TE Bvwg Beschluss 2018/8/29 W208 2204061-1

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Veröffentlicht am 29.08.2018
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Entscheidungsdatum

29.08.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
ZDG §19a Abs1
ZDG §19a Abs3

Spruch

W208 2204061-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch PUTZ & RISCHKA, Rechtsanwälte KG, 1030 WIEN, Reisnerstraße 12, gegen den Bescheid der ZIVILDIENSTSERVICEAGENTUR (ZISA) vom 23.07.2018, Zl. 444619/20/ZD/0718, beschlossen:

A)

Der Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung an die ZIVILDIENSTSERVICEAGENTUR zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) versah seinen Zivildienst bei der Einrichtung Wiener Hilfswerk, der vom 01.03.2018 bis 30.11.2018 vorgesehen war. Zu den vom BF zu verrichtenden Dienstleistungen gehörten:

Hilfsdienste bei der Pflege und Betreuung behinderter und alter Menschen, Essen auf Rädern, Asylwerber- und Flüchtlingsbetreuung, Transport-, Kraftfahr-, Begleit-, Boten-, Reinigungs- und Bürodienste.

2. Mit Schreiben vom 03.07.2018 teilte die Einrichtung der ZISA per E-Mail mit, dass sich der BF seit 14.06.2018 im Krankenstand befände.

Beigelegt waren 2 Arbeitsunfähigkeitsmeldungen eines Allgemeinmediziners (14.06. bis 22.06.2018 und 25.06. bis 27.06.2018) mit dem handschriftlichen Vermerken "Dg DEPRESSIO" und "Wb. 4.7." sowie die Dienstaufzeichnung des BF vom März 2018.

3. Nachdem die ZISA offensichtlich zur Ansicht gelangt war, dass der BF von 14.06. - 01.07.2018 (= 18. Tag und ein Sonntag) durchgehend krank gewesen sei, informierte sie dem BF am 05.07.2018, dass er gemäß § 19a Abs 2 ZDG als vorzeitig aus dem Zivildienst entlassen gelte, weil er über 18 Tage aus gesundheitlichen Gründen dienstunfähig gewesen sei. Seit seinem letzten Arbeitstag (01.07.2018) sei er aus dem Zivildienst entlassen und nicht mehr Zivildienstleistender. Die ZISA habe mit diesem Datum auch die Abmeldung bei der Gebietskrankenkasse durchgeführt.

4. Mit Ersuchen vom 13.07.2018 beantragte der BF eine Überprüfung seiner Dienstfähigkeit und legte einen Befundbericht einer Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin vom 04.07.2017 bei aus dem zusammengefasst hervorgeht, dass es aufgrund der Arbeitsanforderungen bzw Arbeitsrahmenbedingungen im Zivildienst zu depressiven Symptomen gekommen sei, er sei derzeit nicht in der Lage seinen Arbeit beim Zivildienst wieder aufzunehmen. Es werde ein Krankenstand von mindestens 8 Wochen empfohlen.

5. Die ZISA ersuchte mit Schreiben vom 16.07.2018 den Gesundheitsdienst der Stadt WIEN um ein amtsärztliches Gutachten über die Eignung des BF zum Zivildienst.

6. Mit Schreiben vom 17.07.2018 stellte der BF - der seine Mutter dazu bevollmächtigt hatte - den Antrag auf bescheidmäßige Feststellung des Zeitpunktes der Entlassung.

7. Ohne weitere im Akt dokumentierte Ermittlungen durchzuführen und insbesondere das Ergebnis des beantragten Gutachtens abzuwarten oder den behaupteten Bezug zum Zivildienst zu überprüfen, stellte die ZISA mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.07.2018 (zugestellt am 30.07.2018) fest, dass der BF gem § 19a Abs 2 ZDG aus dem Zivildienst entlassen sei. Da er, beginnend mit 14.06.2018, länger als 18 Tage durchgehend aus gesundheitlichen Gründen dienstunfähig gewesen sei, sei er mit Ablauf des 01.07.2018 vorzeitig aus dem Zivildienst entlassen.

Begründend wird der Verfahrensgang wiedergegeben - ohne allerdings das beantragte Gutachten anzuführen - und schließlich festgestellt, dass der BF beginnend mit 14.06.2018 länger als 18 Tage durchgehend dienstunfähig gewesen sei.

8. Mit Schreiben vom 13.08.2018 brachte der nunmehr rechtsfreundlich vertretene BF Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid ein und beantragte die aufschiebende Wirkung nach § 2a Abs 4 ZDG.

8. Mit Schreiben vom 20.08.2018 (eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 23.08.2018), wurde der Akt und die Beschwerde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - von der ZISA dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Aufgrund des oa. Verfahrensganges und der vorgelegten Verwaltungsakten steht fest, dass die belangte Behörde, bloß ansatzweise Ermittlungen zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt getätigt hat. Der Sachverhalt steht nicht fest.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage getroffen werden.

Die Feststellung, dass die belangte Behörde bloß ansatzweise Ermittlungen zur Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts angestellt hat, ergibt sich daraus, dass trotz der unvollständigen und teilweise sogar widersprüchlichen Angaben auf den von der Einrichtung vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbestätigungen und der Hinweise des BF, einerseits auf seine Depression und andererseits auf den ursächlichen Zusammenhang der Gesundheitsschädigung mit den Belastungen im Zivildienst im vorgelegten psychiatrischen Befundbericht, diesen nicht ausreichend nachgegangen wurde. Die bloße Beantragung eines fachärztlichen Gutachten reicht nicht aus um den Sachverhalt zu klären, wenn dessen Ergebnis nicht abgewartet wird.

Es wurden weder die Originaldokumente der Arbeitsunfähigkeitsbestätigungen angefordert, noch beim Arzt (einem Allgemeinmediziner) nachgefragt wie er zu seiner Diagnose kam und die widersprüchlichen Daten hinsichtlich des Zeitraumes des Krankenstandes abgeklärt. So ergibt sich aus den vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbestätigungen gerade keine durchgehende Arbeitsunfähigkeit, weil für das Wochenende (23. und 24.06.2018) keine Bestätigung vorliegt, ebensowenig für die Tage nach dem 27.06.2018.

Unklar bleibt auch ob der behauptete Zusammenhang der Gesundheitsschädigung mit dem Zivildienst vorliegt, den die Psychologin in ihrem Befundbericht ("... Arbeitsanforderungen und Arbeitsrahmenbedingungen im Zivildienst ...") vorliegt oder nicht. Diesbezüglich wurde kein einziger Zeuge oder der BF selbst befragt. So ist auch unklar, ob der BF sein Einverständnis zu einer Entlassung erklärt hat.

Als Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass die Behörde eine für den BF weitreichende Entscheidung getroffen hat, ohne dass sie über die dafür relevante Sachverhaltsgrundlage verfügt hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit des BVwG

Gemäß § 2a Abs 4 ZDG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) über Beschwerden gegen Bescheide der Zivildienstserviceagentur.

Die Einzelrichterzuständigkeit ergibt sich aus § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), wonach das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß Abs 2 hat es über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Nach § 28 Abs 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, liegen die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vor, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Im Falle der Stattgabe einer Beschwerde, anders als bei einer Abänderung, kann damit eine mündliche Verhandlung entfallen (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 24 VwGVG, Anm. 8). Letzteres ist hier der Fall.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur

3.2.1. Der hinsichtlich der (befristeten) Befreiung anwendbaren Bestimmungen des Zivildienstgesetz (ZDG), lauten (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG):

"§ 19. (1) Die Verfügungen nach den §§ 17 und 18 sind von der Zivildienstserviceagentur von Amts wegen, auf Antrag des Zivildienstpflichtigen oder auf Antrag des Rechtsträgers der Einrichtung zu treffen.

(2) In Zweifelsfällen des § 17 Z 1 und § 18 Z 3 hat die für den Aufenthaltsort des Zivildienstleistenden zuständige Bezirksverwaltungsbehörde über Ersuchen der Zivildienstserviceagentur ein amtsärztliches Gutachten einzuholen und sich über die gesundheitliche Eignung zur weiteren Dienstleistung zu äußern. Im Falle einer Dienstunfähigkeit (§ 19a Abs. 1) hat das Gutachten auch deren Beginn und voraussichtliche Dauer anzugeben.

(3) Wenn im Falle des § 18 die Voraussetzungen der Z 1, 2 oder 3 vorliegen, eine geeignete andere Einrichtung aber nicht zu finden ist, hat die Zivildienstserviceagentur den Dienst des Zivildienstleistenden zu unterbrechen. Für die verbleibende Dienstzeit hat sobald wie möglich eine weitere Zuweisung zu erfolgen.

§ 19a. (1) Dienstunfähig ist, wer geistig oder körperlich zu jedem Zivildienst unfähig ist.

(2) Zivildienstleistende, die durchgehend länger als 18 Tage aus gesundheitlichen Gründen dienstunfähig sind, gelten mit Ablauf des 18. Tages der Dienstunfähigkeit als vorzeitig aus dem Zivildienst entlassen. Auf Antrag hat die Zivildienstserviceagentur den Zeitpunkt der Entlassung festzustellen.

(3) Ist die angeführte Dienstunfähigkeit auf eine Gesundheitsschädigung infolge des Zivildienstes zurückzuführen, so findet Abs. 1 nur dann Anwendung, wenn der betroffene Zivildienstleistende mit seinem unverzüglichen Ausscheiden aus dem Zivildienst einverstanden ist.

(4) Für die verbleibende Dienstzeit hat nach Wegfall des Entlassungsgrundes sobald wie möglich eine weitere Zuweisung zu erfolgen.

(5) Zivildienstpflichtige, die aus dem Zivildienst vorzeitig entlassen worden sind, haben den Wegfall der Voraussetzungen für die vorzeitige Entlassung unverzüglich der Zivildienstserviceagentur mitzuteilen.

[...]"

3.2.2. Die Höchstgerichte haben dazu ua. folgende Aussagen getroffen:

Angesichts des in § 28 VwGVG 2014 insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs 3 VwGVG 2014 verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG 2014 insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063; 10.09.2014, Ra 2014/08/0005).

Steht eine Gesundheitsschädigung des Zivildienstleistenden mit seiner Verwendung als Zivildiener in einem kausalen Zusammenhang, so kommt eine vorzeitige Entlassung aus dem Zivildienst nur mit Zustimmung des Zivildieners in Betracht (VwGH 21.01.1987, 84/01/0079).

Die Frage der Dienstfähigkeit bzw. Dienstunfähigkeit stellt eine Rechtsfrage dar, die nicht der beigezogene ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse und Erfahrungen - allenfalls unter Zuhilfenahme von Hilfsbefunden - Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten und die Auswirkungen, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ergeben, trifft, wobei auch eine Prognose über den weiteren Verlauf des Gesundheitszustandes zu treffen ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung der Frage der "dauernden Dienstunfähigkeit" zu ermöglichen. Das ärztliche Sachverständigengutachten muss ausreichend begründet, das heißt aus dem objektiven Befund schlüssig ableitbar sein (VwGH 17.10.2008, 2005/12/0110).

Aus § 19a ZDG folgt zunächst, dass die Rechtsfolge der vorzeitigen Entlassung aus dem Zivildienst nur dann in Betracht kommt, wenn der zuständige Amtsarzt die (vorübergehende oder dauernde) Dienstunfähigkeit des Zivildienstleistenden zu JEDEM Zivildienst feststellt. Anderes gilt, wenn gemäß § 19 Abs 2 ZDG (nur) die Nichteignung zur weiteren Dienstleistung bei der Einrichtung, der ein Zivildienstleistender bescheidmäßig zugewiesen worden ist, festgestellt wird. In diesem Falle kommen nur Verfügungen nach den § 17, § 18 oder § 19 Abs 3 ZDG in Betracht (VwGH 22.09.1992, 92/11/0122).

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

Gemäß § 19a Abs 1 iVm Abs 2 ZDG gilt ein Zivildienstleistender der länger als 18 Tage durchgehend aus gesundheitlichen Gründen dienstunfähig ist, mit Ablauf des 18. Tages ex lege als aus dem Zivildienst entlassen.

§ 19a Abs 3 ZDG sieht vor, dass dann wenn die Dienstunfähigkeit auf eine Gesundheitsschädigung infolge des Zivildienstes zurückzuführen ist, der § 19a Abs 1 ZDG nur Anwendung findet, wenn der Zivildienstpflichtige sein Einverständnis erklärt. Ob dieser Zusammenhang vorlag und sein Einverständnis vorlag geht aus den Akten nicht hervor. Der BF behauptet einen Zusammenhang mit dem Zivildienst und bestreitet sein Einverständnis.

Die Beurteilung der Frage der Dienstfähigkeit bzw Dienstunfähigkeit stellt eine Rechtsfrage dar, die nicht der beigezogene ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es aber, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse und Erfahrungen - allenfalls unter Zuhilfenahme von Hilfsbefunden - Feststellungen über den Gesundheitszustand des Zivildienstpflichtigen und die Auswirkungen, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ergeben, trifft, wobei auch eine Prognose über den weiteren Verlauf des Gesundheitszustandes zu treffen ist, um der Behörde eine Beurteilung der Frage der Dauer der "Dienstunfähigkeit" zu ermöglichen. Das ärztliche Sachverständigengutachten muss ausreichend begründet, das heißt aus dem objektiven Befund schlüssig ableitbar sein. Eine bloße "Arbeitsunfähigkeitsmeldung" erfüllt die Voraussetzungen eines "objektiven und nachvollziehbaren Befundes" auf dessen Grundlage die Rechtsfrage der Dienst(un)fähigkeit bzw des Zusammenhangs der Gesundheitsschädigung mit dem Zivildienst, beantwortet werden kann, nicht und zwar auch dann nicht, wenn die Art der Krankheit in einem Schlagwort angegeben ist. Auch der vom BF vorgelegte Befundbericht bleibt dazu vage, bietet aber einen Anhaltspunkt.

Bei verständiger Interpretation des Wortlautes des Gesetzes und des Willens des Gesetzgebers erhellt, dass immer dann wenn nicht offenkundig ist, dass kein Zusammenhang der Gesundheitsschädigung mit dem Zivildienst besteht, auf die Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens nicht verzichtet werden kann. Anders gewendet, muss die Behörde wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Gesundheitsschädigung mit dem Zivildienst im Zusammenhang stehen könnte, in einem Ermittlungsverfahren und durch Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens klären, ob dies der Fall ist oder nicht. Nur so ist die Behörde in der Lage das Vorliegen des Eintritts der gesetzlichen Voraussetzungen des § 19a ZDG festzustellen. Der Wegfall der verpflichtenden Feststellung der Dienstunfähigkeit durch einen Amtsarzt in jedem Fall, wie noch in § 19a ZDG idF BGBl 1986/679, geändert durch BGBl 1988/598 vorgesehen, kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die ZISA - ohne über den nötigen medizinischen Sachverstand zu verfügen - bei Zweifelsfragen auf die Einholung eines ärztlichen Gutachtens oder zumindest auf die Vorlage eines aussagekräftigen ärztlichen Befundes verzichtet.

Es liegt auf der Hand, dass die bloße Beantragung eines Gutachtens - ohne dessen Ergebnis abzuwarten - den gesetzlichen Voraussetzungen nicht genügt.

Der BF weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass er völlig gesund und ohne Vorerkrankungen den Zivildienst angetreten hat. Ob dies der Fall war steht nicht fest, doch enthält der Befundbericht der Psychologin, der der belangten Behörde vorlag, den Hinweis, dass ein Zusammenhang der psychischen Erkrankung mit dem Zivildienst besteht, sodass jedenfalls von einem Zweifelsfall gesprochen werden kann. In Zweifelsfällen ist ausdrücklich die Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens vorgeschrieben, weil die Behörde nicht ohne sachliches Substrat entscheiden darf. Warum die Behörde das Ergebnis des beauftragten Gutachtens nicht abgeartet hat und auch sonst keine Erhebungen getätigt hat ist nicht nachvollziehbar.

Die Behörde hat aber auch keine auf Ermittlungen gegründete tragfähige Feststellungen getroffen, ob der BF wie von § 19a Abs 2 ZDG gefordert überhaupt 18 Tage "durchgehend" dienstunfähig war. Hier hat sie sich mit den unvollständigen und nur in Kopie vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbestätigungen zufriedengegeben (vgl vorne die Beweiswürdigung).

Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren zu klären haben, ob der BF tatsächlich durchgehend 18 Tage dienstunfähig war, ob diese Dienstunfähigkeit kausal durch den Zivildienst verursacht wurden oder ob schon Vorerkrankungen vorlagen.

Dazu wird sie die Ergebnisse des bereits beantragten amtsärztlichen Gutachtens abzuwarten haben und durch Vernehmung des BF und von Zeugen (Vorgesetzte, Kollegen) zu klären haben, ob der vom BF behauptete Zusammenhang der Gesundheitsschädigung mit dem Zivildienst bestand oder nicht.

Zusammengefasst erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig iSd Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, da die Behörde nur ansatzweise ermittelt hat.

Die Vornahme der notwendigen Ermittlungen durch das BVwG selbst verbietet sich gemäß § 28 Abs 3 VwGVG und der oben dargestellten Ausführungen des VwGH und unter Effizienzgesichtspunkten. Die belangte Behörde kann aufgrund ihrer laufenden Kontakte zur ehemaligen Einrichtung des BF sowie deren unmittelbaren Zugriff auf die Amtssachverständigen der Bezirksverwaltungsbehörde und die Zeugen, wesentlich rascher und kostengünstiger zu einer Entscheidung gelangen als das BVwG. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Da der Bescheid (rückwirkend) aufgehoben wird und das Verfahren in das Stadium vor Erlassung des Bescheides zurücktritt, erübrigt sich eine Entscheidung über eine allfällige aufschiebende Wirkung der Beschwerde nach § 2a Abs 4 ZDG.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die in Pkt. II.3.2. dargestellte Rechtsprechung wird verwiesen.

Schlagworte

ärztlicher Sachverständiger, Dienstunfähigkeit, Einverständnis,
Entlassung, Ermittlungspflicht, Gesundheitsschädigung, Kassation,
Kausalzusammenhang, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, ordentlicher
Zivildienst, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W208.2204061.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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