TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/19 99/18/0275

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Veröffentlicht am 19.10.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf;
PaßG 1992 §19 Abs2;
StGB §46;
VwRallg;

Betreff

Dr. Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des L S in Wien, vertreten durch Dr. Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 1. April 1999, Zl. SD 297/99, betreffend Versagung der Ausstellung eines Reisepasses und eines Personalausweises, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 1. April 1999 wurde dem Beschwerdeführer die Ausstellung eines Reisepasses gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 des Passgesetzes 1992 (PassG), BGBl. Nr. 839 idF BGBl. Nr. 507/1995, und die Ausstellung eines Personalausweises gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 iVm § 19 Abs. 2 leg. cit. versagt.

Der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht Köln am 1. September 1995 wegen bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe in der Dauer von sieben Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Wie sich aus der Urteilsbegründung ergebe, habe sich der Beschwerdeführer gegen Ende 1991 nach Köln abgesetzt, weil er in Österreich per Haftbefehl gesucht worden sei. In Köln sei er zunächst als Zuhälter tätig gewesen und habe schließlich C. kennen gelernt. Von diesem Mann habe er das Angebot, für ihn als Rauschgiftkurier tätig zu sein, erhalten. Daraufhin habe der Beschwerdeführer Kokain transportiert und anschließend in seiner Wohnung verwahrt. Dafür habe er Bargeld sowie zehn Gramm Kokain erhalten. In weiterer Folge habe der Beschwerdeführer für C. ein Kokaindepot in seiner Wohnung eingerichtet und dafür 10 % des verwahrten Kokains erhalten. Im Frühjahr bzw. Sommer 1992 habe C. in Belgien gemeinsam mit anderen Komplizen in großem Umfang einen Kokainhandel aufgebaut. Diese Gruppe habe sich mit der Beschaffung von umfangreichen Kokainmengen auf internationalen Drogenmärkten und dem Absatz des Kokains in Deutschland, den Niederlanden und Österreich befasst. Anfang 1993 habe sich der Beschwerdeführer zu C. nach Belgien begeben, um die Förderung des Kokainumsatzes im Kölner Raum zu besprechen. Nach seiner Rückkehr nach Köln habe der Beschwerdeführer dort die Kokaingeschäfte wie besprochen durchgeführt. In der Folge sei der Beschwerdeführer Mitglied einer Gruppierung geworden, die sich zusammengeschlossen habe, um Rauschgift in großem Stil nach Europa einzuführen und damit Handel zu betreiben.

Angesichts dessen stehe ohne Zweifel fest, dass der Beschwerdeführer Suchtgift in einer großen Menge aus- bzw. eingeführt und in Verkehr gesetzt habe. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers handle es sich bei der Beurteilung, ob ein Versagungsgrund vorliege oder ein solcher nachträglich eingetreten sei, um eine Zukunftsprognose, die namentlich dann negativ auszufallen habe, wenn aufgrund bestimmter Verhaltensweisen eines Passwerbers die im § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. Die dem Handel mit Suchtgift in großen Mengen innewohnende Wiederholungsgefahr rechtfertige die Annahme, dass der Beschwerdeführer seinen Reisepass in Hinkunft benützen wolle, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift einzuführen oder in Verkehr zu setzen. Der seit der Tatbehebung verstrichene Zeitraum sei auch in Anbetracht der bedingten Entlassung des Beschwerdeführers viel zu kurz, um zu einer positiven Zukunftsprognose gelangen zu können. Den Ausführungen des Beschwerdeführers zu den Folgen, die sich aus dem Fehlen eines Lichtbildausweises für ihn ergäben, müsse entgegnet werden, dass diese Folgen keine andere Entscheidung rechtfertigten und der Behörde bei der vorliegenden Entscheidung kein Ermessensspielraum zukomme.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 23. Juni 1999,

B 885/99-3, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. Juli 1999, B 885/99-5, ab. In den an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeausführungen begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG ist die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen.

Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind u.a. auf die Ausstellung und die Versagung von Personalausweisen die diesbezüglichen, die gewöhnlichen Reisepässe betreffenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden.

2.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die von der belangten Behörde festgestellten Straftaten begangen zu haben und deswegen zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt worden zu sein.

Demnach hat der Beschwerdeführer als Mitglied einer Bande in großem Stil Suchtgift nach Europa eingeführt und dort vertrieben. Dieses strafbare Verhalten hat er über einen längeren Zeitraum fortgesetzt. Von daher kann es unter Berücksichtigung der Suchtgiftdelikten immanenten besonders großen Wiederholungsgefahr nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, es sei die Annahme gerechtfertigt, der Beschwerdeführer werde den Pass bzw. den Personalausweis dazu benützen, um Suchtgift in einer großen Menge einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen.

2.2. Soweit der Beschwerdeführer auf sein Wohlverhalten seit der Verurteilung verweist, ist ihm zu entgegnen, dass er sich nach dem Inhalt des der Beschwerde beigelegten Beschlusses des Bezirksgerichtes Liesing über die Enthebung von einer Unterhaltspflicht bis 7. Dezember 1998 in Haft befunden hat. Die seither verstrichene Zeit ist aber angesichts der Schwere des dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Fehlverhaltens viel zu kurz, um die von ihm ausgehende Gefahr der Begehung weiterer derartiger Suchtgiftdelikte als in relevantem Ausmaß gemindert anzusehen. Der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe nicht ermittelt, ob sich der Beschwerdeführer seit seiner Verurteilung wohl verhalten habe, ist somit der Boden entzogen.

Dem in den Beschwerdeausführungen an den Verfassungsgerichtshof enthaltenen Argument des Beschwerdeführers, auch das Gericht habe angenommen, dass er sich in Hinkunft wohl verhalten werde, weshalb er aus der Haft bedingt entlassen worden sei, ist entgegenzuhalten, dass die Passbehörde die Frage des Vorliegens eines Versagungsgrundes für die Ausstellung eines Reisepasses oder eines Personalausweises nach den hiefür vom Gesetz vorgegebenen Kriterien eigenständig zu beurteilen hat, ohne an die Erwägungen des Gerichtes bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung gebunden zu sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 1999, Zl. 99/18/0267, mwN).

Die belangte Behörde kam daher in unbedenklicher Weise zu dem Ergebnis, dass der Versagungsgrund gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG vorliegt. Sie hat demnach zu Recht die Ausstellung des Reisepasses nach dieser Bestimmung und die Ausstellung des Personalausweises nach § 19 Abs. 2 PassG iVm der zitierten Bestimmung versagt.

3. Die Beschwerde bringt weiters vor, dass sich der Beschwerdeführer ohne Pass und Personalausweis nicht ausweisen könne. Er könne daher etwa keine eigenhändig zuzustellenden Postsendungen entgegennehmen und laufe Gefahr, gemäß § 35 Z. 1 VStG festgenommen zu werden. Die Pass- und Personalausweisversagung widerspreche daher dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung.

Dem ist zu entgegnen, dass nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut bei Vorliegen eines Versagungsgrundes gemäß § 14 Abs. 1 PassG weder ein Reisepass noch ein Personalausweis ausgestellt werden darf. Soweit der Beschwerdeführer auf die an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeausführungen verweist, in denen er diese gesetzlichen Bestimmungen als verfassungswidrig ansieht, ist er darauf zu verweisen, dass der Verfassungsgerichtshof die zunächst an ihn gerichtete Beschwerde abgelehnt hat.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. Oktober 1999

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999180275.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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