TE Vfgh Beschluss 1997/9/29 B1927/97

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Veröffentlicht am 29.09.1997
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags wegen Aussichtslosigkeit

Spruch

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

2. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit beim Verfassungsgerichtshof am 28. Juli 1997 eingelangtem Schriftsatz beantragt die Einschreiterin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung einer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde gegen den ihr am 15. April 1997 zugestellten Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 10. April 1997, welcher die Anrechnung von Ersatzzeiten nach §227 Abs1 Z1 ASVG in der Pensionsversicherung zum Gegenstand hat. Die Antragstellerin verbindet mit ihrem Antrag ein Begehren auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung der Beschwerde.

2. Ihren Wiedereinsetzungsantrag begründet die Einschreiterin damit, daß sie nach der Zustellung des Bescheides beim Bezirksgericht Mödling eine Rechtsberatung in Anspruch genommen habe, bei welcher ihr die Stellung eines Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe nur beim Verwaltungsgerichtshof, nicht aber auch beim Verfassungsgerichtshof empfohlen worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof habe ihrem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zwar stattgegeben; der in weiterer Folge bestellte Rechtsanwalt sei aber der Auffassung, daß die Beschwerde nur erfolgreich sein könne, wenn der Verfassungsgerichtshof ein bestimmtes Wort in einer Gesetzesbestimmung aufhebe. Geltend zu machen seien nur die Verfassungswidrigkeit einer Gesetzesbestimmung und die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, wofür der Verwaltungsgerichtshof nicht zuständig sei, weshalb man die Zurückweisung der Beschwerde befürchten müsse. Auch wenn die Beschwerdepunkte als Verletzung einfachgesetzlich gewährleisteter Rechte definiert werden sollten, könnte nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Beschwerde zurückgewiesen werden.

3. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Wiedereinsetzungsantrag erwogen:

3.1. Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. Nr. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983, 11706/1988).

3.2. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Beschwerdeerhebung in Fällen, in denen eine rechtskundige Person durch eine unzutreffende Rechtsauskunft Anlaß zur Fristversäumnis gegeben hat, dann zu bewilligen, wenn bei der besonderen Konstellation des Falles - wie etwa der durch die Angaben eines nicht rechtskundigen Beschwerdeführers mitverursachten falschen Berechnung einer Frist - nicht davon gesprochen werden kann, daß nicht auch einem sorgfältigen Menschen ein derartiges Fehlverhalten gelegentlich unterlaufen kann (VfSlg. 11936/1988). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor: Wie sich nämlich aus dem eigenen Vorbringen der Wiedereinsetzungswerberin ergibt, ist aufgrund einer weiteren, von dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof als Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt erteilten Rechtsauskunft lediglich eine Änderung ihrer Meinung hinsichtlich des Gerichtshofes des öffentlichen Rechts eingetreten, bei welchem eine Beschwerde zweckmäßigerweise einzubringen wäre (vgl. VfSlg. 14014/1995).

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.

4. Der unter einem eingebrachte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe war aufgrund der wegen der Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist (§82 Abs1 VerfGG) offenbar aussichtslosen weiteren Rechtsverfolgung abzuweisen (§35 Abs1 VerfGG iVm §63 Abs1 ZPO).

5. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz VerfGG sowie gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B1927.1997

Dokumentnummer

JFT_10029071_97B01927_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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