Entscheidungsdatum
03.08.2018Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W205 2152872-1/9E
W205 2152878-1/9E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Teheran vom 28.03.2017, Zl. Teheran-OB/KONS/0620/2017, aufgrund des Vorlageantrags vom 06.04.2017 von 1.) Herrn XXXX , geb. XXXX und 2.) XXXX , geb. XXXX , StA: Islamische Republik Iran, über die Beschwerde gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Teheran vom 02.02.2017, Zl. Teheran-OB/KONS/0252/2017, beschlossen:
A)
Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die minderjährigen Beschwerdeführer sind iranische Staatsangehörige und stellten am 17.02.2016 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Teheran (künftig: ÖB) jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005.
Der als Bezugsperson genannten Mutter, einer iranischen Staatsangehörigen, wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (künftig: BFA) vom 27.08.2015, Zl. 14-1032131503-140019912, gemäß § 3 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
2. Nach Weiterleitung der Anträge auf Einreiseerlaubnis an das BFA teilte dieses der ÖB mit Schreiben vom 18.08.2016 gemäß § 35 Abs. 4 AsylG mit, dass die Gewährung des Status des Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, weil die Angaben der Antragsteller zur Angehörigeneigenschaft gemäß § 35 AsylG durch relevante und unbedenkliche Beweismittel nach zu weisen und gemäß Art. 1173 des iranischen Zvilgesetzbuches im Hinblick auf das Sorgerecht zu belegen seien.
In der angeschossenen Stellungnahme des BFA vom selben Tag führte das BFA aus, laut (der vorgelegten näher bezeichneten) Scheidungsurkunde sei die Ehe vom Vater der Antragsteller (künftig: S.) und der Bezugsperson am 22.12.2008 geschieden worden. Das Sorgerecht der gemeinsamen Kinder stehe dem Gatten zu und die Gattin sei berechtigt, die Kinder wöchentlich 48 Stunden zu besuchen.
Die Eigenschaft als Familienangehörige im Sinne von § 35 Asylgesetz bestehe gar nicht: Mangels vorgelegter, relevanter und unbedenklicher Beweismittel (z.B. Geburtsurkunde, wonach die Bezugsperson die Mutter der Antragsteller sei), sei keineswegs vom Nachweis im Sinne eines vollen Beweises des Familienverhältnisses auszugehen.
Die Bezugsperson habe anlässlich der Einvernahme vor dem BFA am 28.07.2015 angegeben, dass sie seit 1397 gesetzlich geschieden sei. Laut vorgelegter Scheidungsurkunde sei das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder dem Gatten S. zugestanden.
Laut iranischer Gesetzeslage könne die Berechtigung zur Personensorge entzogen werden, wenn der Berechtigte das Kind vernachlässige oder gefährde. Sei die körperliche Gesundheit oder die moralische Erziehung des Kindes durch Vernachlässigung oder durch unmoralisches Verhalten des Vaters oder der Mutter, unter deren Sorge es stehe, gefährdet, so könne das Gericht gemäß Art. 73 iranisches Zivilgesetzbuch auf Antrag der nächsten Verwandten des Kindes, seines Vormunds oder des Staatsanwalts jede Entscheidung treffen, die es zum Schutze der Kinder für erforderlich halte.
3. Die ÖB richtete mit Schreiben vom 21.08.2016 unter Anschluss der Mitteilung und der Stellungnahme des BFA eine Aufforderung zur Stellungnahme an die Beschwerdeführer und räumte die Möglichkeit ein, die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
4. Mit Schreiben vom 26.08.2016 erstatteten die Beschwerdeführer eine Stellungnahme zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose. Sie führten im Wesentlichen aus, es sei richtig, dass die Ehe der Eltern der beiden Antragsteller bereits im Iran am 22.12.2008 geschieden worden sei. Es sei auch richtig, dass das Sorgerecht der gemeinsamen Kinder im Iran im Zuge der Scheidung dem geschiedenen Ehemann, S., zugesprochen worden sei, die in Österreich lebende Bezugsperson habe daher nicht das Sorgerecht für die beiden Antragsteller. Inzwischen sei jedoch ein ganz neuer Sachverhalt eingetreten, von dem das BFA bislang noch nicht in Kenntnis gewesen sei: Der Vater der Antragsteller habe den Iran verlassen und in Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er lebe an einer näher angeführten Adresse in XXXX . In seiner Fluchtsituation habe der sorgeberechtigte Vater die Kinder alleine im Iran zurücklassen müssen und sie vorläufig in die Pflege ihrer Großmutter gegeben. Da er seiner Fürsorgepflicht nicht mehr nachkommen könne, habe er eine der Stellungnahme beigelegte Einverständniserklärung zur Sorgerechtsübertragung an die Bezugsperson, die seine geschiedene Frau und die leibliche Mutter der Kinder sei, verfasst.
Die im Iran zurückgebliebenen Kinder hätten im Iran weder einen für sie sorgenden Vater, noch eine Mutter (welcher im Scheidungsverfahren zumindest ein regelmäßiges Besuchsrecht eingeräumt worden sei), da mittlerweile beide Elternteile aus dem Iran geflüchtet seien. Da derzeit zumindest ein Elternteil, die Mutter, einen gesicherten Aufenthaltsstatus als Asylberechtigte in Österreich innehabe, sei es im Sinne des Kindeswohls erforderlich, dass die mittlerweile im Iran elternlos gewordenen minderjährigen Antragsteller der Gemeinschaft mit eben diesem Elternteil, nämlich ihrer Mutter, zugeführt würden.
Die Eltern der minderjährigen Antragsteller würden sich, obwohl geschieden, gemeinsam große Sorgen um ihre beiden Kinder machen, deren Schicksal sei im Iran ungewiss. Die Pflege durch die Großmutter sei eine vorläufige Notlösung, denn die Großmutter sei nicht geeignet und nicht in der Lage, die Erfüllung der väterlichen bzw. elterlichen Aufsichtspflicht und Erziehungsarbeit zu ersetzen.
Der Stellungnahme wurden folgende Beweismittel beigelegt:
-
ein in XXXX verfasstes Schreiben des obsorgeberechtigten S. vom 26.08.2016, das mit "Einverständniserklärung zur Sorgerechtsübertragung" übertitelt ist und in dem Folgendes ausgeführt wird (Unterstreichung durch das BVwG): "Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit übertrage ich, [S., geb,....es werden die persönlichen Daten des Vaters der Antragsteller angeführt] das Sorgerecht für meine zwei Kinder [es werden die Namen und Daten sowie die Passnummern der Antragsteller sowie deren aktuelle Wohnadresse in Teheran angeführt] an meine geschiedene Ehefrau [es werden die persönlichen Daten der Bezugsperson und ihre Wohnadresse in Österreich angeführt]. Aufgrund der heutigen Situation (Asylverfahren in Deutschland), kann ich der Sorgepflicht für meine Kinder momentan nicht nachkommen. Mit freundlichen Grüßen [Unterschrift von S.].
-
in Deutschland ausgestellte asylrechtliche Unterlagen des Vaters der Beschwerdeführer in Kopie: eine deutsche Bescheinigung vom 12.04.2016 des Amtes für Zuwanderung und Integration (Anlage zur Bescheinigung über der Meldung eines Asylsuchenden), eine Bescheinigung über die Weiterleitung eines Asylsuchenden vom 13.05.2016, Kopien einer deutschen Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens sowie ein Laufzettel für Asylsuchende, jeweils mit den persönlichen Daten des S. , teilweise zusätzlich mit Foto und Unterschrift von S.
-
Wohnungsgeberbestätigung vom 24.08.2016 betreffend den Einzug von
S. in eine näher bezeichnete Wohnung in XXXX .
Zum Nachweis des Familienverhältnisses der Antragsteller zu der in Österreich lebenden asylberechtigten Bezugsperson wurde in dieser Stellungnahme folgendes ausgeführt: Zum Vorwurf des BFA, es sei kein relevanter und unbedenklicher Nachweis (z.B. Geburtsurkunden der Kinder), wonach die Bezugsperson die Mutter der beiden Antragsteller sei, vorgelegt worden, werde folgendes festgehalten: Die Eltern der beiden minderjährigen Antragsteller würden für die Beischaffung von unbedenklichen Geburtsurkunden sorgen und diese im Original und in die deutsche Sprache übersetzt nachreichen.
Es sei der Wille der Mutter, das Fürsorgerecht, welches ihr geschiedener Mann ihr übertrage, anzunehmen und die hiermit verbundenen Verpflichtungen zu erfüllen.
Des Weiteren würde ersucht, mitunter noch erforderliche Nachweise konkret anzufordern.
5. Weiters ist aktenkundig, dass die Bezugsperson am 01.09.2016 vom BFA zur Vorlage der Geburtsurkunden zum Nachweis des Familienverhältnisses aufgefordert wurde, diese wurden am 30.09.2016 samt beglaubigter Übersetzung an das BFA übermittelt. Aus den Urkunden geht hervor, dass S. und die Bezugsperson die leiblichen Eltern der Antragsteller sind.
6. Die Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 26.08.2016 wurde von der ÖB dem BFA übermittelt, das an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festhielt und begründend mit Stellungnahme vom 17.01.2017 im Wesentlichen ausführte: Die Beschwerdeführer seien die mj. Söhne der Bezugsperson. Laut Scheidungsurkunde sei die Ehe zwischen der Bezugsperson und S. am 22.12.2008 geschieden worden. Das Sorgerecht der gemeinsamen Kinder stehe dem Gatten zu und die Gattin sei berechtigt, die Kinder wöchentlich 48 Stunden zu besuchen. Die Voraussetzungen für eine positive Entscheidung liege nicht vor, weil die Zustimmung des Obsorgeberechtigten zur Ausreise der Antragsteller nicht vorliege und mangels eines Gerichtsbeschlusses von einer Übertragung des Sorgerechtes an die Bezugsperson nicht ausgegangen werden könne (E-Mail vom 18.01.2017).
7. Mit den angefochtenen Bescheiden der ÖB vom 02.02.2016 wurde der jeweilige Einreiseantrag der Beschwerdeführer gemäß § 26 FPG in Verbindung mit § 35 AsylG abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäß Art. 1173 iranisches Zivilgesetzbuch sei die Obsorge durch einen Gerichtsbeschluss zu belegen. Näheres ergebe sich aus der Begründung des BFA.
8. Gegen diese Bescheide der ÖB vom 02.02.2016 wurde mit Schriftsatz vom 01.03.2017 Beschwerde erhoben. Darin wird im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
Zur fehlenden Zustimmung des Obsorgeberechtigten werde auf die Stellungnahme vom 26.08.2016 verwiesen, mit der als Anhang eine "Einverständniserklärung zur Sorgerechtsübertragung" vom Vater der Beschwerdeführer an die Bezugsperson übermittelt worden sei. Darin betone der Vater der Beschwerdeführer, dass er seiner Fürsorgepflicht aufgrund seiner Situation (Asylverfahren in Deutschland) nicht nachkommen könne und formuliere ausdrücklich den Wunsch, dass das Sorgerecht für die Beschwerdeführer der Bezugsperson zukommen solle. Das Dokument stelle zwar keinen Gerichtsbeschluss dar, doch sei es durchaus als Zustimmung für die Ausreise der Kinder zu werden. Eine derartige beglaubigte Zustimmung werde nun im Rahmen der Beschwerde eingebracht.
Zudem übe Herr S. mit seiner Einverständniserklärung zur Sorgerechtsübertragung und der nun angehängten Zustimmung zur Ausreise seiner Söhne sein Recht als Obsorgeberechtigter aus, den Aufenthaltsort seiner Kinder zu bestimmen. Indem er erkläre, dass er das Sorgerecht an die Mutter der Kinder übertrage, bringe er seinen Wunsch zum Ausdruck, dass die Beschwerdeführer mit der Bezugsperson in Österreich leben sollten. Das BFA habe trotz seiner allgemeinen Ermittlungspflicht den Wunsch des Obsorgeberechtigten zu berücksichtigen bzw. bei Bedarf einen Verbesserungsauftrag zu erteilen, um Unklarheiten oder Formalitätsfehler zu beheben, unterlassen.
Weiters finden sich Ausführungen zur Verletzung von Art. 8 EMRK, zur Missachtung des Kindeswohls sowie zum Verstoß gegen den ordre public gemäß § 6 IPRG, weil die von der Behörde ins Treffen geführten Bestimmungen des iranischen Zivilgesetzbuches die Mutter ohne nähere Überprüfung der Umstände und des Kindeswohls von der Fürsorge der Kinder ausschließe.
Unter einem legten die Beschwerdeführer folgende am 13.02.2017 vor dem Generalkonsulat der islamischen Republik Iran, Frankfurt, abgegebene Erklärung von S. unter Nennung von dessen persönlichen Daten, im Original vor:
"Ich bin für immer damit einverstanden, dass meine zwei genannten Kinder, nämlich,[es werden die genauen Daten samt Personalausweisnummern der beiden Beschwerdeführer angeführt] ins Ausland reisen; im übrigen sind die Obengenannten bei Bedarf eines Reisepasses berechtigt, sich an die Passpolizei NAJA und die zuständigen Behörden zu wenden, um einen neuen Reisepass zu bekommen.
Ausmaß der Befugnisse:-.
Beglaubigt wurde dieses Schreiben (ohne Rücksicht auf den geschriebenen Inhalt der Bescheinigung) durch das Generalkonsulat der islamischen Republik Iran, Frankfurt nach Prüfung der Identität von S.
9. In der Folge erließ die ÖB mit Bescheid vom 28.03.2017 eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. In der Begründung wurde unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bindungswirkung in diesen Verfahren ausgeführt, dass die Nachprüfung der Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA durch die Botschaft nicht in Betracht komme. Danach unterliege die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des BFA im Rahmen des § 27 VwGVG nur einer Überprüfung durch das BVwG, wenn gegen einen Bescheid nach § 35 AsylG Beschwerde erhoben werde. Unabhängig von der Bindungswirkung teile die belangte Behörde aber die Ansicht des BFA, dass ein Gerichtsbeschluss über die Übertragung des Sorgerechts an die Kindesmutter nicht vorliege (wobei dies auch in der Beschwerde eingeräumt werde). Daran vermöge auch nichts zu ändern, dass in der Beschwerde damit zu argumentieren gesucht werde, es liege eine Zustimmung zur Sorgerechtsübertragung des Vaters vor. Selbst in der Beschwerde werde zugegeben, dass ein derartiges Dokument "keinen Gerichtsbeschluss darstelle". Wenn aber gemeint werde, die "Einverständniserklärung zur Sorgerechtsübertragung" sei "als Zustimmung für die Ausreise der Kinder zu werten", so entferne sich dies vom objektiven Erklärungswert dieser Erklärung. Sofern aber nunmehr mit der Beschwerde eine beglaubigte Zustimmungserklärung (des Vaters) zur Ausreise der Kinder vorgelegt werde, unterfalle dies dem Neuerungsverbot des §11a Abs. 2 zweiter Satz FPG.
In der Beschwerde werde auch eine Unterlassung einer Mängelbehebung gerügt. Eine solche Verpflichtung sei aber auf der Grundlage des FPG (mit der Nichtanwendung des AVG im Verfahren der Vertretungsbehörden) nicht zu finden. Selbst im Anwendungsbereich des AVG habe der VwGH ausgesprochen, dass bei den von § 13 Abs. 3 AVG erfassten-materiellen oder formellen (§ 11 Abs. 1 FPG sehe nur "Formgebrechen" vor) -Mängeln es sich nur um das Fehlen von für die Partei erkennbaren Anforderungen an ein vollständiges und fehlerfreies Anbringen handle. Davon seien sonstige Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, welche nicht die Vollständigkeit des Anbringens beträfen, sondern im Lichte der anzuwendenden Vorschriften seine Erfolgsaussichten beeinträchtigten. Die Behörde sei nicht verpflichtet, die Partei zu einer solchen "Verbesserung" des Anbringens aufzufordern, welche eine stattgebende Entscheidung ermögliche. Am Mangel der Zustimmungserklärung des gesetzlichen Vertreters würden auch die weitwendigen Beschwerdeausführungen zur Verletzung von Art. 8 EMRK sowie zur Missachtung des Kindeswohls nichts ändern. Soweit der iranischen Rechtslage wegen des gesetzlichen Vertretungsrechts des Vaters und nicht der Mutter ein Verstoß gegen den ordre public gemäß § 6 IPRG unterstellt werde, werde gar nicht behauptet, dass diese mit den "Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung" unvereinbar sei.
10. Dagegen brachten die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 06.04.2017 einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG ein und verwiesen zur Begründung auf die Stellungnahme vom 26.08.2016 sowie die Beschwerde vom 01.03.2017.
11. Mit dem am 02.05.2017 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Inneres wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
12. Mit Schreiben vom 09.10.2017 legte die Bezugsperson eine beglaubigte Vollmacht von S. vor, mit der S. der Bezugsperson eine umfassende Vollmacht für Versorgung, Obsorge und Pflegschaft der Beschwerdeführer erteilt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Stattgebung der Beschwerde:
1. Feststellungen
Die minderjährigen Beschwerdeführer stellten am 17.02.2016 persönlich bei der ÖB Teheran jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 und erklärten, mit ihrer Mutter zusammengeführt werden zu wollen.
Die genannte Bezugsperson ist die leibliche Mutter, S. ist der leibliche Vater der beiden minderjährigen Beschwerdeführer, alle sind Staatsangehörige der Islamischen Republik Iran. Die Ehe der beiden Elternteile wurde im Iran am 22.12.2008 geschieden, das Sorgerecht für die Beschwerdeführer steht dem Vater zu, die Mutter (Bezugsperson) der Beschwerdeführer ist berechtigt, die Kinder wöchentlich 48 Stunden zu besuchen. Mittlerweile haben beide Elternteile den Iran verlassen, der Vater lebt derzeit in Deutschland ( XXXX ) und wartet auf den Ausgang seines Asylverfahrens, die Mutter lebt in Österreich. Der Vater hat die Beschwerdeführer vor Verlassen des Herkunftsstaates bei der Mutter der Bezugsperson, der Großmutter der Beschwerdeführer, in Teheran untergebracht.
Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des BFA vom 27.08.2015, Zl. 14-1032131503-140019912, gemäß § 3 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.
Der obsorgeberechtigte Vater stimmte der von den Beschwerdeführern gewünschten Familienzusammenführung zu, weil er sich aufgrund seiner aktuellen Situation (Asylverfahren in Deutschland) nicht in der Lage sieht, seiner Sorgepflicht für die Beschwerdeführer nachzukommen.
2. Beweiswürdigung:
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Staatsangehörigkeit, zum aktuellen Aufenthaltsort der Betroffenen, zur Elterneigenschaft von S. und der Bezugsperson, zu ihrer Scheidung, zur Obsorgeberechtigung von S. sowie zur Zuerkennung des Status der Asylberechtigten an die Bezugsperson ergeben sich aus dem Akt iZm den Parteienvorbringen und sind im Verfahren letztlich unstrittig.
Die Feststellung, dass S. als obsorgeberechtigter Vater die Zustimmung zur Familienzusammenführung der minderjährigen Beschwerdeführer mit der Bezugsperson in Österreich erteilt hat, ergibt sich nach Auffassung des BVwG aus der von ihm selbst verfassten, im Verwaltungsverfahren vorgelegten Erklärung vom 26.08.2016, die er mit "Einverständniserklärung zur Sorgerechtsübertragung" betitelte. In dieser führte er aus, dass er "hiermit das Sorgerecht" für seine zwei Kinder.... auf seine geschiedene, in Österreich wohnhafte Ehefrau übertrage, da er aufgrund der heutigen Situation (Asylverfahren in Deutschland), der Sorgepflicht für seine Kinder momentan nicht nachkommen könne. Aus dieser Erklärung geht zweifelsfrei hervor, dass der Vater - ungeachtet ihrer allfälligen Unwirksamkeit als Sorgerechtsübertragung nach dem iranischen Zivilrecht - jedenfalls der von den Beschwerdeführern gewünschten Familienzusammenführung mit ihrer Mutter ausdrücklich zustimmte. Die mit der Beschwerde vorgelegte, am 13.02.2017 vor dem Generalkonsulat der islamischen Republik Iran in Frankfurt abgegebene Erklärung von S., die ausdrücklich eine Erlaubnis zur Reise der Beschwerdeführer ins Ausland und zur Beschaffung erforderlicher Reisepässe enthält, geht
-
entgegen der offenbar in der Beschwerdevorentscheidung vertretenen Auffassung - nicht über den Inhalt der Erklärung vom 26.08.2016 hinaus, sondern präzisiert die Erklärung nach den Vorgaben der Behörde für den hier beabsichtigten Zweck. Da nämlich eine - vom Vater bereits im Schreiben vom 26.08.2016 ausdrücklich befürwortete
-
Familienzusammenführung der beschwerdeführenden Kinder mit ihrer Mutter in Österreich ohne vorherige Ausreise der Kinder aus dem Herkunftsstaat gar nicht möglich wäre, beinhaltete auch bereits seine erste Einverständniserklärung auch die Zustimmung zu dieser Ausreise.
3. Rechtliche Beurteilung:
1. Rechtslage:
Der mit "Begriffsbestimmungen" übertitelte § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 idgF lautet:
§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
[....]
22. Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat;
[....]
Der mit "Familienverfahren im Inland" übertitelte § 34 AsylG 2005 idgF lautet:
§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von
----------
-1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
-2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
-3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
----------
-1. dieser nicht straffällig geworden ist und
-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
-3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
----------
-1. dieser nicht straffällig geworden ist;
-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
-3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
-4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
----------
-1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
-auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der
2. Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
-3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).
§ 35 AsylG 2005 in der (gemäß § 75 Abs. 24 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 aufgrund der Anhängigkeit des gegenständlichen Verfahrens vor dem 1. Juni 2016) anzuwendenden Fassung BGBl. I. Nr. 68/2013 (bzw. Abs.5 idF BGBl. I. Nr. 145/2017) lautet:
"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.
(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
----------
-1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und
-2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
[....]
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
[....]
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
[....]
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."
§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).
Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des Bundesamtes steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).
3. Das BFA ging bei seiner negativen Wahrscheinlichkeitsprognose im Wesentlichen davon aus, die Voraussetzungen für eine positive Entscheidung lägen deshalb nicht vor, weil die Zustimmung des Obsorgeberechtigten zur Ausreise der Antragsteller nicht vorliege und mangels eines Gerichtsbeschlusses von einer Übertragung des Sorgerechtes an die Bezugsperson nicht ausgegangen werden könne.
Dieser Beurteilung ist nach Auffassung des BVwG nicht zu folgen:
Nach den getroffenen Feststellungen hat der obsorgeberechtigte Vater nämlich seine Zustimmung zur Ausreise und Familienzusammenführung der mj. Beschwerdeführer bereits im behördlichen Verfahren gegeben. Zutreffend weist die Beschwerde darauf hin, dass der Vater damit sein Recht als Obsorgeberechtigter ausübe, den Aufenthaltsort seiner Kinder zu bestimmen. Dass ein Gerichtsbeschluss vorliegen müsste, wonach dem Vater das Sorgerecht entzogen und der Mutter zugesprochen würde, ist bei dieser Konstellation nicht erkennbar.
4. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die vom BFA herangezogenen Gründe für die Erstellung der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose nach Auffassung des BVwG nicht vorliegen. Die Einreiseanträge der Beschwerdeführer sind daher neu zu überprüfen und - sofern weiterhin alle anderen Voraussetzungen vorliegen - die beantragten Einreisetitel zu erteilen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
5. Eine mündliche Verhandlung hatte gemäß § 11a Abs. 2 FPG zu unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Einreisetitel, Ermittlungspflicht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W205.2152878.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.11.2018