Entscheidungsdatum
25.07.2018Norm
AVG §68Spruch
L510 2201310-1/8E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH über die Beschwerde der XXXX, geb. am XXXX, StA: Irak, vertreten durch die Mutter XXXX, geb. am XXXX, StA: Irak, diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.06.2018, Zahl: XXXX, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG mangels Vorliegen eines Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
1. Mit im Spruch bezeichneten Bescheid wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag der beschwerdeführenden Partei (bP), XXXX, auf internationalen Schutz vom 30.05.2018 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.).
Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).
Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.).
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.).
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass eine Abschiebung gem. § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt V.).
Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.).
2. In Bezug auf die Mutter und gesetzliche Vertreterin der bP wurde mit selbigen Datum ein Bescheid gleichen Spruchinhaltes an diese durch persönliche Ausfolgung mit Wirksamkeit vom 19.06.2018 ordnungsgemäß zugestellt.
3. Der unter Pkt. 1. angeführte Bescheid wurde der mündig minderjährigen bP durch unmittelbare Ausfolgung persönlich zugestellt.
4. Gegen die Bescheide der bP und ihrer Mutter wurden durch die Rechtsvertretung der Mutter fristgerecht Beschwerden erhoben.
5. Die Verwaltungsverfahrensakten langten mit 20.07.2018 bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die bP ist am XXXX geboren und war daher zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides minderjährig. Gesetzliche Vertreterin ist ihre Mutter.
Das BFA hat den im Spruch angeführten Bescheid der bP persönlich ausgefolgt. Nicht festgestellt werden konnte, dass der Bescheid der Mutter der bP als deren gesetzliche Vertreterin zugestellt wurde.
Ebenfalls nicht festgestellt werden konnte, dass in der Zustellverfügung (AS 281) als Adressat die Mutter als gesetzliche Vertreterin angeführt wurde.
Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensgang.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des BFA, aus welchem sich der maßgebliche Sachverhalt zweifelsfrei ergibt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Zurückweisung
3.1. § 28 VwGVG
(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
(2) [...]
(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
Die zurückweisende Entscheidung hatte daher mittels Beschluss zu erfolgen.
3.2. § 21 Abs. 2 ABGB lautet:
"(2) Minderjährige sind Personen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben; haben sie das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so sind sie unmündig."
§ 158 ABGB lautet:
"(1) Wer mit der Obsorge für ein minderjähriges Kind betraut ist, hat es zu pflegen und zu erziehen, sein Vermögen zu verwalten und es in diesen sowie allen anderen Angelegenheiten zu vertreten; Pflege und Erziehung sowie die Vermögensverwaltung umfassen auch die gesetzliche Vertretung in diesen Bereichen."
§ 10 Abs. 1 und 3 BFA-VG lauten:
"(1) Für den Eintritt der Handlungsfähigkeit in Verfahren vor dem Bundesamt, vor den Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG und in einem Verfahren gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 vor dem Bundesverwaltungsgericht ist ungeachtet der Staatsangehörigkeit des Fremden österreichisches Recht maßgeblich.
(2) In Verfahren vor dem Bundesamt und dem Bundesverwaltungsgericht ist jeder Elternteil für sich zur Vertretung des Kindes befugt.
[...]
Gemäß § 2 Z. 1 ZustG ist ‚Empfänger' die von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5) namentlich als solche bezeichnete Person.
Gemäß § 5 ZustG ist die Zustellung von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten.
Ist der Asylwerber minderjährig, sind Bescheide seinem gesetzlichen Vertreter zuzustellen (vgl. dazu VwGH v. 18.10.2005, Zl. 2005/01/0215 zu § 25 Abs. 2 AsylG 2005 1997 idF vor der Novelle 2003, wobei diese Bestimmung im für den gegenständlichen Fall im Wesentlichen inhaltsgleich zu § 10 Abs. 3 BFA-VG ist).
Eine Heilung gemäß § 9 Abs. 3 ZustG des durch die ursprüngliche Zustellung an den handlungsunfähigen Beschwerdeführer bewirkten Zustellmangels kann nur dann eintreten, wenn dem Zustellbevollmächtigten ein Originaldokument des Bescheids zukommt (vgl. unter Hinweis auf die bei Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht2, zu § 9 Abs. 3 ZustellG, erwähnte Rechtsprechung des VwGH).
Eine Heilung gemäß § 7 Abs. 1 ZustG scheidet dann aus, wenn in der Zustellverfügung der bestellte gesetzliche Vertreter als "Empfänger" gar nicht erwähnt war (vgl. dazu etwa VwGH v. 14.12.2011, Zl. 2009/01/0049).
3.3 Gegenständlich hätte ausgehend von der Minderjährigkeit der bP der Bescheid der Mutter als gesetzlicher Vertreterin zugestellt werden müssen. Die Zustellung des Bescheides durch persönliche Ausfolgung an die bP entfaltete somit keine Rechtswirkungen. Mangels Anführung der gesetzlichen Vertreterin in der Zustellverfügung (AS 281) war auch die fehlerhaft durchgeführte Zustellung einer Heilung nicht zugänglich, weshalb dieser Bescheid nie zugestellt wurde und somit nie in Rechtsbestand erwuchs.
Die verfahrensgegenständliche Beschwerde richtet sich somit, weil der angefochtene Bescheid nicht rechtwirksam erlassen wurde, gegen eine Erledigung, die kein tauglicher Anfechtungsgegenstand für eine Beschwerde ist, weshalb sie wegen offenbarer Nichtzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückzuweisen war.
3.4. Bedeutung für das weitere Familienverfahren:
Der angefochtene Bescheid der Mutter der bP (Zl.: L510 2201311-1) liegt beim BVwG auf. Seitens des BFA wurde ein neuerlicher Bescheid die bP betreffend bereits an deren gesetzliche Vertreterin mit 23.07.2018 zugestellt.
Nunmehr ist seitens des BFA eine Beschwerde gegen den neuerlichen Bescheid die bP betreffend abzuwarten.
Im Falle einer Beschwerde ist ein neues Verfahren anzulegen. Die Verfahren der Familie sind sodann gemeinsam zu führen, sodass sich verfahrensgegenständlich die Fristen zur Prüfung einer etwaigen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für die gesamte Familie auf jenes Verfahren beziehen, welches später in Beschwerde gezogen wurde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass die Beschwerde zurückzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die gegenständliche Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beschwerde, gesetzlicher Vertreter, Minderjährigkeit, Nichtbescheid,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L510.2201310.1.00Zuletzt aktualisiert am
20.11.2018