Entscheidungsdatum
07.09.2018Norm
AsylG 2005 §35 Abs1Spruch
W212 2147807-1/22E
W212 2147810-1/17E
W212 2147809-1/16E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Teheran vom 23.01.2017, Zl. Teheran-OB/KONS/1943/2016, aufgrund des Vorlageantrags von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , alle StA Afghanistan, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerden gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Teheran vom 22.11.2016, beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin und des minderjährigen Drittbeschwerdeführers. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Afghanistans und stellten am 30.11.2015 bei der Österreichischen Botschaft Teheran (im Folgenden: "ÖB Teheran") unter Anschluss diverser Unterlagen einen Antrag auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG. Begründend führten sie aus, ihr Ehemann bzw. Vater, XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, sei in Österreich seit 24.09.2014 subsidiär schutzberechtigt. Mit diesem wollten sie nun gemeinsam im Bundesgebiet leben. Die befristete Aufenthaltsberechtigung der Bezugsperson wurde am 25.08.2015 verlängert.
1.2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 27.09.2016 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass betreffend die antragstellende Partei die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die behauptete Gültigkeit der Ehe liege nicht vor, da diese gegen den ordre-public-Grundsatz verstoße (Doppelehen, Zwangsehen, Kinderehen, Stellvertreter- bzw. Telefonehen), sodass eine Statusgewährung nicht wahrscheinlich sei. Aus der vorgelegten Heiratsurkunde gehe hervor, dass die Erstbeschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Eheschließung am 26.05.2001 14 Jahre alt gewesen sei. Die Erstbeschwerdeführerin als Obsorgeberechtigte habe keine Zustimmung zur Ausreise der Zweit- und Drittbeschwerdeführer erteilt.
1.3. Mit Schreiben vom 29.09.2016, zugestellt am 02.10.2016, wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihnen wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Dem Schreiben ist die Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2016 angeschlossen, wonach die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, da diese gegen den ordre-public-Grundsatz verstoße (Doppelehen, Zwangsehen, Kinderehen, Stellvertreter- bzw. Telefonehen), da die Antragstellerin bei der Eheschließung erst 14 Jahre alt gewesen sei. Die Zustimmung der Obsorgeberechtigten zur Ausreise der Zweit- und Drittbeschwerdeführer liege nicht vor.
Den Beschwerdeführern wurde die Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen, widrigenfalls aufgrund der Aktenlage entschieden werde.
1.4. Nach Fristverlängerung gaben die Beschwerdeführer am 03.11.2016 eine Stellungnahme ab. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Eheschließung unzweifelhaft minderjährig gewesen sei. Auch wenn in Afghanistan neben staatlichem Recht auch das Scharia-Recht angewandt werde, das eine Altersbegrenzung nicht kenne, sei dem Bundesamt beizupflichten, dass Kinderehen gegen die Grundwerte der österreichischen Rechtsordnung verstoßen würden. Das Bundesamt verkenne aber die Pflichten, die sich aus Art. 8 EMRK und der Familienzusammenführungsrichtlinie ergeben würden. Ebenso habe es verabsäumt, die sozialen und kulturellen Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung zu berücksichtigten. Unter der Taliban-Herrschaft seien Verehelichungen ohne Rücksicht auf das gesetzlich vorgeschriebene Alter nicht nur möglich gewesen, sondern hätten regelmäßig stattgefunden. § 35 Abs. 5 AsylG besage, dass die Ehe schon im Herkunftsstaat bestanden haben müsse. Diese Formulierung ziele nicht auf den Zeitpunkt und Ort der Eheschließung, sondern auf den Zeitraum des bisherigen Familienlebens ab. Die Erstbeschwerdeführerin habe mit ihrem Mann zehn Jahre lang zusammengelebt. Eine andere Interpretation dieser rechtlichen Bestimmung würde bedeuten, dass Eheschließungen von Minderjährigen niemals saniert werden könnten, selbst wenn die Eheleute Jahrzehnte zusammengelebt hätten. Schließlich seien die gemeinsamen leiblichen Kinder als Beweis für das bestehende und anerkannte Eheleben anzusehen. In Afghanistan sei es undenkbar, als unverheiratetes Paar gemeinsame Kinder großzuziehen.
Der Stellungnahme lag eine Anfragebeantwortung von ACCORD vom 16.01.2014 zur Möglichkeit für unverheiratete Paare, gemeinsame Kinder zu haben, bei.
1.5. Diese Stellungnahme wurde dem BFA übermittelt, welches am 18.11.2016 mitteilte, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe.
1.6. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 22.11.2016 verweigerte die ÖB Teheran die Erteilung von Einreisetiteln gem. §26 FPG; iVm §35 AsylG. Im Bescheid der Erstbeschwerdeführerin wurde begründend ausgeführt, dass die Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, da diese gegen den ordre public-Grundsatz verstoße (Doppelehen, Zwangsehen, Kinderehen, Stellvertreter- bzw. Telefonehen). Betreffend die Zweit- und Drittbeschwerdeführer liege die Zustimmung des Obsorgeberechtigten zur Ausreise nicht vor.
Die Bescheide wurden den Beschwerdeführern am 22.11.2016 zugestellt.
1.7. Gegen den Bescheid richtet sich die fristgerecht eingelangte Beschwerde, in welcher zunächst das Vorbringen der Stellungnahme vom 03.11.2016 wiederholt wurde. Die Erstbeschwerdeführerin sei niemals nach einer Zustimmung zur Ausreise der Zweit- und Drittbeschwerdeführer gefragt worden und hätte sie somit auch nicht erteilen können. Wenn auch die Intention der Botschaft, Kinder nicht ohne Zustimmung des Obsorgeberechtigten von ihren Eltern zu trennen, begrüßenswert sei, müsse dennoch darauf hingewiesen werden, dass § 35 AsylG ein solches Vorgehen nicht kenne. Ebenso wenig gehe aus dem Bescheid hervor, dass der Vater der Kinder gefragt worden wäre und weshalb seine Zustimmung von minderer Bedeutung sei. Bereits mit Erkenntnis vom 06.06.2014 habe der Verfassungsgerichtshof einen abweisenden Bescheid im Verfahren nach § 35 AsylG behoben, da die Frage einer möglichen Verletzung des Rechts auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK weder berücksichtigt noch mit den Antragstellern erörtert worden sei. Es sei mittlerweile ständige Rechtsprechung, dass diese Frage in sämtlichen Einreiseverfahren zu berücksichtigten sei. Weder die Botschaft noch das Bundesamt seien aber im gegenständlichen Verfahren auf diese Frage eingegangen. Dies belaste den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Der Beschwerde lagen die Geburtsurkunden der Beschwerdeführer sowie die Heiratsurkunde der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson in deutscher Übersetzung bei.
1.8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 23.01.2017 wies die ÖB Teheran die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.
Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag nach §35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt habe und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ergangen sei. Auch sei die Stellungnahme der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung vorgelegt und erst in der Folge bescheidmäßig abgesprochen worden. Als alleintragender Grund für die Abweisung des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels gem. §35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführerin auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.
Jenseits und unabhängig der dargestellten Bindungswirkung vertrete auch die belangte Behörde die Ansicht, dass die Ehe gegen den ordre-public-Grundsatz verstoße (Kinderehe) und die Erstbeschwerdeführerin somit kein Familienangehöriger im Sinn des Asylgesetzes sei. Auf eine allfällige (rückwirkende) Sanierung bei Erreichen des Ehefähigkeitsalters stelle das Gesetz nicht ab.
1.9. Am 01.02.2017 wurde bei der ÖB Teheran ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
1.10. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.08.2017 wurde die fristgerecht erhobene Beschwerde gem. § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin zum Zeitpunkt der behaupteten Eheschließung erst 14 Jahre alt gewesen sei, weshalb eine Kinderehe vorliege, die dem ordre-public widerspreche. Die Zustimmung der Obsorgeberechtigten zur Ausreise der Zweit- und Drittbeschwerdeführer liege nicht vor.
1.11. Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Beschwerdeführer eine auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
1.12. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 11.06.2018 zu Zahl E 3362-3364/2017-19 wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes aufgehoben und festgestellt, dass die Beschwerdeführer durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden seien.
In den Erwägungen dieses Erkenntnisses wurde insbesondere ausgeführt:
"Das Bundesverwaltungsgericht hegt im angefochtenen Erkenntnis keine Zweifel, dass es sich bei der mj. Zweitbeschwerdeführerin und dem mj. Drittbeschwerdeführer um die Kinder der in Österreich lebenden subsidiär schutzberechtigten Person handelt. Gemäß §35 Abs5 AsylG 2005 ist auch Familienangehöriger, wer zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde. Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes, dass - wie sich aus der erstinstanzlichen Entscheidung ergibt - zur Ausreise der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers jedenfalls auch die Zustimmung der Erstbeschwerdeführerin als Obsorgeberechtigte notwendig und diese nicht erteilt worden sei, sind in keiner Weise nachvollziehbar, weil - bereits nach der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides - die Erstbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin die Anträge gemäß §35 AsylG 2005 für ihre Kinder selbst bei der Österreichischen Botschaft Teheran gestellt hat und die alleinige Zustimmung der Erstbeschwerdeführerin zur Ausreise der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers ausreicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher das angefochtene Erkenntnis hinsichtlich der Verweigerung der Einreiseerlaubnis für die minderjährigen Kinder mit Willkür belastet (vgl. VfGH 27.11.2017, E1001-1005/2017).
Bei diesem Ergebnis ist das angefochtene Erkenntnis auch hinsichtlich der Verweigerung der Einreiseerlaubnis für die Erstbeschwerdeführerin aufzuheben, weil vor diesem Hintergrund zu prüfen gewesen wäre, ob - ungeachtet des eventuellen Nichtvorliegens einer Ehe - Art8 EMRK gebieten würde, der Erstbeschwerdeführerin die Einreise zur Wahrung des Familienlebens zu gestatten (vgl. VfGH 6.6.2014, B369/2013-13; 23.11.2015, E1510/2015; 27.11.2017, E1001-1005/2017)."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgebung der Beschwerde:
3.1. § 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:
"(1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."
§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:
"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres
und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:
"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung
des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."
§ 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.
...
§ 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lautet:
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."
Wie im oben zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes festgestellt, hegte die belangte Behörde keine Zweifel, dass es sich bei der mj. Zweitbeschwerdeführerin und dem mj.
Drittbeschwerdeführer um die leiblichen Kinder der Bezugsperson handelt. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs liegt auch die Zustimmung der Erstbeschwerdeführerin zur Ausreise der beiden minderjährigen Kinder vor.
Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde daher zu prüfen, ob
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trotz Vorliegens einer dem ordre-public widersprechenden Kinderehe
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Art. 8 EMRK gebieten würde, auch der Erstbeschwerdeführerin ein Visum zur Einreise zu erteilen.
Aufgrund der Besonderheiten und der verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11 a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens kann die Durchführung der notwendigen Ermittlungen zur Eheschließung und dem Familienleben der beschwerdeführenden Partei nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch das erkennende Gericht selbst durchgeführt werden. Es war daher mit der Behebung des gegenständlichen Bescheides vorzugehen.
Gemäß § 11 a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ehe, Einreisetitel, Ermittlungspflicht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W212.2147810.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.11.2018