TE Bvwg Beschluss 2018/8/2 W141 2197296-1

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Veröffentlicht am 02.08.2018
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Entscheidungsdatum

02.08.2018

Norm

AlVG §7
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W141 2197296-1/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter KommR Karl GAUSTER und

Josef HERMANN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX,

geb. XXXX, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservices (AMS) Wien Hietzinger Kai, vom 23.02.2018, betreffend die Abweisung der Zuerkennung des Arbeitslosengeldes mangels Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt gemäß § 7 AlVG, in nicht-öffentlicher Sitzung beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger des Irak. Es wurde ihm mit Bescheid

des Bundesasylamts vom 01.04.2011 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde mit Bescheid des Bundesamts für

Fremdenwesen und Asyl vom 17.07.2015 wieder aberkannt, diese Entscheidung wurde mit

Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.5.2016, GZ L502 1418869-2/14E,

bestätigt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und §

55 Asylgesetz (AsylG) wurde nicht erteilt. Zur Abweisung des vorigen Antrags auf Arbeitslosengeld vom 21.09.2017 erging die Beschwerdevorentscheidung vom 22.12.2017.

2. Der Beschwerdeführer stellte am 13.01.2018 neuerlich einen Antrag auf Arbeitslosengeld.

3. Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Hietzinger Kai (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) vom 23.02.2018 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung des Arbeitslosengeldes keine Folge gegeben. Begründend wurde angeführt, dass der Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel habe, der ihn zur Aufnahme einer Beschäftigung in Österreich berechtige. Er könne lediglich eine Karte für Geduldete vorweisen.

4. Am 19.03.2018 erhebt der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 23.02.2018 Beschwerde. Im Wesentlichen führt er an, dass er nicht aus faktischen Gründen geduldet sei, sondern weil sein subsidiärer Schutz bescheidmäßig gemäß § 9 Abs. 2 AsylG aberkannt worden sei, wobei gleichzeitig festgestellt worden sei, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung in den Irak unzulässig ist. Wird die Duldung als Folge dieses rechtlichen Status gewährt, bestehe gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 AuslBG Arbeitsmarktzugang und demnach Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt. Nach § 4 Abs. 1 Z 1 AuslBG könne eine Beschäftigungsbewilligung unter anderem einer Person erteilt werden, die nach § 46a FPG geduldet ist und zuletzt nach § 1 Abs. 2 lit. A AuslBG vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen war. Genau das treffe auf ihn zu. Er sei als subsidiär Schutzberechtigter vom AuslBG ausgenommen gewesen und seit Aberkennung des subsidiären Schutzes geduldet nach § 46a FPG. Daher erfülle er die Voraussetzungen des § 7 AlVG.

5. Am 04.06.2018 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 23.02.2018 nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger des Irak. Es wurde ihm mit Bescheid

des Bundesasylamts vom 01.04.2011 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde mit Bescheid des Bundesamts für

Fremdenwesen und Asyl vom 17.07.2015 wieder aberkannt, diese Entscheidung wurde mit

Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.5.2016, GZ L502 1418869-2/14E,

bestätigt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und §

55 Asylgesetz (AsylG) wurde nicht erteilt. Zur Abweisung des vorigen Antrags auf Arbeitslosengeld vom 21.09.2017 erging die Beschwerdevorentscheidung vom 22.12.2017.

sDer Beschwerdeführer stellte am 13.01.2018 neuerlich einen Antrag auf Arbeitslosengeld.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Hietzinger Kai (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) vom 23.02.2018 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung des Arbeitslosengeldes keine Folge gegeben.

Am 19.03.2018 erhebt der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 23.02.2018 Beschwerde.

Am 04.06.2018 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen konnten unmittelbar auf Grund der Aktenlage getroffen werden.

Die belangte Behörde hat notwendige Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes unterlassen und nicht festgestellt, ob für den Beschwerdeführer nach dem AuslBG Arbeitsmarktzugang und demnach Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt besteht.

3. Rechtliche Beurteilung:

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen (vgl. § 56 Abs. 2 AlVG) eine Senatszuständigkeit vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung des nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senates.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Ist in Materiengesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich eine sinngemäße Anwendung aus § 31 Abs. 3 VwGVG.

Zu A) Zurückverweisung der Angelegenheit

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013),

§ 28 VwGVG, Anm. 11.).

§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine

kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Das Bundesverwaltungsgericht sieht keinen Grund zur Annahme, dass sich die dargestellte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die mit Inkrafttreten der B-VG-Novelle BGBl. I 51/2012 sowie des BVwGG geänderte neue Rechtslage übertragen ließe. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der Funktion der mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 etablierten Verwaltungsgerichte erster Instanz, die nicht an die Stelle der Verwaltungsbehörde treten und deren Aufgaben übernehmen sollen, sondern die Kontrolle der Verwaltung, in Unterordnung unter dem Verwaltungsgerichtshof, sicherzustellen haben. Es liegt daher nicht im Sinne des Gesetzes, dass das Bundesverwaltungsgericht den entscheidungswesentlichen Sachverhalt erstmals ermitteln und beurteilen solle, wodurch es seine umfassende Kontrollbefugnis nicht wahrnehmen könnte. Eine ernsthafte Prüfung des Antrages soll nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und - bis auf die eingeschränkte Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts - zugleich enden.

Aus den dargelegten Gründen sowie der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.01.2014 Zl. 2011/08/0321-9 ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung der Abweisung der Zuerkennung des Arbeitslosengeldes mangels Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich erscheinen. Hierbei wird insbesondere auf die Punkte 1-5 der VwGH Entscheidung vom 29.01.2014 verwiesen. Im Besondern wäre zu prüfen gewesen, ob für den Beschwerdeführer nach dem AuslBG eine Möglichkeit des Arbeitsmarktzugangs und demnach Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt besteht. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nach § 66 Abs. 2 AVG nicht im Sinne des Gesetzes liegen.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,
Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W141.2197296.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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