Entscheidungsdatum
10.10.2018Norm
WRG 1959 §29Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde der „A gesellschaft m.b.H.“, ***, ***, vertreten durch Rechtsanwalt C, in ***, ***, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt St. Pölten vom 21.03.2018, Zl. ***, betreffend den Austritt aus der *** Wasserwerksgenossenschaft nach dem Wasserrechtsgesetz 1959
(WRG 1959), zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Absatz 1 und Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgewiesen.
2. Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Beschwerdeführerin legte mit Schreiben vom 13. Juni 2005 einen technischen Bericht von B vom 10.06.2005 der belangten Behörde vor und suchte gleichzeitig um „Stilllegung des Kleinwasserkraftwerkes ***“ an.
Der technische Bericht enthält im Punkt 2.4 eine Beschreibung der geplanten letztmaligen Vorkehrungen und im Punkt 8 „Vorkehrungen für den weiteren Betrieb des gegenständlichen Werkskanalabschnittes und der verbleibenden Ausrüstungen“.
Mit Bescheid vom 08. August 2005 erklärte dann die belangte Behörde unter Spruchabschnitt I. die mit Bescheid vom 16. Jänner 1931 unbefristet erteilte wasserrechtliche Bewilligung für den Betrieb des Kleinwasserkraftwerkes „***“ im Bereich des *** auf den Grundstücken *** und *** der Katastralgemeinde ***, eingetragen unter der Wasserbuchpostzahl *** für den Verwaltungsbezirk der ***, (aufgrund Verzichtes) für erloschen.
Spruchabschnitt II. dieses Bescheides lautete:
„Gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1991 wird festgestellt, dass nach Maßgabe der mit Hinweis auf diesen Bescheid versehenen Einreichunterlagen und der unter I. angeführten Kosten letztmalige Vorkehrungen nicht erforderlich sind.
Die A gesellschaft m.b.H. verpflichtet sich, 30 Jahre Mitglied bei der *** Wasserwerksgenossenschaft zu bleiben.“
Spruchabschnitt III enthält die Vorschreibung von Kommissionsgebühren und Barauslagen.
Aufgrund dagegen eingebrachter Berufung hob der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Berufungsbescheid vom 31. Oktober 2005 als Berufungsbehörde den Ausspruch in Punkt II. zweiter Absatz (Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur 30jährigen Mitgliedschaft bei der *** Wasserwerksgenossenschaft) ersatzlos auf.
Infolge Beschwerdeerhebung durch die *** Wasserwerksgenossenschaft und die D GmbH hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. April 2006, ***, diesen Berufungsbescheid auf.
Begründend führte das Höchstgericht aus, dass das Verfahren nach § 29 WRG (Erlöschensfeststellung) kein Bewilligungsverfahren und von Amts wegen durchzuführen sei. Es wäre aber ungeachtet der Amtswegigkeit ein subjektiv-öffentliches Recht des scheidenden Wasserberechtigten auf behördlichen Abspruch nach § 29 WRG 1959 zu bejahen und folge daraus, dass ihm auch das Recht zustehe, einen Antrag auf Durchführung eines solchen Verfahrens einzubringen. Es spreche auch nichts dagegen, dass der Antragsteller dem Antrag auch ein „Projekt“ mit Vorschlägen für letztmalige Vorkehrungen anschließe. Wenn der Wasserberechtigte selbst dauernde Erhaltungsmaßnahmen vorschlage, sei die Behörde zwar nicht daran gebunden, sie könnten aber bei Eignung zur Erreichung der Zielsetzungen des § 29 WRG Eingang in den nach dieser Bestimmung zu erlassenden Bescheid finden.
Der Spruchabschnitt II. des Bescheides vom 08.08.2005 sei zwar nicht so gestaltet, dass nicht ohne weiteres erkennbar wäre, was damit gemeint sei, aber unter Zuhilfenahme der Begründung ließe sich der Inhalt ermitteln. Aufgrund der Übernahme der Ausführungen des Amtssachverständigen in die Begründung des Bescheides und aufgrund des Verweises auf die Einreichunterlagen im Spruchabschnitt II ergäbe sich, dass die Behörde von der Annahme ausginge, dass sich letztmalige Vorkehrungen erübrigten, wenn die Beschwerdeführerin die in ihren Einreichunterlagen unter Punkt 8 vorgesehene weitere Erhaltung der dort bezeichneten Gewässerstrecke im Rahmen einer weiter aufrecht bleibenden Mitgliedschaft bei der Wasserwerksgenossenschaft übernehme. Mit dem genannten Spruchabschnitt würde damit die Erstbehörde die Beschwerdeführerin im Rahmen einer weiteren Mitgliedschaft bei der Wasserwerksgenossenschaft verpflichten, die im Punkt 8 des Einreichoperates vorgesehene weitere Erhaltung der Gewässerstrecke zu übernehmen.
Da kein Anspruch darauf bestünde, dass die Beschwerdeführerin Mitglied der Wasserwerksgenossenschaft bliebe, mangels Vorliegens einer Rechtsgrundlage, sei die Aufhebung dieses Ausspruches durch die Berufungsbehörde zu Recht erfolgt. Diese teilweise Aufhebung des Spruchabschnittes II durch die Berufungsbehörde bewirke aber, dass der Inhalt des verbleibenden Teiles völlig unklar werde. Es könne aus ihm nicht mehr abgeleitet werden, dass die Beschwerdeführerin zur weiteren Erhaltung der Gewässerstrecke verpflichtet wäre, wie dies in ihren Einreichunterlagen vorgesehen gewesen wäre. Der Berufungsbescheid wäre daher aufzuheben gewesen.
In weiterer Folge zog die Beschwerdeführerin ihre Berufung - eingelangt bei der Berufungsbehörde am 01.06.2007 - zurück, weshalb das Berufungsverfahren eingestellt wurde. Der erstinstanzliche Bescheid vom 08.08.2005 erwuchs damit am 01.06.2007 in vollem Umfang in Rechtskraft.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt St. Pölten vom 26.03.2013 erteilte diese Behörde der Beschwerdeführerin die (neuerliche) wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb des Wasserkraftwerkes „*** Mühle“. Wegen mitgeteilten Verzichtes auf dieses Wasserbenutzungsrecht stellte die belangte Behörde mit Bescheid vom 13.07.2016 das Erlöschen dieses Wasserbenutzungsrechtes fest.
Die Beschwerdeführerin stellte daraufhin mit Schreiben vom 06.10.2017, rechtsanwaltlich vertreten, den Antrag auf Austritt bzw. Ausscheiden als Genossenschaftsmitglied aus der *** Wasserwerksgenossenschaft. Diesen Antrag wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 21.03.2018 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.
Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 23.04.2018, in der vorgebracht wird, dass der VwGH im aufhebenden Erkenntnis vom 27.04.2006 die bescheidmäßige „Verpflichtung“ zum 30-jährigen Verbleib in der Genossenschaft klar für rechtswidrig erachtet hätte. Der Verwaltungsgerichtshof hätte zum Ausdruck gebracht, dass es für die Beurkundung einer weiteren 30-jährigen Mitgliedschaft der Beschwerdeführerin in der Genossenschaft keine Rechtsgrundlage gäbe.
Eine Vereinbarung, welche beurkundet werden könne im Sinne des § 111 Abs. 3 WRG, sei nicht getroffen worden. Es könnten durch eine Beurkundung weder im privatrechtlichen noch im öffentlich-rechtlichen Bereich Rechte begründet werden und vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Beurkundung in den Spruch aufgenommen worden wäre. Auch dürften, wie im Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich festgehalten, im Erlöschensverfahren keine Verpflichtungen festgelegt werden, die dem bisher Berechtigten, aus welchem Titel immer, auferlegt waren. Der Ausspruch in Spruchpunkt II. betreffend die Verpflichtung zur 30-jährigen Mitgliedschaft könne einem Austritt der Beschwerdeführerin vor Ablauf dieses Zeitraumes nicht entgegengehalten werden. Dieser Ausspruch stelle lediglich eine Beurkundung eines Übereinkommens dar. Ein solches liege aber nicht vor.
Selbst bei falscher Annahme, dass die Feststellung der Mitgliedschaftserklärung in Rechtskraft erwachsen wäre, ergäbe sich daraus keine bindende Wirkung im gesonderten Verfahren über das Ausscheiden aus der Wasserwerksgenossenschaft. Eine Vorfrage für das Austrittsverfahren liege nicht vor. Auch gäbe es keine Tatbestands- und Gestaltungswirkung im Falle des Eintritts der Rechtskraft des genannten Bescheides vom 08.08.2005 im Austrittsverfahren bei der Genossenschaft. In der Satzung der *** Wasserwerksgenossenschaft gäbe es keine Regelungen über eine Mindestdauer der Mitgliedschaft. Auch im WRG sei keine derartige Regelung enthalten.
Das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes im Jahr 2016 sei erneute Voraussetzung für ein Ausscheiden aus der Genossenschaft. Es sei daher eine wie immer geartete Bindung an das Ergebnis des Verfahrens über den Verzicht auf das erste Wasserbenutzungsrecht nicht gegeben.
Ginge man von einer rechtskräftigen Entscheidung vom 08.08.2015 aus, so wäre die Erklärung der 30-jährigen Mitgliedschaft amtswegig nach § 68 Abs. 2 AVG zu beseitigen. Durch die Beurkundung bzw. Feststellung der 30-jährigen Mitgliedschaft sei, wie auch der VwGH festgestellt hätte, weder der Wasserwerksgenossenschaft noch der D ein Recht erwachsen.
Weiters wird in der Beschwerde ausgeführt, dass nach § 3 der Satzung die Mitgliedschaft an das Eigentum an einem Grundstück und ein damit verbundenes Wasserrecht angeknüpft sei. Die Beschwerdeführerin hätte auf das ihr verliehene Wasserbenutzungsrecht bereits verzichtet. (Dann folgen Ausführungen zum Genossenschaftsrecht.) Die Beschwerdeführerin hätte sich bemüht, das Kraftwerk mit der Bewilligung aus dem Jahr 2013 in Betrieb zu nehmen, dies sei aber aus tatsächlichen Gründen gescheitert. Der Beschwerdeführerin sei seit Jahren kein Vorteil erwachsen, weshalb das Kraftwerk und auch die Mitgliedschaft keinen Nutzen für sie bedeuten könne. Als letztmalige Vorkehrungen dürften nicht die dauernde Erhaltung oder der Weiterbestand aufgetragen werden. (So etwa die dauernde Erhaltung des Uferbereiches.) Die Beschwerdeführerin müsse somit aus der Genossenschaft austreten dürfen, da von ihr aus der Mitgliedschaft niemals ein Nutzen gezogen werden könne.
Folgender Sachverhalt wird anhand der unbedenklichen Aktenlage als erwiesen festgestellt:
Die Wasserbenutzungsrechte der Beschwerdeführerin mit Bescheiden vom 16.01.1931 und vom 26.03.2013 für die Errichtung und den Betrieb des Wasserkraftwerkes „***“ sind aufgrund Verzichtes erloschen. Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 08.08.2005 (Spruchabschnitt II) die Beschwerdeführerin im Rahmen einer weiteren Mitgliedschaft bei der Wasserwerksgenossenschaft im Ausmaß von 30 Jahren zur weiteren Erhaltung der Gewässerstrecke im Sinne des Punktes 8 des technischen Berichtes von B vom 10.06.2005 verpflichtet. Die Beschwerdeführerin ist Mitglied in der *** Wasserwerksgenossenschaft. Sie hat einen Antrag auf Austritt aus dieser Genossenschaft vom 06.10.2017 gestellt.
Diese Feststellungen basieren auf der unbedenklichen Aktenlage.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht
selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Die für gegenständlichen Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise:
„§ 29.
(1) Den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.
(2) In dem im § 27 Abs. 1 lit. g bezeichneten Fall ist die Wasserrechtsbehörde schon vor Eintritt des Erlöschens befugt, erforderlichenfalls die zur Hintanhaltung einer Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte notwendigen Vorkehrungen auf Kosten des Wasserberechtigten vorzuschreiben.
(3) Ist die weitere Erhaltung einer Anlage nach Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutze, zur Abwehr oder zur Pflege der Gewässer erforderlich, so können die öffentlichen Körperschaften (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und Wasserverbände), wenn dagegen die Erhaltung nur im Interesse von Beteiligten wünschenswert erscheint, diese Beteiligten von dem bisher Berechtigten die Überlassung der vorhandenen Wasserbauten, soweit dies notwendig ist, ohne Entgelt verlangen. Dabei hat jene Körperschaft den Vorzug, die mit den bisher Wasserberechtigten einen Vertrag, betreffend die Übernahme dieser Anlagen abgeschlossen hat. Die weitere Erhaltung und die Leistung der erst künftig fällig werdenden Entschädigungen für etwa aufrecht bleibende Zwangsrechte (§ 70 Abs. 1) obliegt denjenigen, denen die Anlage überlassen wurde.
(4) Hat der bisher Berechtigte den im Sinne des Abs. 1 ergangenen behördlichen Anordnungen entsprochen, worüber auf Grund eines Überprüfungsverfahrens (§ 121) mit Bescheid zu erkennen ist, so ist er zur weiteren Erhaltung des auf diese Weise herbeigeführten Zustandes auch dann nicht mehr verpflichtet, wenn eine Überlassung der Anlage nach Abs. 3 nicht stattfindet.
(5) Im Falle des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die Behörde auch ausdrücklich auszusprechen, daß die durch das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes entbehrlich gewordenen, nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten (§ 70 Abs. 1 erster Satz) erloschen sind.
(6) Bei Anlagen, die keine besondere Bedeutung haben, das sind ua. solche, die weder öffentliche Interessen in größerem Umfang berühren noch fremden Rechten nachteilig sind, kann die Behörde im Erlöschensbescheid vorschreiben, dass die Bekanntgabe, dass den behördlichen Anordnungen gem. Abs. 1 entsprochen wurde, entweder nach Abs. 7 oder nach Abs. 8 zu erfolgen hat. In diesen Fällen entfällt die Überprüfung durch die Behörde gem. Abs. 4.
(7) Die Bekanntgabe, dass den behördlichen Anordnungen gem. Abs. 1 entsprochen wurde, ist der zuständigen Behörde vom bisher Berechtigten schriftlich anzuzeigen. Mit der Ausführungsanzeige übernimmt der bisher Berechtigte der Behörde gegenüber die Verantwortung für die bescheidmäßige und fachtechnische Ausführung der behördlichen Anordnungen.
(8) Der Ausführungsanzeige nach Abs. 7 ist eine von einem gewerberechtlich oder nach dem Ziviltechnikergesetz 1993 Befugten des einschlägigen Fachbereiches, der an den Ausführungarbeiten der behördlichen Anordnung nicht beteiligt gewesen sein darf, ausgestellte Bestätigung über die bescheidmäßige und fachtechnische Ausführung der behördlichen Anordnungen anzuschließen.“
(1) …
(3) Alle im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffenen Übereinkommen sind auf Antrag der Beteiligten mit Bescheid zu beurkunden. Bilden den Gegenstand des Übereinkommens Rechtsverhältnisse, zu deren Regelung im Entscheidungswege die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens zuständig gewesen wäre, findet bei Streitigkeiten über die Auslegung und Rechtswirkungen eines solchen Übereinkommens § 117 sinngemäß Anwendung.
(4) …“
Weiters ist für das Beschwerdeverfahren § 68 Abs. 1 AVG heranzuziehen. Diese Bestimmung lautet:
„§ 68. (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
(2)…“
Angefochten ist der Bescheid vom 21.03.2018, mit dem der Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten einen Antrag vom 06.10.2017 der Beschwerdeführerin auf Austritt aus der *** Wasserwerksgenossenschaft wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat. In diesem Antrag wurde auch die Ausscheidung von Liegenschaften in der Katastralgemeinde *** begehrt.
Begründend stützt sich der angefochtene Bescheid darauf, dass im Bescheid vom 08.08.2005 in Spruchpunkt II. ausgesprochen worden sei, dass sich die Beschwerdeführerin verpflichtet hätte, 30 Jahre Mitglied bei der *** Wasserwerksgenossenschaft zu bleiben.
Der Ausspruch in diesem Spruchpunkt ist, wie bereits im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2006, ***, in der rechtlichen Erörterung ausgeführt, als Verpflichtung der Beschwerdeführerin zum Verbleib in der Wasserwerksgenossenschaft zwecks weiterer Erhaltung der Gewässerstrecke im Sinne des Punktes 8 des technischen Berichtes vom 10.06.2005, das ist ein Abschnitt am linksufrigen ***, zu werten.
Der Bescheid vom 08.08.2005 wurde zwar von der nunmehrigen Beschwerdeführerin seinerzeit angefochten und erging darüber der Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich als damals zuständige Berufungsbehörde vom 31. Oktober 2005, welcher mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.04.2006 aber aufgehoben wurde. Die nunmehrige Beschwerdeführerin zog dann mit 01.06.2007 die Berufung zurück und erwuchs daher der Bescheid vom 08.08.2005 mit Einlangen der Zurückziehung bei der Berufungsbehörde am 01.06.2007 in Rechtskraft.
Damit ist aber der Ausspruch einer Verpflichtung der nunmehrigen Beschwerdeführerin, ab Rechtskraft dieses Bescheides 30 Jahre Mitglied der *** Wasserwerksgenossenschaft zu bleiben, bindend geworden.
Entgegen der Ansicht in der Beschwerde handelt es sich dabei nicht um ein beurkundetes Übereinkommen nach § 111 Abs. 3 WRG 1959, sondern um den Ausspruch einer Verpflichtung im Zusammenhang mit der Auferlegung von letztmaligen Vorkehrungen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar im Erkenntnis vom 27.04.2006 ausgesprochen, dass kein Anspruch darauf bestehe, dass die Beschwerdeführerin Mitglied der Wasserwerksgenossenschaft bleibe, da es hierfür keine Rechtsgrundlage gäbe, und sei aus diesem Grund die Aufhebung des Ausspruches hinsichtlich der 30jährigen Mitgliedschaft durch die Berufungsbehörde zu Recht erfolgt. Doch hob der Verwaltungsgerichtshof den Berufungsbescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, ein Ersatzbescheid konnte aufgrund Berufungszurückziehung jedoch nicht mehr erlassen werden. Dadurch ist die mit Bescheid vom 08.08.2005 ausgesprochene Verpflichtung der 30-jährigen Mitgliedschaft in Rechtskraft erwachsen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat auch in seinem Erkenntnis ausgeführt, dass die bloß teilweise Aufhebung des Spruchpunktes II des Bescheides vom 08.08.2005 bewirke, dass der Inhalt des verbleibenden Teiles unklar werde und nicht mehr aus ihm abgeleitet werden könne, dass die Beschwerdeführerin zur weiteren Erhaltung der Gewässerstrecke verpflichtet sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch ausgeführt, dass der Spruchpunkt II. des Bescheides vom 08.08.2005 (in Verbindung mit den Ausführungen des Amtssachverständigen und dem Verweis auf die Einreichunterlagen) eine Verpflichtung zur weiteren Erhaltung der Gewässerstrecke durch die Beschwerdeführerin entsprechend den Einreichunterlagen (Punkt 8) in Verbindung mit einem Weiterbestand der Mitgliedschaft in der Wasserwerksgenossenschaft darstelle. In dieser Form ist aber die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur weiteren Erhaltung des Werkskanales klar ausgesprochen, weshalb keine weitere Regelung hinsichtlich letztmaliger Vorkehrungen vorgenommen werden musste.
Ergänzend ist anzuführen, dass die Beschwerdeführerin als bisherige Wasserberechtigte mit Vorlage des technischen Berichtes vom 10.06.2005 (Punkt 8) in Verbindung mit der Verzichtserklärung auch freiwillig die Durchführung dauernder Erhaltungsmaßnahmen vorgeschlagen hat. Im Erlöschensverfahren sind grundsätzlich – insoferne ist der Beschwerdeführerin auch Recht zu geben – nur bestimmte und befristet aufgetragene Maßnahmen vorschreibbar.
Schlägt der Wasserberechtigte aber selbst dauernde Erhaltungsmaßnahmen vor, wie im gegenständlichen Fall, können diese Eingang in den Erlöschensbescheid finden (vgl. dazu VwGH vom 27.04.2006, 2005/07/0177).
Auch wenn sich die Beschwerdeführerin, wie ebenfalls im Erkenntnis vom 27.04.2006 festgehalten, weder in den Einreichunterlagen noch in der mündlichen Verhandlung zur Mitgliedschaft bei der Wasserwerksgenossenschaft verpflichtet hat, liegt dennoch mit dem Bescheid vom 08.08.2005 eine rechtskräftige Entscheidung der belangten Behörde über die Frage der Mitgliedschaft vor.
Die Frage der Mitgliedschaft war auch Gegenstand des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrages vom 06.10.2017.
Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid (hier dem Bescheid vom 08.08.2005) weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH vom 21.03.1985, 83/06/0023, vom 16.04.1985, 84/05/0191 ua.).
Die Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bescheides vom 08.08.2005 war, dass letztmalige Vorkehrungen nur dann nicht vorzuschreiben sind, wenn die Beschwerdeführerin die Erhaltung iSd Punktes 8. des technischen Berichtes von B vom 10.06.2005 auf die Dauer von 30 Jahren als Mitglied der Wasserwerksgenossenschaft übernimmt. An dieser Situation hat sich bis dato nichts geändert, die letztmaligen Vorkehrungen sind erst mit Ablauf der 30 Jahre Erhaltung des Werkskanals als erfüllt anzusehen. Dafür, dass anstelle dieser Maßnahme eine andere gleichwertige getreten wäre, gibt es in den Akten keine Hinweise. Eine Änderung der Rechtslage ist ebenfalls nicht eingetreten.
Damit aber wurde im angefochtenen Bescheid vom 21.03.2018 zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Zum Vorbringen, das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes im Jahr 2016 betreffend das zweite Wasserbenutzungsrecht sei erneut Voraussetzung für ein Ausscheiden aus der Genossenschaft, ist festzuhalten, dass dem der Abspruch in Spruchpunkt II. des Bescheides vom 08.08.2005 (betreffend die Mitgliedschaft für 30 Jahre) entgegensteht. § 3 der Satzung kann auch nicht helfen, da darin keine Regelungen hinsichtlich des Ausscheidens getroffen werden. Die entsprechenden Bestimmungen dazu befinden sich in § 31. In dieser Bestimmung ist geregelt, dass zunächst dem Obmann schriftlich das Ausscheiden anzuzeigen ist, und erst im Falle des Nichtzustandekommens eines Übereinkommens in der Genossenschaftsversammlung dann die Wasserrechtsbehörde anzurufen wäre.
Die übrigen Erwägungen nach den genossenschaftsrechtlichen Bestimmungen der
§§ 81 ff WRG 1959 sind aufgrund obiger Ausführungen nicht näher zu erläutern und war darauf auch nicht näher einzugehen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden, da der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag vom 06.10.2017 zurückzuweisen war.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte auch gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S. 389, entgegenstanden. Es handelt sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren nämlich ausschließlich um Rechtsfragen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. VwGH vom 24.06.2014, Zl. 2014/05/0059, ua).
Es war rechtlich zu erörtern, ob der Tatbestand res judicata vorliegt.
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; Wassergenossenschaft; Mitgliedschaft; Verfahrensrecht; entschiedene Sache;Anmerkung
VwGH 17.11.2020, Ra 2018/07/0487-8, AufhebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.566.001.2018Zuletzt aktualisiert am
01.12.2020