Entscheidungsdatum
27.08.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W122 2203294-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch Mag. Roland REISCH, 6370 Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a gegen den Bescheid des Militärkommandos Tirol, vom 10.07.2018, Zl. P1208091/14-MilKdo T/Kdo/ErgAbt/2018, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. In der Zeit von 01.09.2015 bis 29.02.2016 hat der Beschwerdeführer einen Ausbildungsdienst in der Dauer von sechs Monaten sowie von 01.03.2016 bis 31.08.2016 einen Dienst als Militärperson auf Zeit in der Dauer von sechs Monaten geleistet.
Mit am 30.05.2018 zugestelltem Einberufungsbefehl wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, an einer Milizübung vom 17.09.2018 bis zum 21.09.2018 teilzunehmen. Darüber wurde der Beschwerdeführer bereits im Jänner 2018 vorab informiert.
2. Mit Schreiben vom 11.06.2018 teilte der Beschwerdeführer mit, nicht an der Übung teilzunehmen, da er sich bis Juli 2019 in einem Lehrverhältnis befände.
Mit dem gegenständlichen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf befristete Befreiung abgewiesen.
3. Dagegen brachte der Beschwerdeführer an16.07.2018 fristgerecht Beschwerde ein und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge dem Antrag des Beschwerdeführers auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung der Milizübungen stattgeben oder in eventu die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Militärkommando Tirol zurückverweisen.
Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er als Lehrling nicht den Ausbildungsplan des Ausbildungsbetriebes umgestalten könne. Der Ausbildungsbetrieb würde sich auf dem Beschwerdeführer verlassen und besondere Vorkehrungen treffen, um eine den gesetzlichen Verpflichtungen entsprechende Ausbildung gewährleisten zu können.
In den auftragsarmen Wintermonaten müsse der Beschwerdeführer seinen Jahresurlaub verwenden und die Berufsschule absolvieren. Es wäre nicht zumutbar, einen Gutteil des Jahresurlaubes in Anspruch zu nehmen. Eine unzumutbare Verlängerung der Lehrzeit wäre die Folge. Der Ausbildungsbetrieb würde die Arbeitskraft des Beschwerdeführers benötigen. Die Einberufung erfolge in einem der arbeitsintensiven Monate. Eine Freistellung wäre dem Dienstgeber nicht zumutbar. Der Beschwerdeführer legte eine Bestätigung des Holzbauunternehmens vor. Der Beschwerdeführer werde dringend benötigt.
4. Mit Schreiben vom 10.08.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde, den Bescheid und die bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Mit Schreiben vom 17.08.2018 beantragte der Beschwerdeführer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, führte dabei aber nicht an auf welchen Rechtsgrund sich diese stützen solle, oder welche Wirkung aufgeschoben werden möge.
Eine mündliche Verhandlung wurde nicht durchgeführt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Wehrpflichtiger des Milizstandes und ist am XXXX geboren. Der Beschwerdeführer hat eine höhere Schule abgeschlossen und befindet sich im zweiten Lehrjahr der um ein Jahr verkürzten Ausbildung zum Beruf des Zimmerers. Einer Berufstätigkeit geht der Beschwerdeführer nicht nach. Der Beschwerdeführer ist nicht Unternehmer.
Der Beschwerdeführer wurde rechtswirksam zu der Milizübung vom 17.09.2018 bis zum 21.09.2018 einberufen. Der Abschluss der Berufsausbildung wird dem Beschwerdeführer durch die gegenständliche Milizübung nicht unmöglich oder wesentlich erschwert. Die wirtschaftliche Existenz des Beschwerdeführers ist aufgrund der Milizübung nicht gefährdet. Ein bedeutender Nachteil konnte nicht festgestellt werden. Volkswirtschaftliche Gründe, an der Milizübung nicht teilzunehmen, liegen nicht vor. Dem Beschwerdeführer war bereits vor Übermittlung des Einberufungsbefehls bekannt, dass er an Milizübungen teilzunehmen hat. Familiäre Interessen wurden nicht vorgebracht.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aufgrund der Aktenlage, des Bescheides und der Beschwerde. Der Beschwerdeführer führt lediglich an, dass sein Ausbildner ihn aufgrund der Auftragslage dringend benötige. Der Ausbildungsbetrieb würde sich auf den Beschwerdeführer verlassen und in der Zeit von März bis Oktober würde besonders viel Arbeit anfallen. Der Dienstgeber wäre nicht verpflichtet, den Beschwerdeführer freizustellen, wenn damit erhebliche Nachteile verbunden wären.
Damit brachte der Beschwerdeführer nicht vor, dass seine wirtschaftlichen Interessen oder die des Ausbildners ernstlich gefährdet wären. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine einwöchige Abwesenheit des beschwerdeführenden Lehrlings von der praktischen Ausbildung keine wesentlichen wirtschaftlichen Nachteile mit sich bringt, die einer Existenzgefährdung gleichkommt. Das Vorbringen des Beschwerdeführers war weder substantiiert noch nachvollziehbar. Die Bestätigung des Ausbildners, wonach der Beschwerdeführer benötigt werde, lässt keinerlei Vermutung einer Existenzgefährdung aufkommen. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer nicht einseitig den Ausbildungsplan ändern könnte ist irrelevant, da aufgrund der in Relation zur zweijährigen Ausbildungszeit kurzen Abwesenheit des Beschwerdeführers keine wesentliche Planänderung erforderlich sein kann. Die behauptete wesentliche Verzögerung des Ausbildungsabschlusses konnte aufgrund des Ausbildungsvertrages nicht nachvollzogen werden, würde aber selbst bei größerer Verzögerung die Existenz des Beschwerdeführers nicht gefährden.
Die den Bescheid tragenden Sachverhaltselemente wurden nicht in Zweifel gezogen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt mangels einer speziellen Senatsbestimmung Einzelrichterzuständigkeit vor.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da sie weder beantragt war noch zur Klärung des Sachverhaltes beitragen hätte können. Es handelt sich lediglich um eine einfache Rechtsfrage.
Zu A)
§ 26 und § 61 Abs. 3 Wehrgesetz BGBl. I Nr. 32/2018 2001 idF BGBl. I Nr. 146/2001 lauten auszugsweise:
"Befreiung und Aufschub
§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien
1. von Amts wegen, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentliche Interessen erfordern, und
2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
Als sonstige öffentliche Interessen gelten insbesondere gesamtwirtschaftliche oder familienpolitische Interessen sowie die Tätigkeiten von Fachkräften der Entwicklungshilfe nach § 15 des Entwicklungshelfergesetzes. Als familiäre Interessen gelten auch solche aus einer eingetragenen Partnerschaft. Eine Befreiung ist auch zulässig, wenn eine Voraussetzung nach Z 1 oder 2 während eines Präsenzdienstes eintritt. Befreiungen nach Z 1 hat der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport zu verfügen.
(2) ...
...
(4) Mit Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, wird eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Zeitraum dieser Befreiung oder dieses Aufschubes für ihn unwirksam."
"§ 61. (3)
Bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres sind
1....
2. sonstige Wehrpflichtige des Milizstandes, die
a)...
b) einen Wehrdienst als Zeitsoldat geleistet haben oder
c) ...
zur Leistung von Milizübungen verpflichtet, sofern sie Milizübungen nicht schon auf Grund freiwilliger Meldung oder einer Verpflichtung mittels Auswahlbescheides zu leisten haben. ..."
Für eine Befreiung konnte der Beschwerdeführer keine hinreichenden Gründe darlegen. Die von ihm vorgebrachte Erforderlichkeit seiner Person als Lehrling in einem Holzbauunternehmen begründete weder besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen noch konnte der Beschwerdeführer eine für ihn besonders nachteilige Folge der einwöchigen Unterbrechung seiner Ausbildung darlegen.
In den Raum gestellte Schadenersatzforderungen sind vom Vertreter des Beschwerdeführers nicht hinreichend begründet, substantiiert oder gar quantifiziert worden. Weder wurde ein Schaden nachvollziehbar dargestellt noch wurde eine Rechtswidrigkeit behauptet oder ein Kausalitätszusammenhang behauptet.
Familiäre Interessen an einer Befreiung von der Leistung der Milizübung brachte der Beschwerdeführer nicht einmal im Ansatz vor.
Da der Beschwerdeführer jünger als 50 Jahre ist, einen Wehrdienst als Zeitsoldat geleistet hat, und nicht aufgrund freiwilliger Meldung Milizübungen zu leisten hatte, wurde der Beschwerdeführer zu Recht verpflichtet, die gegenständliche Milizübung zu leisten. Der Beschwerdeführer hat dem Einberufungsbefehl Folge zu leisten.
Bezugnehmend auf den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist der Vollständigkeit halber anzumerken, dass aufgrund der Erledigung der Beschwerde bereits vor Eintritt des in Frage kommenden Zeitraumes, nicht gesondert über diesen Antrag abzusprechen war. Zudem würde die Aufschiebung eines abweisenden Bescheides nicht die Zuerkennung des Beantragten Inhaltes bedeuten.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es an einer Rechtsprechung zur Umdeutung von Ankündigungen, nicht an einer Milizübung teilzunehmen fehlt. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.
Zur wörtlich gleichlautenden Bestimmung des § 36 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 1990 entschied der Verwaltungsgerichtshof am 06.07.2004, 2003/11/0218, dass lediglich eine zu befürchtende Existenzgefährdung des Wehrpflichtigen zu einer Befreiung führen hätte können. Diese war nicht einmal ansatzweise festzustellen.
Zweifelhaft war jedoch, ob das Schreiben vom 11.06.2018 tatsächlich als Antrag auf Befreiung verstanden werden konnte, oder ob der Beschwerdeführer damit lediglich ankündigen wollte, sich dem Einberufungsbefehl zu widersetzen. Im letzteren Fall wäre der Bescheid in Ermangelung eines darauf gerichteten Antrages ersatzlos zu beheben gewesen. Die Formulierung in der Beschwerde, wonach der Antrag auf befristete Befreiung ziele, bestätigt jedoch die Interpretation der belangten Behörde, wonach die Ankündigung in einen Antrag auf Befreiung umgedeutet werden konnte.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, Befreiungsantrag, Berufsausbildung, besondersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W122.2203294.1.00Zuletzt aktualisiert am
20.11.2018