TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/6 G307 2188776-1

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Veröffentlicht am 06.08.2018
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Entscheidungsdatum

06.08.2018

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2

Spruch

G307 2188776-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am

XXXX, StA.: Polen, vertreten durch die Diakonie und Flüchtlingshilfe, gemeinnützige Gesellschaft mbH - ARGE Rechtsberatung in 1170 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 23.01.2018 räumte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich Außenstelle Flughafen Wien-Schwechat, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) Parteiengehör zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbots ein und forderte diesen gleichzeitig auf, binnen 14 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens zu seinen persönlichen Verhältnissen wie Integrationsmomenten Stellung zu nehmen.

Der BF gab hiezu keine Stellungnahme ab.

2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 09.02.2018, dem BF persönlich zugestellt am selben Tag, wurde gegen diesen gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub eingeräumt (Spruchpunkt II.) sowie einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

3. Mit Schreiben vom 08.03.2018, beim BFA eingebracht am selben Tag, erhob der BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) möge eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des BF durchführen, der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen, den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben, in eventu die Dauer des Aufenthaltsverbotes herabsetze.

4. Die Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 08.03.2018 vorgelegt und langten dort am 12.03.2018 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum) und ist polnischer Staatsbürger. Er ist ledig, arbeitete zuletzt als Hilfsarbeiter und erwirtschaftete ein monatliches Nettoeinkommen von € 500,00. Er verfügt über kein Vermögen und ist keinen Sorgepflichten unterworfen. In seiner Heimat besuchte er 6 Jahre die Grundschule, 3 Jahre das Gymnasium und 4 Jahre die Berufsschule für Informatik.

1.2. Der BF ging bis dato keiner Beschäftigung nach und war - abgesehen von seinem Aufenthalt in der Justizanstalt XXXX - nicht im Bundesgebiet gemeldet.

1.3. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF arbeitsunfähig ist, an bestimmten Krankheiten leidet oder Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus aufweist.

1.4. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über soziale oder familiäre Kontakte im Bundesgebiet verfügt.

1.5. Dem BF wurde im Hinblick auf die in Aussicht genommene Erlassung eines Aufenthaltsverbotes am 24.01.2018 die Möglichkeit geboten, hiezu Stellung zu nehmen. Eine Antwort hierauf blieb der BF schuldig.

1.6. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX (im Folgenden: LG XXXX) zu Zahl XXXX, in Rechtskraft gewachsen am XXXX.2017 wegen teils versuchten, schweren, gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 15 Monaten verurteilt, wovon 12 Monate unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt ausgesprochen wurden.

Im Zuge der zuletzt erwähnten Verurteilung wurde der BF für schuldig befunden, er habe zwischen XXXX.2017 und XXXX.2017 in Nieder- und Oberösterreich in 4 Fällen als Mittäter und Mitglied einer kriminellen Vereinigung Fahrzeuge der jeweiligen Eigentümer aufgebrochen, in Betrieb genommen und sei mit diesen weggefahren, wobei der Schaden mehr als € 5.000,00, jedoch nicht mehr als €

300.000,00 betragen habe.

Ferner wurde ihm darin angelastet, er habe am XXXX.2017 in XXXX versucht, dem Geschädigten dessen Pkw wegzunehmen, wobei die Wegnahme daran scheiterte, dass der BF das Fahrzeug mit den Mittätern in Betrieb nehmen, jedoch ein Navigationsgerät an sich nehmen konnten.

Festgestellt wird, dass der BF die darin beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt und die genannten Tathandlungen ausgeführt hat.

Als mildernd wurden hiebei das reumütige Geständnis, als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Qualifikationen gewertet.

Der BF wurde am XXXX.2017 im Zuge der Überstellung aufgrund eines internationalen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft XXXX in XXXX festgenommen und befand sich vom XXXX.2017 bis XXXX.2018 in der Justizanstalt XXXX in Haft. Er wurde am XXXX.2018 auf dem Luftweg von XXXX nach Polen abgeschoben.

2. Beweiswürdigung

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Familienstand, Vermögensverhältnissen, Einkommen, zuletzt ausgeübter Tätigkeit und das Freisein von Obsorgepflichten getroffen wurden, ergeben sich diese aus dem vom Ermittlungsbereich Diebstahl des Landeskriminalamtes Niederösterreich in XXXX (LKA XXXX) am XXXX.2017 angefertigten Personalblatt und den im Zuge der Niederschrift getätigten Angaben des BF.

Der BF legte einen auf seinen Namen ausgestellten polnischen Personalausweis vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Das Fehlen eines ordentlichen Wohnsitzes folgt dem Inhalt des auf den BF lautenden Auszuges aus dem Zentralen Melderegister (ZMR). Der Zeitpunkt der Festnahme, die in Haft verbrachte Zeit und die Abschiebung sind der Vollzugsdateninformation der Justizanstalt Korneuburg, dem Inhalt des ZMR, dem Anlassbericht der LKA XXXX sowie dem Abschiebeauftrag des Stadtpolizeikommandos Schwechat zu entnehmen.

Aus dem den BF betreffenden Sozialversicherungsdatenauszug ergibt sich, dass er in Österreich bis dato keine Beschäftigung ausgeübt hat. Der BF unterließ es, Bescheinigungsmittel über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus vorzulegen, sodass dahingehend nichts festgestellt werden konnte.

Der BF übernahm am 24.01.2018 das an ihn gerichtete Parteiengehör und bestätigte dies durch seine eigenhändige Unterschrift. Trotzdem unterließ er es bis zur Bescheiderlassung am 09.02.2018, eine dahingehende Antwort zu erstatten. Demgemäß ergaben sich auch keine Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Krankheiten oder den Bestand einer Arbeitsunfähigkeit. Auch führte der BF keine familiären Beziehungen oder sozialen Kontakte in Österreich ins Treffen. Ferner folgt aus dem Umstand, dass der BF aufgrund eines internationalen Haftbefehls an Österreich ausgeliefert wurde, dass er sich seit Begehung seiner strafbaren Handlungen nicht mehr im Bundesgebiet aufgehalten hat und wird die vom Bundesamt vertretene Ansicht geteilt, der BF sei ausschließlich zur Begehung der im Urteil angeführten Delikte eingereist, dadurch gestützt.

Die Verurteilung samt Entscheidungsgründen folgt dem Urteil des LG XXXX und dem Amtswissen des BVwG durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Wenn in der Beschwerde vermeint wird, dem BF sei es gar nicht möglich gewesen, sich in Österreich anzumelden, verkennt sie den Gehalt der vom Bundesamt dahingehend getroffenen Feststellungen. Den Erwägungen auf Seite 6 des Bescheides ist unmissverständlich zu entnehmen, dass damit gemeint war, der BF habe abgesehen von der Befriedigung seines Bereicherungsvorsatzes keine andere Intention gehabt, im Bundesgebiet zu verbleiben. Er habe sich deshalb gar nicht anmelden, einer Beschäftigung nachgehen und Kontakte pflegen wollen.

Der BF hat seine Taten zwar nicht dem Wortlaut des § 130 Abs. 1 nach gewerbsmäßig begangen, jedoch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung. Wirft man einen Blick auf das vom BF gesetzte Verhalten - er hat in insgesamt 5 Fahrzeuge eingebrochen - und den dahinter stehenden Bereicherungsgedanken, ist das Handeln des BF sehr wohl als gewerbsmäßig in dem Sinne zu verstehen, sich eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. Damit muss aber auch die in der Beschwerde geäußerte Ansicht, der BF habe seine Taten nicht gewerbsmäßig begangen und ließe sich daraus keine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ableiten, verworfen werden.

In Summe gehen die im Rechtsmittel vorgebrachten Einwände zur Beweiswürdigung der belangten Behörde somit ins Leere, zumal im Weiteren nur rechtliche Erwägungen zu § 67 FPG getätigt werden, ohne eine Brücke zum gegenständlichen Sachverhalt zu schlagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, dies aus folgenden Gründen:

Für den BF, der aufgrund seiner polnischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, kommt der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1., 1. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl dazu etwa VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Bei der vom BF zu erstellenden Gefährdungsprognose steht dessen aktuelle strafgerichtliche Verurteilung im Fokus der Betrachtung. Das Strafgericht verhängte in deren Zuge eine 15monatige, Freiheitsstrafe, wovon 12 Monate bedingt ausgesprochen wurden.

Das Handeln des BF stellt ohne Zweifel ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens besonders schwer gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar.

Die vom BF begangenen Einbruchsdiebstähle stellen ohne Zweifel ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens besonders schwer gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar (vgl. VwGH 23.03.1992, 92/18/0044; 10.12.2008, 2008/22/0568).

Hinzu tritt, dass der BF keinerlei Bindungen im Bundesgebiet hat. Er wies weder einen ordentlichen Wohnsitz auf, noch ging er einer Beschäftigung nach oder pflegte familiäre oder soziale Kontakte.

Des Weiteren ist der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu prüfen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (zu all dem vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Februar 2013, Zl. 2011/23/0192). Die seit der jüngsten, am 28.12.2017 in Rechtskraft erwachsenen Verurteilung verstrichene Zeitspanne erweist sich daher zu kurz, um der BF bereits jetzt eine positive Zukunftsprognose zu attestieren. Ferner wurde der BF erst am XXXX.2018 aus der Haft entlassen und befindet sich erst am Beginn der dreijährigen Probezeit.

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist vorliegend sehr wohl verhältnismäßig. Der BF weist ausschließlich Buchungen auf der Negativseite auf (1 Verurteilung, kein Familien- und Privatleben in Österreich, kein ordentlicher Wohnsitz, keine Beschäftigung, keine nachgewiesenen Deutschkenntnisse). Argumente, die im Rahmen des Gesamtverhaltens für ihn sprächen, waren dem vorliegenden Sachverhalt nicht abzugewinnen.

Im Ergebnis hat die Beschwerde in keinster Weise Umstände aufgezeigt, welche der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes entgegenstünden.

Zu beurteilen bleibt schließlich noch die Frage der Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG, welche kumulativ mit der Erheblichkeit und der Tatsächlichkeit vorliegen muss.

Insbesondere die Uneinsichtigkeit des BF in sein strafbares Handeln, das auf fortlaufende Gewinnerzielung gerichtete strafbare Verhalten und das Fehlen einer Erwerbstätigkeit, lassen auf eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr des persönlichen Verhaltens des BF schließen, welches ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

Wie ferner bereits hervorgehoben, erweist sich die bis dato verstrichene Zeitspanne als zu kurz, um eine Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG ausschließen zu können.

Ferner konnte im Lichte der im Sinne des § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen.

Angesichts des besagten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des BF ist davon auszugehen, dass das gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch die BF, Schutz fremden Vermögen mittels Gewaltanwendung oder -drohung) dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen, im Übrigen kaum vorhandenen, privaten Interessen des BF. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl etwa VwGH 20.08.2013, 2013/22/0097).

3.2. Auch was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, erscheint diese angesichts des Gewichts der Verstöße des BF gegen strafrechtliche Rechtsvorschriften als tragbar. So hat die belangte Behörde diesbezüglich die aktuelle Verurteilung des BF, die daraus ableitbare Verwerflichkeit der Tat, die nicht vorhandenen sozialen und beruflichen Bezüge im Bundesgebiet und dessen insgesamt fehlende Integration - unter anderem weil sich der BF nicht um ein berufliches Fortkommen in Österreich bemüht hat - in seine Betrachtung miteinbezogen. Schließlich ignorierte der BF das an ihn ergangene Parteiengehör. Die 6jährige Dauer war daher gerechtfertigt und angemessen.

3.3. Zu den Spruchpunkten II. und III. des bekämpften Bescheides

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Was die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde betrifft, bestimmt § 18 Abs. 3 BFA-VG, dass bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden kann, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 18 Abs. 6 BFA-VG steht ein Ablauf der Frist nach § 18 Abs. 5 BFA-VG der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

Vor dem Hintergrund der bereits erfolgten Ausreise des BF war nicht mehr auf die aufschiebende Wirkung einzugehen, dient diese doch der Verhinderung einer raschen Abschiebung des Fremden.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl.

Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen der BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, aufschiebende Wirkung - Entfall, Diebstahl,
EU-Bürger, Gefährdungsprognose, Gewerbsmäßigkeit, öffentliches
Interesse, schwere Straftat, strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G307.2188776.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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