Entscheidungsdatum
31.08.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I405 2198104-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Tunesien, vertreten durch RAe Mag. Nuray TUTUS-KIRDERE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.04.2018, Zl. 1020218107-14665550, zu Recht erkannt:
A) I. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet
abgewiesen, als das in Spruchpunkt VIII. gemäß § 53 Abs. 1 iVm Absatz 3 Z. 1 FPG verhängte Einreiseverbot auf die Dauer von 5 Jahren herabgesetzt wird.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IX. wird stattgegeben und dieser gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Tunesiens, wurde am 27.05.2014 einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen und aufgrund eines bestehenden Aufenthaltsverbotes festgenommen.
2. Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 28.05.2017 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) stellte er den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Auf Nachfrage gab der BF an, dass er 1996 illegal nach Österreich gereist sei, da er hier arbeiten habe wollen. Er habe nach dem rechtskräftigen Aufenthaltsverbot, das ihm bei einer Niederschrift am 09.12.2011 mitgeteilt worden sei, das Bundesgebiet nicht verlassen und sei nach seiner Entlassung aus der Schubhaft wegen eines Hungerstreikes am 19.12.2011 unbekannten Aufenthaltes gewesen. Seinen Lebensunterhalt habe er durch "Schwarzarbeit" und durch die Unterstützung von Freunden bestritten. Er sei ledig und für niemanden sorgepflichtig. In der Slowakei lebe seine Lebensgefährtin. In Österreich habe er keine Familienangehörigen.
Nach Vorhalt, dass beabsichtigt sei, gegen ihn die Schubhaft zur Sicherung seiner Abschiebung zu verhängen, erklärte der BF, dass er einen Asylantrag stellen wolle, weil er viele Probleme in seiner Heimat habe. Sein Vater sei in Tunesien verfolgt worden. Er könne nicht sagen, was sein Vater getan habe bzw. ob er vom Staat oder von Privatpersonen verfolgt werde, da dieser ihnen nichts erzählt habe. Er werde jedoch wegen Sippenhaftung auch verfolgt. Sein Vater sei wegen der Verfolgung mit seiner Mutter nach Algerien geflüchtet. Seine Schwester lebe hingegen noch in Tunesien, sein Bruder in Frankreich.
3. Bei seiner am 29.05.2014 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung gab der BF an, dass er seine Heimat im Sommer 1996 legal mit einem Touristenvisum nach Prag verlassen habe. Nach einer Woche sei er nach Österreich gereist und halte sich seitdem hier auf. Zwischen 2000 und 2005 sei er hier aufgrund seiner Ehe mit einer österreichischen Staatsangehörigen legal aufhältig gewesen.
Seine nunmehrige slowakische Lebensgefährtin habe er in Österreich kennengelernt. Sie lebe in der Slowakei, besuche ihn aber regelmäßig hier. Sie sei von ihm schwanger.
Auf Nachfrage, weshalb er nicht schon früher einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, gab der BF an, dass er nicht gedacht hätte, hier Probleme zu bekommen. Jetzt nachdem die Polizei ihn aufgegriffen habe, stelle er einen Asylantrag, um so einer möglichen Abschiebung in die alte Heimat zu entgehen.
Zu seinen Gründen für den gegenständlichen Antrag führte er aus, dass er damalsTunesien verlassen habe, weil er keine Arbeit gehabt habe und deshalb mit seinem Vater ständig gestritten hätte. Er habe hier in Österreich ein besseres Leben aufbauen wollen. Sein Vater hätte immerzu Probleme mit dem Staat gehabt, weshalb dieser sich dazu entschlossen habe, mit seiner Mutter und seiner Schwester H. nach Algerien auszuwandern. Er habe ihnen aber nicht folgen wollen. Zu Tunesien habe er keine Beziehung mehr. Er wolle sein Leben in Österreich legalisieren. Das sei sein Asylgrund. Als Rückkehrbefürchtung führte er an, dass er von staatlicher Seite keine Sanktionen zu befürchten habe. Er werde in Tunesien weder gesucht noch bestehe gegen ihn ein Haftbefehl.
4. In der Folge konnte der Aufenthaltsort des BF nicht ermittelt werden, weshalb sein Verfahren am 20.04.2017 gem. § 24 Abs. 1 Z.1 eingestellt werden musste. Zugleich wurde ein Festnahmeauftrag gem. § 34 Abs. 4 BFA-VG ausgeschrieben.
5. Mit Schriftsatz vom 23.01.2018 übermittelte der BF seine aktuellen Meldedaten und beantragte die Fortsetzung seines Verfahrens.
6. Zur Sicherung des Verfahrens wurde der BF am 15.02.2018 auf der PI Zohmanngasse festgenommen und ins PAZ Hernals überstellt.
7. Bei seiner Einvernahme am 16.02.2018 gab der BF Folgendes an:
Seine bei der Erstbefragung gemachten Angaben würden der Wahrheit entsprechen. Zu seinem Gesundheitszustand gab er an, dass er seit einem Jahr unter einer Hauterkrankung leide. Er habe sie immer im Intimbereich und auch auf beiden Oberschenkeln, auf anderen Körperstellen trete diese hin und wieder auf. Er müsse seine Haut regelmäßig mit einer Salbe, deren Namen er nicht kenne, einschmieren. Seine Hautkrankheit sei ansteckend. Er wisse aber nicht, an welcher Erkrankung er leide. Die Haut jucke, es handle sich um gefährliche Bakterien. Er sei zwar dem Amtsarzt vorgeführt worden, aber er habe es nicht gewollt. Er sei nicht lebensbedrohlich erkrankt und habe keine weiteren Erkrankungen.
Auf Vorhalt, dass gegen ihn ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot verhängt worden sei, welches von 2007 bis 2017 aufrecht gewesen sei, meinte der BF, dass er darüber nicht informiert gewesen sei, er aber auch dann nicht ausgereist wäre, wenn er es gewesen wäre.
Er sei von 2000 bis 2001 mit einer Österreicherin verheiratet gewesen und sei deshalb im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen, welcher ihm auch ein Jahr verlängert worden sei, dann jedoch aufgrund seiner Scheidung im Jahr 2004 oder 2005 nicht mehr.
Auf Vorhalt, dass sein Verfahren wegen seines unbekannten Aufenthaltes eingestellt worden sei, entgegnete der BF, dass er keinen Brief bekommen habe. Wenn er eine Ladung bekommen hätte, wäre er freiwillig gekommen.
Befragt, warum er nicht nach dem Stand seines Verfahrens gefragt habe, erwiderte der BF, dass er zu Caritas gegangen sei, wo ihm gesagt worden sei, er solle warten. Es sei ihm nicht bekannt, dass die Caritas keine Behörde sei. Er sei der Meinung gewesen, dass diese mit der erkennenden Behörde zusammenarbeite.
Nach Familienangehörigen befragt, führte er ergänzend zu seinen bisherigen Angaben an, dass er einen in Österreich lebenden Onkel mütterlicherseits mit österreichischer Staatsbürgerschaft habe. Er habe jedoch keinen Kontakt zum Genannten.
Er sei nach islamischem Recht verheiratet und habe zwei Söhne. Er habe seine namentlich genannte Frau vor vier Jahren, eine Woche nachdem sie sich kennengelernt hätten, geheiratet. Seine Frau und seine zwei Kinder mit slowakischer Staatsangehörigkeit seien in Österreich wohnhaft. Er wohne mit seiner Familie seit vier Jahren an einer konkret angeführten Adresse zusammen. Seine Frau habe in einer Pizzeria gearbeitet und sei jetzt in Karenz. Als er sie kennengelernt habe, sei sie ca. 18 Jahre alt gewesen und habe nicht gearbeitet. Er habe sie in einem Café im 10. Bezirk kennengelernt, als sie hier auf Besuch gewesen sei. Damals habe ihr Vater in L. gearbeitet.
Er habe auch viele Freund und Bekannte in Österreich. Er sei seit 20 Jahren in Österreich und habe sein ganzes Leben in der Gastronomie gearbeitet. Er sei gelernter Koch.
Seine Sprachkenntnisse in Deutsch habe er durch seine Freunde und Arbeit erworben. Sprachdiplome oder Zertifikate könne er nicht vorweisen.
Befragt, wie sein gewöhnlicher Alltag aussehe, erklärte der BF, dass er ein oder zwei Tage pro Woche arbeite und ansonsten sich um seine Kinder kümmere.
Seinen Lebensunterhalt bestreite er durch Schwarzarbeit. Er habe seit seiner Einreise 1996 in der Gastronomie, aber auch als Hilfsarbeiter gearbeitet.
Er sei kein Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation.
Er habe in Tunesien neune Jahre die Schule besucht und eine Ausbildung als Mechaniker gemacht. Er habe in Tunesien zwei Jahre für BMW gearbeitet.
Hier habe er jedoch den Beruf des Kochs gelernt. Außer Arabisch spreche er Deutsch und Französisch gut, Italienisch und Spanisch ein bisschen.
Außer seiner Schwester leben weitere Angehörige wie Onkeln und Tanten in der Heimat, zu denen er jedoch keinen Kontakt mehr habe. Er habe mehrmals im Jahr telefonischen Kontakt zu seiner in Tunis lebenden Schwester. Sie sei verheiratet und arbeite als Sekretärin. Ihr gehe es gut.
Abweichend von seinen bisherigen Angaben führte er auf die Frage, ob er von heimatstaatlichen Behörden, den Gerichten, oder der Staatsanwaltschaft gesucht werde, dass er es nicht wisse. Sein Vater wisse es besser. Er habe kein Problem mit den Behörden, sein Vater hingegen schon. Er wisse nicht, ob die Behörden nach ihm suchen oder nicht.
Seine Ausreise sei damals von seinem Vater finanziert und organisiert worden. Er habe keine Probleme bei der Ausreise gehabt. Österreich sei sein Zielland gewesen.
Befragt, ob er seine Angaben zum Fluchtgrund bei der Einvernahme am 29.05.2014 aufrechthalte und ob diese stimmen, entgegnete der BF, dass diese nicht ganz stimmen würden. Es sei richtig, dass er mit seinem Vater gestritten habe, aber er sei nicht nach Österreich gekommen, um zu arbeiten. Damals habe seine Familie wegen seines Vaters das Land verlassen müssen, warum genau, habe sein Vater ihnen nicht gesagt. Er habe nicht mit der Familie nach Algerien gehen wollen, deshalb sei er hierhergekommen
Befragt, ob er jemals einer konkreten persönlichen Bedrohung in Tunesien ausgesetzt gewesen sei, gab der BF an, dass sie alle betroffen seien. Einmal sei die Polizei bei ihnen gewesen. Im Falle seiner Rückkehr habe er Angst festgenommen zu werden.
Auf Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung angegeben habe, dass er den gegenständlichen Asylantrag nur gestellt habe, weil er von der Polizei aufgegriffen worden sei und einer möglichen Abschiebung zu entgehen versuche, gab der BF an, dass es stimme. Er habe versucht, als normaler Mensch hier zu leben. Er habe keinen Aufenthaltstitel bekommen und habe deshalb den Asylantrag gestellt, um einer möglichen Abschiebung zu entgehen.
Auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Länderfeststellungen zur Lage in Tunesien und der Rückübersetzung durch den Dolmetscher und Abgabe einer Stellungnahme verzichtete der BF.
8. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 27.04.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Tunesien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffern 1, 2, und 6 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.). Gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 2 Asylgesetz haben der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX verloren (Spruchpunkt IX.).
9. Der Bescheid des BFA wurde dem BF, samt den Verfahrensanordnungen vom 03.05.2018, wonach dem BF eine Rechtsberaterin amtswegig zur Seite gestellt und ihm die verpflichtende Teilnahme an einem Rückehrberatungsgespräch aufgetragen wurde, am 11.05.2018 zugestellt.
10. Am 06.06.2018 brachte der BF Beschwerde beim BFA fristgerecht ein und machte darin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Zugleich wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Die belangte Behörde habe entscheidungsrelevante Tatsachen nur äußerst oberflächlich und mangelhaft ermittelt. Insbesondere die Ermittlungen zum Privatleben und Familienleben des BF stellen sich als absolut unzureichend dar. Der BF habe ein stringentes und nachvollziehbares Fluchtvorbringen erstattet und hätte die belangte Behörde bei einer mängelfreien Beweiswürdigung auch die Feststellung treffen müssen, dass der BF in Tunesien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einem menschenunwürdigen Leben ausgesetzt sei und er im Fall einer Rückkehr in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten würde. Es wäre dem BF daher jedenfalls subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen.
Die Feststellung der Behörde, wonach eine Rückkehrentscheidung zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei, erscheint auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Ausführungen der Behörde im Ergebnis unrichtig. Der BF sei sehr um seine Integration in Österreich bemüht. Er sei in der österreichischen Gesellschaft fest integriert. Er habe ein schützenswertes Familienleben in Österreich. Die Rückkehrentscheidung hätte sohin für dauerhaft unzulässig erklärt werden müssen und die Behörde hätte dem BF daher gem. § 58 Abs. 2 AsylG eine Aufenthaltsberechtigung (plus) von Amts wegen zu erteilen gehabt. Die Verhängung eines Einreiseverbots gegenüber dem BF stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in das gemäß Art 8 EMRK geschützte Familien- und Privatleben des BF in Österreich und anderen EU/EWR-Staaten dar. Die Dauer des Einreiseverbots - insbesondere angesichts des schützenswerten Familien- und Privatleben des BF in Österreich - sei jedenfalls zu hoch bemessen.
Der Beschwerde wurden drei Unterstützungsschreiben sowie mehrere Unterschriften beigelegt.
11. Am 13.06.2018 wurde der Akt der Gerichtsabteilung I405 zur Entscheidung vorgelegt.
12. Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BAW), vom 06.08.2018, Zl. 1020218107-180737431, wurde über den BF gemäß § 76 FPG 2005 iVm § 57 AVG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt.
13. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.08.2018, Zl. W197 2203167-1/9E, als unbegründet abgewiesen.
14. Mit Schriftsatz vom 17.08.2018 wurde eine Beschwerdeergänzung zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unter Hinweis der Entscheidung des EuGH vom 19.6.2018, C-181/16, Gnandi gegen Belgien sowie der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.08.2018, Zl. W237 2201985-1/2E, eingebracht und erneut die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Feststellungen zur Person des BF:
Der BF ist Staatsangehöriger von Tunesien, gehört der arabischen Volksgruppe an und ist moslemischen Glaubens. Der BF verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und Berufserfahrung als Koch und Mechaniker. Die Schwester, Onkeln und Tanten des BF leben nach wie vor in Tunesien.
Die Identität des BF steht fest. Der BF hat jedoch jahrelang versucht, seine Identität durch die vorsätzliche Verwendung verschiedener Aliasidentitäten vor den österreichischen Behörden zu verschleiern.
Der BF reiste eigenen Angaben zufolge 1996 unrechtmäßigen nach Österreich ein. Laut dem Zentralen Melderegister verfügte der BF jedoch erst ab März 2002 über einen aufrechten Wohnsitz in Österreich. Ab November 2008 war er wiederum nicht mehr aufrecht gemeldet, sondern erst ab Juni 2014 wieder.
Der BF ehelichte am XXXX eine österreichische Staatsangehörige. Die Ehe wurde jedoch mit Urteil des BG XXXX vom XXXX, Zl. XXXX, für nicht nichtig erklärt. Aufgrund dieser Aufenthaltsehe wurde dem BF auch vom 08.03.2004 bis 31.03.2005 ein Aufenthaltstitel erteilt.
Der BF führt mit einer slowakischen Staatsangehörigen eine Lebensgemeinschaft, aus der zwei Kinder entstammen. Der BF und seine Lebensgefährtin sind nach islamischem Recht verheiratet. Ein gemeinsamer Wohnsitz liegt laut dem Zentralen Melderegister erst seit September 2017 vor.
Ein Bruder des BF lebt in Frankreich und ein Onkel des BF lebt in Österreich, zu denen er jedoch keinen Kontakt hat.
Der BF verfügt über Sprachkenntnisse in Arabisch, Deutsch, Französisch, Spanisch und Italienisch. Er hat jedoch weder einen Deutschkurs besucht noch eine qualifizierte Deutschprüfung abgelegt.
Der BF ist in Österreich weder Mitglied von einem Verein noch einer sonstigen Organisation.
Der BF leidet aktuell an keinen schweren chronischen oder gar lebensbedrohlichen Erkrankungen. Er ist gesund und nimmt keine Medikamente ein.
Der BF ist arbeitsfähig. Er ist in Österreich ohne regelmäßige Beschäftigung und verfügt über keine hinreichenden Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes, sondern lebte von geringfügigen, unerlaubten Tätigkeiten sowie von der Unterstützung von Freunden, und seit seiner Asylantragstellung von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Der BF befindet sich derzeit in Schubhaft. Er hat bereits zwei Mal seine Abschiebung vereitelt.
Der BF weist vier Eintragungen im Strafregister der Republik Österreich auf:
01) LG XXXX vom XXXX RK XXXX
PAR 223/2 224 PAR 15 127 StGB
Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Vollzugsdatum 18.03.2003
zu LG XXXX RK XXXX
Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG XXXX vom XXXX
zu LG XXXX RK XXXX
(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig
Vollzugsdatum 18.03.2003
LG XXXX vom XXXX
02) LG XXXX vom XXXX RK XXXX
PAR 223/2 224 228/1 U 2 StGB
Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Vollzugsdatum 27.06.2005
zu LG XXXX RK XXXX
(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig
Vollzugsdatum 27.06.2005
LG XXXX vom XXXX
03) LG XXXX vom XXXX RK XXXX
PAR 27/1 (1.2.6. FALL) SMG
Datum der (letzten) Tat 16.05.2007
Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Vollzugsdatum 25.06.2007
zu LG XXXX RK XXXX
(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig
Vollzugsdatum 25.06.2007
LG XXXX vom XXXX
04) LG XXXX vom XXXX RK XXXX
§ 164 (1 u 2) StGB
Datum der (letzten) Tat 13.02.2015
Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Aufgrund der strafrechtlichen Verurteilungen wurde gegen den BF mit Bescheid der LPD Wien vom 04.03.2007, Zl. III-1092203/FrB/07, ein zehnjähriges ein Aufenthaltsverbot erlassen.
Der BF wurde von den Anklagen der Staatsanwaltschaft XXXX vom XXXX und XXXX mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX, Zl. XXXX sowie mit Urteil des BG XXXX vom XXXX freigesprochen.
1.2. Zum behaupteten Ausreisegrund aus dem Herkunftsstaat:
Glaubhafte Fluchtgründe wurden vom BF nicht vorgebracht. Auch vermochte der BF keine Gründe glaubhaft zu machen, die gegen seine Rückkehr in seinen Herkunftsstaat sprechen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass dem BF in seinem Herkunftsstaat eine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung drohte bzw. droht. Der BF stellte den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, um bloß seinen Aufenthalt zu legalisieren.
Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Tunesien der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt war oder ausgesetzt wäre.
1.3. Zur Lage in Tunesien:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des BF sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 27.04.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Tunesien zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
Tunesien ist ein sicherer Herkunftsstaat, der willens und im Stande ist, seine Staatsbürger zu schützen. Die Grund- und Freiheitsrechte, insbesondere die Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit, sind in Tunesien seit der Revolution von 2011 faktisch gewährleistet. Die Versammlungsfreiheit wurde nach 2011 wiederhergestellt und eine Amnestie für politische Gefangene durchgeführt. Die neue tunesische Verfassung enthält umfangreiche Garantien bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Grundrechte. Das Recht friedlicher Versammlungen und Demonstrationen ist verfassungsrechtlich garantiert. Lediglich während des Ausnahmezustandes zuletzt im Jahr 2015 war dieses Recht eingeschränkt. De jure verbotene Demonstrationen wurden trotz Verbots de facto geduldet und auf deren gewaltsame Auflösung verzichtet. Die tunesische Verfassung garantiert den Schutz der Menschenwürde und der körperlichen Unversehrtheit. Tunesien hat das Zusatzprotokoll zur Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Strafe am 29.06.2011 ratifiziert. Im Zusammenhang mit Terrorabwehrmaßnahmen werden Misshandlungen von Inhaftierten durch Sicherheitskräfte gemeldet. Die in Tunesien für Mord, Vergewaltigung mit Todesfolge und Landesverrat sowie für bestimmte Delikte im Zusammenhang mit Terrorismus und Geldwäsche vorgesehene Todesstrafe wird von Gerichten verhängt, aber seit 1991 nicht mehr vollstreckt. Todesurteile werden häufig durch Amnestie in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Illegal aus Tunesien Personen droht nach dem Gesetz eine Geld- oder Freiheitsstrafe.
Eine nach Tunesien zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, aus dem Integrierten Zentralen Fremdenregister (IZR), der Grundversorgung (GVS) und dem Zentralen Melderegister (ZMR) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
2.2. Zur Person und zum Vorbringen des BF:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.
Die Feststellungen zu den persönlichen und familiären Verhältnissen, zu den Lebensumständen in Österreich und in Tunesien beruhen auf dessen Angaben vor der belangten Behörde und vor dem erkennenden Gericht sowie auf den vorliegenden Verwaltungsakten.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus seinen eigenen Angaben. Der BF hat zwar bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 16.02.2018 Juckreiz bzw. eine Hautkrankheit geltend gemacht, die er nicht benennen konnte und es ablehnte, den Amtsarzt aufzusuchen, jedoch wurde dieses Vorbringen in der Beschwerde nicht mehr aufgegriffen. Diese Beschwerden hat der BF auch bei seiner weiteren niederschriftlichen Einvernahme am 06.08.2018 vor der belangten Behörde im Schubhaftverfahren nicht mehr angeführt, sondern erklärt er, dass er gesund sei und keine Medikamente einnehme, weshalb diesen Angaben zu folgen war.
Dass der BF Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, geht aus einem aktuellen GVS-Auszug hervor, die strafrechtlichen Verurteilungen aus einem aktuellen Strafregisterauszug, die Wohnsitzmeldungen aus einem aktuellen Auszug des Zentralen Melderegisters, die Anklageerhebungen aus den Verständigungen der Staatsanwaltschaft Wien vom 08. und vom 23.03.2018 und die Freisprüche aus dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 28.05.2018, Zl. 123 HV 21/18m sowie aus dem Urteil des BG Favoriten vom 16.05.2018 Zl. 22 U 25/18h.
2.3. Zum Vorbringen:
Das Vorbringen des BF, wonach sein Vater mit seiner Mutter und Schwester aus Tunesien geflüchtet sei, da sein Vater verfolgt worden sei und im Falle seiner Rückkehr er auch verfolgt werden würde, ist höchst vage und daher unglaubwürdig. So vermochte der BF weder darlegen, aus welchen Gründen sein Vater verfolgt worden sei, noch wer dessen Verfolger gewesen seien. Wäre der BF tatsächlich verfolgt worden, wäre er zu erwarten gewesen, dass er unmittelbar nach seiner Einreise in Österreich einen Asylantrag stellt und nicht erst im Jahr 2014 (!). Eine tatsächlich verfolgte Person würde sich nämlich keine Gelegenheit entgehen lassen, um in einem sicheren Land Schutz vor Verfolgung zu erlangen.
Darüber hinaus ist der belangten Behörde auch beizupflichten, dass der BF in persönlicher Hinsicht absolut unglaubwürdig ist, zumal er mehrmals vor österreichischen Behörden verschiedene Angaben zu seiner Identität machte sowie am Verfahren nicht mitwirkte, um das Verfahren hinauszuzögern bzw. seine Abschiebung zu vereiteln.
Dem BFA ist auch darin beizutreten, dass eine Verfolgung des BF von staatlichen Behörden nicht anzunehmen ist, da der BF legal mit seinem Reisepass ausgereist ist, welcher ihm dann auch im Jahr 2013 verlängert wurde.
Somit waren den Angaben des BF im Zuge seiner niederschriftlichen Erstbefragung, als auch im Rahmen seiner Einvernahmen vor dem BFA, wonach er aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich gereist ist (Arbeitssuche, bessere Zukunftsperspektive) und den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz lediglich deshalb gestellt hat, um seinen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren, zu folgen.
Nur vollständigkeitshalber ist noch darauf zu verweisen, dass der BF keine Probleme mit staatlichen Behörden aus asylrelevanten Gründen (Religion, Politik, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, Volksgruppenzugehörigkeit) vor dem BFA behauptet hat und sohin auch unter diesem Gesichtspunkt ein spezielles individuelles Gefährdungspotential nicht zu erkennen war und ist.
2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat
Die von der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungs-gericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.
Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Die Feststellung, dass Tunesien als sicherer Herkunftsstaat gilt, beruht auf § 1 Z 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 47/2016 idgF. In Algerien herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen.
Die belangte Behörde hat im Zuge der Einvernahme vor dem BFA am 16.02.2018 dem BF die maßgeblichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht, und ihm zur Wahrung des Rechts auf Parteiengehör die Möglichkeit eingeräumt, zu den getroffenen Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben. Der BF führte lehnte die Abgabe einer Stellungnahme ausdrücklich ab.
Der BF ist auch in der gegenständlichen Beschwerde den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, nicht entgegengetreten. Die belangte Behörde hat Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die Ausführungen in der Beschwerde keineswegs den Wahrheitsgehalt der ausgewählten Berichte zu widerlegen oder diese anzuzweifeln vermochten.
Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Zu Spruchteil A)
3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. 2004 Nr. L 304/12 [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative
(§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, 99/20/0128; VwGH 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz oder in den Verwaltungsvorschriften im Sinne des § 274 ZPO zu verstehen (VwGH 15.03.2001, 2001/16/0136; 25.06.2003, 2000/04/0092). Ausgehend von § 274 Absatz 1 letzter Satz ZPO eignet sich nur eine Beweisaufnahme, die sich sofort ausführen lässt (mit Hilfe so genannter "parater" Bescheinigungsmittel) zum Zwecke der Glaubhaftmachung (siehe dazu VwGH 25.06.2003, 2000/04/0092 unter Hinweis auf OGH 23.03.1999, 4 Ob 26/99y, in ÖBl 1999, 240; sowie OGH 23.09.1997, 4 Ob 251/97h, in ÖBl 1998, 225), wobei der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner asylrechtlichen Spruchpraxis von dieser Einschränkung offenkundig abweicht. Mit der Glaubhaftmachung ist aber auch die Pflicht der Verfahrenspartei verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der behaupteten Voraussetzungen spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzung liefern. Insoweit trifft die Partei eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus (vgl dazu VwGH 24.02.1993, 92/03/0011; 01.10.1997, 96/09/0007; 25.06.2003, 2000/04/0092; siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG 2. Teilband [2005], § 45 Rz 3 mit Hinweisen auf die Judikatur).
Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Nach der Judikatur ist die Wahrscheinlichkeit dann gegeben, wenn die für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Erscheinungen, wenn auch noch so geringfügig, gegenüber den im entgegen gesetzten Sinn verwertbaren Erscheinungen überwiegen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 355 mit Hinweisen auf die Judikatur). Hat die Partei ein Ereignis glaubhaft zu machen, trifft die Partei die "Beweislast", dh. kann das Ereignis durch die - von der Partei anzubietenden - Beweise (im Sinne von Bescheinigungsmitteln) nicht glaubhaft gemacht werden, so ist ihr Antrag abzuweisen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 623 mit Hinweisen auf die Judikatur und das Schrifttum; vgl. AsylGH 15.12.2008, E2 244.479-0/2008),
3.2.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht gegeben. Dies im Hinblick darauf, dass der BF die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte. Eine sonstige aktuelle zu berücksichtigende Verfolgungsgefahr wird vom BF nicht dargelegt und ergibt sich auch nicht aus Umständen, die von Amts wegen zu berücksichtigen wären.
Insgesamt sind somit die eingangs beschriebenen Voraussetzungen für eine Asylgewährung im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht erfüllt, sodass die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides gemäß 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abzuweisen war.
3.3. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
3.3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 leg. cit. offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, 95/18/0049; VwGH 05.04.1995, 95/18/0530; VwGH 04.04.1997, 95/18/1127; VwGH 26.06.1997, 95/18/1291; VwGH 02.08.200098/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).
Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; VwGH 25.01.2001, 2000/20/0438; VwGH 30.05.2001, 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; VwGH 08.06.2000, 99/20/0203; VwGH 17.09.2008, 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, 99/20/0203).
Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; VwGH 20.06.2002, 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; VwGH 13.11.2001, 2000/01/0453; VwGH 09.07.2002, 2001/01/0164; VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137).
3.3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:
Dass der BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.
Beim BF handelt es sich um einen gesunden und arbeitsfähigen jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Er verfügt darüber hinaus über eine mehrjährige Schulausbildung und eine Berufserfahrung. Er wird daher im Herkunftsstaat in der Lage sein, sich mit der bislang ausgeübten Tätigkeit oder gegebenenfalls mit anderen Tätigkeiten, wenn auch nur durch Gelegenheitsarbeiten, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass dem BF im Fall der Rückkehr auch im Rahmen seines Familienverbandes eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteilwird. Er hat auch mit seiner Reise nach Europa und seinen Aufenthalten in verschiedenen Ländern beweisen, dass er im Stande ist, für seine existenziellen Bedürfnisse zu sorgen. Des Weiteren ist der BF mit den grundlegenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sowie mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates weiterhin vertraut. Eine völlige Entwurzelung kann sohin nicht angenommen werden. Er wird daher, im Herkunftsstaat in der Lage sein, sich, wenn auch nur durch Aufnahme von Gelegenheitsarbeiten, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften, um seine existenziellen Grundbedürfnisse zu befriedigen. Die Inanspruchnahme einer Rückkehrhilfe steht ihm zudem ebenso offen.
Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.
Letztlich war zu berücksichtigen, dass der BF in der Beschwerde den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr nach Tunesien nicht substantiiert entgegengetreten ist und in weiterer Folge auch nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf seine individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit der BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.
Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005.
Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
3.4. Zu Spruchpunkt III. bis V. des angefochtenen Bescheides:
3.4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.
Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
Gemäß § 58