TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/9 W234 1438968-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.08.2018
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Entscheidungsdatum

09.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

W234 1438966-5/9E

W234 1438967-4/6E

W234 1438968-4/6E

W234 1438969-4/6E

W234 1438970-4/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX und 5.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Russische Föderation, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 04.06.2018, Zlen. 1.) IFA: 831503704

VZ: 180350758, 2.) IFA: 831503802 VZ: 180350766 3.) IFA: 831503900

VZ: 180350774, 4.) IFA: 831504004 VZ: 180350782 und 5.) IFA:

831504102 VZ: 180350795 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide werden gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Beschwerden gemäß § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz und § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz sowie § 52 Abs. 9 iVm § 46 und § 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten und die Eltern der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer (alle gemeinsam als Beschwerdeführer bezeichnet). Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe.

Sie reisten in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 17.10.2013 erstmals Anträge auf internationalen Schutz.

Nach Durchlaufen dreier - negativ entschiedener - Asylverfahren wurden am 11.04.2018 die hier maßgeblichen Folgeanträge auf internationalen Schutz gestellt. Im Rahmen der Erstbefragungen vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.04.2018 sowie der niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 27.04.2018 wurden diese im Wesentlichen damit begründet, dass der Erstbeschwerdeführer ein Schriftstück in russischer Sprache der Menschenrechtsorganisation " XXXX " habe, welches bestätige, dass er in Russland (Tschetschenien) in Lebensgefahr sei. Er wolle dieses Schriftstück übersetzen lassen, es sei sein einziger schriftlicher Nachweis. Besitzen würde er es seit dem Jahr 2015 und er habe es bereits beim zweiten oder dritten Asylantrag in Österreich vorgewiesen. Der Erstbeschwerdeführer wolle versuchen, das Original zu beschaffen, wofür ihm eine Frist bis 15.05.2018 gesetzt wurde. Die Gründe seines dritten Asylantrages seien nach wie vor aktuell; seit der rechtskräftigen Entscheidung im Vorverfahren habe sich nichts Wesentliches in seinem Leben geändert.

Die übrigen Beschwerdeführer gaben an, keine eigenen Asylgründe zu haben.

Am 11.05.2018 langte bei der belangten Behörde das Schreiben der Menschenrechtsorganisation " XXXX " vom 09.04.2015 in Kopie ein.

Mit den gegenständlichen, im Spruch genannten, Bescheiden - eigenhändig zugestellt am 05.06.2018 - wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 11.04.2018 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I), den Beschwerdeführern Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 (AsylG 2005) nicht erteilt und gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen erlassen sowie festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt II). Zudem wurde festgestellt, dass keine Frist für ihre freiwillige Ausreise bestehe.

Gegen diese Bescheide richten sich die hier zu erledigenden (gleichlautenden) Beschwerden, welche am 13.06.2018 per Telefax beim Bundesamt einlangten. In diesen wurde im Wesentlichen angeführt, dass die Beschwerdeführer ihre Asylgründe des dritten Asylantrages aufrecht hielten und diese ein in der Sache zu behandelnden Vorbringen darstellen würden. In dem der Beschwerde in russischer Sprache angefügten - mit 23.03.2018 datierten - gemeinsamen Schreiben der Organisationen " XXXX " und " XXXX " würden die Probleme des Erstbeschwerdeführers ausführlicher geschildert und belegt. Dieses Dokument sei seitens der Beschwerdeführer der belangten Behörde postalisch übermittelt, jedoch in der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt worden, wobei die Beschwerdeführer nicht nachvollziehen könnten, ob es beim Bundesamt eingelangt sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage sämtlicher Asylanträge der Beschwerdeführer, ihrer Einvernahmen vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesasylamtes bzw. Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, der bislang ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, der gemeinsamen Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide vom 13.06.2018, der im Verfahren vorgelegten Schriftsätze sowie der Einsichtnahme in die Verwaltungsakten, das Zentrale Melderegister und das Fremden- und Grundversorgungs-Informationssystem und das Strafregister der Republik Österreich werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten und die Eltern der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer.

1.1. Zu den bisherigen Verfahren:

1.1.1. Die Beschwerdeführer reisten in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 17.10.2013 erstmals Anträge auf internationalen Schutz.

Hinsichtlich der Fluchtgründe gaben die Erst- und Zweitbeschwerdeführer an, dass Ende April 2013 in der Nacht sechs bis acht bewaffnete und uniformierte Personen zu ihnen nach Hause gekommen seien und den Erstbeschwerdeführer mitgenommen hätten. Dieser sei in einen Keller in Grosny gebracht worden, wo er zwei Tage und Nächte geblieben und nach einem " XXXX " befragt worden sei. Diese Person habe der Erstbeschwerdeführer drei bis vier Mal an verschiedene Orte mit seinem Taxi gebracht. Er habe aber nicht gewusst, dass es sich bei dieser Person um einen Widerstandskämpfer handle. Auch habe er mit dieser Person telefoniert, wobei die Polizei die Telefonnummer gespeichert habe. Die Polizei habe ihn geschlagen und auch mit Strom gefoltert und danach mit dem Polizeiauto zurück nach Urus-Martan gebracht. Der Erstbeschwerdeführer habe sich im Anschluss zehn Tage im Krankenhaus behandeln lassen müssen. In weiterer Folge habe er zwei Mal Ladungen von der Polizei in Grosny erhalten, denen er auch Folge geleistet habe. Beim zweiten Mal habe er sich zu einer Zusammenarbeit bereit erklärt, die Familie habe jedoch noch am selben Tag das Heimatland verlassen.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 05.11.2013 wurden diese ersten Anträge auf internationalen Schutz für den Status von Asylwie subsidiär Schutzberechtigen abgewiesen und die Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

Die gegen diese Bescheide fristgerecht erhobenen Beschwerden wurden nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 08.05.2014 mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2014 gemäß § 3 und § 8 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen und die Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Denn das Bundesverwaltungsgericht wertete das Vorbringen Beschwerdeführer als unglaubwürdig.

Danach kehrten die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer im August 2014 freiwillig in die Russische Föderation zurück.

Mit Bescheid vom 23.09.2014 erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Erstbeschwerdeführer keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.03.2015 als unbegründet abgewiesen.

1.1.2. Die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer reisten im Dezember 2014 erneut in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 17.12.2014 ihre zweiten Anträge auf internationalen Schutz. Der Erstbeschwerdeführer stellte nach rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens am 17.03.2015 seinen zweiten Asylantrag.

Hinsichtlich der Gründe für die zweite Antragstellung gaben der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin an, dass die alten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien. Während des Aufenthaltes der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer in Tschetschenien im Jahr 2014 seien russische Polizisten mindestens fünfmal, manchmal in Uniform und manchmal in ziviler Kleidung, zur Zweitbeschwerdeführerin nach Hause gekommen, hätten nach dem Aufenthalt des Erstbeschwerdeführers gefragt sowie danach, wo sie sich selbst aufgehalten habe. Die Polizisten hätten ihr aufgetragen, dass sie den Erstbeschwerdeführer nach Tschetschenien zurückbringen solle, andernfalls werde man ihr die Kinder wegnehmen. Man habe ihr auch Strom und Gas abgestellt, da angeblich Strom- und Gasschulden ausständig gewesen seien. Deshalb habe sie die Russische Föderation wieder verlassen.

Mit Bescheiden vom 13.11.2015 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden Bundesamt) auch die zweiten Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz für den Status von Asylwie subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte ihnen keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass ihre Abschiebungen in die Russische Föderation zulässig sei; die Frist für Ihre freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass es den Beschwerdeführern nicht gelungen sei, eine ihnen drohende Verfolgung glaubhaft zu machen.

Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnissen vom 04.11.2016 als unbegründet ab.

1.1.3. Am 19.12.2016 stellten die Beschwerdeführer ihre dritten Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Der Erstbeschwerdeführer gab zu den Gründen für den dritten Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen Folgendes an:

Die Familie habe das österreichische Bundesgebiet seit Abschluss ihrer zweiten Asylverfahren nicht verlassen. Sie stellten einen weiteren Asylantrag, da sie in ihren Vorverfahren falsche Angaben gemacht hätten. Andere Asylwerber hätten ihnen dazu geraten. Nunmehr erzähle er seine wahren Fluchtgründe. Er habe in den Jahren 2003 bis 2007 in der Türkei und im Anschluss daran bis 2011 in Dubai gelebt. In Dubai habe er einen anderen Tschetschenen namens " XXXX " kennengelernt, der ihn gebeten hätte, bei einer Reise nach Tschetschenien im Jahr 2010 ein Päckchen für XXXX Bruder mitzunehmen. Nachdem sich der Erstbeschwerdeführer vergewissert habe, dass in dem Päckchen nur normale Geschenke gewesen seien, habe er das Paket mitgenommen und XXXX Bruder übergeben. Damals habe er nicht gewusst, dass XXXX im Krieg als Separatist gekämpft habe und noch immer unter der Kontrolle der Regierung stehe. Einige Zeit später sei der Erstbeschwerdeführer zur Bezirkspolizei bestellt worden, wo man ihm mitgeteilt habe, dass er vom FSB gesucht werde. Als er im Jahr 2011 nach Tschetschenien zurückgekehrt sei, habe er ständig Anrufe aus Moskau von einem XXXX bekommen. Dieser sei Mitarbeiter des FSB und habe ihm mitgeteilt, dass XXXX sehr gefährlich sei und die Rebellen finanziere. XXXX habe ihn über XXXX ausgefragt und gesagt, er müsse sich - wenn auch unschuldig - für eine Sache schuldig bekennen, widrigenfalls er große Schwierigkeiten bekomme. Da der Erstbeschwerdeführer das jedoch nicht gewollt habe, habe er nicht lange überlegt und im Oktober 2013 das Land verlassen. Als seine Frau im Jahr 2014 nach Tschetschenien zurückgekehrt sei, habe XXXX auch seine Frau angerufen. Im Falle der Rückkehr würde er im besten Fall ins Gefängnis gesteckt werden.

Zudem legte er zum Beleg ein Schreiben der russischen NGO " XXXX " vom 09.04.2015 vor.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab zu den Gründen für den dritten Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen Folgendes an:

Den Beschwerdeführern sei für ihre ersten beiden Asylverfahren geraten worden, sie sollten sagen, dass sie gefoltert und bedroht worden seien, sonst würde man ihnen nicht glauben. Sie schließe sich den Angaben ihres Mannes an. Ein XXXX hätte ihren Mann manchmal angerufen. Beim letzten Treffen sollte ihr Mann eine Schuld auf sich nehmen. Wenn es vorbei sei, versprach XXXX ihren Mann wieder aus der Situation herauszuholen. Das habe ihr Mann aber nicht gewollt, weswegen sie geflüchtet seien. Sie wisse nicht, was ihr Mann hätte tun sollen. Im Falle der Rückkehr könne alles Mögliche passieren. Es könne sein, dass sie ins Gefängnis kommen.

Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 12.03.2017 wurden die dritten Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei.

Mit Erkenntnissen vom 11.04.2017 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen eingebrachten Beschwerden als unbegründet ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Vorbringen der Beschwerdeführer keinen "glaubhaften Kern" aufweisen würden, der es gestatte, ihre Folgeanträge in der Sache zu behandeln. Denn im Verfahren über ihre dritten Asylanträge hätten sie im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Asylverfahren ein vollkommen anderes und neues Vorbringen erstattet. Hinsichtlich des in Vorlage gebrachten Beweismittels - eines Schreibens der Organisation " XXXX " aus dem Jahr 2015 - wurde ausgeführt, dass es sich hierbei lediglich um eine schriftliche Zusammenfassung der von den Beschwerdeführern nunmehr geltend gemachten Fluchtgründe handle. Weder lasse das Schreiben erkennen, inwiefern die Menschenrechtsorganisation " XXXX " das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers bezeugen können solle, noch stelle dieses Schriftstück einen tauglichen Beweis für die Richtigkeit der Angaben der Beschwerdeführer dar. Dem neuen Vorbringen sei insbesondere entgegenzuhalten, dass die für die Begründung ihrer dritten Anträge auf internationalen Schutz geltend gemachten Probleme nahezu zur Gänze einen Sachverhalt darstellen würden, der bereits vor Rechtskraft des Erstverfahrens, jedenfalls aber vor Rechtskraft des Zweitverfahrens bestanden habe und daher bereits in diesem Verfahren als maßgebend zugrunde gelegt hätte werden können. Die von den Beschwerdeführern in ihren dritten Asylverfahren geltend gemachten Fluchtgründe hätten bereits zum Zeitpunkt des Verlassens ihres Herkunftsstaates im Jahr 2013 bestanden und seien wissentlich nicht ins Treffen geführt worden.

Im September 2017 reisten die Beschwerdeführer nach Deutschland, anschließend nach Frankreich und kehrten im April 2018 wieder nach Österreich zurück.

1.1.4. Am 11.04.2018 stellten die Beschwerdeführer die gegenständlichen vierten Anträge auf internationalen Schutz. Diese begründeten sie in ihrer Erstbefragungen vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag im Wesentlichen damit, dass die alten Fluchtgründe aufrecht blieben und es keine neuen Fluchtgründe gebe. Der Erstbeschwerdeführer habe ein Schriftstück in russischer Sprache von der Menschenrechtsorganisation " XXXX ", welches bestätige, dass er in Russland (Tschetschenien) in Lebensgefahr sei. Dieses Schriftstück wolle er übersetzen lassen und es sei sein einziger schriftlicher Nachweis. Er besitze das Schriftstück seit dem Jahr 2015 und habe es beim zweiten oder dritten Asylantrag bereits in Österreich vorgewiesen. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 27.04.2018 gab er an, er würde versuchen, das Original des am 09.04.2015 ausgestellten Schreibens zu beschaffen, wofür ihm eine Frist bis 15.05.2018 gewährt wurde. Die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer erklärten ausdrücklich, keine eigenen Fluchtgründe zu haben.

Am 11.05.2018 langte bei der belangten Behörde das Schreiben der Menschenrechtsorganisation " XXXX " vom 09.04.2015 in Kopie ein.

Mit den gegenständlichen, im Spruch genannten, Bescheiden - eigenhändig zugestellt am 05.06.2018 - wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 11.04.2018 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I), den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 (AsylG 2005) nicht erteilt und gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen erlassen sowie festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt II). Unter Spruchpunkt III wurde festgehalten, dass keine Frist für ihre freiwillige Ausreise bestehe.

Gegen diese Bescheide richten sich die hier zu erledigenden (gleichlautenden) Beschwerden, welche am 13.06.2018 per Telefax beim Bundesamt einlangten. Die Beschwerden führen im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführer ihre Asylgründe des dritten Asylantrages aufrecht hielten und diese ein in der Sache zu behandelndes Vorbringen darstellen würden. In dem der Beschwerde in russischer Sprache angefügten - mit 23.03.2018 datierten - gemeinsamen Schreiben der Organisationen " XXXX " und " XXXX " würden die Probleme des Erstbeschwerdeführers ausführlicher geschildert. Dieses Schreiben sei seitens der Beschwerdeführer der belangten Behörde postalisch übermittelt, jedoch in der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt worden.

1.2. Zur Person der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe.

Die Beschwerdeführer sind gesund und leiden an keinen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen. Die Zweitbeschwerdeführerin litt an einer kleinen Leistenhernie ohne Incarcerationszeichen, die mittlerweile operativ saniert wurde.

Der Erstbeschwerdeführer hat in Tschetschenien noch fünf Brüder und eine Schwester, mit denen er über Telefon und über Internet in Kontakt steht. Die Mutter, eine Schwester und drei Brüder der Zweitbeschwerdeführerin befinden sich im Heimatland; sie kommuniziert mit diesen über das Internet.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin gehen in Österreich keiner Beschäftigung nach.

Die Beschwerdeführer sind nicht selbsterhaltungsfähig, sondern beziehen Leistungen aus der Grundversorgung.

Die Beschwerdeführer verfügen über Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Der Erstbeschwerdeführer gab an, in Deutschland einen Deutschkurs des Niveaus "A1" sowie vor drei Jahren in Österreich zwei weitere Deutschkurse besucht zu haben. Er legte eine Teilnahmebestätigung an einem in Deutschland absolvierten Wertekurs vor. Die Zweitbeschwerdeführerin legte je eine Bescheinigung über die Mitarbeit in einer Kinderbetreuung während ihres Aufenthaltes in Wuppertal sowie über die Teilnahme an einem Wertekurs für Asylwerber in Deutschland vor.

Die Beschwerdeführer sind nicht Mitglieder in Vereinen oder sonstigen Organisationen und in Österreich auch nicht ehrenamtlich tätig.

In Österreich haben die Beschwerdeführer keine weiteren Verwandten.

Die Beschwerdeführer leben im Bundesgebiet in einem Haushalt; sonst leben sie mit niemandem in einer Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft.

Es kann nicht festgestellt werden, dass es im Vergleich zur zuletzt gegen die Beschwerdeführer verhängten - rechtskräftigen - Rückkehrentscheidung zu einer wesentlich tieferen Integrationsverfestigung der Beschwerdeführer gekommen ist.

Die Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten.

Die minderjährigen Beschwerdeführer besuchen in Österreich Schulen.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 kamen nicht hervor.

Nicht festgestellt wird, dass das nunmehrige Vorbringen der Beschwerdeführer einen glaubhaften Kern aufweist, der es gestattet, ihre hier maßgebliche Folgeanträge in der Sache zu behandeln.

1.3. Als örtliche Gegebenheiten in der Russischen Föderation stellt das Bundesverwaltungsgericht Folgendes fest:

"Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Montag (7.5.2018) den Eid für seine vierte und somit letzte Amtszeit abgelegt. Vor etwa 5.000 Gästen im Kreml in Moskau gelobte er, "dem Volk treu zu dienen", wie es in der Eidesformel heißt (Kurier.at 7.5.2018).

Bei der Präsidentenwahl im März 2018 hatte die Wahlbehörde ihm ein Rekordergebnis von knapp 77% der Stimmen zugesprochen. Überschattet wird die Amtseinführung von der Gewalt, mit der die Polizei am 5.5.2018 Kundgebungen von Regierungsgegnern auflöste. Landesweit wurden dabei etwa 1.600 Anhänger des Oppositionellen Alexej Nawalny festgenommen, die meisten aber wieder freigelassen. Doch das Bürgerrechtsportal "OVD-Info" zählte am Montag immer noch dutzende Demonstranten in Gewahrsam (Standard.at 7.5.2018).

Alexej Nawalny hatte zu landesweiten Protesten gegen den Kremlchef aufgerufen, unter dem Motto "Er ist nicht unser Zar" fanden sich in rund 90 Städten Demonstranten zusammen. Die größten Veranstaltungen gab es traditionell in Moskau und St. Petersburg. Vor allem junge Menschen folgten dem Aufruf Nawalnys. In der Hauptstadt Moskau waren es nach Einschätzung der Tageszeitung Kommersant rund 10.000 Demonstranten, während die Polizei die Menge dort auf nur 1.500 Personen taxierte. Die in jedem Fall verhältnismäßig geringe Zahl der Demonstranten ist auch auf die anhaltende Zersplitterung der russischen Opposition zurückzuführen. So beteiligten sich weder die sozialliberale Jabloko-Partei, noch die neue "Partei der Veränderungen" um Xenia Sobtschak und Dmitri Gudkow an den Kundgebungen. Die Obrigkeit hingegen hatte eine enorme Anzahl an Sicherheitskräften aufgefahren, um mögliche Unmutsbekundungen im Keim zu ersticken. Neben der Polizei waren Männer in Kosakenuniform im Einsatz. Kosaken - eigentlich Folklore - treten immer wieder als Hilfspolizisten auf. In Moskau gingen sie hart gegen die Menge vor. Auch die Polizei setzte Schlagstöcke gegen die Demonstranten ein. Kritik am harten Vorgehen der Behörden gab es nicht nur von der EU, sondern auch aus dem Menschenrechtsrat des russischen Präsidenten. Speziell der Einsatz der Kosaken rief dort Unmut hervor. Kremlsprecher Dmitri Peskow hingegen kommentierte die Vorfälle nicht. Nawalny wurde gleich nach seinem Eintreffen auf dem für die Protestaktion zentralen Puschkin-Platz abgeführt. Etwa 80% der Festgenommen wurden innerhalb eines Tages wieder auf freien Fuß gesetzt. Auch Nawalny kam nach mehreren Stunden vorläufig frei, allerdings muss er sich am 11.5.2018 - vier Tage nach den Inaugurationsfeiern im Kreml - vor Gericht wegen der Organisation einer ungenehmigten Kundgebung und Widerstands gegen die Staatsgewalt verantworten. Als Wiederholungstäter droht dem Oppositionellen eine empfindliche Strafe (Standard.at 6.5.2018).

Quellen:

-

Standard.at (6.5.2018): Härte gegen Proteste vor erneuter Putin-Amtseinführung,

https://derstandard.at/2000079263953/Nawalny-nach-Festnahme-bei-Oppositionskundgebung-wieder-frei, Zugriff 7.5.2018

-

Standard.at (7.5.201): Putin trat vierte Amtszeit als Präsident an, kommt am 5. Juni nach Wien, https://derstandard.at/2000079311730/Putin-tritt-vierte-Amtszeit-als-russischer-Praesident-an, Zugriff 7.5.2018

-

Kurier.at (7.5.2018): Putin trat vierte Amtszeit an und besucht am 5. Juni Wien,

https://kurier.at/politik/ausland/putin-trat-vierte-amtszeit-an-geloebnis-vor-5000-gaesten/400031920, Zugriff 7.5.2018

Wie erwartet ist Russlands Präsident Putin bei der Präsidentschaftswahl am 18.3.2018 im Amt bestätigt worden. Nach Auszählung von 99% der Stimmen errang er 76,7% der Stimmen. Putins stärkster Herausforderer, der Kommunist Pawel Grudinin, kam auf 11,8%, dahinter der Rechtspopulist Wladimir Schirinowski mit 5,7%. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur Tass zufolge bei knapp 67%, und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration. 70% waren in den letzten Wochen inoffiziell als Ziel gestellt worden, zuletzt hatte der Kreml die Erwartungen auf 65% heruntergeschraubt (Standard.at 19.3.2018, vgl. Presse.at 19.3.2018). Die Beteiligung galt als wichtiger Indikator für Putins Rückhalt in der Bevölkerung. Entsprechend beharrlich hatte die russische Führung die Bürger aufgerufen, ihre Stimme abzugeben (Tagesschau.de 19.3.2018).

Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018).

Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin. Sie stellte Bilder einer Überwachungskamera in einem Wahllokal nahe Moskau zur Verfügung, die offenbar zeigen, wie Wahlhelfer gefälschte Stimmzettel in eine Urne stopfen. Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018).

Quellen:

-

Presse.at (19.3.2018): Putin: "Das russische Volk schließt sich um Machtzentrum zusammen",

https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5391213/Putin_Das-russische-Volk-schliesst-sich-um-Machtzentrum-zusammen, Zugriff 19.3.2018

-

Standard.at (19.3.2018): Putin sichert sich vierte Amtszeit als Russlands Präsident,

https://derstandard.at/2000076383332/Putin-sichert-sich-vierte-Amtszeit-als-Praesident, Zugriff 19.3.2018

-

Tagesschau.de (19.3.2018): Klarer Sieg für Putin, https://www.tagesschau.de/ausland/russland-wahl-putin-101.html, Zugriff 19.3.2018

Politische Lage

Die Russische Föderation hat knapp 143 Millionen Einwohner (CIA 15.6.2017, vgl. GIZ 7.2017c). Die Russische Föderation ist eine föderale Republik mit präsidialem Regierungssystem. Am 12. Juni 1991 erklärte sie ihre staatliche Souveränität. Die Verfassung der Russischen Föderation wurde am 12. Dezember 1993 verabschiedet. Das russische Parlament besteht aus zwei Kammern, der Staatsduma (Volksvertretung) und dem Föderationsrat (Vertretung der Föderationssubjekte) (AA 3.2017a). Der Staatspräsident der Russischen Föderation verfügt über sehr weitreichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik. Seine Amtszeit beträgt sechs Jahre. Amtsinhaber ist seit dem 7. Mai 2012 Wladimir Putin (AA 3.2017a, vgl. EASO 3.2017). Er wurde am 4. März 2012 (mit offiziell 63,6% der Stimmen) gewählt. Es handelt sich um seine dritte Amtszeit als Staatspräsident. Dmitri Medwedjew, Staatspräsident 2008-2012, übernahm am 8. Mai 2012 erneut das Amt des Ministerpräsidenten. Seit der Wiederwahl von Staatspräsident Putin im Mai 2012 wird eine Zunahme autoritärer Tendenzen beklagt. So wurden das Versammlungsrecht und die Gesetzgebung über Nichtregierungsorganisationen erheblich verschärft, ein föderales Gesetz gegen "Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen" erlassen, die Extremismus-Gesetzgebung verschärft sowie Hürden für die Wahlteilnahme von Parteien und Kandidaten beschlossen, welche die Wahlchancen oppositioneller Kräfte weitgehend zunichtemachen. Der Druck auf Regimekritiker und Teilnehmer von Protestaktionen wächst, oft mit strafrechtlichen Konsequenzen. Der Mord am Oppositionspolitiker Boris Nemzow hat das Misstrauen zwischen Staatsmacht und außerparlamentarischer Opposition weiter verschärft (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden alle fünf Angeklagten im Mordfall Nemzow schuldig gesprochen. Alle fünf stammen aus Tschetschenien. Der Oppositionelle Ilja Jaschin hat das Urteil als "gerecht" bezeichnet, jedoch sei der Fall nicht aufgeklärt, solange Organisatoren und Auftraggeber frei sind. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hat verlautbart, dass die Suche nach den Auftraggebern weiter gehen wird. Allerdings sind sich Staatsanwaltschaft und Nebenklage, die die Interessen der Nemzow-Familie vertreten, nicht einig, wen sie als potenziellen Hintermann weiter verfolgen. Die staatlichen Anklagevertreter sehen als Lenker der Tat Ruslan Muchutdinow, einen Offizier des Bataillons "Nord", der sich in die Vereinigten Arabischen Emirate abgesetzt haben soll. Nemzows Angehörige hingegen vermuten, dass die Spuren bis "zu den höchsten Amtsträgern in Tschetschenien und Russland" führen. Sie fordern die Befragung des Vizebataillonskommandeurs Ruslan Geremejew, der ein entfernter Verwandter von Tschetscheniens Oberhaupt Ramsan Kadyrow ist (Standard 29.6.2017). Ein Moskauer Gericht hat den Todesschützen von Nemzow zu 20 Jahren Straflager verurteilt. Vier Komplizen erhielten Haftstrafen zwischen 11 und 19 Jahren. Zudem belegte der Richter Juri Schitnikow die fünf Angeklagten aus dem russischen Nordkaukasus demnach mit Geldstrafen von jeweils 100.000 Rubel (knapp 1.500 Euro). Die Staatsanwaltschaft hatte für den Todesschützen lebenslange Haft beantragt, für die Mitangeklagten 17 bis 23 Jahre (Kurier 13.7.2017).

Russland ist formal eine Föderation, die aus 83 Föderationssubjekten besteht. Die im Zuge der völkerrechtswidrigen Annexion erfolgte Eingliederung der ukrainischen Krim und der Stadt Sewastopol als Föderationssubjekte Nr. 84 und 85 in den russischen Staatsverband ist international nicht anerkannt. Die Föderationssubjekte genießen unterschiedliche Autonomiegrade und werden unterschiedlich bezeichnet (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Regionen, Gebiete, Föderale Städte). Die Föderationssubjekte verfügen jeweils über eine eigene Legislative und Exekutive. In der Praxis unterstehen die Regionen aber finanziell und politisch dem föderalen Zentrum (AA 3.2017a).

Die siebte Parlamentswahl in Russland hat am 18. September 2016 stattgefunden. Gewählt wurden die 450 Abgeordneten der russischen Duma. Insgesamt waren 14 Parteien angetreten, unter ihnen die oppositionellen Parteien Jabloko und Partei der Volksfreiheit (PARNAS). Die Wahlbeteiligung lag bei 47,8%. Die meisten Stimmen bei der Wahl, die auch auf der Halbinsel Krim abgehalten wurde, erhielt die von Ministerpräsident Dmitri Medwedew geführte Regierungspartei "Einiges Russland" mit gut 54%. Nach Angaben der Wahlkommission landete die Kommunistische Partei mit 13,5% auf Platz zwei, gefolgt von der nationalkonservativen LDPR mit 13,2%. Die nationalistische Partei "Gerechtes Russland" erhielt 6%. Diese vier Parteien waren auch bislang schon in der Duma vertreten und stimmten in allen wesentlichen Fragen mit der Mehrheit. Den außerparlamentarischen Oppositionsparteien gelang es nicht die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden. In der Duma verschiebt sich die Macht zugunsten der Regierungspartei "Einiges Russland". Die Partei erreicht im Parlament mit 343 Sitzen deutlich die Zweidrittelmehrheit, die ihr nun Verfassungsänderungen ermöglicht. Die russischen Wahlbeobachter von der NGO Golos berichteten auch in diesem Jahr über viele Verstöße gegen das Wahlrecht (GIZ 4.2017a, vgl. AA 3.2017a).

Das Verfahren am Wahltag selbst wurde offenbar korrekter durchgeführt als bei den Dumawahlen im Dezember 2011. Direkte Wahlfälschung wurde nur in Einzelfällen gemeldet, sieht man von Regionen wie Tatarstan oder Tschetschenien ab, in denen Wahlbetrug ohnehin erwartet wurde. Die Wahlbeteiligung von über 90% und die hohen Zustimmungsraten in diesen Regionen sind auch nicht geeignet, diesen Verdacht zu entkräften. Doch ist die korrekte Durchführung der Abstimmung nur ein Aspekt einer demokratischen Wahl. Ebenso relevant ist, dass alle Bewerber die gleichen Chancen bei der Zulassung zur Wahl und die gleichen Möglichkeiten haben, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Der Einsatz der Administrationen hatte aber bereits im Vorfeld der Wahlen - bei der Bestellung der Wahlkommissionen, bei der Aufstellung und Registrierung der Kandidaten sowie in der Wahlkampagne - sichergestellt, dass sich kein unerwünschter Kandidat und keine missliebige Oppositionspartei durchsetzen konnte. Durch restriktives Vorgehen bei der Registrierung und durch Behinderung bei der Agitation wurden der nichtsystemischen Opposition von vornherein alle Chancen genommen. Dieses Vorgehen ist nicht neu, man hat derlei in Russland vielfach erprobt und zuletzt bei den Regionalwahlen 2014 und 2015 erfolgreich eingesetzt. Das Ergebnis der Dumawahl 2016 demonstriert also, dass die Zentrale in der Lage ist, politische Ziele mit Hilfe der regionalen und kommunalen Verwaltungen landesweit durchzusetzen. Insofern bestätigt das Wahlergebnis die Stabilität und Funktionsfähigkeit des Apparats und die Wirksamkeit der politischen Kontrolle. Dies ist eine der Voraussetzungen für die Erhaltung der politischen Stabilität (RA 7.10.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Russische Föderation - Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_167537BE2E4C25B1A754139A317E2F27/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/RussischeFoederation/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.6.2017

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CIA - Central Intelligence Agency (15.6.2017): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 21.6.2017

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EASO - European Asylum Support Office (3.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-of-protection.pdf, Zugriff 21.6.2017

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GIZ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (4.2017a): Russland, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c24819, Zugriff 21.6.2017

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GIZ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2017c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 11.7.2017

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Kurier.at (13.7.2017): Nemzow-Mord: 20 Jahre Straflager für Mörder,

https://kurier.at/politik/ausland/nemzow-mord-20-jahre-straflager-fuer-moerder/274.903.855, Zugriff 13.7.2017

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RA - Russland Analysen (7.10.2016): Nr. 322, Bewegung in der russischen Politik?,

http://www.laender-analysen.de/russland/pdf/RusslandAnalysen322.pdf, Zugriff 21.6.2017

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Standard (29.7.2017): Alle Angeklagten im Mordfall Nemzow schuldiggesprochen,

http://derstandard.at/2000060550142/Alle-Angeklagten-im-Mordfall-Nemzow-schuldig-gesprochen, Zugriff 30.6.2017

Tschetschenien

Die Tschetschenische Republik ist eine der 21 Republiken der Russischen Föderation. Betreffend Fläche und Einwohnerzahl - 15.647 km2 und fast 1,3 Millionen Einwohner/innen (2010) - ist Tschetschenien mit der Steiermark vergleichbar. Etwa die Hälfte des tschetschenischen Territoriums besteht aus Ebenen im Norden und Zentrum der Republik. Heutzutage ist die Republik eine nahezu monoethnische: 95,3% der Bewohner/innen Tschetscheniens gaben 2010 an, ethnische Tschetschenen/innen zu sein. Der Anteil ethnischer Russen/innen an der Gesamtbevölkerung liegt bei 1,9%. Rund 1% sind ethnische Kumyk/innen, des Weiteren leben einige Awar/innen, Nogaier/innen, Tabasar/innen, Türk/innen, Inguschet/innen und Tatar/innen in der Republik (Rüdisser 11.2012).

Den Föderationssubjekten stehen Gouverneure vor. Gouverneur von Tschetschenien ist Ramsan Kadyrow. Er gilt als willkürlich herrschend. Russlands Präsident Putin lässt ihn aber walten, da er Tschetschenien "ruhig" hält. Tschetschenien wird überwiegend von Geldern der Zentralregierung finanziert. So erfolgte der Wiederaufbau von Tschetscheniens Hauptstadt Grosny vor allem mit Geldern aus Moskau (BAMF 10.2013, vgl. RFE/RL 19.1.2015).

In Tschetschenien gilt Ramsan Kadyrow als Garant Moskaus für Stabilität. Mit Duldung der russischen Staatsführung hat er in der Republik ein autoritäres System geschaffen, das vollkommen auf seine eigene Person ausgerichtet ist und größtenteils außerhalb des föderalen Rechtsrahmens funktioniert. So musste im Mai 2016 der Vorsitzende des Obersten Gerichts Tschetscheniens zurücktreten, nachdem er von Kadyrow kritisiert worden war, obwohl die Ernennung/Entlassung der Richter in die föderale Kompetenz fällt. Fraglich bleibt auch die föderale Kontrolle über die tschetschenischen Sicherheitskräfte, deren faktische Loyalität vorrangig dem Oberhaupt der Republik gilt. Im Juni 2016 beschloss das tschetschenische Parlament die vorzeitige Selbstauflösung, um vorgezogene Neuwahlen im September 2016, wenn auch das Republikoberhaupt gewählt wird, durchzuführen. Die Entscheidung erklärte man mit potentiellen Einsparungen durch das Zusammenlegen der beiden Wahlgänge, Experten gehen jedoch davon aus, dass Kadyrow einen Teil der Abgeordneten durch jüngere, aus seinem Umfeld stammende Politiker ersetzen möchte. Bei den Wahlen vom 18. September 2016 lag die Wahlbeteiligung in Tschetschenien weit über dem landesweiten Durchschnitt. Den offiziellen Angaben zufolge wurde Kadyrow mit über 97% der Stimmen im Amt des Oberhauptes der Republik bestätigt. Unabhängige Medien berichteten über Unregelmäßigen bei den Wahlen, in deren Vorfeld HRW über Druckausübung auf Kritiker des derzeitigen Machthabers berichtet hatte (ÖB Moskau 12.2016). In Tschetschenien hat das Republikoberhaupt Ramsan Kadyrow ein auf seine Person zugeschnittenes repressives Regime etabliert. Vertreter russischer und internationaler NGOs berichten von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, einem Klima der Angst und Einschüchterung (AA 24.1.2017).

Gegen vermeintliche Extremisten und deren Angehörige, aber auch gegen politische Gegner, wird hart vorgegangen. Anfang 2016 sorgte Kadyrow landesweit für Aufregung, als er die liberale Opposition in Moskau als Staatsfeinde bezeichnete, die darauf aus wären, Russland zu zerstören. Nachdem er dafür von Menschenrechtlern, aber auch von Vertretern des präsidentiellen Menschenrechtsrats scharf kritisiert worden war, wurde in Grozny eine Massendemonstration zur Unterstützung Kadyrows organisiert. Im März ernannte Präsident Putin Kadyrow im Zusammenhang mit dessen im April auslaufender Amtszeit zum Interims-Oberhaupt der Republik und drückte seine Unterstützung für Kadyrows erneute Kandidatur aus. Bei den Wahlen im September 2016 wurde Kadyrow laut offiziellen Angaben bei hoher Wahlbeteiligung mit überwältigender Mehrheit für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren gewählt, wohingegen unabhängige Medien von krassen Regelverstößen bei der Wahl berichteten (ÖB Moskau 12.2016). Im Vorfeld dieser Wahlen zielten lokale Behörden auf Kritiker und Personen, die als nicht loyal zu Kadyrow gelten ab, z.B. mittels Entführungen, Verschwindenlassen, Misshandlungen, Todesdrohungen und Androhung von Gewalt gegenüber Verwandten (HRW 12.1.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (24.1.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2013):

Protokoll zum Workshop Russische Föderation/Tschetschenien am 21.-22.10.2013 in Nürnberg

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Russia, http://www.ecoi.net/local_link/334746/476500_de.html, Zugriff 28.6.2017)

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ÖB Moskau (12.2016): Asylländerbericht Russische Föderation

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RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (19.1.2015): The Unstoppable Rise Of Ramzan Kadyrov, http://www.rferl.org/content/profile-ramzan-kadyrov-chechnya-russia-putin/26802368.html, Zugriff 21.6.2017

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Rüdisser, V. (11.2012): Russische Föderation/Tschetschenische Republik. In: Länderinformation n°15, Österreichischer Integrationsfonds,

http://www.integrationsfonds.at/themen/publikationen/oeif-laenderinformation/, Zugriff 21.6.2017

Sicherheitslage

Wie verschiedene Anschläge mit zahlreichen Todesopfern in den letzten Jahren gezeigt haben, kann es in Russland, auch außerhalb der Kaukasus-Region, jederzeit zu Attentaten kommen. Zuletzt kam es am 3.4.2017 in Sankt Petersburg zu einem Anschlag in der Metro, der Todesopfer und Verletzte forderte. Die russischen Behörden haben zuletzt ihre Warnung vor Attentaten bekräftigt und rufen zu besonderer Vorsicht auf (AA 21.7.2017b). Den Selbstmordanschlag in der St. Petersburger U-Bahn am 3.4.2017 hat nach Angaben von Experten eine Gruppe mit mutmaßlichen Verbindungen zum islamistischen Terrornetzwerk Al-Qaida für sich reklamiert. Das Imam-Schamil-Bataillon habe den Anschlag mit 15 Todesopfern nach eigenen Angaben auf Anweisung des Al-Qaida-Chefs Ayman al-Zawahiri verübt, teilte das auf die Überwachung islamistischer Internetseiten spezialisierte US-Unternehmen SITE am Dienstag mit (Standard 25.4.2017). Der Selbstmordattentäter Akbarschon Dschalilow stammte aus der kirgisischen Stadt Osch. Zehn Personen, die in den Anschlag verwickelt sein sollen, sitzen in Haft, sechs von ihnen wurden in St. Petersburg, vier in Moskau festgenommen. In russischen Medien wurde der Name eines weiteren Mannes aus der Gegend von Osch genannt, den die Ermittler für den Auftraggeber des Anschlags hielten: Siroschiddin Muchtarow, genannt Abu Salach al Usbeki. Der Angriff, sei eine Vergeltung für russische Gewalt gegen muslimische Länder wie Syrien und für das, was in der russischen Nordkaukasus-Teilrepublik Tschetschenien geschehe; die Operation sei erst der Anfang. Mit Terrorangriffen auf und in Russland hatte sich zuletzt nicht Al-Qaida, sondern der sogenannte Islamische Staat gebrüstet, so mit jüngsten Angriffen auf Sicherheitskräfte in Tschetschenien und der Stadt Astrachan. Laut offizieller Angaben sollen 4.000 Russen und 5.000 Zentralasiaten in Syrien und dem Irak für den IS oder andere Gruppen kämpfen. Verteidigungsminister Schoigu behauptete Mitte März 2016, es seien durch Russlands Luftschläge in Syrien "mehr als 2.000 Banditen" aus Russland, unter ihnen 17 Feldkommandeure getötet worden (FAZ 26.4.2017).

Russland tritt als Protagonist internationaler Terrorismusbekämpfung auf und begründet damit seinen Militäreinsatz in Syrien. Vom Beginn des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 bis ins Jahr 2013 sah es sich mit 75 größeren Terroranschlägen auf seinem Staatsgebiet konfrontiert, die Hunderte Zivilisten das Leben kosteten. Verantwortlich dafür war eine über Tschetschenien hinausgehende Aufstandsbewegung im Nordkaukasus. Gewaltzwischenfälle am Südrand der Russischen Föderation gingen 2014 um 46% und 2015 um weitere 51% zurück. Auch im Global Terrorism Index, der die Einwirkung des Terrorismus je nach Land misst, spiegelt sich diese Entwicklung wider. Demnach stand Russland 2011 noch an neunter Stelle hinter mittelöstlichen, afrikanischen und südasiatischen Staaten, weit vor jedem westlichen Land. Im Jahr 2016 rangierte es dagegen nur noch auf Platz 30 hinter Frankreich (Platz 29), aber vor Großbritannien (Platz 34) und den USA (Platz 36). Nach der Militärintervention in Syrien Ende September 2015 erklärte der IS Russland den Jihad und übernahm die Verantwortung für den Abschuss eines russischen Passagierflugzeugs über dem Sinai mit 224 Todesopfern. Seitdem ist der Kampf gegen die Terrormiliz zu einer Parole russischer Außen- und Sicherheitspolitik geworden, auch wenn der russische Militäreinsatz in Syrien gewiss nicht nur von diesem Ziel bestimmt ist, sondern die Großmachtrolle Russlands im Mittleren Osten stärken soll. Moskau appelliert beim Thema Terrorbekämpfung an internationale Kooperation (SWP 4.2017).

Russland hat den sog. IS erst Ende Dezember 2014 auf seine Liste terroristischer Organisationen gesetzt und dabei andere islamistische Gruppierungen außer Acht gelassen, in denen seine Staatsbürger, insbesondere Tschetschenen und Dagestaner, in Syrien und im Irak ebenfalls aktiv sind - wie die Jaish al-Muhajireen-wal-Ansar, die überwiegend von Kämpfern aus dem Nordkaukasus gegründet wurde. Ausländische und russische Beobachter, darunter die kremlkritische Novaja Gazeta im Juni 2015, erhoben gegenüber den Sicherheitsbehörden Russlands den Vorwurf, der Abwanderung von Jihadisten aus dem Nordkaukasus und anderen Regionen nach Syrien tatenlos, wenn nicht gar wohlwollend zuzusehen, da sie eine Entlastung für den Anti-Terror-Einsatz im eigenen Land mit sich bringe. Tatsächlich nahmen die Terroraktivitäten in Russland selber ab (SWP 10.2015). In der zweiten Hälfte des Jahres 2014 kehrte sich diese Herangehensweise um, und Personen, die z.B. Richtung Türkei ausreisen wollten, wurden an der Ausreise gehindert. Nichtsdestotrotz geht der Abgang von gewaltbereiten Dschihadisten weiter und Experten sagen, dass die stärksten Anführer der Aufständischen, die dem IS die Treue geschworen haben, noch am Leben sind. Am 1.8.2015 wurde eine Hotline eingerichtet, mit dem Ziel, Personen zu unterstützen, deren Angehörige in Syrien sind bzw. planen, nach Syrien zu gehen. Auch Rekrutierer und Personen, die finanzielle Unterstützung für den Dschihad sammeln, werden von den Sicherheitsbehörden ins Visier genommen. Einige Experten sind der Meinung, dass das IS Rekrutierungsnetzwerk eine stabile Struktur in Russland hat und Zellen im Nordkaukasus, in der Wolga Region, Sibirien und im russischen Osten hat (ICG 14.3.2016).

Das Kaukasus-Emirat, das seit 2007 den islamistischen Untergrundkampf im Nordkaukasus koordiniert, ist seit Ende 2014 durch das Überlaufen einiger Feldkommandeure zum IS von Spaltungstendenzen erschüttert und geschwächt. Dem russischen Islamexperten Aleksej Malaschenko zufolge reisten gar Offizielle aus der Teilrepublik Dagestan nach Syrien, um IS-Kämpfer aus dem Kaukasus darin zu bestärken, ihren Jihad im Mittleren Osten und nicht in ihrer Heimat auszutragen. Der IS verstärkte 2015 seine russischsprachige Propaganda in Internet-Foren wie Furat Media, ohne dass die Behörden laut Novaja Gazeta diesem Treiben große Aufmerksamkeit widmeten. Am 23. Juni 2015 rief der IS-Sprecher Muhammad al-Adnani ein ‚Wilajat Kavkaz', eine Provinz Kaukasus, als Teil des IS-Kalifats aus. Es war ein propagandistischer Akt, der nicht bedeutet, dass der IS in dieser Region militärisch präsent ist oder sie gar kontrolliert, der aber den zunehmenden Einfluss dieser Terrormiliz auf die islamistische Szene im Nordkaukasus symbolisiert. Zuvor hatten mehr und mehr ideologische und militärische Führer des Kaukasus Emirats dem ‚Kalifen' Abu Bakr al-Baghdadi die Treue geschworen und

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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