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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde des G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich III der Agrarmarkt Austria vom 31. Mai 1994, Zl. GB I/Ref.1/Dr.Ko/b./1042-9D, betreffend Rückforderung von Lieferrücknahmeprämien, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Dem Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers stand als Verfügungsberechtigten über einen landwirtschaftlichen Betrieb eine Einzelrichtmenge zu. In den Wirtschaftsjahren 1988/89 bis einschließlich 1991/92 lieferte der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers nicht nur an den für ihn zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb Milch, sondern lieferte an den Betrieb L auch Magermilch für die Graukäseerzeugung.
Nach Bekanntwerden dieser Vorgangsweise leitete der Milchwirtschaftsfonds ein (später von der Agrarmarkt Austria fortgeführtes) Verfahren betreffend die allfällige Vorschreibung von allgemeinem Absatzförderungsbeitrag, zusätzlichem Absatzförderungsbeitrag und Rückforderung von Lieferrücknahmeprämien ein.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Rückforderung einer näher genannten und begründeten Summe von an den Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers geleisteten Lieferrücknahmeprämien dem Beschwerdeführer gegenüber ausgesprochen.
Gestützt wurde diese Rückforderung auf § 79 Abs. 2 MOG in der Fassung BGBl. Nr. 969/1993.
Begründend verweist die belangte Behörde zunächst auf eine Reihe von Bestimmungen des MOG. So stellt sie unter anderem fest, dass gemäß § 69 Z 1 und 2 MOG im Sinne des Abschnittes D "Absatzförderung im Bereich der Milchwirtschaft"
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Milch: Kuhmilch, frisch weder eingedickt noch gezuckert und
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Erzeugnisse aus Milch: Rahm, Butter und Käse (einschließlich Topfen)
seien.
Es liege im Beschwerdefall kein Abhofverkauf (Direktvermarktung), sondern eine Magermilchübernahme durch den unzuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb vor. Hinsichtlich der Lieferrücknahmeprämien wird auf § 78 Abs. 3 MOG hingewiesen, dem zufolge die Veräußerung von Milch und Erzeugnissen aus Milch an eine andere Person als den zuständigen Be- und Verarbeitungsbetrieb der Milchlieferung an diesen und der Übernahme durch diesen gleichzuhalten sei. Gemäß Art. II Z 45 der ersten MOG-Novelle 1991, BGBl. Nr. 380/1991, sei § 78 Abs. 3 MOG entfallen, dieses Bundesgesetz sei gemäß Art. IV dieser Novelle mit Wirkung vom 1. Juli 1991 in Kraft getreten.
Hinsichtlich der Rechtsgrundlage für die Rückforderung wird auf § 79 Abs. 2 MOG in der Fassung BGBl. Nr. 969/1993 verwiesen, dem zufolge bei einer Nachforderung des allgemeinen Absatzförderungsbeitrages oder des zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages oder bei einer Rückforderung von Lieferrücknahmeprämien der Milcherzeuger oder sein Rechtsnachfolger Schuldner des Nachforderungs- oder Rückforderungsbetrages (sofern die Nachforderung oder Rückforderung nicht zumindest teilweise auch auf eine Mitbeteiligung des Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes zurückzuführen ist) sei.
Die im Wirtschaftsjahr 1988/89 und in den nachfolgenden Wirtschaftsjahren entstandenen Ansprüche der AMA auf Rückforderung von freiwilliger Lieferrücknahmeprämie seien noch nicht verjährt. Anhaltspunkte, dass die Rückforderung auf eine Mitbeteiligung des zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes zurückzuführen sei, hätten nicht gefunden werden können. Gemäß § 79 Abs. 2 MOG in der Fassung BGBl. Nr. 969/1993 sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 13. Dezember 1996, B 1534/94, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird die Verletzung im Recht, nicht zur Rechtsnachfolgerhaftung herangezogen zu werden und im Recht, dass die zum Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches geltenden Bestimmungen anzuwenden seien, geltend gemacht. Der Beschwerdeführer werde aber auch im Recht, über Magermilch, die nicht Milch im Sinne des § 69 Z 1 MOG sei, ohne Verlust von Ansprüchen auf Lieferrücknahmeprämie zu verfügen, verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1997, Zl. 96/17/0459, zugesteht, dass die Lieferrücknahmeprämien zu Unrecht vom Beschwerdeführer zurückgefordert wurden, da § 79 Abs. 2 MOG in der Fassung BGBl.
Nr. 969/1993 im Beschwerdefall noch nicht anzuwenden gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1
Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden vom Beschwerdeführer die
für die Jahre 1988/89, 1989/90 und 1991/92 dem Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers in der Verfügungsberechtigung über den gegenständlichen landwirtschaftlichen Betrieb geleisteten Lieferrücknahmeprämien in der Höhe von S 509.647,-- zurückgefordert.
Diese Rückforderung wurde auf § 79 Abs. 2 MOG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 969/1993 gestützt.
§ 79 Abs. 2 MOG trat - wie die belangte Behörde auf Grund des oben genannten Erkenntnisses in der Gegenschrift zutreffend festgestellt hat - nach § 91c Abs. 1 Z 4 MOG 1985 in der Fassung BGBl. Nr. 969/1993 mit 1. Jänner 1994 in Kraft. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. Mai 1997, Zl. 96/17/0459, ausgesprochen hat, enthält diese Novelle keine Bestimmung, der zufolge die Vorschrift auf frühere Zeiträume anzuwenden wäre. Demnach war § 79 Abs. 2 MOG nur auf Abgabenzeiträume ab dem 1. Jänner 1994 anzuwenden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis ausgeführt hat, hat die Rückforderung im Falle des Entstehens des Abgabenanspruches vor dem 1. Jänner 1994 gegenüber dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu erfolgen. Auf die Frage, ob eine Rückforderung auch vom Rechtsnachfolger des Milcherzeugers, dem die Prämien in den jeweiligen Wirtschaftsjahren ausbezahlt wurden, erfolgen konnte, war daher nicht mehr einzugehen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den über den Pauschalsatz für Schriftsatzaufwand nach der genannten Verordnung (der auch die Umsatzsteuer bereits enthält) hinaus angesprochenen Schriftsatzaufwand sowie den Stempelgebührenaufwand für die zusätzlich zum ergänzenden Schriftsatz vorgelegte Ausfertigung der Stellungnahme im verfassungsgerichtlichen Verfahren.
Wien, am 18. Oktober 1999
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997170234.X00Im RIS seit
11.07.2001