TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/18 97/10/0235

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Veröffentlicht am 18.10.1999
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Index

L55002 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Kärnten;
L55302 Geländefahrzeuge Motorschlitten Kärnten;
L80402 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

NatSchG Krnt 1986 §15 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §5 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §57 Abs1;
OrtsbildpflegeG Krnt 1979;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des P in Purkersdorf, vertreten durch Dr. Werner Bartlmä, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Pfarrplatz 5/II, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 26. Mai 1997, Zl. Ro-147/4/1997, betreffend naturschutzbehördlicher Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 25. November 1996 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 1 und 2 des Kärntner Naturschutzgesetzes (NSchG) die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes durch Entfernung eines Wohnwagens von einem näher beschriebenen Grundstück binnen einer festgesetzten Frist aufgetragen. Hiezu wurde im Wesentlichen ausgeführt, § 15 Abs. 1 NSchG verbiete das Abstellen von Wohnwagen in der freien Landschaft, außerhalb von behördlich bewilligten Campingplätzen und sonstigen im Zusammenhang mit Wohngebäuden stehenden, besonders gestalteten Flächen wie Vorgärten, Haus- und Obstgärten. Eine Ausnahmebewilligung von diesem Verbot sei nicht erteilt worden. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers, der davon ausgehe, das in Rede stehende Grundstück liege im Siedlungsbereich, handle es sich eindeutig um freie Landschaft, wie das auch vom Baubezirksamt festgestellt worden sei.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte vor, unter "freier Landschaft" seien Grundstücke außerhalb geschlossener Siedlungen zu verstehen. Dies treffe auf das in Rede stehende Grundstück jedoch nicht zu, weil es an näher bezeichnete, bebaute Grundstücke angrenze.

Die Berufungsbehörde beraumte eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle an. In dieser wurde festgestellt, dass der Wohnwagen in der Mitte des nach Süden mittelsteil abfallenden Grundstückes auf einem Plateau aufgestellt worden sei. Ca. 250 m bis 300 m nördlich, ca. 150 m bis 200 m östlich, ca. 100 m bis 200 m westlich und ca. 150 m südlich befänden sich Wohnhäuser, die aber durch Waldstreifen bzw. Böschungen verdeckt würden. Das Grundstück werde zum Großteil als Wiese genutzt und sei teilweise mit großen Fichten und Haselnussträuchern, Birken sowie mit unlängst angepflanzten Obstbäumen und Ziersträuchern bewachsen. Auf dem benachbarten Grundstück (Parzelle 1314), zu dem hin es offen sei, befinde sich im nordöstlichen Eck ein konsenslos errichtetes Wochenendhaus, für das bereits um Baubewilligung eingekommen worden sei. Es könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass es sich beim Aufstellungsgrundstück ebenso wie bei den daran anliegenden um keinen konzentrierten Siedlungsansatz handle. Erst an die östlich gelegenen Wohnhäuser schließe sich in Richtung Osten eine Siedlung, nämlich die Ortschaft T. an. Rund um den Wohnwagen bestehe jedoch keine zusammenhängende Verbauung.Vielmehr seien die Wohngebäude, insbesondere aus Richtung Westen gesehen, nur als vereinzelt anzusehen. Das Aufstellungsgrundstück sei im Flächenwidmungsplan der Gemeinde als "Bauland-Dorfgebiet" gewidmet. Diese Widmung werde auch durch das neu erstellte Ortsentwicklungskonzept im Wesentlichen bestätigt.

Mit Bescheid vom 26. Mai 1997 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Hiezu wurde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen ausgeführt, das in Rede stehende Grundstück bzw. der Standort des Wohnwagens sei als "freie Landschaft" anzusehen. Zwar sei in Richtung Osten ein Siedlungsbereich, nämlich die Ortschaft T. gegeben und es seien das Aufstellungsgrundstück und das benachbarte Grundstück (Parzelle 1314) in allen vier Himmelsrichtungen von Wohngebäuden umgeben, allerdings in einer Entfernung von ca. 100 m bis 300 m. Der Wohnwagen bzw. die beiden Parzellen seien naturräumlich durch Hecken und Wälder eindeutig von der Umgebung abgegrenzt und würden das Bild eines Kahlschlags in einem geschlossenen Waldgebiet vermitteln. Lediglich nach Westen sei der Blick auf das dort befindliche Wohnhaus frei. Ein optischer Zusammenhang zwischen den umliegenden Gebäuden und der Ortschaft T. mit dem Standort des Wohnwagens sei nicht gegeben. Aus dem Umstand der Baulandwidmung könne für die Beurteilung, ob das Tatbestandselement "freie Landschaft" vorliege, nichts gewonnen werden, weil die Widmung dafür nicht maßgeblich sei. Dies gelte auch für das Vorbringen des Beschwerdeführers, die in Rede stehende Fläche sei weder als Schutz- oder Bannwald, noch als Quell-, Natur- oder Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 30. September 1997, B 1697/97, abgelehnt hatte, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 57 Abs. 1 NSchG ist, wenn Maßnahmen, die nach diesem Gesetz verboten sind, entgegen dem Verbot ausgeführt wurden, die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen angemessen festzusetzender Frist aufzutragen.

Die Wiederherstellung obliegt gemäß § 57 Abs. 2 leg. cit. primär demjenigen, der die Maßnahme veranlasst oder gesetzt hat, kann dieser nicht herangezogen werden, dem Grundstückseigentümer oder dem sonst über ein Grundstück Verfügungsberechtigten.

Gemäß § 15 Abs. 1 leg. cit. ist es in der freien Landschaft verboten, außerhalb von behördlich bewilligten Campingplätzen und sonstigen im Zusammenhang mit Wohngebäuden stehenden, besonders gestalteten Flächen, wie Vorgärten, Haus- und Obstgärten, zu zelten oder Wohnwagen abstellen.

Das Verbot des Abs. 1 gilt gemäß § 15 Abs. 2 leg. cit. nicht für das alpine Biwakieren, das kurzzeitige Abstellen von Wohnwagen auf Flächen, die dem ruhenden Verkehr dienen, sowie für Baustelleneinrichtungen.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage strittig, ob der Aufstellungsort des Wohnwagens als "freie Landschaft" zu qualifizieren ist.

§ 5 Abs. 1 Einleitungssatz NSchG definiert "freie Landschaft" als den Bereich außerhalb von geschlossenen Siedlungen und der zum Siedlungsbereich gehörigen besonders gestalteten Flächen, wie Vorgärten, Haus- und Obstgärten.

Den Gesetzesmaterialien ( Verf-30/11/1986 ) zufolge sollte damit als Gegenstück zum "bebauten Gebiet" im Sinne des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes, LGBl. Nr. 81/1979, das Gebiet außerhalb der geschlossenen Siedlungen festgelegt werden. Als "Siedlung" sollte eine Ansammlung von Gebäuden gelten, wobei als Untergrenze mindestens 3 Wohnobjekte vorhanden sein müssten. Als "geschlossen" werde ein Siedlungsbereich dann anzusehen sein, wenn er optisch einen Zusammenhang zwischen den Gebäuden und den dazugehörigen besonders gestalteten Flächen (Obst- und Vorgärten usw.) erkennen lasse und sich vom übrigen nicht bebauten Gebiet sichtbar abhebe. Eine konkrete Höchstentfernung zwischen den einzelnen Gebäuden, die noch einen Siedlungszusammenhang ergäbe, lasse sich nicht festlegen. Allerdings könne ganz allgemein für den Bereich der Ortsränder festgehalten werden, dass diese bei größeren Gebäudeansammlungen eine weniger "geschlossene" Bebauung aufweisen müssten, als bei kleineren Einheiten und demnach auch größere Abstände von 100 m und mehr noch immer eine zusammenhängende Besiedlung bewirkten.

Der Beschwerdeführer, der die tatsächlichen Annahmen der belangten Behörde nicht bestreitet, rügt zunächst, § 15 Abs. 1 NSchG sei "willkürlich zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgelegt" worden.

Dieser Vorwurf ist unbegründet. Die belangte Behörde hat vielmehr vom dargestellten Inhalt des Begriffes "freie Landschaft" ausgehend, einen optischen Zusammenhang zwischen dem Aufstellungsort des Wohnwagens und den umliegenden Wohngebäuden bzw. der Ortschaft T. wegen der bestehenden Entfernungen und der naturräumlichen Gegebenheiten verneint. Darauf aufbauend ist sie zum Ergebnis gelangt, der Standort des Wohnwagens sei als in der "freien Landschaft" im Sinne des NSchG gelegen zu beurteilen.

Anhaltspunkte dafür, der belangten Behörde wäre bei dieser Beurteilung - wie der Beschwerdeführer behauptet - eine Rechtswidrigkeit unterlaufen, sind nicht ersichtlich. Es hat aber auch der Beschwerdeführer keine Begründung für die von ihm behauptete Rechtswidrigkeit gegeben.

Bei seinem weiteren Vorbringen, es bestehe ein öffentliches Interesse an der Bebauung des zur Aufstellung des Wohnwagens herangezogenen Grundstücks, was auch durch die Widmung "Bauland-Dorfgebiet" dokumentiert werde, übersieht der Beschwerdeführer, dass es bei der Beurteilung des Vorliegens "freier Landschaft" auf den zufolge der vorhandenen Bebauung bestehenden Siedlungszusammenhang ankommt, nicht aber auf die (bloße) Widmung oder ein in anderer Weise dokumentiertes öffentliches Interesse an einer Bebauung. Ebenso wenig ist relevant, ob das zur Aufstellung des Wohnwagens herangezogene Grundstück Schutz- oder Bannwald darstellt, oder ob es sich um einen Teil eines Quell-, Natur- oder Landschaftsschutzgebietes handelt.

Soweit der Beschwerdeführer aber vorbringt, die belangte Behörde habe es bei der Begründung des angefochtenen Bescheides unterlassen, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen, hat er nicht auch gleichzeitig die Relevanz des solcherart behaupteten Verfahrensmangels im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufgezeigt.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997100235.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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