelt es sich zwar um einen nicht geprüften "Eigenbau", allerdings grundsätzlich technisch einwandfrei gelöst. Die Anbringung eines Kindersitzes muss nicht eingetragen bzw. angezeigt werden, allerdings darf sich die maximale Anzahl der zugelassenen Personen nicht erhöhen.
Zusammengefasst kann die Befestigung bzw. Verankerung des Kindersitzes am Kleinkraftrad als geeignet im Sinne des zitierten Erlasses angesehen werden."
Die Feststellungen zu möglichen Gefährdungen der körperlichen Unversehrtheit von Lenker und Kind ergeben sich aus der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Amtssachverständigen der Kfz-Prüfstelle vom 5.3.2018 sowie aus dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 21.4.2016. Seitens der Kfz-Prüfstelle wurde zu den möglichen physikalischen Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Beförderungsweise Stellung genommen: "Gerade bei starken Abbremsungen oder Stürzen kann nicht ausgeschlossen werden, dass es aufgrund der Massen- und Trägheitsverschiebungen zum Kontakt zwischen Lenker und Kind bzw Kindersitz kommt, die sich auch nachteilig auf die Sicherheit der Beteiligten auswirken kann."
Das Kuratorium für Verkehrssicherheit hat sich in seinem Gutachten vom 21.4.2016 mit der Montage eines Kindersitzes zwischen Lenkstange und Sattel eines Fahrrades auseinandergesetzt und dazu wie folgt festgehalten:
"(..) Gerade bei Sturzmustern wie Frontalzusammenstößen und/oder Fahrradüberschlägen ist das Kind in dieser Position äußerst schlecht gesichert. Der direkte, ungeschützte Anprall von Hindernissen im Kopf- und Brustbereich des Kindes kann schwerste Verletzungen nach sich ziehen. Ist der/die Radfahrende beim Sturz durch die Trägheitskräfte auf den eigenen Körper nicht mehr in der Lage mit den Armen und Händen die "Schutzzelle" zwischen sich und der Lenkstange für das Kind aufrecht zu erhalten, entsteht die zusätzliche Gefahr, dass das Kind zwischen Lenkstange Radfahrenden gequetscht wird. Als problematisch werden dabei vor allem die niedrige Bauarthöhe der Rückenlehne und der fehlende Schutz im Nackenbereich gesehen.
3.5 Alle Positionen vor dem Sattel
Egal, ob vor oder hinter der Lenkstange, bei einer Frontalkollision gerät ein Kind in einer solchen Position zwischen den/die Radfahrende und das Hindernis. Dies bedeutet ein massives Verletzungsrisiko.
Besonders häufig sind im städtischen Bereich Kollisionen mit Türen von parkenden Fahrzeugen. In solchen Fällen könnte ein Kind in einem solchen Kindersitz sogar unmittelbar mit den Türkanten in Berührung kommen, während gleichzeitig der Körper des Erwachsenen mit einem Vielfachen der Masse des Kindes "von hinten anschiebt" (vgl. 3.4).
3.6 Kindersitz hinter dem Sattel
Wie bei der Position zwischen Sattel und Lenkstange erfolgt hier die Montage nahe dem Gesamtschwerpunkt des Systems mit einem kurzen Lastpfad zwischen den beiden größten Einzelmassen. Bei der bei weitem häufigsten Art des Anpralls – vorne – ist das Kind hinter der/dem Radfahrenden gut geschützt. Da hier auch die Verwendung relativ voluminöser Kindersitze möglich ist, kann ein Schutz beim Umfallen zur Seite sehr gut hergestellt werden, was bei einem Kindersitz zwischen Lenkstange und Sattel nicht der Fall ist.
Die Nachteile dieser Position bestehen lediglich darin, dass das Kind keine so gute Aussicht nach vorne hat und, dass es nicht im unmittelbaren Sichtfeld des/der Radfahrenden sitzt. Eine erwachsene Person müsste sich zum Kind umdrehen, was ein gewisses Risiko darstellt."
Das erkennende Gericht geht davon aus, dass die vom Kuratorium für Verkehrssicherheit beschriebenen Gefahren auch bei der Beförderung eines Kindes mit einem Motorfahrrad auf einem unmittelbar vor dem Lenker montierten Sitz gegeben sind. Angesichts der motorisierten Betriebsweise muss wohl sogar von einem noch höheren Gefährdungspotential ausgegangen werden. Der Beschwerdeführer räumte in seiner Stellungnahme von 10.9.2018 selbst ein, dass bei Bremsvorgängen die größte Kraft nach vorne wirke und man 80% seines Körpergewichtes nach vorne sichern müsse. Mit dem Hinweis, dass er sich durchaus in der Lage sehe 80% seines Körpergewichtes mit den Händen am Lenker abzustützen und ihm in seiner Tätigkeit als Fahrlehrer und Instruktor bei Fahrtsicherheitstrainings noch nie passiert sei, dass jemand bei einer Vollbremsung über das Motorrad fliegt, vermochte der Beschwerdeführer die schlüssigen Ausführungen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit nicht zu entkräften. Es war daher für das erkennende Gericht als erwiesen anzusehen, dass im konkreten Fall die Sicherheit, insbesondere des beförderten Kindes, gefährdet gewesen ist.
Zur Feststellung, dass durch die gegenständlich gewählte Beförderungsweise die Bewegungsfreiheit des Lenkers nicht gegeben war, ist auf das Lichtbild zu verweisen, auf welchem deutlich erkennbar ist, dass zwischen Kindersitz und Fahrerplatz nur wenige Zentimeter Freiraum verbleiben. Die Beschränkung sowohl von Arm- als auch von Beinfreiheit des Lenkers ist damit offenkundig. Gerade im Hinblick auf kindestypische, unvorhersehbare Verhaltensweisen oder schlichte Streckbewegungen des Kindes war auch als erwiesen anzusehen, dass die gegenständliche Beförderungsweise eines Kindes unmittelbar vor dem Lenker geeignet war, sowohl dessen Sicht als auch dessen Aufmerksamkeit zu beeinträchtigen. Im Straßenverkehr soll sich die Aufmerksamkeit des jeweiligen Fahrers in erster Linie auf das Straßengeschehen richten, dies erscheint umso schwieriger umzusetzen, wenn sich unmittelbar vor dem Lenker eines Motorfahrrades - also direkt im Blickfeld des Fahrers - ein Kindersitz samt Kleinkind befindet.
Rechtliche Grundlagen:
§ 26 Abs 5 Kraftfahrgesetz (KFG)
Sitze für Kinder unter acht Jahren auf Motorfahrrädern (Kindersitze) müssen mit dem Fahrzeug fest und sicher verbunden sein. Sie müssen so angebracht und beschaffen sein, daß durch das Kind nicht die Sicht oder die Bewegungsfreiheit des Lenkers behindert, seine Aufmerksamkeit abgelenkt oder sonst die Sicherheit des Lenkers oder des Kindes selbst gefährdet werden kann.
§ 102 Abs 1 KFG - Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers
Der Kraftfahrzeuglenker darf ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen; die Überprüfung der Wirksamkeit der Vorrichtungen zum Abgeben von akustischen Warnzeichen darf jedoch nur erfolgen, sofern nicht ein Verbot gemäß § 43 Abs. 2 lit. a StVO 1960 besteht. Berufskraftfahrer haben bei Lastkraftwagen, Sattelzugfahrzeugen, Omnibussen oder Anhängern unverzüglich den Zulassungsbesitzer nachweisbar zu verständigen, wenn das Fahrzeug diesen Vorschriften nicht entspricht.
§ 106 Abs 1 KFG - Personenbeförderung
Mit Kraftfahrzeugen und Anhängern dürfen Personen nur befördert werden, wenn deren Sicherheit gewährleistet ist. Sie dürfen, unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 11, und, sofern bei der Genehmigung nichts anderes festgelegt worden ist, nur auf den dafür vorgesehenen Sitz- oder Stehplätzen und nur so befördert werden, dass dadurch nicht die Aufmerksamkeit oder die Bewegungsfreiheit des Lenkers beeinträchtigt, seine freie Sicht behindert oder der Lenker oder beförderte Personen sonst gefährdet werden. Personen dürfen in Fahrzeugen der Klassen M2 und M3 nur dann liegend befördert werden, wenn dies im Genehmigungsdokument und im Zulassungsschein angeführt ist. Bei der Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen und Anhängern darf, unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 11, die bei der Genehmigung festgesetzte größte zulässige Anzahl der Personen, die mit dem Fahrzeug befördert werden dürfen, nicht überschritten werden. Außer bei Omnibussen und Omnibusanhängern dürfen abgesehen vom Lenker nicht mehr als acht Personen, gleichgültig ob Erwachsene oder Kinder, befördert werden. Bei der Berechnung der Anzahl der Personen, die mit einem Omnibus oder Omnibusanhänger im Kraftfahrlinienverkehr befördert werden, sind drei Kinder unter 14 Jahren als zwei Personen und Kinder unter sechs Jahren nicht zu zählen.
Erwägungen und Ergebnis:
Aus dem einschlägigen § 26 Abs 5 KFG geht hervor, dass Kinder unter acht Jahren auf Motorfahrrädern befördert werden dürfen, sofern der dafür erforderliche Sitz mit dem Fahrzeug fest und sicher verbunden ist und dieser so angebracht und beschaffen ist, dass durch das Kind nicht die Sicht oder die Bewegungsfreiheit des Lenkers behindert, seine Aufmerksamkeit abgelenkt oder sonst die Sicherheit des Lenkers oder des Kindes selbst gefährdet werden kann. Wie oben unter dem Titel "Beweiswürdigung" näher aufgeführt, geht das erkennende Gericht davon aus, dass die verfahrensgegenständliche Beförderungsweise geeignet war, die Sicht und Bewegungsfreiheit des Beschwerdeführers zu behindern, seine Aufmerksamkeit abzulenken und die Sicherheit von Kind und Lenker zu gefährden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es tatsächlich zu einer Beeinträchtigung gekommen ist, vielmehr genügt nach dem Wortlaut des Gesetztes die bloße Möglichkeit. Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt anzusehen.
Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass im Unterschied zu Motorfahrrädern in § 6 Abs 1 Fahrradverordnung für Fahrräder explizit normiert ist, dass der für ein mitfahrendes Kind bestimmte Sitz hinter dem Sattel anzubringen ist. Im Erkenntnis vom 15.3.2017, V 102/2015 hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) den Antrag, die in § 6 Abs 1 Fahrradverordnung enthaltene Wortfolge "hinter dem Sattel" als gesetzwidrig aufzuheben, abgewiesen. In der Begründung seiner Entscheidung verweist der VfGH auf das oben auszugsweise wiedergegebene Gutachten des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 21.4.2016. Die in diesem Gutachten formulierten Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Beförderung eines Kindes auf einem Fahrrad mit einem zwischen Lenkstange und Sattel montierten Kindersitz waren auf Grund der Vergleichbarkeit von Fahrrädern und Motorfahrrädern auch für die gegenständlich erforderliche Beurteilung des Gefährdungspotentials für Lenker und Kind maßgeblich.
Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 Satz 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) handelt. Bei diesen Delikten genügt bereits fahrlässiges Verhalten für die Verwirklichung der subjektiven Tatseite. Dabei ist es in der Sphäre eines Beschuldigten gelegen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Der Beschwerdeführer führt in diesem Zusammenhang aus, nach "bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben". Für ihn als Fahrlehrer sei maßgeblich, dass er sich mit seinen Schülern korrekt im Straßenverkehr bewege, ohne jemanden zu gefährden, es würde ihm daher auch nie einfallen seinen Sohn in Gefahr zu bringen. Einzuräumen ist, dass für Motorfahrräder, anders als für Fahrräder, die zulässige Anbringungsposition eines Kindersitzes nicht explizit vorgeschrieben ist. Unter Bedachtnahme auf die in § 26 Abs 5 Satz 2 KFG angeführten Kriterien, wird aber deutlich, dass die im konkreten Fall gewählte Beförderungsweise nicht zulässig ist. Dem Beschwerdeführer ist daher fahrlässiges Verhalten anzulasten.
Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren (§ 40 bis 46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwiegen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Für die gegenständliche Verwaltungsübertretung sieht § 134 KFG eine Geldstrafe von bis zu € 5.000 im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen vor.
Der Beschwerdeführer hat durch die unzulässige Beförderung sowohl die körperliche Unversehrtheit seines Sohnes als auch seine eigene gefährdet. Der Unrechtsgehalt der zu beurteilenden Tat ist daher als nicht unbeträchtlich zu qualifizieren. An Verschulden ist dem Beschwerdeführer - wie ausgeführt - Fahrlässigkeit vorzuwerfen.
Straferschwerende Gründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Strafmildernd war die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers im Bundesland Salzburg zu berücksichtigen. Ausgehend von durchschnittlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen und dem Umstand, dass sich die verhängte Geldstrafe im Verhältnis zur Höchststrafe ohnehin im untersten Bereich befindet, konnte eine Unangemessenheit nicht festgestellt werden. Ein Überwiegen von Milderungsgründen und damit eine mögliche Anwendung einer außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG war verfahrensgegenständlich nicht gegeben. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass die Voraussetzung für den Ausspruch einer Ermahnung gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG vorgelegen wären. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu der unter Spruchpunkt II. ausgesprochenen Kostenentscheidung ist festzuhalten, dass diese auf den angegebenen Gesetzesbestimmungen beruht. Gemäß § 52 Abs 2 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Gemäß Abs 2 leg cit ist dieser Beitrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der jeweils verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10 zu bemessen.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen oder ist diese als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Verkehrsrecht, Kraftfahrgesetz, Moped, Beförderung eines KleinkindesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2018:405.4.1486.1.13.2018Zuletzt aktualisiert am
14.11.2018