TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/26 G314 2179648-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.06.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §18 Abs1 Z5
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

G314 2179654-1/6E

G314 2179647-1/6E

G314 2179659-1/6E

G314 2179648-1/6E

G314 2179644-1/6E

G314 2179650-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a BAUMGARTNER über die Beschwerde 1. des XXXX, geboren am XXXX, 2. der XXXX, geboren am XXXX, 3. der XXXX, geboren am XXXX, gesetzlich vertreten durch ihren Vater XXXX, 4. des XXXX (auch XXXX) XXXX, geboren am XXXX, gesetzlich vertreten durch seinen Vater XXXX, 5. des XXXX, geboren am XXXX, gesetzlich vertreten durch seine Mutter XXXX, und 6. des XXXX, geboren XXXX, gesetzlich vertreten durch seinen Vater XXXX, alle serbische Staatsangehörige, alle vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 26.10.2017, Zlen. XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX und XXXX, beschlossen und zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die

angefochtenen Bescheide jeweils mit der Maßgabe bestätigt, dass in Spruchpunkt III. die Wortfolge "und 55" zu entfallen hat.

C) Die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführer (BF) gelangten im Oktober 2017 nach Österreich und beantragten hier am 06.10.2017 internationalen Schutz. Nach der Erstbefragung und der Zulassung des Verfahrens wurden der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) am 24.10.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vernommen.

Mit den oben angeführten Bescheiden wurden die Anträge der BF sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG (Spruchpunkt I.) als auch von subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien abgewiesen (Spruchpunkt II.), ihnen kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG erteilt, gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach Serbien festgestellt (Spruchpunkt III.) sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 1 Z 1, 2 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

Dagegen richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde der BF. Gleichzeitig beantragten sie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG, ohne dies näher zu begründen. Die BF bringen zusammengefasst vor, dass das BFA dem BF1 zu Unrecht die Glaubwürdigkeit abgesprochen habe. Er habe stets versucht, auf Fragen konkret zu antworten und offen über seine Fluchtgründe zu sprechen. Es seien ihm aber keine Fragen gestellt worden, um den Sachverhalt im Detail zu klären. Das BFA habe sich mit seinen Angaben unzureichend auseinandergesetzt und keine nachvollziehbare Beweiswürdigung vorgenommen. Der BF1 habe Probleme mit den Angehörigen der BF2, die ihn ablehnten, weil sie der albanischen Volksgruppe angehörten und keine "Blutmischungen" akzeptierten. In solchen Fällen werden oft Blutrache geübt. Nach einem Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe würden mit Blutrache zusammenhängende Körperverletzungen den Behörden oft nicht gemeldet, weil die Mitglieder der ethnisch albanischen Bevölkerung den serbischen Behörden misstrauten. Die BF könnten daher weder in Serbien noch im Kosovo zusammenleben. Der BF1 sei mehrmals von Verwandten der BF2 zusammengeschlagen worden. Eine gemeinsame Tochter des BF1 und der BF2, die am XXXX geborene XXXX, sei von der Familie der BF2 entführt worden und halte sich mutmaßlich bei den Großeltern in XXXX auf. Dieses Vorbringen sei entgegen der Ansicht des BFA asylrelevant; zumindest hätte den BF der Status von subsidiär Schutzberechtigten zugebilligt werden müssen. Bei einer Abschiebung nach Serbien oder in den Kosovo drohe ihnen eine Verletzung von Art 2 und 3 EMRK; ihr Leben und ihre Unversehrtheit seien infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts ernsthaft bedroht und es bestünde die Gefahr, in eine ausweglose Lage zu geraten. Bei der Rückkehr würden die BF einem Klima ständiger Bedrohung und struktureller Gewalt, unmittelbaren Einschränkungen sowie einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Die Rückkehrentscheidungen seien daher aufzuheben.

Das BFA legte die Beschwerde und die Akten der Verwaltungsverfahren dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Feststellungen:

Der BF1 ist der Lebensgefährte der BF2. Die Drittbeschwerdeführerin (BF3), der Viertbeschwerdeführer (BF4), der Fünftbeschwerdeführer (BF5) und der Sechstbeschwerdeführer (BF6) sind ihre gemeinsamen Kinder. Neben der serbischen besitzen die BF auch die kosovarische Staatsangehörigkeit. Sie bekennen sich zum Islam.

Der BF1 gehört der Volksgruppe der Roma an. Seine Muttersprache ist Serbisch, er spricht aber auch Albanisch und ein wenig Deutsch. In Serbien besuchte er die achtjährige Grundschule und war danach als Reinigungskraft erwerbstätig.

Die BF2 gehört der albanischen Volksgruppe an. Ihre Muttersprache ist Albanisch. Sie ist Analphabetin und verfügt weder über eine Schul- noch über eine Berufsausbildung.

2008 beantragten der BF1 und die BF2 sowie ihre gemeinsame Tochter, die XXXX geborene XXXX, in Ungarn internationalen Schutz. Da sie bald danach nicht mehr auffindbar waren, wurde das Verfahren Ende 2008 ohne inhaltliche Entscheidung eingestellt.

2013/2014/2015 beantragten der BF1, die BF2 sowie die BF3, der BF4 und der BF5 in Deutschland internationalen Schutz. Nach der Abweisung dieser Anträge wurden sie am 24.02.2016 in den Kosovo abgeschoben.

Die BF verließen ihre Heimat neuerlich Anfang Oktober 2017 und reisten wenig später ohne Reisedokumente in das Bundesgebiet ein. Für die schlepperunterstützte Reise wendete der BF1 EUR 1.300 auf.

Davor lebte der BF1 in XXXX (Serbien), wo er als Reinigungskraft erwerbstätig war und mit dem dabei erzielten Einkommen für den Lebensunterhalt von sich und seiner Familie aufkam. Die BF2 lebte mit den Kindern in XXXX (Kosovo).

Die Eltern des BF1 leben nach wie vor als Pensionisten in Belgrad. Mehrere seiner (Halb-) Geschwister leben ebenfalls in Serbien. Ein Halbbruder des BF1, zu dem er kaum Kontakt hat, hält sich in Österreich auf. Die Eltern und mehrere Geschwister der BF2 leben im Kosovo. Einer ihrer Brüder lebt in Serbien.

Die BF verließen ihre Heimat, weil sie seit ungefähr zehn Jahren Probleme mit Angehörigen der BF2 haben, die gegen ihre Beziehung mit dem BF1 sind, weil sie ihn wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit ablehnen. Bei einer Rückkehr nach Serbien oder in den Kosovo befürchten die BF, dass ein Verwandter der BF2 dem BF1 etwas antun oder ihn gar töten könnte. Der BF1 wurde in der Vergangenheit mehrmals von Brüdern der BF2 geschlagen. Der BF1 und die BF2 wandten sich wegen dieser Übergriffe nie an die serbischen oder an die kosovarischen Sicherheitsbehörden.

Derzeit wohnen die BF in einer Unterkunft der XXXX in XXXX. Ihre Lebenserhaltungskosten werden durch staatliche Leistungen im Rahmen der Grundversorgung gedeckt. Sie haben im Bundesgebiet (abgesehen vom Halbbruder des BF1) keine familiären Anknüpfungspunkte. Auch sonst können - abgesehen von geringen Deutschkenntnissen des BF1 - keine Anhaltspunkte für eine Integration der BF in Österreich, insbesondere in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht, festgestellt werden.

Die BF sind gesund und strafgerichtlich unbescholten. Der BF1 und die BF2 sind arbeitsfähig. Die BF haben im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat keine Sanktionen zu befürchten. Sie werden dort weder strafrechtlich noch politisch noch aus anderen Gründen verfolgt. Die BF hatten mit den serbischen oder kosovarischen Behörden keine Probleme. Solche sind auch bei ihrer Rückkehr nicht zu befürchten. Es ist nicht zu erwarten, dass sie bei ihrer Rückkehr nach Serbien in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten werden.

Zur allgemeinen Lage in Serbien:

Seit 19.12.2009 können serbische Staatsangehörige für Kurzzeitaufenthalte visumfrei in den Schengen-Raum einreisen. Im März 2012 wurde Serbien offiziell der Status eines EU-Beitrittskandidaten verliehen; am 21.01.2014 wurden Beitrittsverhandlungen aufgenommen. In Serbien herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen. Serbien wird in mehreren EU-Staaten als "sicherer Herkunftsstaat" geführt.

Serbien verfügt gemäß der serbischen Verfassung von 2006 über die beiden autonomen Provinzen Wojwodina sowie Kosovo und Metochien. Kosovo erklärte am 17.02.2008 die Unabhängigkeit. Serbien protestierte dagegen scharf und betrachtet den Kosovo weiterhin als Teil des eigenen Staatsgebiets. Unter Vermittlung der Europäischen Union konnte am 19.04.2013 mit einer ersten Vereinbarung zwischen Serbien und Kosovo eine wichtige Etappe zur Normalisierung der Beziehungen genommen werden. Serbien erkennt die Unabhängigkeit des Kosovo jedoch unverändert nicht an.

Die serbische Verfassung postuliert das Prinzip der Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz. Dennoch bleiben Gerichte für Korruption und politischen Einfluss anfällig.

Der Ombudsmann der Republik Serbien ist eine unabhängige und autonome Behörde, die damit beauftragt ist, die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Vorgänge der Behörden in Bezug auf die Ausübung der individuellen und kollektiven Rechte der Bürger zu kontrollieren und die Menschen- und Minderheitenrechte und Freiheiten zu schützen und zu fördern.

Die Behörden üben eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus. Die Effektivität der Polizei variiert. Die Regierung hat wirksame Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption. Korruption und Straflosigkeit sind ein Problem innerhalb der Polizei, dennoch stellten Vertreter der Zivilgesellschaft fest, dass sich die Qualität der internen Untersuchungen weiter verbesserte. Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden. Es liegen keine Anzeichen für staatliche Repressionen vor.

Über Verschleppungen oder Folter von Gefangenen durch den Staatssicherheitsdienst wurde seit 2000 nicht mehr berichtet.

Die Szene der Nichtregierungsorganisationen in Serbien ist sehr dynamisch und Zeichen einer lebendigen, vom Staat unbeeinflussten Bürgergesellschaft. Während Regierungsstellen im Allgemeinen mit diesen Organisationen kooperieren, sind sie Kritik, Belästigungen und Drohungen durch Private ausgesetzt, insbesondere in Bezug auf nationalistische Anschauungen zum Kosovo, den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien und die Kriege der 1990er Jahre.

Die serbische Verfassung enthält umfangreiche Bestimmungen zu Grundfreiheiten und Menschenrechten. Die Menschenrechtslage in Serbien entspricht internationalen Standards und ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz der zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem bestehen verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme bei der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit. Allgemein ist zu beobachten, dass sich die Menschenlage in den vergangenen zehn Jahren verbessert hat. Sowohl die gesetzlichen Grundlagen zum Schutz grundlegender Rechte als auch demokratischer Normen im Zuge der politischen Transformation, die Menschenrechten einen wichtigen Platz innerhalb der Gesellschaft und der Politik einräumen, haben sich positiv entwickelt. Dennoch bestehen weiterhin Defizite. Probleme existieren etwa in Bezug auf Minderheitenschutz, den Kampf gegen Diskriminierung, die Missachtung von Rechten durch die Polizei und in den staatlichen Gefängnissen. Hinzu kommt der unzureichende Schutz von Journalisten und Menschenrechtsaktivisten.

Die politische Opposition kann sich frei betätigen.

Die serbische Verfassung enthält ausführliche Bestimmungen zum Schutz nationaler Minderheiten. Die Minderheitengesetzgebung entspricht internationalen Standards. Ein 2009 verabschiedetes Antidiskriminierungsgesetz stärkt ua auch die Rechte nationaler Minderheiten. Probleme ergeben sich immer wieder bei der Implementierung. In der serbischen Öffentlichkeit sind Vorbehalte und Vorurteile gegen Angehörige bestimmter Minderheiten (ua Roma, Albaner) unverändert weit verbreitet. Allerdings sind in einzelnen Bereichen auch Fortschritte zu verzeichnen. Laut OSZE bezeichnen die meisten Minderheitenvertreter ihre eigene Situation als grundsätzlich zufriedenstellend. Zu den Aufgaben des Ombudsmanns gehört ausdrücklich auch das Eintreten für Minderheitenrechte. Seit 2003 bestehen nationale Minderheitenräte, die die Interessen ihrer Volksgruppe vertreten. Die Polizei geht nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (vor allem Roma und Homosexuelle) vor. Angehörige bestimmter Religionsgemeinschaften (ua Muslime und Juden, Mitglieder evangelischer Freikirchen, manchmal auch Katholiken) sind mitunter Opfer gesellschaftlicher Vorurteile oder gewalttätiger Angriffe nationalistischer Organisationen (Skinheads).

Es gibt keinerlei Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma. In den meisten Roma-Siedlungen sind die Lebensbedingungen sehr schwierig. Die Roma leben meist in absoluter Armut und sind gesellschaftlich ausgegrenzt. Die häufigsten Probleme dieser Siedlungen sind fehlender Anschluss an Wasser, Abwassersysteme und Elektrizität, wodurch oft die Gesundheit beeinträchtigende hygienische Bedingungen herrschen. Roma erleben laut verschiedenen Umfragen weiterhin Diskriminierungen durch das Personal von Gesundheitseinrichtungen. Sie sind von einer Reihe sozialer Dienste ausgeschlossen; ihre Teilnahme am formellen Arbeitsmarkt ist sehr gering. Es gibt zahlreiche Initiativen zur Verbesserung der Lage der Roma in Serbien.

Es kommt immer wieder vor, dass die Sicherheitsbehörden ihre Vollmachten überschreiten oder Anträge und Anfragen nicht so effizient bearbeiten. Dies beschränkt sich jedoch nicht auf bestimmte Personengruppen, sondern bezieht sich auf alle Einwohner Serbiens. Alle Einwohner bzw. Bürger der Republik Serbien haben den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden. Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe sind vorgesehen, nämlich Strafanzeige und Disziplinarverfahren. Es gibt keine besonderen Rechtsschutzmittel betreffend Übergriffe gegen Roma. Diese sind - wie alle Einwohner Serbiens - vor dem Gesetz gleich. In Serbien gibt es Stellen auf Republikebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungsabteilung für Menschen- und Minderheitenrechte) und auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Roma im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Es bestehen auch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, die sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, und zahlreiche Roma-Organisationen in ganz Serbien.

Trotz Bemühungen sind ethnische Albaner im Justizwesen, Polizei und öffentlichen Sektor in der mehrheitlich von Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zum Kosovo weiterhin unterrepräsentiert. Die albanische Minderheit kritisiert, die mehrheitlich albanisch besiedelten südserbischen Gemeinden würden durch die im November 2013 verabschiedete Neuregelung der Sitze und örtlichen Zuständigkeiten von Gerichten und Staatsanwaltschaften schlechter gestellt. Die albanische Minderheit ist seit den Parlamentswahlen im Jänner 2007 im serbischen Parlament vertreten. In den albanischen Siedlungsgebieten ist eine multiethnische Polizeitruppe im Aufbau. Dank dieser Entwicklung konnten die vom UNHCR durchgeführten Rückkehrprogramme für Albaner, die aus Südserbien in den Kosovo geflohen waren, erfolgreich abgeschlossen werden.

Die Verfassung garantiert das Recht auf Reisefreiheit, Freizügigkeit, Emigration und Wiedereinbürgerung, wobei dies auch in der Praxis seitens der Regierung eingehalten wurde.

Serbiens Wirtschaft befindet sich auf dem Weg der Transformation und Modernisierung. Serbien ist heute eine liberale Marktwirtschaft, die damit kämpft, sich historischer Altlasten (politische Einflussnahme auf die Wirtschaft, wirtschaftliche Regression und Modernisierungsblockade) zu entledigen. In den zurückliegenden Jahren wurde eine Vielzahl von Gesetzen an EU-Standards angepasst. Ein weiterhin ungelöstes Strukturproblem liegt in der hohen Arbeitslosigkeit und der ungünstigen Beschäftigungsstruktur. Trotz der nach wie vor schlechten wirtschaftlichen Lage ist die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert. Vielen Bürgern Serbien gelingt es nur durch Schwarzarbeit, ihre Existenz zu sichern. Ungefähr 10 % der Bevölkerung leben in Armut. Flüchtlinge, bestimmte Minderheiten (namentlich Roma) und Rückkehrer sind stärker von Armut betroffen als die serbische Durchschnittsbevölkerung.

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld ausgezahlt. Seit Oktober 2000 kann der Staat Ansprüche auf Sozialbeihilfe wieder erfüllen; das System stabilisierte sich nachhaltig.

Die Gesundheitssituation in Serbien ist stabil; es bestehen keine größeren epidemiologischen Besorgnisse. Das Gesundheitssystem des Landes leidet unter einem Mangel an finanziellen Mitteln und Investitionen, bietet den Bürgern jedoch die Möglichkeit einer medizinischen Basisversorgung. Es gibt eine gesetzliche Pflicht-Krankenversicherung, für deren Inanspruchnahme eine Registrierung notwendig ist. Ärztliche Notfallversorgung ist jedoch grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Angehörige der Volksgruppe der Roma und anderer Minderheiten genießen im Rahmen des staatlichen Gesundheitssystems die gleichen Rechte wie die serbische Mehrheitsbevölkerung. Die Behandlung bestimmter Krankheitsbilder (z.B. Psychosen und Epilepsie), Berufskrankheiten und Verletzungen am Arbeitsplatz, lebensrettende und -erhaltende Maßnahmen, bestimmte Impfungen und gezielte präventive Untersuchungen sind kostenlos. Außerhalb der größeren Städte ist die medizinische Versorgung nicht überall gewährleistet. Der Standard der Krankenhäuser ist oft sehr bescheiden.

Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto. In der Regel kehren Rückkehrer an den Ort zurück, der ihr letzter Wohnsitz war, weil Kranken- und Sozialversicherungsschutz nur gewährleistet werden kann, wenn man über einen melderechtlich erfassten Wohnsitz verfügt.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Identität der BF wird anhand ihrer Angaben bei der Erstbefragung und vor dem BFA sowie der darauf basierenden Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden, denen die Beschwerde nicht entgegentritt, festgestellt. Daraus ergibt sich insbesondere, dass die BF serbische Staatsangehörige sind. Die Geburtsdaten der BF3, des BF4 und des BF5 werden anhand der vom deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) übermittelten Unterlagen, insbesondere der Grenzübertrittsbescheinigungen vom XXXX.2016, festgestellt, zumal es sehr unwahrscheinlich ist, dass alle Kinder tatsächlich am 01.01. geboren wurden, und daher davon auszugehen ist, dass dieser Tag als Platzhalter für ihren tatsächlichen Geburtstag verwendet wurde. Vor diesem Hintergrund kann auch kein konkretes Geburtsdatum des BF6 festgestellt werden.

Aus der Grenzübertrittsbescheinigung des BAMF für den BF4 ergibt sich - abweichend von den Angaben seiner Eltern und den Feststellungen im angefochtenen Bescheid - der Vorname "XXXX". Mangels eines Identitätsdokuments kann nicht festgestellt werden, ob er "XXXX" oder "XXXX" heißt, zumal beide Vornamen existieren und nicht eindeutig gesagt werden kann, ob in einem Fall allenfalls ein Schreibfehler vorliegt.

Aus den Beweisergebnissen, insbesondere aus den vom BAMF übermittelten Unterlagen, ergibt sich auch, dass die BF neben der serbischen auch die kosovarische Staatsangehörigkeit besitzen, was angesichts des Umstands, dass Serbien die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkennt und daher dessen Bürger nach wie vor als serbische Staatsangehörige betrachtet, einleuchtet.

Die Feststellungen zu den privaten und familiären Lebensverhältnissen der BF in Serbien bzw. im Kosovo basieren auf ihren insoweit glaubhaften Angaben bei der Erstbefragung und bei den Einvernahmen durch das BFA.

Die Lebensgemeinschaft zwischen dem BF1 und der BF2 und ihre Elternschaft zu den übrigen BF ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen der erwachsenen BF dazu. Bei der Erstbefragung machten sie übereinstimmende Angaben dazu, wer von ihnen für welches Kind die Obsorge hat. Es gibt keinen Grund, an diesen differenzierten Aussagen zu zweifeln, sodass die gesetzliche Vertretung für die BF3 bis 6 im Einklang damit festgestellt wird. Auch die Feststellungen zur Volksgruppenzugehörigkeit, zur Muttersprache und zur Ausbildung des BF1 und der BF2 folgen ihren Angaben bei der Erstbefragung.

Die Feststellungen zu den früheren Asylanträgen der BF in Ungarn und in Deutschland basieren auf den entsprechenden EURODAC-Treffern und auf den Informationen der ungarischen und der deutschen Behörden im Zulassungsverfahren.

Die Feststellungen zur Reise der BF nach Österreich beruhen auf der überzeugenden Schilderung des BF1 dazu. Der Darstellung der BF2, sie hätten für die Schleppung kein Geld, sondern mit ihren Pässen bezahlt, kann demgegenüber nicht gefolgt werden, zumal die Reise vom BF1 organisiert wurde.

Der Aufenthalt der BF vor der Einreise und die Erwerbstätigkeit des BF1 werden anhand der konsistenten Darstellungen des BF1 und der BF2 festgestellt. Da die BF2 bei der Erstbefragung erklärte, ihre Kinder (BF3 bis 6) befänden sich seit der Geburt bei ihr, ist davon auszugehen, dass sie sich zuletzt ebenfalls in XXXX aufhielten. Die erst in der Beschwerde erhobene Behauptung, Familienmitglieder der BF2 hätten die XXXX geborene Tochter des BF1 und der BF2 nach XXXX entführt, ist nicht nachvollziehbar, zumal sich die BF2 bis 6 vor der Reise nach Österreich demnach ebenfalls dort aufhielten. Mangels Entscheidungsrelevanz sind dazu aber ohnedies keine Feststellungen zu treffen.

Die Feststellungen zu den Angehörigen der BF folgen den Aussagen des BF1 und der BF2 dazu. Da der BF1 erklärte, er habe zu seinem als Asylwerber in Österreich lebenden Halbbruder nur über Facebook Kontakt und wisse nicht, wo dieser sich aufhalte, ist festzustellen, dass kaum Kontakt besteht. Es gibt keine Hinweise auf weitere familiäre Anknüpfungspunkte der BF im Bundesgebiet.

Die Fluchtgründe werden anhand der Angaben des BF1 und der BF2 bei der Erstbefragung und bei der Einvernahme vor dem BFA festgestellt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Bedrohung des BF1 und die Übergriffe der Angehörigen der BF2 je bei einer Sicherheitsbehörde angezeigt wurden; dergleichen wird insbesondere weder vom BF1 noch von der BF2 behauptet.

Der Umstand, dass die BF Grundversorgungsleistungen beziehen und in dem ihnen zugewiesenen Quartier leben, konnte anhand des Auszugs aus dem

GVS-Betreuungsinformationssystem und dem Zentralen Melderegister (ZMR) festgestellt werden.

Geringe Deutschkenntnisse des BF1 ergeben sich aus seinen Angaben bei der Erstbefragung und sind aufgrund des Aufenthalts in Deutschland während des Asylverfahrens dort glaubhaft. Nachweise für Deutschkurse oder -prüfungen, eine Partizipation der BF am Leben in ihrem aktuellen Wohnort, Integrationsbemühungen oder Sozialkontakte in Österreich wurden nicht vorgelegt, sodass dazu eine Negativfeststellung getroffen werden muss, zumal dazu auch kein konkretes Vorbringen erstattet wurde.

Die BF gaben übereinstimmend an, gesund zu sein. Die Arbeitsfähigkeit des BF1 ergibt sich aus seiner bisherigen Berufstätigkeit. Die Feststellung der Arbeitsfähigkeit der BF2 basiert auf ihrem erwerbsfähigen Alter und auf dem Fehlen von Anhaltspunkten für aktuell bestehende Erkrankungen oder andere Einschränkungen ihrer Arbeitsfähigkeit.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF in Österreich wird durch die Einsicht in das Strafregister belegt; für die BF3 bis 6 ergibt sie sich schon aus dem strafunmündigen Alter.

Die Feststellung, dass nicht zu erwarten sei, dass die BF bei ihrer Rückkehr nach Serbien in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten und dort nicht verfolgt werden, beruht auf den Feststellungen zur allgemeinen Lage dort zusammen mit dem Umstand, dass die BF familiäre Anknüpfungspunkte dort haben und der BF1 zuletzt ein Einkommen als Reinigungskraft bezog. Es ist davon auszugehen, dass er auch nach seiner Rückkehr wieder einer vergleichbaren Erwerbstätigkeit nachgehen wird, um so wie zuvor für seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familie aufzukommen. Es sind keine Hinweise für eine stattgefundene oder nach ihrer Rückkehr zu erwartende Verfolgung der BF durch staatliche Stellen in Serbien aktenkundig. Auch unter Zugrundelegung ihres Fluchtvorbringens ergibt sich lediglich eine Verfolgung des BF1 durch Privatpersonen, nämlich durch Angehörige der BF2.

Die Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien beruhen auf den vom BF nicht konkret beanstandeten Länderinformationen der Staatendokumentation, die unter detaillierter Angabe der jeweiligen Quellen in den angefochtenen Bescheid aufgenommen wurde. Dabei wurden Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne entscheidungswesentliche Widersprüche ergeben. Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit und Aktualität dieser Angaben zu zweifeln. Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderfeststellungen werden in dieser Entscheidung zur Wahrung der Übersichtlichkeit nur auszugsweise wiedergegeben. Zu den Quellenangaben im Einzelnen wird auf den angefochtenen Bescheid verwiesen. Die Feststellung, dass in Serbien keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen herrschen, beruht auf dem Fehlen von Berichten über derartige Konflikte und auf der grundsätzlich stabilen Sicherheitslage dort.

Wenn die Beschwerde darauf hinweist, dass nach einem Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe mit Blutrache zusammenhängende Körperverletzungen den serbischen Behörden oft nicht gemeldet würden, weil Mitglieder der ethnisch albanischen Bevölkerung diesen misstrauten, ist dies für die rechtliche Beurteilung des hier vorliegenden Sachverhalts nicht relevant, zumal Übergriffe von Verwandten der BF2, also von Angehörigen der albanischen Volksgruppe, vorliegen und nicht Übergriffe gegen Angehörige dieser Volksgruppe, um die es in diesem Bericht geht.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen. Bei der Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung innerhalb von einer Woche nach der Vorlage der Beschwerde an das BVwG am 19.12.2017 wurde kein Grund dafür gefunden (siehe Aktenvermerk OZ 2).

Zu Spruchteil B):

Zu Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention, kurz GFK) droht.

Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlands befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Lands zu bedienen (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113). Unter "Verfolgung" ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 22.03.2017,

Ra 2016/19/0350). Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" wird in der Regel nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl ua VwGH 30.8.2007, 2006/19/0400 und 19.10.2000, 98/20/0430).

Einer von Privatpersonen oder privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 28.06.2011, 2011/01/0102).

Zwar sind in der serbischen Öffentlichkeit gesellschaftliche Vorurteile gegen Roma wie den BF1 weit verbreitet; diese leben häufig in schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen und werden mitunter sogar Opfer gewalttätiger Angriffe. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann aber nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 28.06.2011, 2011/01/0102).

Gemäß Art 7 Abs 2 der Statusrichtlinie (vgl § 2 Abs 1 Z 9 AsylG), die im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen ist, muss der Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden wirksam sein. Ein solcher Schutz ist generell gewährleistet, wenn etwa der Herkunftsstaat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Asylwerber Zugang zu diesem Schutz hat. Die Statusrichtlinie sieht daher einerseits vor, dass die staatliche Schutzfähigkeit generell bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems gewährleistet ist, verlangt aber andererseits eine Prüfung im Einzelfall, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233).

Grundsätzlich hindert es die Asylgewährung, wenn der Asylwerber nicht einmal versucht hat, bei seinem Herkunftsstaat Schutz vor einer möglichen Verfolgung durch nicht staatliche Verfolger zu finden (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141), außer wenn von vornherein klar ist, dass die staatlichen Stellen vor der Verfolgung nicht schützen können oder wollen (VwGH 11.06.2002, 98/01/0394).

Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 6 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der serbischen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (siehe VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien ergibt sich, dass dort grundsätzlich ein staatliches Sicherheitssystem eingerichtet ist. Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass die serbischen Behörden entgegen den Länderfeststellungen Übergriffe wie die von den BF geschildeten systematisch tolerierten oder nicht ernsthaft behandelten und verfolgten. Zwar geht die Polizei nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Roma vor. Die BF haben aber nicht dargelegt, dass sie speziell keinen Zugang zu dem in Serbien grundsätzlich eingerichteten wirksamen System der polizeilichen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung hätten, zumal alle Einwohner Serbiens den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden haben, Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe vorgesehen sind und es verschiedene Stellen in Serbien gibt, an die sich Roma im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Die BF haben nicht einmal behauptet, dass sie sich wegen der Übergriffe und Bedrohungen durch die Angehörigen der BF2 überhaupt an die Behörden gewandt hätten, obwohl sich aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien ergibt, dass der Versuch, dort Schutz zu suchen, nicht von vornherein aussichtslos gewesen wäre, zumal es keine Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma gibt. Es kann vielmehr davon ausgegangen werden, dass die staatlichen Institutionen in Serbien im Zusammenhang mit den von den BF geschilderten Übergriffen rechtsstaatskonform agieren und im Hinblick auf eine mögliche Bedrohung des BF1 durch Angehörige der BF2, die ihre Beziehung zum BF1 ablehnen, schutzfähig und schutzwillig sind.

Auch in Bezug auf die erstmals in der Beschwerde behauptete Entführung der 2007 geborenen Tochter des BF1 und der BF2 durch Angehörige der BF2 gibt es keine Anhaltspunkte für eine fehlende Schutzfähigkeit oder -willigkeit serbischer Behörden. Auch in diesem Zusammenhang behaupten die BF nicht einmal, dass sie sich an die serbischen oder kosovarischen Behörden gewandt hätten, sodass dazu mangels Entscheidungswesentlichkeit keine Feststellungen getroffen werden.

Dem Fluchtvorbringen der BF kommt daher keine Asylrelevanz zu, zumal aufgrund der Behauptung der BF, die geschilderten Probleme bestünden schon seit zehn Jahren, auch kein zeitlicher Zusammenhang zwischen den als Fluchtgrund angegebenen Übergriffen und dem Verlassen des Landes erkennbar ist. Da auch sonst keine aktuelle oder zu dem Zeitpunkt, als sie ihre Heimat verließen, bestehende asylrelevante Verfolgung der BF hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, ist auch bei Zugrundelegung der von ihnen dargelegten Fluchtgründe davon auszugehen, dass keine solche besteht. Die Abweisung des Antrags der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten laut Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist somit nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG zu verbinden.

Subsidiären Schutz würde der BF demnach dann erhalten, wenn bei der Rückführung nach Serbien Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung) oder die Protokolle Nr 6 und Nr 13 zur EMRK (Abschaffung der Todesstrafe) verletzt würde. Bei der Prüfung und Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist eine Prognose anzustellen, die eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren erfordert und sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob exzeptionelle Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet (VwGH 12.11.2014, Ra 2014/20/0133). Es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die BF in ihrem Herkunftsstaat solchen Gefahren ausgesetzt wären; die bloße Möglichkeit genügt nicht. Außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Umstände im Herkunftsstaat führen nur bei außergewöhnlichen Umständen dazu, dass die Außerlandesschaffung eines Fremden Art 3 EMRK verletzt (EGMR 02.05.1997, D. gg Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid gg Vereinigtes Königreich, Zl. 44599/98).

Voraussetzung für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung oder Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141).

Hier ist aufgrund der allgemeinen Lage in Serbien von einer ausreichenden Schutzfähigkeit und -willigkeit des Staats sowohl in Bezug auf die Volksgruppe des BF1 (Roma) als auch auf die der BF2 (Albaner) auszugehen. Die BF haben keine konkreten Gründe vorgebracht, die für eine ihnen aktuell drohende unmenschliche Behandlung oder Verfolgung sprechen. Es besteht somit keine reale Gefahr, dass sie bei der Rückkehr nach Serbien in eine Art 3 EMRK widersprechende Lage geraten würden. Der BF1 und die BF2 sind gesund und in einem erwerbsfähigen Alter; der BF1 verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und war zuletzt als Reinigungskraft in XXXX erwerbstätig. Er wird auch nach seiner Rückkehr nach Serbien in der Lage sein, mit Tätigkeiten wie den bislang ausgeübten oder ähnlichen ein ausreichendes Einkommen für sich und seine Familie zu erwirtschaften. Daneben besteht die Möglichkeit, Unterstützung im Familienkreis (insbesondere von den in Serbien lebenden Angehörigen des BF1), Sozialhilfe oder karitative Hilfsleistungen zu erhalten.

Von den schwierigen Lebensbedingungen serbischer Roma, die sich aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien ergeben, sind die BF nicht in einem existenzbedrohlichen Ausmaß betroffen, zumal der BF1 wirtschaftliche Fluchtgründe ausdrücklich verneinte und vor der Einreise in XXXX wohnte und ein regelmäßiges Einkommen bezog. Außergewöhnliche Umstände, die dazu führen würden, dass die BF in Serbien keine Lebensgrundlage vorfinden und existentielle Grundbedürfnisse nicht decken können, wurden demnach nicht vorgebracht. Es ist nicht anzunehmen, dass ihnen im Fall der Rückkehr nach Serbien dort die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell in Serbien - auch bei Berücksichtigung der schwierigen wirtschaftlichen Lage dort - nicht vor. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass in Serbien ein so hohes Maß an willkürlicher Gewalt herrscht, dass für die BF alleine durch ihre Anwesenheit dort ein reales Risiko für die körperliche Unversehrtheit oder das Leben besteht.

Den BF droht in Serbien somit weder durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder fehlenden Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der gemäß § 8 Abs 1 AsylG zu berücksichtigenden, von der EMRK gewährleisteten Rechte. Es bestehen angesichts der stabilen Sicherheitslage in Serbien keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückführung dorthin für sie als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Daher ist auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide:

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz zurück- oder abgewiesen wird, der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ist gemäß § 58 Abs 1 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" ist gemäß § 57 Abs 1 AsylG Drittstaatsangehörigen, die sich im Bundesgebiet aufhalten, zu erteilen, wenn entweder der Aufenthalt gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, sofern sie keine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit sind und nicht wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, oder zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen. Letztlich ist ein solcher Aufenthaltstitel auch Opfern von Gewalt zu erteilen, wenn eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO ("Schutz vor Gewalt in Wohnungen") oder nach § 382e EO ("Allgemeiner Schutz vor Gewalt") erlassen wurde oder hätte erlassen werden können, wenn dies zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Aufenthalt der BF in Österreich war zu keiner Zeit geduldet. Auch wenn der BF1 in Serbien Opfer von gerichtlich strafbaren Handlungen geworden sein sollte, ist die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung in Österreich nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zum Schutz vor allfälliger weiterer Gewalt in Serbien notwendig. Zur ausreichenden Schutzfähigkeit und -willigkeit des serbischen Staats in diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen zu Spruchpunkt I. verwiesen. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs 1 AsylG liegen daher nicht vor.

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung über die Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem achten Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird und auch kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder

9 Abs 2 AsylG vorliegt. Eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs 2 AsylG ist hier ebensowenig erfolgt wie eine Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 3a AsylG.

Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das BFA gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß

§ 9 Abs 1 BFA-VG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß

§ 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 58 Abs 2 AsylG setzt die amtswegige Prüfung, ob ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG zu erteilen ist, die Entscheidung, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärt wird, voraus.

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Die BF reisten ohne Reisedokumente, also nicht rechtmäßig, in das Bundesgebiet ein. Sie halten sich erst seit Oktober 2017 als Asylwerber in Österreich auf, wobei ihr Aufenthalt aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Die Rückkehrentscheidung greift nicht unverhältnismäßig in ihr Familienleben ein, weil die aus den BF bestehende Kernfamilie nicht getrennt werden soll, sondern Eltern und Kindern das Aufenthaltsrecht verweigert wird und sie gemeinsam in ihr Heimatland zurückkehren sollen. Andere Personen, zu denen eine so hohe Beziehungsintensität oder Abhängigkeit besteht, dass ein Familienleben iSd Art 8 EMRK begründet würde, sind nicht vorhanden.

Unter Privatleben iSd Art 8 EMRK ist nach der Rechtsprechung des EGMR das Netzwerk persönlicher, sozialer und ökonomischer Beziehungen zu verstehen, die das Privatleben eines jeden Menschen ausmachen.

Aufgrund des relativ kurzen inländischen Aufenthalts der BF ist trotz der beginnenden sprachlichen Integration des BF1 keine intensive soziale Anbindung hier anzunehmen, auch wenn man das Wohl der BF3 bis 6 und den Umstand berücksichtigt, dass allgemein von einer schnelleren Verwurzelung minderjähriger Kinder im Aufnahmestaat auszugehen ist. Es liegen keine Nachweise für Integrationsbemühungen oder in Österreich geknüpfte soziale Kontakte vor. Zudem besteht eine enge Bindung der BF zu Serbien, wo sich nach wie vor zahlreiche Familienmitglieder des BF1 aufhalten, wo er die Schule besuchte und zuletzt erwerbstätig war. Es ist den BF unbenommen, sich statt in Serbien im Kosovo niederzulassen, wohin insbesondere die BF2 eine starke Bindung hat.

Der Behörde anzulastende überlange Verfahrensverzögerungen liegen nicht vor.

Der vergleichsweise geringen Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens der BF in Österreich steht das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen gegenüber, dem als Teil des Interesses am Schutz der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt. Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist das BFA zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts der BF im Bundesgebiet ihr persönliches Interesse am Verbleib überwiegt.

Durch die Rückkehrentscheidung wird Art 8 EMRK somit im Ergebnis nicht verletzt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen oder wurden in der Beschwerde behauptet, die hier eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen lassen. Eine amtswegige Prüfung der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG kommt daher nicht in Betracht, sodass der Spruch der angefochtenen Bescheide entsprechend zu modifizieren ist.

Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für eine Abschiebung der BF nach Serbien vor. Es liegen unter Berücksichtigung der Situation dort und der Lebensumstände der BF keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung dorthin unzulässig machen würden. Daher ist auch Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide zu bestätigen.

Zu Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß § 18 Abs 1 BFA-VG kann das BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung ua dann aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt (Z 1), wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt (Z 2) oder wenn das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht (Z 5). Hier ist jedenfalls die Voraussetzung des § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG erfüllt, zumal Serbien als sicherer Herkunftsstaat gilt.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG ist - anders als jene nach § 18 Abs 2 BFA-VG - nicht zwingend, sondern sie setzt eine Abwägung der für und gegen die zu treffende Anordnung sprechenden Interessen voraus. Dabei ist das öffentliche Interesse an der raschen Aufenthaltsbeendigung von Asylwerbern, die aus einem sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 Abs 5 BFA-VG iVm § 1 HStV kommen, den im Einzelfall allenfalls entgegenstehenden privaten Interessen gegenüberzustellen (VwGH 28.04.2015,

Ra 2014/18/0146). Anhaltspunkte dafür, dass hier konkret zu berücksichtigende private Interessen vorliegen, die das öffentliche Interesse an einer raschen Aufenthaltsbeendigung allenfalls überwiegen, sind nicht hervorgekommen.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Hier liegen die Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG nicht vor. Es wurde bereits dargelegt, dass keine Gefährdung der Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur EMRK durch die Rückführung der BF nach Serbien anzunehmen ist. Der Beschwerde war daher die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise unter anderem dann nicht, wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. In Verfahren, in denen die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom BFA aberkannt wurde und in denen keine Zuerkennung durch das BVwG gemäß § 18 Abs 5 BFA-VBG erfolgt, ist daher keine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Ein Absehen von der mündlichen Verhandlung ist dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungswesentlichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (grundlegend VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017-0018; zuletzt VwGH 17.05.2018, Ra 2018/20/0168).

Ausgehend von diesen Grundsätzen entfällt eine Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG. Davon ist keine weitere Klärung der Angelegenheit zu erwarten, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte und das Gericht ohnedies vom Fluchtvorbringen der BF und von ihren in der Beschwerde behaupteten privaten und familiären Anknüpfungen im Bundesgebiet ausgeht.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten