TE Bvwg Beschluss 2018/6/20 W205 2196212-1

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Veröffentlicht am 20.06.2018
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Entscheidungsdatum

20.06.2018

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W205 2196210-1/4E

W205 2196212-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 25.04.2018, Zl. Damaskus-OB/KONS/0225/2018, aufgrund des Vorlageantrags von 1.) XXXX , geb. XXXX , StA: Syrien, 2.) mj. XXXX , geb. XXXX , StA:

staatenlos, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 16.01.2018, Zl. Damaskus -ÖB/KONS/0095/2018, beschlossen:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: 1.-BF), eine syrische Staatsangehörige, ist die Mutter und gesetzliche Vertreterin der - staatenlosen - Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: 2.-BF). Die Beschwerdeführerinnen stellten am 21.07.2016 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (künftig: ÖB) jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005.

Der Bezugsperson, dem als Ehemann der 1.-BF und Vater der 2.-BF bezeichneten M, StA.: staatenlos, wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (künftig: BFA) vom 07.04.2016, Zl. 1070172804-150541837/BMI-BFA_STM_AST_01, gemäß § 3 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

2. Nach Weiterleitung der Anträge auf Einreiseerlaubnis an das BFA teilte dieses der ÖB mit Schreiben vom 21.11.2016 gemäß § 35 Abs. 4 AsylG zunächst mit, dass die Gewährung des Status des Asylberechtigten wahrscheinlich sei.

3. Am 29.10.2017 wurde gegen die Bezugsperson wegen Verdachts des Vorliegens eines Asylausschlussgrundes ein Aberkennungsverfahren eingeleitet, dieses wurde (da sich die Verdachtsmomente im Zuge des Ermittlungsverfahrens nicht bestätigten) mit 23.05.2018 wieder eingestellt (Mitteilung des BFA vom 23.05.2018 an die Bezugsperson über die Einstellung des Aberkennungsverfahrens).

4. Mit Schreiben vom 20.10.2017 teilte das BFA der ÖB gemäß § 35 Abs. 4 AsylG mit, dass nach erneuter Prüfung der Sachlage die Gewährung des Status des Asylberechtigten NICHT wahrscheinlich sei, weil gegen die Bezugsperson ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten (§ 7 AsylG) anhängig sei. Die am 21.11.2016 erstattete positive Mitteilung des BFA sei hiermit gegenstandslos.

Der angeschlossenen Stellungnahme des BFA vom 20.10.2017 ist darüber hinaus zu entnehmen, dass das Vorbringen der BF zum Familienangehörigenverhältnis für glaubwürdig angesehen wurde.

5. Mit Schreiben der ÖB vom 16.11.2017 wurde den BF die Möglichkeit zur Stellungnahme zur Mitteilung des BFA vom 20.10.2017 übermittelt.

6. In ihrer Stellungnahme vom 16.01.2018 gaben die BF an, die Ausstellung der Visa habe sich nach der positiven Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA - aus näher dargestellten organisatorischen Gründen - verzögert, bisher sei noch keine Aberkennung des Status der Bezugsperson ergangen, es könne daher nicht davon gesprochen werden, dass eine Gewährung desselben Schutzes ausgeschlossen sei. Damit sei den Antragstellern die Einreise zu gewähren.

7. Die Stellungnahme wurde von der ÖB neuerlich dem BFA übermittelt, das an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose vom 20.10.2017 festhielt (E-Mail vom 26.01.2018).

8. Mit dem angefochtenen Bescheid der ÖB wurde der Einreiseantrag gemäß § 26 FPG in Verbindung mit § 35 AsylG abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose bestehe. Es sei somit aufgrund der Aktenlage spruchgemäß zu entscheiden und der Antrag abzulehnen gewesen.

9. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 26.02.2018 mit näherer Begründung Beschwerde erhoben.

10. In der Folge erließ die ÖB mit Bescheid vom 25.04.2018 eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. In der Begründung wurde unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bindungswirkung in diesen Verfahren ausgeführt, dass die Nachprüfung der Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA durch die Botschaft nicht in Betracht komme. Danach unterliege die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des BFA im Rahmen des § 27 VwGVG nur einer Überprüfung durch das BVwG, wenn gegen einen Bescheid nach § 35 AsylG Beschwerde erhoben werde. Unabhängig von der Bindungswirkung teile die belangte Behörde aber die Ansicht des BFA, dass die Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens nicht wahrscheinlich sei.

11. Dagegen brachten die BF mit Schriftsatz vom 08.05.2018 einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG ein.

12. Mit dem am 24.05.2018 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Inneres wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

13. Mit E-Mail vom 04.06.2018 teilten die BF dem BVwG unter Vorlage der Mitteilung des BFA vom 23.05.2018 über die Einstellung des Aberkennungsverfahren mit, dass das die Bezugsperson betreffende Aberkennungsverfahren nunmehr eingestellt worden sei.

14. Über hg. Anfrage vom 13.06.2018 teilte das BFA mit E-Mail vom 14.06.2018 mit, "dass aus Sicht des BFA die Gewährung des Status des Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens wahrscheinlich ist."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

1. Rechtslage:

§ 73 Abs. 15 AsylG 2005 lautet:

"Die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a, 17 Abs. 6, 19 Abs. 6, 22 Abs. 1, 33 Abs. 2, 35 Abs. 1 bis 4, die Überschrift des 6. Hauptstückes, § 51a samt Überschrift, § 67 samt Überschrift, §§ 68 Abs. 1, 72 Z 4 und 5, 75 Abs. 24 bis 26 sowie die Einträge im Inhaltsverzeichnis zur Überschrift des 6. Hauptstückes und zu §§ 51a und 67 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 treten mit 1. Juni 2016 in Kraft. § 22 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 tritt mit Ablauf des 31. Mai 2018 außer Kraft. Der 5. Abschnitt des 4. Hauptstückes samt Überschrift und der Eintrag im Inhaltsverzeichnis zum 5. Abschnitt des 4. Hauptstückes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 treten mit Ablauf des auf die Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 folgenden Tages in Kraft."

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 lautet:

"Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."

Der mit "Familienverfahren im Inland" übertitelte § 34 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

----------

-1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

-2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

-3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

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-1. dieser nicht straffällig geworden ist;

-2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

-3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

----------

-1. dieser nicht straffällig geworden ist;

-2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

-3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

-4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

----------

1.-auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2.-auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

§ 35 AsylG 2005 idgF lautet (wobei nach den oben wiedergegebenen Übergangsbestimmungen im Beschwerdefall die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen sind, weil der jeweilige Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten ab Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016 gestellt wurde):

"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1.

gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2.

das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3.

im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[...]

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

[...]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

[....]

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des Bundesamtes steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

3. Im Beschwerdefall traf die Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA zum Zeitpunkt der Erstellung am 20.10.2017 zwar noch zu, weil zu diesem Zeitpunkt - und auch noch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - ein Aberkennungsverfahren gegen die Bezugsperson anhängig war.

Dieses Verfahren wurde aber in der Zwischenzeit mit 23.05.2018 eingestellt und das BFA teilte über hg. Anfrage am 14.06.2018 mit, dass aus Sicht des BFA die Gewährung des Status des Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens nunmehr wahrscheinlich sei.

4. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der von der Behörde herangezogene Grund für die Abweisung des Einreisetitels in der Zwischenzeit weggefallen ist, weswegen der Antrag im Lichte der geänderten Sachlage neu zu überprüfen und die beantragten Einreisetitel - bei aufrechtem Vorliegen aller Voraussetzungen -zu erteilen sein werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

5. Eine mündliche Verhandlung hatte gemäß § 11a Abs. 2 FPG zu unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Einreisetitel, Ermittlungspflicht,
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Privat- und
Familienleben, Prognose, Wahrscheinlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W205.2196212.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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