TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/30 I407 1420889-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

I407 1420889-2/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Marokko, vertreten durch die juristischen Personen Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2016, Zl. 562088309 - 1380618, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.06.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer kam schlepperunterstützt in das Bundesgebiet und stellte am 28.07.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge seiner Ersteinvernahme am selben Tag gab der Beschwerdeführer zum Fluchtgrund befragt im Wesentlichen an, dass er keine Arbeit gehabt, einen Unfall mit Personenschaden verursacht und Probleme mit dem Bruder des Verletzten bekommen habe, der zum ihm nach Hause gekommen sei und ihn umbringen wollen habe.

In der Einvernahme durch Organe des Bundesasylamtes am 05.08.2011 wiederholte er im Wesentlichen dieses Fluchtvorbringen.

Mit Bescheid vom 08.08.2011 wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß "§ 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" sowie gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" als unbegründet ab; zugleich verfügte das Bundesasylamt gemäß "§ 10 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG" die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet nach Marokko.

Mit Schriftsatz vom 17.08.2011 bekämpfte der Beschwerdeführer mit Unterstützung der Caritas, Diözese Eisenstadt, als seinen bevollmächtigten Vertreter den Bescheid vom 08.08.2011 in vollem Umfang.

Über die nachfolgenden Schriftsätze vom 14.11.2013, 20.02.2014, 03.04.2014 und 04.06.2014 wurde zusammengefasst mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer am 09.03.2014 (evangelisch) getauft worden und zum Christentum konvertiert sei. Er lebe seinen neuen Glauben offen aus und das sei über die sozialen Netzwerke und über den Internetauftritt seiner evangelischen Gemeinde für jedermann öffentlich zugänglich. Bei einer Rückkehr nach Marokko befürchte er aufgrund seiner Konversion staatliche Verfolgung sowie Verfolgung durch Dritte, gemeint islamische Fanatiker.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.11.2014 wurde der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen und die Angelegenheit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Dieses Erkenntnis wurde mit Erkenntnis des VwGH vom 23.06.2015, Ra 2014/01/0210-12, aufgehoben.

Nach Einholung einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Situation von Konvertiten (vom Islam zum Christentum) fand am 25.01.2016 eine weitere mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Beisein des Beschwerdeführers und einer Rechtsberaterin statt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.04.2016 wurde der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen und die Angelegenheit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2016, dem Beschwerdeführer am 01.07.2016 zugestellt, wurde der Beschwerdeführer aufgefordert binnen 14 Tagen bekannt zu geben, ob sich seit November 2014 bezüglich seines Privat- und Familienlebens Änderungen ergeben haben.

Mit Stellungnahme vom 01.09.2016 übermittelte der Beschwerdeführer eine Prüfungsbestätigung A2 Grundstufe Deutsch 2 vom 15.12.2014 sowie ein Empfehlungsschreiben samt Fotos betreffend seine Mitwirkung in der evangelischen Kirchengemeinde W.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2016 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Dieser Bescheid wurde am 08.09.2016 zugestellt.

Am 22.09.2017 wurde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften Beschwerde erhoben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe das Privat- und Familienleben sowie die Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers und die Zulässigkeit einer Abschiebung nach Marokko mangelhaft ermittelt. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen; der gegenständlichen beschwerde stattgegeben, den angefochtenen Bescheid beheben, aussprechen, dass die Rückkehrentscheidung gegenüber dem Beschwerdeführer auf Dauer unzulässig ist und dem Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 55 AsylG erteilen; in eventu, dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG erteilen; feststellen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko unzulässig ist; in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 26.09.2016 vorgelegt.

Mit Schreiben vom 01.06.2017 wurden dem Bundesverwaltungsgericht weitere Unterlagen betreffend die Integration des Beschwerdeführers vorgelegt.

Am 06.06.2018 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, im Zuge derer der Beschwerdeführer angab in Österreich eine Freundin namens XXXX zu haben, allerdings nicht mit dieser zusammenzuleben. Er möchte eine Heimpflege-Ausbildung beginnen. Gelegentlich habe er via WhatsApp Kontakt mit seinem Bruder in Marokko. Zudem wurden weitere Unterlagen betreffend die Integration des Beschwerdeführers eingebracht.

Am 10.07.2018 langte eine Bestätigung über die Aufnahme des Beschwerdeführers in den Lehrgang für Heimhilfe der Caritas beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer stellte am 28.07.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.08.2011 abgewiesen wurde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.04.2016 wurde die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bestätigt, das Verfahren aufgrund der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 20 AsylG 2005 hinsichtlich der Prüfung einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen, das im gegenständlich angefochtenen Bescheid zum Ergebnis kam, dass eine Rückkehrentscheidung nicht unzulässig ist.

Da der Beschwerdeführer nicht wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 06.06.2018 angekündigt einen neuerlichen Asylantrag gestellt hat, wird das Verfahren fortgesetzt.

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Marokkos und somit Drittstaatsangehöriger. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vom muslimischen zum christlichen Glauben konvertiert.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Sein Gesundheitszustand steht seiner Rückkehr nicht entgegen.

Der Beschwerdeführer besuchte in Marokko die Schule und arbeitete in einem Restaurant.

In Marokko leben noch Verwandte des Beschwerdeführers, nämlich seine Eltern und Geschwister, wobei zu einem Bruder noch Kontakt via WhatsApp besteht.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer - abgesehen von einer Freundin namens XXXX, mit welcher er nicht zusammenwohnt - über keine familiären Bindungen oder über eine intensive private Beziehung.

Der Beschwerdeführer ist um eine Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht bemüht, hat eine Deutschprüfung Niveau B1 bestanden, hat sich gut in die Pfarre W integriert und nimmt aktiv am Gemeindeleben sowie an pfarrlichen Veranstaltungen teil und wurde in den Lehrgang für Heimhilfe für Berufstätige der Caritas mit Beginn am 24.09.2018 aufgenommen.

Der Beschwerdeführer befindet sich in der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur Situation in Marokko:

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.

Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen. Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden. Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.

Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden.

Die Feststellungen zu seiner Einreise sowie seinem Aufenthalt in Österreich und seinem Asylverfahren lassen sich dem vorliegenden Verwaltungsakt und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister entnehmen.

Die Feststellung zu seiner Religionsgruppenzugehörigkeit ergibt sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung sowie der Bestätigung der Pfarre W betreffend seine Taufe.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer keine schwere gesundheitliche Einschränkung bzw. auch keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vorbrachte. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.

Die Feststellungen zu seiner Schulbildung, seiner Arbeitserfahrung und seinen familiären Verhältnissen in Marokko ergeben sich aus seinen diesbezüglichen glaubhaften Angaben.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des Beschwerdeführers in Österreich resultieren aus dem Verwaltungsakt und insbesondere aus den Angaben in seiner mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 06.06.2018.

Die Feststellung betreffend seine Integrationsbemühungen ergeben sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie den zahlreichen Empfehlungsschreiben samt Fotos der Pfarre W, dem ÖSD Zertifikat Niveau B1 vom 28.05.2018 sowie dem Aufnahmevertrag für den Lehrgang für Heimhilfe.

Die Feststellungen zu seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 31.07.2018 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 31.07.2018.

2.2. Zu den Länderfeststellungen:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko vom 07.07.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Marokko ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten:

? AA - Auswärtiges Amt (02.2017a): Marokko - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Marokko/Innenpolitik_node.html, Zugriff 30.06.2017

? DS - Der Standard (31.01.2017): Marokko wieder in der AU, doch Westsahara-Streit bleibt,

http://derstandard.at/2000051784210/Afrikanische-Union-diskutiert-Wiederaufnahme-von-Marokko, Zugriff 30.06.2017

? GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (06.2017a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 30.06.2017

? ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (09.2015): Asylländerbericht Marokko

? AA - Auswärtiges Amt (05.07.2017): Marokko - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/MarokkoSicherheit_node.html, Zugriff 05.07.2017

? BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (05.07.2017): Reiseinformation Marokko, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/, Zugriff 05.07.2017

? DS - Der Standard (29.5.2017): Anführer der Proteste in Marokko festgenommen,

http://derstandard.at/2000058382533/Hunderte-Marokkaner-demonstrierten-in-Protesthochburg-Al-Hoceima?ref=rec, Zugriff 5.7.2017

? DS - Der Standard (28.06.2017): Marokko: Fast 80 Polizisten bei Ausschreitungen verletzt,

http://derstandard.at/2000060215022/Marokko-Fast-80-Polizisten-bei-Ausschreitungen-verletzt?ref=rec, Zugriff 05.07.2017

? FD - France Diplomatie (05.07.2017): Conseils aux Voyageurs - Maroc - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/maroc/, Zugriff 05.07.2017

? AA - Auswärtiges Amt (02.2017b): Marokko - Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Marokko/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 05.07.2017

? CIA - Central Intelligence Agency (27.06.2017): The World Factbook - Western Sahara,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/wi.html, Zugriff 05.07.2017

? DF - Deutschlandfunk (26.09.2016): EU, Marokko und der Westsahara-Konflikt - Handel mit Afrikas letzter Kolonie, http://www.deutschlandfunk.de/eu-marokko-und-der-westsahara-konflikt-handel-mit-afrikas.724.de.html?dram:article_id=366913, Zugriff 05.07.2017

? AA - Auswärtiges Amt (10.03.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: März 2017)

? USDOS - U.S. Department of State (03.03.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/337215/479978_de.html, Zugriff 30.06.2017

? AI - Amnesty International (22.02.2017): Amnesty International Report 2014/15 - Kingdom of Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/336547/479222_de.html, Zugriff 30.06.2017

? TI - Transparency International (25.01.2017): Corruptions Perceptions Index 2016,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 30.06.2017

? HRW - Human Rights Watch (12.01.2017): World Report 2017 - Morocco and Western Sahara,

http://www.ecoi.net/local_link/334712/476546_de.html, Zugriff 30.6.2017

? ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko

? USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/337215/479978_de.html, Zugriff 30.06.2017

? DS - Der Standard (29.5.02017): Anführer der Proteste in Marokko festgenommen,

http://derstandard.at/2000058382533/Hunderte-Marokkaner-demonstrierten-in-Protesthochburg-Al-Hoceima?ref=rec, Zugriff 05.07.2017

? USDOS - U.S. Department of State (10.08.2016): 2015 International Religious Freedom Report - Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/328443/469221_de.html, Zugriff 03.07.2017

? AA - Auswärtiges Amt (2.2017c): Marokko - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Marokko/Wirtschaft_node.html, Zugriff 04.07.2017

? GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (6.2017c): Marokko - Wirtschaft, http://liportal.giz.de/marokko/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 04.07.2017

? DIS - Danish Immigration Service (2.2017): Morocco - Situation of Unaccompanied Minors,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1490253625_morocco-situationofunaccompaniedminors-06032017.pdf, Zugriff 06.07.2017

? USDOS - U.S. Department of State (03.03.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/337215/479978_de.html, Zugriff 30.06.2017

? VB - Verbindungsbeamter des BMI in Rabat (30.05.2017):

Anfragebeantwortung Kinder und Jugendliche, nach direkter Rücksprache mit einem Mitarbeiter der NGO "Association Marocaine des Droits Humains" (AMDH), sowie mit Frau Saida SAGHER von der Organisation "BAYTI" (übersetzt "mein Haus") in Casablanca, einer Organisation, die sich speziell für Straßenkinder einsetzt; übermittelt per E-Mail vom 30.05.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Die für die vorliegende Entscheidung maßgeblichen Bestimmungen sind

§ 10 Abs. 1 Z 3, § 55 sowie § 57 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr. 145/2017 (AsylG), und § 50 sowie

§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 sowie § 55 Abs. 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr. 145/2017 (FPG).

Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Zur Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG und zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I., erster und zweiter Spruchteil des angefochtenen Bescheides):

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 Abs. 2 FPG lautet:

"§ 52. (1) ...

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige."

Der Antrag auf internationalen Schutz war rechtskräftig mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.04.2016, Zl. I408 1420889-1/42E abgewiesen und das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen worden.

§ 10 Abs. 1 AsylG 2005 lautet:

"§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird."

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war ihm daher nicht zuzuerkennen.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein Familienleben in Österreich und er hat ein solches auch nicht behauptet.

Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).

Sofern der Beschwerdeführer vermeint, dass ihm insbesondere auch aufgrund seines bereits seit mittlerweile rund sieben Jahre andauernden Aufenthalts ein Aufenthaltsrecht zukäme ist zunächst herauszustreichen, dass es in diesem Zusammenhang keinen Rechtserwerb allein durch Zeitablauf (im Sinne einer "Ersitzung") geben kann, zumal dafür keine gesetzliche Grundlage existiert. Vielmehr enthält § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz eine bloß demonstrative Aufzählung jene Umstände, die bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind (arg: "insbesondere"). Die "Dauer des bisherigen Aufenthaltes" ist dabei nur einer von mehreren Aspekten, die zugunsten oder zuungunsten des Fremden ins Kalkül zu ziehen sind.

Auch der VwGH vertritt die Ansicht, dass der Fremde spätestens nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Asylantrages - auch wenn er subjektiv berechtigte Hoffnungen auf ein positives Verfahrensende gehabt haben sollte - im Hinblick auf die negative behördliche Beurteilung des Antrages von einem nicht gesicherten Aufenthalt ausgehen habe müssen (VwGH 29.04.2010, 2010/21/0085).

Ein Aufenthalt von 7 Jahren stellt zwar eine grundsätzlich beachtliche Zeitspanne, aber noch keinen solch langen Zeitraum dar, dessentwegen schon wegen der reinen Aufenthaltsdauer auf die Unzulässigkeit der Ausweisung zu erkennen wäre.

Betreffend sein Privatleben führt der Beschwerdeführer zwar eine Beziehung mit einer Frau namens XXXX an, doch besteht weder eine Wohngemeinschaft noch wurde eine Ehe geschlossen, so dass diese Beziehung unter dem Privatleben zu berücksichtigen ist. Diese Beziehung wird vom Beschwerdeführer auch erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 06.06.2018 erwähnt, was auf eine erst kurze Dauer schließen lässt. Aufgrund des Umstandes, dass die Beziehung zu einem Zeitpunkt eingegangen wurde, als sein Aufenthaltsstatus als unsicher anzusehen war und somit für ihn (aber auch für seine Partnerin) kein ausreichender Grund zur Annahme bestand, er werde dauerhaft in Österreich bleiben dürfen, ist daher davon auszugehen, dass eine Rückkehrentscheidung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers darstellt, zumal beiden moderne Kommunikationsmittel offenstehen (vgl. VwGH, 10.12.2013, 2013/22/0351 und bezogen auf einen etwa zweieinhalbjährigen Aufenthalt, VwGH, 10.11.2010, 2008/22/0177 und zuletzt VwGH, 15.12.2015, Ra 2015/19/0247) und aufgrund der geringen Distanz zwischen Österreich und Marokko auch Besuche möglich sind.

Im Falle des Beschwerdeführers wird vom Bundesverwaltungsgericht anerkannt, dass er umfassende Schritte zur Integration getätigt hat und dass er sich in den letzten Jahren in Österreich vorbildlich verhalten hat. Er hat sich in der Pfarre W engagiert gezeigt, hat eine Deutschprüfung Niveau B1 bestanden sowie zahlreiche Freundschaften aufgebaut und wurde in den Lehrgang für Heimhilfe ab September 2018 aufgenommen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH, 30.06.2016, Ra 2016/21/0122 bis 0125-7 oder VwGH, 20.11.2008, Zl. 2008/21/0188 oder VwGH, 30.04.2009, Zl. 2008/21/0374) reichen diese positiven Integrationsmerkmale bei einer siebenjährigen Aufenthaltsdauer aber nicht aus, um davon auszugehen, dass eine Rückkehrentscheidung ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Privatleben und damit die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen, wobei im Rahmen der Gesamtabwägung einem solchen Vorbringen nicht in jeder Konstellation Relevanz zukomme (vgl. dazu VwGH, 30.06.2016, Zl Ra 2016/21/0076-10 und VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Besondere Schwierigkeiten sind gegenständlich aber nicht zu erwarten und hat der Beschwerdeführer noch Bindungen nach Marokko, zumal seine Eltern sowie seine Geschwister noch dort leben und zu seinem Bruder Kontakt besteht.

Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausführt, dass er aufgrund seiner bisherigen Einstellungszusagen bzw. Arbeitsvorverträgen jedenfalls selbsterhaltungsfähig sei, so ist dazu auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach sich aus einer bedingten Einstellungszusage nicht ein bereits erreichter Grad an Integration in wirtschaftlicher Sicht ableiten lässt, sondern bloß eine noch ungewisse Möglichkeit deren künftigen Eintretens ist und daher eine Einstellungszusage keinen Beleg für seine künftige Selbsterhaltungsfähigkeit bildet, sondern allenfalls ein Hinweis dafür sein kann, dass der Beschwerdeführer, sofern er sich am entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich bewährt, in die Situation kommen könnte, seinen Lebensunterhalt aus eigenem zu bestreiten (VwGH, 14.12.2010, 2010/22/186).

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Marokko keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt. Daher war kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG zu erteilen.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach den §§ 55 und 57 AsylG 2005 nicht gegeben sind, war die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - im Umfang des ersten und zweiten Spruchteils - gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2.2. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt I., dritter Spruchteil des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Er weist zudem eine Schulbildung und Arbeitserfahrung in einem Restaurant auf. Durch die Aufnahme einer entsprechenden Tätigkeit - wenn auch zu Beginn nur in Form von Gelegenheitsjobs oder Hilfstätigkeiten - sollte er in seinem Herkunftsstaat zukünftig zum Verdienst seines Lebensunterhaltes imstande sein. Zudem leben seine Eltern und Geschwister nach wie vor in Marokko und könnten ihn gegebenenfalls unterstützen. Damit ist der Beschwerdeführer nicht durch die Außerlandesschaffung nach Marokko in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Marokko besser gestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Marokko keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Außerdem besteht ganz allgemein in Marokko derzeit keine derartige Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem Länderinformationsblatt für Marokko, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Zudem wird darauf hingewiesen, dass Marokko ein "sicherer Herkunftsstaat" iSd Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl. II Nr. 47/2016, ist (vgl. § 1 Z 9 leg.cit.).

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes I. - im Umfang des dritten Spruchteils - des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.2.3. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Dass besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Interessenabwägung, öffentliches Interesse, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I407.1420889.2.00

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten