TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/30 L512 2203732-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.08.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §69 Abs2

Spruch

L512 2203732-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. der islamischen Republik Pakistan, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien, vom 26.07.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Dem Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), einem Staatsangehörigen der islamischen Republik Pakistan (kurz: Pakistan), wurde erstmalig von der österreichischen Botschaft in XXXX, Pakistan, eine Niederlassungsbewilligung gültig bis XXXX ausgestellt.

Nach der Einreise des BF am 12.09.2004 wurden dem BF laufend Niederlassungsbewilligungen erteilt.

Mit Bescheid der BPD XXXX, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 02.09.2010, Zl: XXXX, wurde gem. § 60 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Ziffer 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot gem. § 63 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz erlassen.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der BF mit Urteil des Landesgerichtes für XXXX vom XXXX, Eintritt der Rechtskraft mit 22.01.2010, wegen § 87 Absatz 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 15 Monaten, Probezeit 3 Jahre verurteilt wurde. Diese Verurteilung rechtfertige die Annahme, dass der weitere Aufenthalt des BF im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden könnte. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei zum Schutz des wirtschaftlichen Wohles der Republik Österreich und zur Verhinderung strafbarer Handlungen dringend geboten. Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes und die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme würden unverhältnismäßig schwerer als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des BF wiegen.

Dem Antrag des BF auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde stattgegeben, einer eingebrachten Berufung gegen den Bescheid vom 02.09.2010 wurde mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates XXXX vom XXXX zur GZ: XXXX keine Folge gegeben und der Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass das Aufenthaltsverbot gemäß § 63 Abs 1 und 3 iVm § 53 Abs 3 Z1 und 4 des FPG BGBl. I Nr. 100/2005 idgf BGBL. I Nr. 38/2011 verhängt wird. Der Berufungsbescheid wurde am 10.09.2012 rechtswirksam zugestellt.

Laut einer Zentralmelderegisteranfrage erfolgte am 22.08.2013 die Abmeldung des BF von seinem Wohnsitz in Österreich.

Mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung des BF vom 25.07.2017 stellte der BF einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes. Begründend wurde zusammengefasst darlegt, dass der BF rechtskonform Österreich verlassen habe, weiterhin die Absicht habe eine österreichische Staatsbürgerin zu heiraten, das Aufenthaltsverbot des Bruders des BF aufgehoben wurde, sich der BF seit dem letzten Delikt wohl verhalten habe und nunmehr 7 Jahre nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes vergangen seien.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) vom 19.09.2017 wurde der BF von der geplanten Vorgangsweise der Behörde (Ablehnung des Antrages auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes) sowie dem Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt.

Am 04.10.2017 brachte die rechtsfreundliche Vertretung einen Antrag auf Fristerstreckung ein.

Am 19.10.2017 langte eine Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung ein. Darin wurde dargelegt, dass der BF das Bundesgebiet über XXXX verlassen habe, er sei nicht verheiratet, würde in Österreich arbeiten, verfüge über keine Einstellzusage, habe sämtliche Angehörigen, wie Vater und Geschwister mit Ausnahme seiner Mutter in Österreich.

Da die vom BFA angeführten Themenbereiche im Schreiben vom 19.09.2017 entweder gar nicht oder nur mangelhaft beantwortet wurden, wurde die rechtsfreundliche Vertretung des BF mit Verfahrensanordnung vom 26.04.2018 aufgefordert, einzelne Angaben genauer zu definieren bzw. ausstehende Fragen zu beantworten.

Am 08.05.2018 langte eine Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung des BF ein, in der die in Österreich und in Pakistan lebenden Familienmitglieder namentlich, mit Geburtsdatum und Adresse aufgezählt wurden.

Mit Schreiben des BFA vom 09.05.2018 wurde der BF aufgefordert seine Heiratsurkunde nachzureichen.

Am 02.07.2018 wurde der BF neuerlich mittels Verfahrensanordnung des BFA aufgefordert, seine Heiratsurkunde, sowie eine Übersetzung des XXXX Meldezettels und die fehlende Bestätigung über die nachweislich erfolgte Ausreise (z.B. Kopie d. Ausreisestempels im Reisepass) vorzulegen.

Mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung vom 19.07.2018, langte eine Übersetzung des XXXX Meldezettels ein, sowie eine Heiratsurkunde nach islamischen Recht, ausgestellt von der XXXX, ein. Eine Bestätigung der erfolgten nachweislichen Ausreise aus dem Bundesgebiet wurde nicht vorgelegt.

I.2. Mit im Spruch angeführten Bescheid wurde der Antrag des BF vom 25.07.2017 auf Aufhebung des gegen den BF mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 02.09.2010, Zahl XXXX, erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 69 Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, abgewiesen. Gemäß § 78 AVG wurde der BF angewiesen, Bundesverwaltungsabgaben in der Höhe von Euro 6.50 zu entrichten. Die Zahlungsfrist betrage 4 Wochen.

Begründend wurde dargelegt, dass, obwohl im Bundesgebiet die Gattin, der Vater und zwei Geschwister des BF leben, aufgrund der Schwere des Deliktes derzeit die Verkürzung oder Aufhebung des Aufenthaltsverbotes nicht positiv bewertet werden könne. Eine bestätigte Ausreise aus dem Bundesgebiet habe bis dato nicht nachgewiesen werden können. Aufgrund der Schwere der Verurteilung und der massiven Schädigung der Gesundheit des Opfers sei nach wie vor laut Ansicht der Behörde von einer schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, da der BF durch die obgenannte schwerwiegende Verurteilung gezeigt habe, dass er nicht gewillt sei, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es sei zum jetzigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass das Aufenthaltsverbot nach wie vor notwendig ist, um eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, die durch die Person des BF in Österreich entstehen würde, zu verhindern. Das öffentliche Interesse der Republik Österreich an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit wiege höher als die privaten Interessen des BF nach Österreich zurückzukehren.

I.3. Mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz erhob die gewillkürte Vertretung des BF innerhalb offener Frist Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid in seinem gesamten Inhalt und Umfang. Es wurden die Anträge gestellt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass das Aufenthaltsverbot aufgehoben, allenfalls schuldangemessen herabgesetzt werde. Es wurde Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

I.4. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

II.1.1. Der Beschwerdeführer

Mit Bescheid der BPD XXXX, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 02.09.2010, Zl: XXXX, wurde gem. § 60 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Ziffer 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF., gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot gem. § 63 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz erlassen.

Dem Antrag des BF auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des BF wurde stattgegeben, einer eingebrachten Berufung gegen den Bescheid vom 02.09.2010 wurde mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates XXXX vom XXXX zur GZ: XXXX keine Folge gegeben und der Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass das Aufenthaltsverbot gemäß § 63 Abs 1 und 3 iVm § 53 Abs 3 Z1 und 4 des FPG BGBl. I Nr. 100/2005 idgf BGBL. I Nr. 38/2011 verhängt wird. Der Berufungsbescheid wurde am 10.09.2012 rechtswirksam zugestellt.

Der BF war bis zum 22.08.2013 in Österreich gemeldet bzw. seit 02.05.2013 in XXXX gemeldet.

Der BF reiste zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt aus dem österreichischen Bundesgebiet aus und reiste nach XXXX. Der BF hält sich nach eigenen Angaben seitdem in XXXX auf.

Der BF ist seit dem XXXX mit einer österreichischen Staatsbürgerin nach muslimischen Ritus verheiratet. Die Eheschließung fand vor XXXX in Österreich statt.

Der BF ist für niemanden sorgepflichtig. Der Vater und zwei Geschwister des BF leben in Österreich. Die Mutter und zwei weitere Geschwister des BF leben in Pakistan.

Der BF möchte in Österreich einer Arbeit nachgehen, über eine Einstellzusage verfügt der BF nicht.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA, sowie aus dem Akteninhalt der Gerichtsakten des BVwG zum gegenständlichen Verfahren bzw. Vorverfahren XXXX sowie dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren bzw. Beschwerdeverfahren betreffend das Aufenthaltsverbot der BPD XXXX und dem UBAS XXXX. In der vorliegenden Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht substantiiert entgegengetreten und auch sonst kein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substantiierter Weise erstattet. Diese Feststellungen werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

In der Beschwerde wird als einziger Umstand lediglich vorgebracht, dass die Ausreise des BF jedenfalls vor dem 02.05.2013 stattgefunden habe. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde folgerichtig darauf hinwies, dass der genaue Zeitpunkt der Ausreise des BF nicht festgestellt werden konnte, da der BF keinerlei Beweise oder Belege vorlegte. Das BFA traf Feststellungen über die Abmeldung des Wohnsitzes des BF in Österreich bzw. der Anmeldung des Wohnsitzes in XXXX. Der Umstand, dass der Zeitpunkt der behaupteten Ausreise aus Österreich nicht näher bestimmt werden konnte, liegt daran, dass der BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde dazu irgendwelche näheren Angaben getätigt hat.

Zudem wurde vorgebracht, dass die Tilgung der in Strafregister aufscheinenden Verurteilung frühestens mit 31.01.2019 und nicht wie von der belangten Behörde festgestellt mit 31.01.2022 möglich sei. Diesbezüglich ist in Betracht zu ziehen, dass laut Strafregisterauszug als voraussichtliches Tilgungsdatum der 31.01.2022 vorgesehen ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

II.3.2. Zum Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes (Spruchpunkt A.):

Gemäß § 69 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, FPG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

Bei der Beurteilung nach § 69 Abs. 2 FPG kommt es darauf an, ob aufgrund einer Änderung der für die Verhängung des Aufenthaltsverbots maßgebenden Umstände oder aufgrund einer maßgeblichen Änderung der Rechtslage davon ausgegangen werden kann, dass die seinerzeitige Annahme, der Aufenthalt des Fremden werde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Interessen zuwiderlaufen, nicht mehr aufrecht erhalten werden kann (VwGH 06.09.2012, Zl. 2012/18/0032). Bei der Entscheidung über die Aufhebung einer solchen Maßnahme kann die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides (Erkenntnisses), mit dem diese Maßnahme erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden (VwGH 30.06.2016, VwSlg 19406 A/2016)

Zunächst ist zum Eintritt der Durchsetzbarkeit und zum Beginn der Dauer des Aufenthaltsverbotes Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 67 Abs. 4 2. Satz FPG idgF beginnt die Frist des Aufenthaltsverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise.

Gemäß der Übergangsbestimmung in § 125 Abs. 30 FPG in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2017 (FrÄG 2017), BGBl. I 145/2017, richten sich der Beginn und der Ablauf der Frist von vor dem 1. November 2017 erlassenen und durchsetzbar gewordenen Aufenthaltsverboten nach § 67 Abs. 4 2. Satz FPG idF BGBl. I Nr. 82/2012, d.h. die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

Gemäß § 70 Abs. 1 FPG werden die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

Das im gegenständlichen Fall zugrunde liegende und letztlich auf zehn Jahre befristete Aufenthaltsverbot wurde mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates XXXX vom XXXX zur GZ: XXXX am 10.09.2012 (Zustellung des Berufungsbescheides an die rechtsfreundliche Vertretung) rechtskräftig erlassen.

Die Durchsetzbarkeit des rechtskräftig erlassenen Aufenthaltsverbotes ist somit mit Ablauf des 10.09.2012 - und somit vor dem Stichtag 01.11.2017 - eingetreten, weshalb auch das auf zehn Jahre befristete Aufenthaltsverbot für den Zeitraum von 11.09.2012 bis 11.09.2022 gültig ist. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes ist zum Zeitpunkt dieser Entscheidung somit noch nicht abgelaufen und daher weiterhin aufrecht.

Den gegenständlichen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes vom 04.10.2017 begründete der BF damit, dass seit dem Zeitpunkt der strafrechtlichen Verurteilung, die dem Aufenthaltsverbot zugrunde liegt, nahezu neun Jahre vergangen seien, in denen sich der BF nichts zu Schulden hat kommen lassen. Eine bedingte Verurteilung rechtfertige nicht die maximale Dauer des Aufenthaltsverbotes. Zudem verfüge der BF über familiäre Beziehungen in Österreich.

Die belangte Behörde begründete im angefochtenen Bescheid ihre abweisende Entscheidung im Wesentlichen zusammengefasst damit, dass vom Vorliegen des Wegfalles der Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, nicht ausgegangen werden könne. Auch seien unter Berücksichtigung der dann im Bescheid im Einzelnen näher dargelegten Umstände, insbesondere der Schwere der Verurteilung bzw. der massiven Schädigung der Gesundheit des Opfers und den derzeitigen persönlichen Verhältnissen des BF, keine weiteren Gründe hervorgekommen, wonach Art. 8 EMRK die Verkürzung oder Aufhebung des Aufenthaltsverbotes verlangen würde. Es müsse somit noch immer davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit dem persönlichen Interesse an einem neuerlichen Aufenthalt in Österreich überwiege. Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens, der Lebensumstände sowie der familiären und privaten Anknüpfungspunkte des BF habe ergeben, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, die von ihm ausgehende erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Es sei auch zu erwarten, dass dieser Zeitraum erforderlich sei. Die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände haben sich nicht in entscheidungsrelevanter Weise geändert, sodass der Antrag auf Aufhebung abzuweisen sei.

In der gegenständlichen Beschwerde wurde der im Aufhebungsantrag dargestellte Sachverhalt wiederholt.

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Der gegenständliche Antrag auf Aufhebung wird - wie bereits dargelegt - mit den Umständen begründet, dass sich der BF bereits 9 Jahre nach der strafrechtlichen Verurteilung wohl verhalten habe, seine Verurteilung keineswegs die Ausschöpfung der maximalen Dauer des Aufenthaltsverbotes rechtfertige und der BF in Österreich familiäre Bindungen habe.

Dazu ist festzuhalten, dass in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem UBAS die privaten und familiären Bindungen des BF bzw. die strafrechtlichen Verurteilungen bereits Gegenstand der Verhandlung waren und diese Umstände dann auch bei der Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes bereits berücksichtigt wurden. Insoweit ist dem BF entgegenzuhalten, dass er im gegenständlichen Verfahren keinerlei geänderten oder neuen Umstände vorbrachte, die nach seiner Ausreise aus Österreich eingetreten wären. Sie sind daher von vornherein nicht geeignet, eine seit der Ausreise allenfalls erfolgte maßgebliche Änderung der persönlichen Umstände anzunehmen.

Auch wenn der genaue Zeitpunkt der Ausreise des BF aus Österreich nicht näher bestimmbar ist, ist der seit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes (durchsetzbar mit 10.09.2012) verstrichene Zeitraum nicht derart lang anzusehen, sodass ohne weiteres beim BF ein nachhaltiger positiver Gesinnungswandel in erkennbarer Weise zwingend anzunehmen ist, welcher nach dieser Zeit einen gänzlichen Wegfall oder eine entscheidungserhebliche Minderung der vom BF ausgehenden Gefährdung bedeuten würde. Dass die im Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes getroffene Gefährdungsprognose nunmehr gänzlich anders zu beurteilen wäre, hat sich nicht ergeben.

So obliegt es gerade dem Antragsteller selbst, jedenfalls schon im Antrag von sich aus jene Umstände darzulegen, die aus seiner Sicht für eine allfällige Aufhebung des Aufenthaltsverbotes relevant sind. Seitens des BF wurde jedoch nicht dargelegt, weshalb bei ihm - gerade vor dem Hintergrund seines strafrechtlichen Fehlverhaltens, vor allem vor dem Hintergrund der erheblichen Schädigung der Verletzung seines Opfers- mittlerweile ein vollzogener nachhaltiger Gesinnungswandel zu erkennen sei und im Fall der Rückkehr nach Österreich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit jedenfalls nicht mehr vorliegen würde. Lediglich der Hinweis auf den Umstand, dass Jahre vergangen seien und sich der BF wohl verhalten habe und nunmehr in XXXX lebe, vermag vor dem Hintergrund der angeführten Bedenken an dieser Beurteilung aber nichts zu ändern.

Die vom BF in Österreich begangene Straftat und sein bisheriges persönliches Fehlverhalten beeinträchtigen insgesamt gesehen in gravierendem Ausmaß die öffentlichen Interessen an der Verhinderung strafbarer Handlungen. Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere der Verstoß des Schutzes der Gesundheit und Versehrtheit anderer in Form einer absichtlich schweren Körperverletzung, stellt jedenfalls ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dar.

Auch im Lichte der nach § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK gebotenen Abwägung haben sich im Vergleich zu dem im Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes zugrunde gelegten Sachverhalt keine neuen entscheidungsrelevaten oder geänderten Umstände ergeben, denen zufolge ein Überwiegen des persönlichen Interesses des BF an einem neuerlichen Aufenthalt in Österreich gegenüber dem öffentlichen Interesse an der weiteren Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes anzunehmen gewesen wäre.

Insoweit im Antrag auf Aufhebung und in der Beschwerde auf die aufrechte nach muslimischen Ritus eingegangene Ehe des BF mit seiner Frau, die österreichische Staatsbürgerin ist, hingewiesen wurde, ist entgegenzuhalten, dass dieser Umstand bereits vor Erlassung des Aufenthaltsverbotes vorlag.

Auch der bloße Hinweis darauf, dass Verwandten des BF in Österreich leben würden, vermag für sich alleine genommen ein berücksichtigungswürdiges Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht begründen.

Im Ergebnis konnte somit nicht festgestellt werden, dass sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des BF geändert hätten, weshalb auch ein Überwiegen der behaupteten persönlichen Interessen des BF an einer Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gegenüber dem öffentlichen Interesse an seiner Aufrechterhaltung nicht anzunehmen ist. Die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden sind im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen (vgl. VwGH 03.10.2013, Zl. 2013/22/0083).

Da sich die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes als rechtmäßig erwiesen hat und auch im Zeitpunkt dieser Entscheidung die Dauer des Aufenthaltsverbotes nicht überschritten wurde, war gemäß § 67 Abs. 2 FPG die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.3.3. Beschwerde gegen den Kostenausspruch in Spruchpunkt II. des Bescheides:

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde der Bescheid in seinem gesamten Inhalt und Umfang angefochten, somit auch hinsichtlich Spruchpunkt II. des Bescheides, wonach der BF gemäß § 78 AVG eine Bundesverwaltungsabgabe in Höhe von 6,50 Euro binnen vier Wochen zu entrichten habe.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG ), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, hat die Beschwerde die Gründe zu enthalten, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt.

In der vom rechtsfreundlichen Vertreter des BF verfassten Beschwerde wurden jedoch keinerlei Gründe vorgebracht, aus denen sich die Rechtswidrigkeit dieses Kostenausspruchs ergeben würde.

Da auch sonst nicht ersichtlich ist, weshalb der Kostenausspruch allenfalls rechtswidrig wäre, und sich der Kostenausspruch auch zutreffend auf die im Spruch angeführten Rechtsvorschriften stützt, war die Beschwerde auch insoweit, als sie sich gegen Spruchpunkt II. des Bescheides richtet, als unbegründet abzuweisen.

II.3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Ist der Beschwerdeführer nicht zur Einreise nach Österreich berechtigt, so kann gemäß § 9 Abs. 5 FPG eine mündliche Verhandlung durch das BVwG unterleiben, wenn der Sachverhalt abschließend feststeht.

Im gegenständlichen Fall ist der BF nicht zur Einreise nach Österreich berechtigt. Des Weiteren wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substanziierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Es konnte daher gemäß § 9 Abs. 5 FPG und § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Antragsbegehren, Aufhebung Aufenthaltsverbot, Ehe,
Gefährdungsprognose, Interessenabwägung, Körperverletzung,
mangelnder Anknüpfungspunkt, öffentliches Interesse, schwere
Straftat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L512.2203732.2.00

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten