TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/6 G307 2196123-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2018
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Entscheidungsdatum

06.08.2018

Norm

AsylG 2005 §57
B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G307 2196123-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA: Rumänien, vertreten durch den Verein Menschenrechte in 1090 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2018, Zahl XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf 3 Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet a b g e w i e s e n.

II. Der Antrag, dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG eine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 10.04.2018 räumte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle St. Pölten (im Folgenden: BFA, RD NÖ), dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) Parteiengehör zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbots ein und forderte diesen gleichzeitig auf, binnen zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens zu seinen persönlichen Verhältnissen wie Integrationsmomenten Stellung zu nehmen.

Der BF gab hiezu am 18.04.2018 eine Stellungnahme ab. Zugleich legte er eine Kopie seines Reisepasses, Schuldiploms, Meldezettels und seiner Anmeldebescheinigung vor.

2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 30.04.2018, dem BF persönlich zugestellt am 03.05.2018, wurde gegen diesen gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat gewährt (Spruchpunkt II.).

3. Mit Schreiben vom 18.05.2018, beim BFA eingebracht am selben Tag, erhob der BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den angeführten Bescheid.

Darin wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückzuverweisen, in eventu dem BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtungswürdigen Gründen zu erteilen, in eventu das Aufenthaltsverbot aufzuheben bzw. dessen Befristung herabzusetzen und eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

4. Die Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 18.05.2018 vorgelegt und langten dort am 23.05.2018 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist rumänischer Staatsbürger, ledig und hat keine Sorgepflichten. Er lebt mit seinen beiden Eltern in XXXX im gemeinsamen Haushalt und befindet sich seit 23.11.2015 durchgehend in Österreich. Onkel und Tante sowie Cousin und Cousine des BF leben in XXXX. Eine besonders enge Bindung zu den zuletzt genannten Personen wie andere intensive soziale Kontakte zu im Bundesgebiet lebenden Personen konnten nicht festgestellt werden.

1.2. Der BF war bis dato bei insgesamt 4 Arbeitgeberin für 111 Tage im Arbeiterverhältnis vollzeitbeschäftigt. Derzeit ist der BF (seit 28.05.2018) bei der XXXX in XXXX als Hilfsarbeiter tätig und erhält bei einer 38-Stunden-Woche ein Bruttoentgelt von € 10,110 sowie eine Schichtzulage von € 5,055 jeweils pro Stunde. Des Weiteren absolvierte er einen Staplerkurs.

1.3. Der BF ist arbeitsfähig, konnten keine Krankheiten festgestellt werden und ist der BF der deutschen Sprache nicht mächtig.

1.4. Der BF wurde vom Landesgericht XXXX (im Folgenden: LG XXXX) zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2018 wegen unbefugten Umgangs mit Suchtgiften gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1, 27 Abs. 4, 27 Abs. 1 Z 1 SMG zu einer auf 3 Jahre bedingten Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt.

Im Zuge dieser Verurteilung wurde dem BF angelastet, er habe in XXXX und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabiskraut, behinhaltend THC und THCA besessen und einem Minderjährigen überlassen, sohin diese den Gebrauch von Suchtgift ermöglicht, wobei er volljährig und mehr als zwei Jahre älter als der Minderjährige war, und zwar durch mehrere Verkaufsvorgänge zwischen April 2017 und Juni 2017. Ferner wurde dem BF darin vorgeworfen, das soeben erwähnte Suchtgift besessen und dieses anderen durch gewinnbringenden Verkauf überlassen zu haben, nämlich zwischen Dezember 2016 und März 2017, 5 Gramm, zwischen Februar 2017 und April 2017 15 Gramm und im Jahr 2016 50 Gramm.

Als mildernd wurden hiebei die Unbescholtenheit und das Geständnis des BF, als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen gewertet.

Festgestellt wird, dass der BF das darin beschriebene Verhalten gesetzt und die angeführten Tathandlungen begangen hat.

Der BF befindet sich seit März 2018 in der psychosozialen Betreuung der XXXX.

Das gegen den BF von der Staatsanwaltschaft XXXX (StA XXXX) zu XXXX wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1, 1. Fall, 27 Abs. 1 Z 1, 2. Fall und 27 Abs. 2 SMG geführte Verfahren wurde mit Verfügung vom XXXX.2018 eingestellt.

2. Beweiswürdigung

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität und Familienstand des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Ferner ergibt sich der Familienstand des BF aus dem Inhalt des ihn betreffenden Auszuges aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) und den Ausführungen in der Beschwerde. Die Existenz von Onkel, Tante, Cousin und Cousine folgt den dahingehend glaubwürdigen Ausführungen in der Beschwerde und deckt sich mit den dahingehenden Daten des ZMR.

Der BF brachte in der Beschwerde selbst vor, der deutschen Sprache nicht mächtig zu sein und legte er auch kein Sprachzertifikat vor.

Der BF legte einen auf seinen Namen ausgestellten Reisepass vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Die bisher ausgeübten Beschäftigungen wie die aktuelle Erwerbstätigkeit folgen dem Inhalt des auf den BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszugs, die Höhe des Entgelts der vorgelegten Überlassungsmitteilung, der durchgehende Aufenthalt in Österreich und gemeinsame Wohnsitz dem Inhalt des den BF betreffenden Auszugs aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) sowie dem Inhalt des bekämpften Bescheides. Die Absolvierung des Staplerkurses ist der der Beschwerde beigefügten Bestätigung entnehmbar.

Die Verurteilung samt Entscheidungsgründen ist aus der in Kopie im Akt einliegenden Urteilsausfertigung des LG XXXX ersichtlich und ergibt sich ferner aus dem Amtswissen des BVwG durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich. Die Einstellung des weiteren gegen den BF geführten Verfahrens ist der im Akt befindlichen Verfügung des Bezirksanwalts bei der StA XXXX zu entnehmen.

Anhaltspunkte für irgendwelche Krankheiten oder eine Arbeitsunfähigkeit waren dem gegenständlichen Sachverhalt nicht zu entnehmen.

Die Inanspruchnahme der psychosozialen Betreuung bei der XXXX ergibt sich aus der dahingehenden Bestätigung.

Wenn in der Beschwerde vermeint wird, eine Anzeige dürfe nicht in die Beurteilung für die Bemessung der Dauer der Aufenthaltsverbotes einbezogen werden, liegt diese richtig. Darauf wird noch näher in der rechtlichen Beurteilung eingegangen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war die Beschwerde dem Grunde nach als unbegründet abzuweisen, ihr hinsichtlich der beanstandeten Dauer jedoch stattzugeben, dies aus folgenden Gründen:

Für den BF, der aufgrund seiner rumänischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, kommt der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1., 1. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl dazu etwa VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Bei der vom BF zu erstellenden Gefährdungsprognose steht die aktuelle strafgerichtliche Verurteilung im Fokus der Betrachtung. Der BF wurde unbestritten vom LG St. Pölten rechtskräftig wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiftgen zu einer auf 3 Jahre bedingten 7monatigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Dieses Handeln stellt jedenfalls ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens besonders schwer gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar (vgl. VwGH 25.04.2013, Zahl 2013/18/0056).

Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu prüfen, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat (zu all dem vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Februar 2013, Zl. 2011/23/0192). Die aktuelle Verurteilung liegt erst etwas mehr als ein halbes Jahr zurück, befindet sich der BF noch immer innerhalb der Probezeit und erweist sich die bisher verstrichene Zeitspanne daher zu kurz, um dem BF bereits jetzt eine positive Zukunftsprognose zu attestieren.

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zeigt sich vorliegend als verhältnismäßig. Der BF weist eine Verurteilung auf, befindet sich erst seit etwas mehr als 2 1/2 Jahren im Bundesgebiet, war im Bundesgebiet insgesamt erst für rund 3 Monate und 3 Wochen beschäftigt und nimmt derzeit bei seinen Eltern Unterkunft.

Zu beurteilen bleibt schließlich noch die Frage der Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG, welche kumulativ mit der Erheblichkeit und der Tatsächlichkeit vorliegen muss.

Die kurze, seit der Verurteilung verstrichene Zeitspanne, die Verübung von Delikten innerhalb der Phase der Arbeitslosigkeit, anstatt sich damals (XXXX.2017) um eine Beschäftigung zu bemühen, die Ansiedlung seines Handelns innerhalb der besonders heiklen Sphäre von Suchtmitteldelikten sowie die Gefahr, welche dieses Verhalten für die Gesundheit und das Leben von Menschen mit sich bringt, lassen auf eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr des persönlichen Verhaltens des BF schließen, welches ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

Wie ferner bereits hervorgehoben, erweist sich die bis dato verstrichene Zeitspanne als zu kurz, um eine Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG ausschließen zu können.

Ferner konnte im Lichte der im Sinne des § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen, zumal der BF volljährig ist. Der alleinige Umstand, dass der BF mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt wohnt, kann einen Verbleib im Bundesgebiet angesichts des sonst gesetzten Verhaltens des BF nicht rechtfertigen.

Angesichts des besagten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des BF ist davon auszugehen, dass das gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch den BF, Schutz fremden Vermögens und Eigentums) dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen, privaten und familiären Interessen des BF. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl etwa VwGH 20.08.2013, 2013/22/0097).

3.2. Was die Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, erscheint diese angesichts des Verhaltens des BF als zu lang. So hat die belangte Behörde augenscheinlich auch weitere Anzeigen gegen den BF in die Betrachtung über die Dauer des Aufenthaltsverbotes miteinbezogen. Das diesbezügliche Ermittlungsverfahren wurde jedoch - wie oben festgehalten - eingestellt. Ferner ist zu beachten, dass der BF ausschließlich zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde und diese 7 Monate betrug. Unter dem weiteren Aspekt, dass der BF aktuell einer Beschäftigung nachgeht, erweist sich eine Dauer von 6 Jahren für das Aufenthaltsverbot als unangemessen. Vor dem Hintergrund dieser Momente war dessen Dauer angemessen zu reduzieren und auf 3 Jahre zu reduzieren, weil sonst in anderen Fällen etwa mit längerer Freiheitsstrafe, höherem Suchtmittelwert oder Schaden und Vorstrafen auf Seiten eines Fremden kaum Spielraum mehr für den Ausspruch einer längeren Aufenthaltsverbotsdauer bliebe. Eine darunter liegende Dauer eines Aufenthaltsverbotes ist jedoch wegen des Gewichts des deliktischen Handelns des BF nicht denkbar.

3.3. Zu Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Mangels widerstreitender Angaben und fassbarer entgegenstehender Momente war dem BF - rechtsrichtig - ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat einzuräumen.

3.4. der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG lautet:

"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."

Abgesehen davon, dass die zitierte Gesetzesbestimmung anders tituliert ist als im Rechtsmittel ausgeführt, sei hiezu erwähnt, dass der in der Beschwerde gestellte Antrag, dem BF eine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG zu erteilen als unzulässig zurückgewiesen werden musste, weil schon dem Wortlaut des § 57 AsylG nach nur Drittstaatsangehörige antragslegitimiert sind. Der BF ist jedoch im Bundesgebiet lebender EU-Bürger. Dieser Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zahl Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen der BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Angemessenheit, Antragsbegehren, Aufenthaltstitel,
Aufenthaltsverbot, EU-Bürger, Gefährdungsprognose, Herabsetzung,
mangelnder Anknüpfungspunkt, öffentliches Interesse, strafrechtliche
Verurteilung, Suchtmitteldelikt, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G307.2196123.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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