TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/6 I401 2017712-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.09.2018
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Entscheidungsdatum

06.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a

Spruch

I401 2017712-3/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX alias XXXX alias XXXX, StA. Nigeria alias Südsudan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien - Außenstelle Wien, vom 15.06.2018, Zahl: IFA 1019295403 + VZ 160270665, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 21.05.2014 stellte der Beschwerdeführer seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung vom 23.05.2014 an, den Sudan wegen der Kämpfe und Tötung vieler Menschen verlassen zu haben.

Auf Grund der beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost (in der Folge: BFA) bei der niederschriftlichen Einvernahme vom 24.06.2014 aufgekommenen Zweifel über die Herkunft des Beschwerdeführers gab es eine Befunderhebung zu dessen Sprachkompetenzen und Landeskenntnissen in Auftrag. Auf Grund des am selben Tag in den Räumlichkeiten des BFA geführten (ca. 2 1/2 Stunden dauernden) "Befundgesprächs" kam der Sachverständige Dr. P. G. in seinem Bericht zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht, wie von ihm angegeben, im Südsudan, sondern im Süden Nigerias hauptsozialisiert worden sei.

Auf Vorhalt dieses Befundberichtes vom 24.06.2014 über seine mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erfolgte Hauptsozialisierung in Nigeria bekräftigte der Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet), vom 12.12.2014, aus dem Südsudan bzw. Sudan zu stammen, und beteuerte, Nigeria nicht zu kennen und nie dort gewesen zu sein.

Als Grund für seine Ausreise gab er an, dass Leute, die zu ihm gekommen seien, gesagt hätten, er müsse bei einem Okkultismus mitmachen, was er jedoch nicht getan habe, weil er Christ sei. Er sei von ihnen jedes Mal, wenn er von ihnen gesehen worden sei, geschubst worden; einmal sei er mit einem Messer bedroht worden. Deshalb sei er geflüchtet.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.01.2015 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria nicht zuerkannt, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gesetzt.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.02.2015, I403 2017712-1/3E, als unzulässig zurückgewiesen. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2015, Ra 2015/20/0070, wurde die gegen diesen Beschluss erhobene Revision zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer stellte (per Telefax) am 19.12.2015 einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete nach § 46a Abs. 1 Z 3 FPG.

Mit Bescheid vom 08.02.2016 wies die belangte Behörde diesen Antrag ab.

Am 21.06.2018 erging eine gekürzte Ausfertigung des am 30.05.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses mit der Begründung, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG durch die hiezu Berechtigten innerhalb der zweiwöchigen Frist nicht gestellt wurde.

3. Am 20.02.2016 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung vom selben Tag an, dass er nicht wisse, was er machen solle; er sei hierhergekommen, um Hilfe zu erbitten. Er leide an gesundheitlichen Problemen. Er habe Metallblatten in beiden Händen und auch seine beiden Füße seien verletzt. Deswegen könne er nicht gut gehen. Er habe keinen Ort, wo er hingehen könne. Er habe keine Familie mehr. Zuvor hätten sie im Sudan gelebt.

Am 19.04.2018 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde einvernommen.

Befragt, warum er neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, führte er aus, dass er, wenn man ihn nach Afrika zurückschicke, dort niemanden habe. Er wüsste nicht, wo er leben könnte. Er sei obdachlos. Das sei der Grund, warum er nochmals "Asyl" gestellt habe.

Auf Nachfrage, ob er zu seinem Fluchtgrund nicht mehr angeben könne, legte er dar, er habe keinen Platz, wo er hingehen könne. Er habe Probleme in Niger. Seine Mutter habe ihn aus dem Südsudan weggebracht, als er klein gewesen sei. Er habe seine Familie verloren. Er wisse nicht, wo er hingehen solle. Das sei der Grund, warum er neuerlich einen "Asyl" gestellt habe. Er könne auch nicht arbeiten, weil er wegen seines Fußes nicht normal gehen könne, und er wolle eine Behandlung bekommen.

4. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 15.06.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I. und II.). Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Zudem wurde ausgesprochen, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht besteht (Spruchpunkt VI.) Des Weiteren verhängte die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Die Identität des Beschwerdeführers steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.

Der Beschwerdeführer erlitt am 03.10.2015 einen Unfall, bei welchem er sich Brüche der Arme und der Beine sowie Prellungen im Bereich des Brustkorbes sowie der Lendenwirbelsäule zuzog. Diese Verletzungen wurden sachgerecht operiert und behandelt und ist der bisherige Krankheitsverlauf dieser Verletzungen überstanden. Dass der Beschwerdeführer beim Gehen erhebliche Probleme hat, kann, ebenso wie eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes, nicht festgestellt werden. Darüber hinaus leidet er an keinen schweren psychischen und physischen Beeinträchtigungen.

Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22.09.2015 (in Rechtskraft erwachsen am 26.09.2015) wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Mit zweitem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 13.07.2016 (in Rechtskraft erwachsen am 19.07.2016) wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 2 und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein Familienleben und verfügt über keine maßgeblichen freundschaftlichen Kontakte. Er ist kein Mitglied eines Vereins oder einer Organisation und konnte keine Deutschkenntnisse nachweisen. Der Beschwerdeführer besucht eine katholische Kirche.

Er geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Seinen Lebensunterhalt finanziert sich der Beschwerdeführer durch eine illegale Beschäftigung als Friseur und als Verteilter von Werbekärtchen.

Seit 14.07.2018 befindet er sich in der Justizanstalt W.

1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer stellte am 21.05.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er zunächst damit begründete, den Sudan wegen der Kämpfe und weil viele Menschen getötet worden seien, verlassen zu haben. Später gab er als weiteren Grund für seine Ausreise an, dass Leute, die zu ihm gekommen seien, gesagt hätten, er müsse bei einem Okkultismus mitmachen, und sie ihn einmal mit einem Messer bedroht hätten.

Mit der rechtskräftigen Entscheidung der belangten Behörde vom 13.01.2015 wurde die nigerianische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria festgestellt.

Im gegenständlichen Folgeverfahren wurde von ihm vorgebracht, dass er nicht wisse, was er machen solle. Er habe keinen Ort, wo er hingehen könne. Er habe in Afrika keine Familie mehr. Seine Mutter habe ihn aus Südsudan weggebracht, als er klein gewesen sei.

Ergänzend brachte der Beschwerdeführer vor, dass er an gesundheitlichen Beeinträchtigungen leide.

Der Beschwerdeführer hat keine sachverhaltsbezogenen Änderungen bezüglich seiner Fluchtgründe vorgebracht. Die von ihm vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bewirken keine maßgebliche Sachverhaltsänderung. Der Beschwerdeführer bedarf keiner dauerhaften lebensnotwendigen medizinischen Behandlung und ist arbeitsfähig.

In Bezug auf die Situation in Nigeria war zwischen dem Bescheid der belangten Behörde vom 13.01.2015 und der Erlassung des gegenständlichen Bescheides vom 15.06.2018 keine wesentliche Änderung, welche den Beschwerdeführer konkret und individuell betrifft, eingetreten.

Es wird daher festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria weiterhin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid hat die belangte das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Im Wesentlichen waren dies folgende Feststellungen:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben. Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden.

Es ist jedoch anzumerken, dass der Beschwerdeführer bei der am 19.04.2018 erfolgten niederschriftlichen Einvernahme angab, am 01.01.1983 und nicht am 01.01.1993 geboren zu sein. Er führte aus, er habe bei seiner zweiten Asylantragstellung angegeben, am 01.01.1983 geboren zu sein, es sei jedoch 1993 aufgeschrieben worden. Er habe nachgerechnet und sei zur Überzeugung gelangt, dass er im Jahr 1983 geboren sei. Er gebe zu, nur zu wissen, in welchem Jahr er geboren worden sei. Er wisse, dass er 35 Jahre alt sei. Den Tag und das Monat seiner Geburt habe er von der Behörde bekommen, weil er sein genaues Geburtsdatum nicht kenne. Damit dürfte eher das ältere Geburtsdatum zutreffend sein.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Nigeria ist, ergibt sich aus dem linguistischen Befund des Dr. P. G. vom 24.06.2014, wonach der Beschwerdeführer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Süden Nigerias hauptsozialisiert wurde. In diesem Befundbericht wurde auf Grund der existierenden sprachlichen Kompetenz des Beschwerdeführers dessen Herkunft aus Nigeria eindeutig und schlüssig dargelegt, dessen Herkunft aus dem Südsudan in gleicher Weise schlüssig und eindeutig widerlegt. So führte Dr. G. aus, dass der Beschwerdeführer "eindeutig südnigerianisches und nicht südsudanesisches Englisch" spricht, er keine Sprachkompetenz in einer der südsudanesischen Sprachen und der wichtigsten südsudanesischen Verkehrssprache, dem so genannten Juba-Arabischen, sowie keine Landeskenntnisse zum Südsudan, die auf eine Hauptsozialisierung oder einen Aufenthalt des Beschwerdeführers dort schließen lässt, demonstrierte. Anhand verschiedener angeführter Beispiele wurde im Bericht dargelegt, dass der Beschwerdeführer Ausdrücke verwendet hatte, die "typisch für nigerianisches, nicht aber für südsudanesisches Englisch sind bzw. sich zum Teil auf Gegebenheiten in Nigeria bzw. in West- und Zentralafrika beziehen, die aber z.T. im Südsudan gar nicht anzutreffen sind".

Der Beschwerdeführer demonstrierte auch mangelnde Kenntnisse zum Südsudan. So konnte er weder eine einzige der verschiedenen im Südsudan lebenden ethnischen Gruppen, noch eine einzige der von diesen gesprochenen Sprachen benennen, wie er auch den Namen der südsudanesischen Hauptstadt nicht angeben konnte. Ebenso konnte er keine näheren Angaben zur Landeswährung des Südsudan machen, auch zu jenen Banknoten, die er - wie er vorbrachte - selbst verwendet haben soll.

Die bei seinen Einvernahmen und in der erhobenen Beschwerde gemachten Angaben, aus dem Südsudan zu stammen, erschöpften sich in bloßen Behauptungen und traten dem Befund, dass der Beschwerdeführer ein Englisch nigerianischer Varietät spricht, nicht, nicht einmal in Ansätzen, entgegen.

Im Übrigen gilt es hervorzuheben, dass mit dem rechtskräftigten Bescheid der belangten Behörde vom 13.01.2015 die nigerianische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers festgestellt wurde.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde, bestätigt durch eine Abfrage aus dem Betreuungsinformationssystem vom 05.09.2018. Die vom Beschwerdeführer angegebene Monika S, mit welcher er Streit gehabt habe und mit der er früher zusammengewohnt habe, kann jedenfalls nicht als Beziehung von maßgeblicher Intensität gewertet werden, zumal er selbst angibt, dass es sich bei Monika S um seine frühere Freundin handle, und er nicht wisse, ob er wieder bei ihr einziehen könne.

Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Verurteilung ergibt sich aus einem Strafregisterauszug vom 05.09.2018. Seine derzeitige Unterbringung in der Justizanstalt W fußt auf einer Abfrage im Zentralen Melderegister vom selben Tag.

Die Feststellungen hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorliegenden Befunden, dem Entlassungsbrief Pflege (Situationsbericht) und Patientenbrief sowie der Krankengeschichte des Wilhelminenspitals der Stadt Wien und einer polizeichefärztlichen Begutachtung des Dr. L. vom 11.06.2018, wobei der geladene Beschwerdeführer zur Untersuchung ohne Angabe von Gründen nicht erschienen ist. Der im bekämpften Bescheid dargelegten chefärztlichen Beurteilung, wonach aufgrund der vorliegenden Befunde

die Verletzungen ... sachgerecht operiert und behandelt sowie keine

Befunde über eine Verschlechterung vorgelegt worden seien, der bisherige Krankheitsverlauf dieser Verletzungen überstanden sei und sich keine Hinweise ergäben, dass die Verfahrenspartei in ihrem Herkunftsland einer dauerhaften lebensnotwendigen medizinischen Behandlung bedürfe, trat der Beschwerdeführer nicht entgegen.

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Probleme mit seinem Fuß können insbesondere aufgrund der chefärztlichen Beurteilung und der vorliegenden Befunde nicht festgestellt werden, wobei die von einem Organwalter der belangten Behörde anlässlich der persönlichen Übergabe von medizinischen Unterlagen durch den Beschwerdeführer am 23.04.2018 gemachte Beobachtung, dass der Beschwerdeführer eine Treppe ohne ersichtliche Anstrengung und Probleme im schnellen Laufschritt nehmen habe können, die Feststellung der nicht besonders schweren körperlichen Beeinträchtigung (beim Gehen) untermauert.

Dafür, dass eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers eingetreten ist, ergeben sich keine Anhaltspunkte und wurde dies von ihm auch nicht vorgebracht.

2.2. Zu den neuen Fluchtgründen:

Sein Fluchtvorbringen stützt der Beschwerdeführer ausschließlich auf Umstände, welche er bereits im Rahmen seines ersten Verfahrens auf Gewährung internationalen Schutzes geltend machte, insbesondere er stamme aus dem Südsudan und er habe (in Afrika) niemanden bzw. keine Familie mehr. Daran kann auch - entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Beschwerde - der zwischen seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz und seinem zweiten Asylantrag liegende Zeitraum nichts ändern.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er an erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen leide, wird durch die chefärztliche Beurteilung des Dr. L vom 11.06.2018 widerlegt, bei der die vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde berücksichtigt wurden, wonach dessen Verletzungen sachgerecht operiert und behandelt worden seien sowie der bisherige Krankheitsverlauf der Verletzungen überstanden sei. Des Weiteren stellte Dr. L fest, dass sich keine Hinweise finden lassen, dass der Beschwerdeführer einer dauerhaften lebensnotwendigen Behandlung bedürfe, und er arbeitsfähig sei.

Unterlagen, aus welchen sich eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers ergeben würde, wurden vom Beschwerdeführer nicht vorgelegt und hat er dies auch im Rahmen seiner Beschwerde nicht behauptet.

Die Verletzungen, welcher der Beschwerdeführer aufgrund eines Unfalles am 03.10.2015 erlitten hat, stellen daher keine entscheidungswesentliche Sachverhaltsänderung dar.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 07.08.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-

AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

-

BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

-

FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

-

IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017

-

ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

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OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017

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SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

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UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Nigeria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 12.6.2017

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USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria,

https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017

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USDOS - U.S. Department of State (19.7.2017): Country Report on Terrorism 2016 - Chapter 2 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/344128/487671_de.html, Zugriff 28.7.2017

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Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die oben getroffenen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den zitierten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage in Nigeria. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Eine wesentliche Verschlechterung der Sicherheitslage in Nigeria, welche den Beschwerdeführer individuell und konkret betreffen würde, kann nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer ist den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat nicht entgegengetreten. Er lehnte die ihm in der niederschriftlichen Einvernahme vom 19.04.2018 eingeräumte Möglichkeit, in die Länderfeststellungen zu Nigeria Einsicht und Stellung zu nehmen, ab.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen an.

Zu Spruchpunkt A):

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz vom 20.06.2016 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21.03.1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. VwGH 27.09.2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 08.09.1977, 2609/76).

Von verschiedenen "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG ist auszugehen, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391; VwGH 24.02.2005, 2004/20/0010 bis 0013).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 15.10.1999, 96/21/0097; VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 24.08.2004, 2003/01/0431; VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30.05.1995, 93/08/0207).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob die belangte Behörde den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der "Berufung" nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, dh eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, weil der (mit dem zurückweisenden Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.02.2015 und dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2015 bestätigte) Bescheid der belangten Behörde vom 13.01.2015 formell rechtskräftig wurde.

Die Entscheidung der belangten Behörde, dass entschiedene Sache vorliegt, erfolgte zu Recht. Die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren sind nicht geeignet, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken. Ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt konnte nicht festgestellt werden. Aufgrund des Umstandes, dass es sich gegenständlich um "Fluchtgründe" handelt, welche der Beschwerdeführer bereits im ersten Asylverfahren vorbrachte und von der belangten Behörde geprüft wurden, kann von einer Änderung des Sachverhalts nicht ausgegangen werden. Seine im ersten Asylverfahren erstatteten "Fluchtgründe" unterscheiden sich von den nunmehr vorgebrachten Gründen, in Afrika keine Familie mehr zu haben, sowie insbesondere aus dem Südsudan zu stammen, nicht.

Da insgesamt weder in der maßgeblichen Sachlage und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch zu entscheiden war.

Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache war rechtmäßig, weshalb die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. abzuweisen war.

3.2. Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041).

Im Rahmen seiner Einvernahme brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er an gesundheitlichen Beeinträchtigungen leide.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 EMRK wäre eine Überstellung nach Nigeria dann nicht zulässig, wenn dort wegen fehlender Behandlung schwerer Krankheiten eine existenzbedrohende Situation drohen würde. Der Verfassungsgerichtshof vertritt mit Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR (vgl. die Urteile des EGMR vom 31.05.2005, Ovidenko, Appl. 1383/04; vom 22.09.2005, Fall Kaldik, Appl. 28526; u. a.) in seinem Erkenntnis vom 06.03.2008, B 2400/07, die Ansicht, dass ein Fremder nicht das Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden; dies selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich und kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung nach Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (vgl. die Urteile des EGMR vom 22.06.2010, 50068/08, Al-Zawatia; EGMR Große Kammer, vom 27.05.2008, 26565/05, N./Vereinigtes Königreich, Rn. 42ff; vom 03.05.2007, 31246/06, Goncharova & Alekseytsev; vom 07.11.2006, 4701/05, Ayegh; vom 04.07.2006, 24171/05, Karim; vom 10.11.2005, 14492/03, Paramsothy). Bei körperlichen Erkrankungen sind (sofern grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten bestehen; bejaht z.B für AIDS in Tansania sowie Togo und für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina) nur Krankheiten im lebensbedrohlichen Zustand relevant.

Im gegenständlichen Beschwerdefall konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer jedenfalls an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, welche eine unbedingt erforderliche ärztliche Behandlung notwendig machen würde. Gegenteiliges brachte er nicht vor. Aus den Sachverhaltsfeststellungen ergibt sich auch, dass der Beschwerdeführer arbeitsfähig ist.

Eine wesentliche Verschlechterung der Sicherheitslage in Nigeria, welche den Beschwerdeführer individuell und konkret betreffen würde, konnte nicht festgestellt werden.

In Bezug auf eine etwaige Rückkehrgefährdung im Sinne einer realen Gefahr einer Verletzung der in Art. 2 und 3 EMRK verankerten Rechte des Beschwerdeführers war daher ebenso keine Änderung erkennbar.

Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache war daher rechtmäßig, weshalb die Beschwerde auch hinsichtlich Spruchpunkt II. abzuweisen war.

3.3. Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag au

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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