TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/31 I404 1407909-3

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Veröffentlicht am 31.08.2018
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Entscheidungsdatum

31.08.2018

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I404 1407909-3/5Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX, geb. XXXX, Sta. GHANA alias StA. LIBERIA, vertreten durch: RA Mag. Christian Hirsch, gegen den Bescheid des BFA, RD Wien, Außenstelle Wien vom 19.07.2018, Zl. 830757200-150180052, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides Folge gegeben und dieser gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 5 BFA-VG ersatzlos behoben.

Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid kommt somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zu.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer wurde am 17.02.2015 bedingt aus dem Vollzug einer Freiheitsstrafe entlassen und stellte noch am gleichen Tag den verfahrensgegenständlichen (vierten) Antrag auf internationalen Schutz.

Er gab an, den Namen XXXX zu führen, in Grand Kepma in Liberia geboren und Staatsangehöriger von Liberia zu sein. Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab er an, dass er im Gefängnis vom Moslem zum überzeugten Christen konvertiert sei. In seiner Heimat sei er deshalb in Gefahr. Er habe Angst, dass er aufgrund seiner Konvertierung zum Christentum getötet werde.

2. Da sich Zweifel an der vom Beschwerdeführer angegebenen Staatsangehörigkeit ergaben, zumal sich die vom Beschwerdeführe vorgelegte Geburtsurkunde aus dem Jahr 2015 als Totalfälschung erwies, wurde mit Einverständnis des Beschwerdeführers zur Abklärung seiner Herkunft ein Gutachten beauftragt.

Aus dem linguistischen Gutachten vom 18.11.2017 geht zusammengefasst hervor, dass eine Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers in Liberia mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei von einer Hauptsozialisierung in Ghana auszugehen. Tragfähige Hinweise auf seine angeblich jeweils mehrjährigen Teilsozialisierungen in Senegal und in Liberia gebe es keine. Es gebe keine tragfähigen Hinweise auf eine etwaige Hauptsozialisierung des Probanden außerhalb Ghanas.

3. Der Beschwerdeführer legte in der Folge eine weitere Geburtsurkunde, ausgestellt am 11.08.2017 vom Gesundheitsministerium der Republik Liberia, vor. Dieses Dokument wurde erneut zur Prüfung an das Bundeskriminalamt übermittelt, wobei es mangels Vergleichsmaterials nicht möglich war, die Authentizität dieser Urkunde zu prüfen.

4. Mit dem Bescheid vom 19.07.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ghana (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Ghana zulässig ist (Spruchpunkt V.). Zugleich wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Weiters erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.) und stellte fest, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht (Spruchpunkt VIII.).

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde. Im Rahmen der Beschwerde wurde geltend gemacht, dass die Behörde zu Unrecht vom Herkunftsstaat Ghana ausgehe. Wenn sich die belangte Behörde auf das Gutachten von Dr. Peter G vom 18.11.2017 stütze, so sei dazu anzumerken, dass dieses mit 144 Seiten äußerst umfangreich sei, das Ergebnis jedoch den tatsächlichen Gegebenheiten widerstreite. Eine eindeutige Zuordnung aufgrund der geographischen Kenntnis bzw. der Sprache sei nicht mit der notwendigen Sicherheit möglich. Im Zweifel wäre von der Richtigkeit der Aussagen des Beschwerdeführers auszugehen gewesen, welcher auch durch die vorgelegte Geburtsurkunde und die beigeschlossene Erklärung der Republik Liberia Bestätigung finde. Wäre die Behörde vom richtigen Herkunftsland Liberia ausgegangen, hätte sie sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers näher beschäftigen müssen und wäre im Ergebnis der Antrag auf Anerkennung des Status des Asylberechtigten stattzugeben gewesen. Im Zusammenhang mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde insbesondere ausgeführt, dass zumindest das im Bescheid erwähnte Prüfungsergebnis des Bundeskriminalamtes vom 9.5.2018 zur Wahrung des Parteiengehörs vor einer Entscheidungsfällung dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme hätte übermittelt werden müssen, weshalb diese Unterlassung einen gravierenden Verfahrensmangel darstelle.

8. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

9. Das BVwG holte in der Folge eine Stellungnahme des Bundeskriminalamtes zur Frage ein, warum bei der gegenständlichen Urkunde im Gegensatz zur im Jahr 2015 vorgelegten Geburtsurkunde eine Überprüfung nicht möglich war.

10. Mit Schreiben vom 31.08.2018 wurde dem BVwG mitgeteilt, dass das fragliche Dokument zumindest ein urkundentechnisches Sicherheitsmerkmal aufweise - ein Wasserzeichen (ein Wasserzeichen könne grundsätzlich als Indiz für ein authentisches Dokument gelten) - Untergrunddruck und Formularvordruck würden bei diesem Dokument im xerografischen Verfahren aufgebracht sein (diese Drucktechnik widerspreche eher einem behördlich ausgestellten Formular dieser Art, da hier ein Offsetdruck zu erwarten wäre). Als Sicherheitsmerkmale für die Ausstellungsmodalitäten sei eine Unterschrift, ein Feuchtstempelabdruck und ein Prägestempelabdruck angebracht worden (da es zu diesen Ausstellungsmodalitäten in der Kriminaltechnik keinen Vergleich einer Unterschrift, eines Feuchtstempelabdruckes bzw. eines Prägestempelabdruckes gebe, könne die Authentizität aus urkundentechnischer Sicht nicht bewertet werden). Für die urkundentechnische Bewertung dieses Dokumentes fehle authentisches Vergleichsmaterial. Deswegen könne für dieses Dokument aus urkundentechnischer Sicht weder die Authentizität noch die Fälschung als Qualitätskriterium geltend gemacht werden. Für eine einwandfreie Klärung in diesem Fall werde empfohlen, mit den jeweils 3 Daten aus den beiden Geburtsurkunden (REGISTRATION No., CONTROL No. und VOLUME No.) eine Anfrage beim Gesundheitsministerium der Republik Liberia zu machen und abzuwarten, welche Ergebnisse eintreffen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, wenn das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufhebt.

1.2. Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

Gemäß § 18 Abs.5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen (§ 18 Abs. 6 BFA-VG).

2. Zu Spruchpunkt A)

2.1. Der Beschwerdeführer hat immer vorgebracht, die Staatsangehörigkeit Liberias zu haben. Ein von der belangten Behörde eingeholtes Sprachgutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer aus Ghana stammt.

Der Beschwerdeführer bestreitet dies und hat in diesem Zusammenhang eine Geburtsurkunde vorgelegt. Die Überprüfung dieses Dokumentes war dem Bundeskriminalamt mangels authentischen Vergleichsmaterials nicht möglich.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG ist von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn eine Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention eine reale Gefahr darstellt.

Die zur Verfügung stehende Aktenlage bedarf daher einer näheren Überprüfung, um eine Gefährdung im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG ausschließen zu können. Insbesondere wäre die vorgelegte Geburtsurkunde einer weiteren Überprüfung zu unterziehen, da die Eruierung des Herkunftsstaats eines Antragstellers eine für das Verfahren auf internationalen Schutz zentrale Frage darstellt, auf welche das gesamte weitere Verfahren im Sinne der Prüfung einer auf diesen Staat bezogenen Rückkehrgefährdung aufbaut.

2.2. Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides ist daher ersatzlos zu beheben und festzustellen, dass der Beschwerde somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukommt.

2.3. Gegenständlich war ein Teilerkenntnis (vgl. auch § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG) zu erlassen, da das BVwG über die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG 2014 binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden hat (vgl. VwGH vom 19.06.2017, Fr 2017/19/0023).

Der Spruch des Bescheides der belangten Behörde war auch insoweit trennbar, als sich die gegenständliche Entscheidung nur auf den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Bescheidspruch VII. bezieht.

2.4. Über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis VI. und VIII. des angefochtenen Bescheides ergeht eine gesonderte Entscheidung.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend im Einzelnen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewährung von internationalem Schutz ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das zur Entscheidung berufene Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgeht.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall, ersatzlose
Behebung, Feststellungsentscheidung, Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I404.1407909.3.00

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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