Entscheidungsdatum
07.09.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W192 2203707-1/5E
W192 2203708-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. RUSO über die Beschwerden von XXXX, beide StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.07.2018, Zln. 1.) 1178298603-180023773 und 2.) 1174299003-171306962, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die nunmehrige Zweitbeschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, stellte am 19.11.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem sie auf dem Luftweg von Georgien kommend in das Bundesgebiet gelangt war. Hinsichtlich ihrer Person liegt keine EURODAC-Treffermeldung vor.
Im Verlauf ihrer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 20.11.2017 brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, an keinen Krankheiten zu leiden, welche sie an der Durchführung der Einvernahme hindern würden. Sie habe die Russische Föderation Mitte November 2017 legal unter Mitführung ihres - nunmehr in Vorlage gebrachten - Reisepasses verlassen und sei mit dem PKW nach Weißrussland gereist, von dort aus sei sie über die Ukraine und Georgien nach Österreich gelangt. Sie habe ihren Herkunftsstaat verlassen, da sie als Aktivistin gegen die Regierung von Präsident Putin tätig gewesen wäre und aus diesem Grund vom russischen Geheimdienst (FSB) verfolgt worden sei.
Am 21.11.2017 wurde das Verfahren der Zweitbeschwerdeführerin durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zugelassen, weitere Verfahrensschritte hinsichtlich einer inhaltlichen Prüfung ihres Antrages wurden durch die Behörde nicht gesetzt.
2. Der Erstbeschwerdeführer, ebenfalls ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, suchte am 08.01.2018 um internationalen Schutz in Österreich an, nachdem er auf dem Luftweg von Lettland kommend in das Bundesgebiet eingereist war. Zu seiner Person liegt keine EURODAC-Treffermeldung vor. Im Verwaltungsakt des Erstbeschwerdeführers befindet sich ein Abgleichsbericht aus dem VIS-System des Bundesministeriums für Inneres vom 08.01.2018, wonach der Erstbeschwerdeführer im Besitz eines durch das tschechische Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten in Moskau ausgestellten, im Zeitraum von 15.12.2017 bis 09.01.2018 gültigen, Schengenvisums der Kategorie C gewesen ist.
Anlässlich seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag der Antragstellung erklärte der Erstbeschwerdeführer, an keinen Krankheiten zu leiden, welche ihn an der Durchführung der Befragung hindern würden. Er habe seinen Herkunftsstaat Mitte Dezember 2017 verlassen und Österreich als sein Zielland gewählt, da sich seine Lebensgefährtin - die Zweitbeschwerdeführerin - hier aufhalten würde. Er sei über Weißrussland und Lettland auf dem Luftweg im Besitz eines durch die tschechische Botschaft Moskau ausgestellten Visums der Kategorie C nach Österreich gelangt. Der Erstbeschwerdeführer habe seinen Herkunftsstaat verlassen, da ihm von der Polizei vorgeworfen worden wäre, dass er an einem Meeting gegen Putin teilgenommen hätte. Der Erstbeschwerdeführer legte seinen russischen Reisepass mit einem darin ersichtlichen tschechischen Visum der Kategorie C vor.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 10.01.2018 ein den Erstbeschwerdeführer betreffendes Aufnahmegesuch gemäß Art. 12 Abs. 2 oder 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: "Dublin III-VO") an Tschechien.
Mit Eingabe vom 25.01.2018 beantragte der Erstbeschwerdeführer bei einer Landespolizeidirektion die Familienzusammenführung mit seiner Ehefrau, der Zweitbeschwerdeführerin, und übermittelte im Anhang schriftliche Zeugenaussagen ihrer Nachbarn aus Russland, welche eine zwischen den beschwerdeführenden Parteien bestehende Ehe bestätigen würden.
In der Folge fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 01.02.2018 eine niederschriftliche zeugenschaftliche Einvernahme der Zweitbeschwerdeführerin statt, anlässlich derer sie im Wesentlichen bestätigte, dass der Erstbeschwerdeführer ihr Ehemann wäre. Sie habe diesen anlässlich der Erstbefragung deshalb nicht erwähnt, da sie damals lediglich nach dem Vater ihrer Kinder gefragt worden wäre. Die Zweitbeschwerdeführerin kenne den Erstbeschwerdeführer aus ihrer gemeinsamen Schulzeit; mit 15 sei dieser in eine andere Stadt gezogen und mit 40 wieder in ihre Stadt zurückgekehrt. Anschließend seien sie gemeinsam mach Moskau gegangen. Sie sei deshalb ohne ihren Mann geflüchtet, da sie Vorstand einer Partei wäre und aus diesem Grund früher habe flüchten müssen. Sie habe ihren Mann Anfang Juni 2015 standesamtlich geheiratet, ihre Heiratsurkunde hätten sie jedoch zuhause gelassen.
Betreffend die Zweitbeschwerdeführerin richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 05.02.2018 ein (am 08.02.2018 neuerlich gesendetes) Aufnahmegesuch gemäß Art. 11 Dublin III-VO an Tschechien, welches im Wesentlichen mit ihrer nunmehr bekannt gewordenen Familienangehörigeneigenschaft zum Erstbeschwerdeführer begründet wurde.
Mit Schreiben vom 02.03.2018, beim BFA am selben Tag eingelangt, stimmten die tschechischen Behörden dem Aufnahmegesuch betreffend den Erstbeschwerdeführer gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Mit Schreiben vom 05.04.2018, beim BFA am gleichen Datum eingelangt, informierte die tschechische Dublin-Behörde darüber, dass das Aufnahmegesuch betreffend die Zweitbeschwerdeführerin vorläufig nicht akzeptiert werde, da nähere Information zur deren Person respektive zur behaupteten Ehe mit dem Erstbeschwerdeführer benötigt würden.
Mit Eingabe vom 27.04.2018 übermittelten die beschwerdeführenden Parteien diverse Fotos, auf welchen sie im Alltag gemeinsam zu sehen sind.
Mit Schreiben vom 28.05.2018 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die zuständige tschechische Behörde im Verfahren des Erstbeschwerdeführers gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO über die Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate, da dieser unbekannten Aufenthalts wäre.
Mit Eingaben vom 20.06.2018 und vom 26.06.2018 übermittelte der Erstbeschwerdeführer zwei russischsprachige Dokumente in Kopie. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl veranlasste eine Übersetzung dieser Schriftstücke ins Deutsche. Demnach handelt es sich bei einem der Schreiben um eine Anfang Juni 2015 im Gebiet Moskau ausgestellte Heiratsurkunde lautend auf den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin. Beim weiters vorgelegten Schriftstück handelt es sich um ein mit "Gesuch" betiteltes handschriftliches Schreiben der beschwerdeführenden Parteien an die österreichische Behörde vom 26.06.2018, in welchem diese im Wesentlichen ausführten, dass sie angesichts der Stärkung der diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Regierung Österreichs und Putin nicht auf die vollkommene Sicherheit ihres Lebens zählen können und aus diesem Grund um die Rückgabe ihrer Dokumente ersuchen würden, um ihre Reise in einen anderen Mitgliedstaat der EU zu ermöglichen, welcher die ungesetzlichen Handlungen von Putin nicht anerkenne.
Mit am gleichen Datum übermittelten Remonstrationsschreiben vom 24.04.2018 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die tschechische Behörde darüber, dass die angefragten Dokumente ehestmöglich übermittelt werden würden. Mit weiterem Remonstrationsschreiben vom 28.05.2018 nahm das BFA auf die zwischenzeitlich vorliegende Zustimmungserklärung Tschechiens für das Verfahren des Erstbeschwerdeführers Bezug und führte an, dass eine Ablehnung demnach zu einer Trennung der Familie führen würde.
Mit Schreiben vom 30.05.2018 teilte die tschechische Dublin-Behörde mit, dass kein Beleg für eine Eheschließung zwischen den beschwerdeführenden Parteien vorliegen würde und Tschechien sich aus diesem Grund momentan nicht als zuständig erachte. Die tschechische Behörde ersuchte erneut um Übermittlung einer Heiratsurkunde.
Mit Schreiben vom 21.06.2018 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der tschechischen Behörde eine Kopie der zwischenzeitlich (in Kopie) vorgelegten russischsprachigen Heiratsurkunde des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin. Mit Schreiben vom 29.06.2018, beim BFA am gleichen Tag eingelangt, teilte die tschechische Dublin-Behörde mit, dass dem die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden Aufnahmegesuch gemäß Art. 11 Dublin III-VO zugestimmt werde.
Am 09.07.2018 erfolgten nach durchgeführter Rechtsberatung und in Anwesenheit eines Rechtsberaters niederschriftliche Einvernahmen der beschwerdeführenden Parteien vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl:
Der Erstbeschwerdeführer gab zusammengefasst zu Protokoll, er sei gesund und stünde nicht in ärztlicher bzw. medikamentöser Behandlung. Mit Ausnahme seiner ebenfalls im Bundesgebiet aufhältigen Ehefrau nannte er keine Bindungen zum Bundesgebiet. Auf Vorhalt der vorliegenden Zustimmungserklärung Tschechiens für die Führung seines Verfahrens auf internationalen Schutz meinte der Erstbeschwerdeführer, er hätte keine andere Möglichkeit als die Beantragung des tschechischen Visums gehabt, um zu seiner Frau nach Österreich zu kommen. Seine Ehefrau hätte sich bereits in Österreich befunden, der Erhalt eines österreichischen Visums hätte sich jedoch als unmöglich erwiesen. Wegen ihrer politischen Tätigkeit - sie hätten gegen Korruption und die von Russland geführten Kriege gekämpft - sei der Erstbeschwerdeführer gezwungen gewesen, seine Frau vorzuschicken und dann selbst zu flüchten. Zum Zeitpunkt, als er das Visum erhalten hätte, habe sich sein Leben in Gefahr befunden und er habe viel für selbiges bezahlen müssen. Zu tschechischen Behörden oder der Polizei hätte er keinen Kontakt gehabt. Eine Ausweisung nach Tschechien käme einer Zurückweisung nach Russland gleich, da dort sehr viele Leute vom FSB wären und sie sicher seien, dass Tschechien sie sofort nach Russland zurückschicken würde. Bevor er nach Tschechien reise, würde er sich hier vorher die Adern aufschneiden.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab zusammengefasst zu Protokoll, sie sei gesund und benötige keine ärztliche Behandlung. Zu Österreich verfüge sie mit Ausnahme ihres ebenfalls hier aufhältigen Ehemanns keine Anknüpfungspunkte. Der Zweitbeschwerdeführerin wurde zur Kenntnis gebracht, dass aufgrund der vorgelegten Heiratsurkunde feststünde, dass sie mit dem Erstbeschwerdeführer verheiratet wäre und in ihrem Fall - ausgehend von der Zuständigkeit Tschechiens für die Führung des Verfahrens ihres Mannes - nun auch in Bezug auf ihre Person eine Zustimmungserklärung Tschechiens eingelangt wäre. Diesbezüglich gab die Zweitbeschwerdeführerin an, sie seien nie in Tschechien gewesen; ihr sei bekannt, dass die Dublin-Konvention Rücksicht bei Eheleuten nehmen würde. Sie würden es als gesetzwidrig erachten, dass man sie zwinge, nach Tschechien zu fahren. Jeder Politiker auf der Welt würde bestätigen, dass Tschechien mit Russland zusammenarbeite, weshalb Gefahr für ihr Leben bestünde. Nur weil ihr Mann ein Visum Tschechiens gehabt hätte, bedeute dies nicht, dass sie sich in die Gefahr begeben sollten. Das wäre dasselbe, als würde sie sich jetzt öffentlich anzünden. Ihre Ausweisung nach Tschechien bedeute Gefahr für ihr Leben.
2. Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Tschechien für die Prüfung des Antrags des Erstbeschwerdeführers gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO sowie für die Prüfung des Antrags der Zweitbeschwerdeführerin gemäß Art. 11 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkte I.). Gleichzeitig wurde gegen die beschwerdeführenden Parteien gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Tschechien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkte II.).
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Tschechien wurden in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert durch das Bundesverwaltungsgericht):
1. Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (MVCR 5.8.2016; vgl. MVCR o.D.a, MVCR o.D.b für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).
Quellen:
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (5.8.2016): Procedure for Granting International Protection in the Czech Republic, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/procedure-for-granting-international-protection-in-the-czech-republic.aspx, Zugriff 11.4.2018
-
MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.a): Course of administrative proceedings for granting international protection, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/course-of-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 11.4.2018
-
MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.b): Court review of actions and cassation complaints filed against decisions issued during administrative proceedings for granting international protection,
http://www.mvcr.cz/mvcren/article/court-review-of-actions-and-cassation-complaints-filed-against-decisions-issued-during-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 11.4.2018
2. Dublin-Rückkehrer
In der Tschechischen Republik werden Take charge-Rückkehrer automatisch in ein Aufnahmezentrum gebracht, wo diese gefragt werden, ob ihr Verfahren in der Tschechischen Republik fortgesetzt werden soll.
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Wenn ja, wird der Rückkehrer registriert, der Antrag formell eingebracht und das Verfahren fortgesetzt.
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Wenn der Rückkehrer kein Verfahren in der Tschechischen Republik wünscht, wird dieses formell beendet. Der Rückkehrer könnte beantragen in einem freiwilligen Rückkehrverfahren registriert zu werden, ansonsten fällt er unter das Femdenrecht.
Im Falle von Take back-Rückkehrern deren vorhergehendes Asylverfahren noch läuft, werden diese in ein Asylzentrum gebracht und das Verfahren wird fortgesetzt.
Take back-Rückkehrer deren vorhergehendes Asylverfahren bereits abgeschlossen ist, werden in ein Aufnahmezentrum gebracht und gefragt, ob sie einen neuen Antrag auf internationalen Schutz stellen wollen.
* Wenn ja, wird der Rückkehrer erneut registriert und der Antrag auf internationalen Schutz formell eingebracht (gilt als Folgeantrag).
* Wenn kein Asylantrag gestellt wird, wird das Verfahren beendet. Der Rückkehrer könnte beantragen, in einem freiwilligen Rückkehrverfahren registriert zu werden. Ansonsten steht der Status der Person unter dem Alien Act-Verfahren. Der Rückkehrer könnte beantragen in einem freiwilligen Rückkehrverfahren registriert zu werden, ansonsten fällt er unter das Femdenrecht.
Die Versorgung von Dublin-Rückkehrern in der Tschechischen Republik unterscheidet sich nicht von jener für andere Antragsteller (EASO 24.10.2017).
Dublin-Rückkehrer haben Zugang zum Asylverfahren. Wenn ein vorheriges Asylverfahren eingestellt wurde weil sich der Antragsteller dem Verfahren entzogen hat (z.B. Nichterscheinen zum Interview), wird ein neuer Antrag inhaltlich behandelt. Wenn ein Rückkehrer bereits eine inhaltlich negative Asylentscheidung in der Tschechischen Republik erhalten hat, muss ein Folgeantrag neue Elemente enthalten um zulässig zu sein. Dublin-Rückkehrer haben denselben Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung und Unterbringung wie andere Antragsteller (MVCR 16.8.2016).
Quellen:
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EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.
Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (16.8.2016), per E-Mail
3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable
...
In der Tschechischen Republik werden spezielle Bedürfnisse von vulnerablen Asylwerbern im Interview erhoben. Als Vulnerable gelten UMA, Kinder mit speziellen Bedürfnissen, Opfer von Menschenhandel, Personen mit medizinischen oder psychologischen Bedürfnissen/Traumatisierte und Menschen mit erhöhtem Sicherheitsbedürfnis (EMN 2014). Die Bedürfnisse vulnerabler Personen werden bei der Unterbringung berücksichtigt (AA 11.11.1999).
Quellen:
-
AA - Asylum Act (11.11.1999), Stand: 3.4.2016, http://www.mvcr.cz/mvcren/file/asylum-act.aspx, Zugriff 11.4.2018
-
EMN - European Migration Network (2014): The Organisation of Reception Facilities for Asylum Seekers in different Member States (veröffentlicht von Europäische Kommission), http://www.emnbelgium.be/sites/default/files/publications/emn_organisation_of_reception_facilities_january_2014_3.pdf, Zugriff 11.4.2018
-
EPP - Eastern Partnership Panel on Migration and Asylum (21-22.10.2015): Expert meeting on Unaccompanied Minor Asylum Seekers,
http://www.eapmigrationpanel.org/sites/default/files/files/matrix_compilation_umas.pdf, Zugriff 11.4.2018
-
Nidos/Caritas International/France Terre d'Asile (1.2015): Manual and project report - Dublin for Guardians, https://engi.eu/wp-content/uploads/2016/11/Manual-and-project-report-Dublin-for-Guardians.pdf, Zugriff 11.4.2018
-
OPU - Organization for Aid to Refugees (o.D.): Unaccompanied minors,
https://www.opu.cz/en/co-delame/pomoc-nezletilym-bez-doprovodu/, Zugriff 11.4.2018
4. Non-Refoulement
Personen, welche die Bedingungen für internationalen Schutz nicht erfüllen, aber wegen eines Risikos ernster Gefährdung nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, können subsidiären Schutz erhalten (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Czech Republic, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395772.html, Zugriff 11.4.2018
5. Versorgung
Die Tschechische Republik verfügt zur Unterbringung von Asylwerbern über Empfangszentren, Unterbringungszentren und Integrationsasylzentren. Sie alle unterstehen dem tschechischen Innenministerium und werden von der Refugee Facility Administration verwaltet. Zuerst kommen Antragsteller in ein geschlossenes Reception Center (ReC). ReC gibt es in Zastávka u Brna und am Flughafen Prag Ruzyne. Der Aufenthalt ist dort verpflichtend, es erfolgen Maßnahmen zur Identitätsfeststellung und eine medizinische Untersuchung. Neben der Unterkunft und Verpflegung gibt es in ReC soziale und psychologische Dienste, medizinische Versorgung etc. Danach kommen Asylwerber bis zum rechtskräftigen Ende ihres Verfahrens in ein offenes Residential Center (RC), in dem sie das Recht auf Unterkunft, Verpflegung, rechtliche und psychologische Hilfe usw., sowie ein Taschengeld haben. Sozialarbeit hat einen hohen Stellenwert. RC gibt es in folgenden Gemeinden: Kostelec nad Orlicí und Havírov. Wenn Asylwerber über Finanzmittel über dem Existenzminimum verfügen, müssen sie sich an den Kosten für Unterkunft und Essen beteiligen. Asylwerber haben unter bestimmten Voraussetzungen das Recht auch außerhalb des Unterbringungszentrums privat zu wohnen. Schutzsuchende können dann auch, wiederum unter bestimmten Bedingungen, für 3 Monate finanzielle Zuwendungen erhalten (MVCR 5.8.2016; vgl. RFA o.D., NIEM 12.2017). Die Bedürfnisse vulnerabler Personen werden bei der Unterbringung berücksichtigt (AA 11.11.1999). Es gibt darüber hinaus noch drei Schubhafteinrichtungen in Belá pod Bezdezem, Vyšní Lhoty und Balková (RFA o.D.; vgl. NIEM 12.2017).
Die Höhe des Taschengeldes liegt in den Zentren in denen Essen bereitgestellt wird, bei 1,20 Euro pro Person und Tag. In den Zentren in denen selbst gekocht werden kann, liegt sie bei 4,50 Euro. Die Qualität der Unterbringung wird alle 6 Monate kontrolliert. Unabhängige Überprüfungen durch den Ombudsmann sowie das Gesundheitsamt sind möglich. Tschechien verfügt über etwa 673 Unterbringungsplätze, inklusive jener für Vulnerable und UMA. In den Empfangszentren gibt es Büchereien, Interneträume, Sportplätze, Gelegenheiten zur künstlerischen, handwerklichen und musischen Betätigung, Bereiche für Kinder und Basis-Sprachkurse. In den offenen Unterbringungszentren gibt es zusätzlich Möglichkeiten außerhalb der Zentren, wie etwa Ausflüge (EMN 2014). Nach Ablauf von sechs Monaten ab Antragstellung, haben Asylwerber legalen Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn sie über eine gültige Arbeitserlaubnis der regionalen Niederlassung des Arbeitsmarktservices der Tschechischen Republik verfügen (MVRC 7.3.2017).
Quellen:
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AA - Asylum Act (11.11.1999), Stand: 3.4.2016, http://www.mvcr.cz/mvcren/file/asylum-act.aspx, Zugriff 11.4.2018
-
EMN - European Migration Network (2014): The Organisation of Reception Facilities for Asylum Seekers in different Member States (veröffentlicht von Europäische Kommission), http://www.emnbelgium.be/sites/default/files/publications/emn_organisation_of_reception_facilities_january_2014_3.pdf, Zugriff 11.4.2018
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (5.8.2016): Procedure for Granting International Protection in the Czech Republic, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/procedure-for-granting-international-protection-in-the-czech-republic.aspx?q=Y2hudW09Mw%3D%3D, Zugriff 11.4.2018
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (7.3.2017): Information for employers,
http://www.mvcr.cz/mvcren/article/information-for-employers.aspx, Zugriff 11.4.2018
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NIEM - National Integration Evaluation Mechanism (12.2017): Asylum seekers and beneficiaries of international protection in V4 countries,
https://www.clovekvtisni.cz/media/publications/876/file/v4niem-repot-cz-hu-pl-sk-complete.pdf, Zugriff 11.4.2018
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RFA - Refugee Facilities Administration (o.D.): Facilities aministered by RFA of the Ministry of the Interior, http://www.suz.cz/en/, Zugriff 11.4.2018
5.1. Medizinische Versorgung
Asylwerber genießen die Leistungen des öffentlichen Krankenversicherungssystems (MVCR o.D.b).
Das tschechische Finanzministerium bezahlt die monatlichen Sozialversicherungsbeiträge für bestimmte Gruppen wirtschaftlich inaktiver Personen, darunter auch Asylwerber (HiT 2015).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).
Quellen:
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HiT - European Observatory on Health Systems and Policies: Health Systems in Transition, Vol. 17 No. 1 2015; Czech Republic, Health system review, 2015,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1441871505_czech-hit.pdf, Zugriff 11.4.2018
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MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):
Auskunft MedCOI, per E-Mail
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.b): Court review of actions and cassation complaints filed against decisions issued during administrative proceedings for granting international protection,
http://www.mvcr.cz/mvcren/article/court-review-of-actions-and-cassation-complaints-filed-against-decisions-issued-during-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 11.4.2018
6. Schutzberechtigte
Anerkannte Flüchtlinge erhalten Asyl auf unbestimmte Zeit. Subsidiär Schutzberechtigte bekommen eine befristete Aufenthaltserlaubnis für ein bis zwei Jahre, die verlängerbar ist. Sowohl anerkannte Flüchtlinge als auch subsidiär Schutzberechtigte haben den gleichen Zugang zu Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheits- und Sozialhilfesystem wie tschechische Staatsbürger (NIEM 12.2017).
Die Integrationsasylzentren (Integration Asylum Centers - IAC) in Jaromer, Predlice, Brünn und Ceská Lípa dienen als temporäre Unterkünfte für Schutzberechtigte. In diesen Zentren stehen separate Wohneinheiten zur Verfügung und für die Miete und Betriebskosten wird ein Selbstbehalt eingehoben. Für Schutzberechtigte wird ein individueller Integrationsplan für zwölf Monate mit Hilfe eines Sozialarbeiters erstellt, der je nach Integrationsverlauf aktualisiert wird. Die Teilnahme daran erfolgt freiwillig. Gemäß dem aktuellen staatlichen Integrationsplan haben international Schutzberechtigte (anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte) neben der temporären Unterbringung ein Recht auf Sprachtraining (kostenloser Kurs im Ausmaß von 400 Stunden) und Unterstützung bei der Suche nach Arbeit, permanenter Unterkunft, Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen (MVCR 7.3.2017). Im Jahr 2016 erhielten 319 Personen Unterstützung im Rahmen des Integrationsprogramms. Davon bekamen 125 Personen Hilfe von Sozialarbeitern bei der Wohnungssuche, 30 Personen fanden einen Arbeitsplatz und 73 Personen nahmen an einem Sprachkurs teil (NIEM 12.2017).
In die Umsetzung des staatlichen Integrationsprogramms sind auch NGOs eingebunden, wie etwa Counselling Centre for Integration (PPI), Caritas Czech Republic, Organisation for Aid to Refugees (OPU), Centre for Integration of Foreigners (CIC), Association for Integration and Migration) (SIMI) oder InBáze (InBaze) etc. Diese arbeiten u.a. auf den Gebieten Unterbringung und Beschäftigung von Schutzberechtigten (MVCR 7.3.2017).
Bei der Integration wird jedoch kritisiert, dass die vier Asylintegrationszentren in eher strukturschwachen Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit liegen (CoE 13.10.2015). Außerdem berichten die Caritas, die im ersten Jahr mit der Überwachung der Umsetzung des Integrationsprogramms beauftragt wurde, und einige direkt am Programm beteiligte Organisationen, dass die unterschätzten Verwaltungskosten, die Unzuverlässigkeit der für die Sprachkurse zuständigen Sprachagentur und die suboptimale Kommunikation mit dem Innenministerium die erfolgreiche Durchführbarkeit des Integrationsprogramms beeinträchtigt haben. Weiters wird angemerkt, dass trotz der positiven Bestrebungen seitens der Regierung, weiterhin ein eindeutiger Weiterentwicklungs- und Verbesserungsbedarf bei Integrationsmaßnahmen in der Tschechischen Republik besteht (Globsec 5.2017).
Quellen:
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CoE-ECRI - Council of Europe - European Commission against Racism and Intolerance (13.10.2015): ECRI Report on the Czech Republic (fifth monitoring cycle),
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1460532419_cze-cbc-v-2015-035-eng.pdf, Zugriff 11.4.2018
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Globsec (5.2017): Migration politics and policies in Central Europe,
https://www.globsec.org/wp-content/uploads/2017/08/migration_politics_and_policies_in_central_europe_web.pdf, Zugriff 11.4.2018
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (7.3.2017): Integration of recognized refugees,
http://www.mvcr.cz/mvcren/article/integration-of-recognized-refugees-913320.aspx?q=Y2hudW09MQ%3d%3d, Zugriff 11.4.2018
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NIEM - National Integration Evaluation Mechanism (12.2017): Asylum seekers and beneficiaries of international protection in V4 countries,
https://www.clovekvtisni.cz/media/publications/876/file/v4niem-repot-cz-hu-pl-sk-complete.pdf, Zugriff 11.4.2018
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte fest, dass es sich bei den beschwerdeführenden Parteien um Ehegatten handle, deren Identität feststünde und die jeweils an keiner schwerwiegenden Erkrankung im psychischen oder physischen Bereich leiden würden. Die Anträge auf internationalen Schutz seien zurückzuweisen, weil im Falle des Erstbeschwerdeführers gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO Tschechien für die Prüfung seines Antrages zuständig wäre; die Zuständigkeit für die Zweitbeschwerdeführerin als dessen Ehegattin und sohin dessen Familienangehörige im Sinne der Dublin III-VO, gründe sich auf Art. 11 Dublin III-VO. Da die Anträge der zunächst eingereisten Zweitbeschwerdeführerin und des Erstbeschwerdeführers in zeitlicher Nähe zueinander gestellt worden wären und die im Fall der Zweitbeschwerdeführerin ursprünglich indizierte Zuständigkeit Österreichs im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO eine Trennung der Familie ergeben würde, seien die Voraussetzungen für die gemeinsame Verfahrensführung in Tschechien gemäß Art. 11 lit b Dublin III-VO gegeben. Der Umstand, dass das Verfahren der Zweitbeschwerdeführerin in Österreich zunächst zugelassen worden wäre - ohne dass es jedoch bis dato zur Führung eines inhaltlichen Verfahrens in Österreich gekommen wäre - führe zu keiner tatsächlichen und nicht mehr veränderbaren Verfahrenszuständigkeit Österreichs, zumal es sich bei einer Verfahrenszulassung lediglich um eine Prognoseentscheidung handeln würde, welche einer späteren Zurückweisung nicht entgegenstünde (VwGH 25.11.2008, 2006/20/0624). Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Parteien ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Es hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass die beschwerdeführenden Parteien in Tschechien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgung ausgesetzt gewesen wären oder dies künftig zu erwarten hätten. Soweit die beschwerdeführenden Parteien geäußert hätten, aufgrund ihrer politischen Tätigkeit gefährdet zu sein, da Tschechien mit Russland zusammenarbeiten würde, ginge aus deren Angaben keine konkret vorliegende Gefahr hervor und sei ihrem Vorbringen keine mangelnde Schutzwilligkeit oder mangelnde Schutzfähigkeit des tschechischen Staates zu entnehmen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es seien auch weder schützenswerte familiäre, noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, da die BeschwerdeführerInnen lediglich Familienbindungen untereinander im Bundesgebiet hätten und ihre (kurze) Aufenthaltsdauer kein relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens begründe, weshalb die Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.
Die angeführten Bescheide wurden den beschwerdeführenden Parteien jeweils am 03.08.2018 durch Hinterlegung zugestellt.
3. Gegen die dargestellten Bescheide richtet sich die mit für den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin gleichlautendem Schriftsatz vom 13.08.2018 fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher begründend zusammenfassend ausgeführt würde, dass die im Verfahren des Erstbeschwerdeführers erfolgte Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate aufgrund von "Flüchtigkeit" nicht rechtmäßig wäre. Da die Mitteilung über die Flüchtigkeit des Erstbeschwerdeführers an die tschechischen Behörden am 28.05.2018 erfolgt, dessen Einvernahme vor dem BFA jedoch erst am 09.07.2018 abgehalten worden wäre, sei unklar, wie sich jener vor der Erlassung eines Bescheides einer Überstellungsmaßnahme nach Tschechien hätte entziehen können, da eine solche Überstellung im Mai 2018 rechtlich nicht zulässig gewesen wäre. Die beschwerdeführenden Parteien hätten die Umstände, welcher einer Überstellung nach Tschechien im Lichte des Art. 3 EMRK entgegenstehen würden, benannt, die Behörde hätte es jedoch unterlassen, auf das konkrete individuelle Vorbringen einzugehen. Unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des konkreten Falles könne nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass die beschwerdeführenden Parteien im Falle ihrer Abschiebung nach Tschechien Gefahr laufen würden, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung iSd Art. 3 EMRK unterworfen zu werden, zumal die Zweitbeschwerdeführerin erklärte politische Gegnerin von Putin wäre und im Falle der Überstellung nach Tschechien dem Risiko einer Kettenabschiebung in die Russische Föderation ausgesetzt wäre. Die Zweitbeschwerdeführerin sei davon überzeugt, dass die russische Regierung bereits erste Maßnahmen eingeleitet hätte, damit ihre Abschiebung aus Tschechien in die Russische Föderation möglichst rasch verlaufen werde. In diesem Zusammenhang werde auf einen Nachrichtenbericht aus Mai 2018 verwiesen, demzufolge Tschechien einem russischen Staatsbürger, welcher für die Aussage, dass "die UDSSR mit Nazis zusammengearbeitet" hätte, verurteilt worden wäre, Asyl verwehrt hätte. In der Beschwerde wurden desweiteren Links zu Youtube-Videos angeführt, welche belegen würden, dass die Zweitbeschwerdeführerin politische Aktivistin wäre. Die Genannte sei in ihrem Heimatstaat zwölf Stunden vom russischen Geheimdienst verfolgt und überdies befragt worden, eigenen Angaben zufolge scheine ihr Name auf einer Liste der russischen Regierung bezüglich politisch tätiger unliebsamer Bürger auf. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde somit zum Ergebnis einer Zuständigkeit Österreichs für die gegenständlichen Verfahren gelangen müssen. Der Beschwerde beiliegend wurde ein Konvolut an russisch- und französischsprachigem Berichtsmaterial übermittelt.
4. Mit hg. Beschlüssen vom 22.08.2018, der gewillkürten Vertretung der beschwerdeführenden Parteien am gleichen Tag zugestellt, wurde den gegenständlichen Beschwerden die aufschiebende Wirkung gemäß § 17 BFA-VG zuerkannt.
Mit Eingabe vom 05.09.2018 wurde das Bundesverwaltungsgericht über ein die Zweitbeschwerdeführerin betreffendes Fahndungsersuchen durch Interpol Moskau in Kenntnis gesetzt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, welche im Juni 2015 im Herkunftsstaat standesamtlich die Ehe geschlossen haben. Die Zweitbeschwerdeführerin reiste am 19.11.2017 auf dem Luftweg aus Georgien kommend in das Bundesgebiet ein und stellte an jenem Datum den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Der Erstbeschwerdeführer reiste aus Lettland kommend auf dem Luftweg in das Bundesgebiet ein und stellte am 08.01.2018 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz. Der Erstbeschwerdeführer befand sich zum Zeitpunkt der Einreise im Besitz eines vom tschechischen Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten in Moskau ausgestellten vom 15.12.2017 bis 09.01.2018 gültigen Visums der Kategorie C.
Das BFA richtete am 10.01.2018 ein den Erstbeschwerdeführer betreffendes Aufnahmegesuch an Tschechien, welchem die tschechischen Behörden mit am 02.03.2018 eingelangtem Schreiben gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zustimmten.
Betreffend die Zweitbeschwerdeführerin richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 05.02.2018 respektive am 08.02.2018 ein Aufnahmegesuch gemäß Art. 11 Dublin III-VO an Tschechien. Diesbezüglich gaben die tschechischen Behörden mit Schreiben vom 05.04.2018 bekannt, dass Aufnahmegesuch vorläufig nicht zu akzeptieren. Mit Schreiben vom 24.04.2018 und vom 28.05.2018 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Remonstration an die tschechischen Behörden. Mit Schreiben vom 30.05.2018 teilte die tschechische Dublin-Behörde mit, dass sie sich unverändert als nicht zuständig erachte, da die zwischen dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin geschlossene Ehe nicht hinreichend belegt worden sei. Mit Schreiben vom 21.06.2018 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der tschechischen Behörde eine Kopie der zwischenzeitlich (in Kopie) vorgelegten russischsprachigen Heiratsurkunde des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin. Mit Schreiben vom 29.06.2018, beim BFA am gleichen Tag eingelangt, teilte die tschechische Dublin-Behörde mit, dass dem Aufnahmegesuch der Zweitbeschwerdeführerin gemäß Art. 11 Dublin III-VO zugestimmt werde.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Tschechien an.
Konkrete, in den Personen der beschwerdeführenden Parteien gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
Ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht. Die beschwerdeführenden Parteien leiden jeweils an keinen schwerwiegenden Erkrankungen physischer oder psychischer Natur; sie sind gesund.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise ins Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie des gültigen Schengen-Visums des Erstbeschwerdeführers ergeben sich aus den Angaben der beschwerdeführenden Parteien im Rahmen der Einvernahmen im Zusammenhalt mit einer - im Verwaltungsakt des Erstbeschwerdeführers dokumentierten - Auskunft aus dem VIS-System des Bundesministeriums für Inneres vom 08.01.2018.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den im angefochtenen Bescheid getroffenen Erwägungen hinsichtlich einer zwischen dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin bestehenden aufrechten standesamtlichen Ehe an. Zwar haben sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin anlässlich ihrer jeweiligen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes das Bestehen einer aufrechten Ehe nicht zu Protokoll gegeben, sondern ihren Familienstand jeweils mit "geschieden" benannt, wobei der Erstbeschwerdeführer die Zweitbeschwerdeführerin zum damaligen Zeitpunkt als seine "Lebensgefährtin" bezeichnet hat. Aus den übereinstimmenden Aussagen der beschwerdeführenden Parteien im weiteren Verfahrensverlauf in Zusammenschau mit den schriftlichen Zeugenaussagen, den diversen Fotos zum Beleg eines gemeinsamen Ehelebens sowie letztlich der in Kopie vorgelegten russischen Heiratsurkunde, wird gesamtbetrachtend von einer bereits im Herkunftsstaat geschlossenen gültigen standesamtlichen Eheschließung zwischen dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin ausgegangen. Auch die tschechische Behörde hat das Vorliegen einer gültigen Ehe durch ihre Zustimmungserklärung für das Verfahren der Zweitbeschwerdeführerin vom 29.06.2018 anerkannt.
Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme der beschwerdeführenden Parteien seitens Tschechiens leitet sich aus den durchgeführten Konsultationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel liegt den jeweiligen Verwaltungsakten ein - zwischen der österreichischen und der tschechischen Dublin-Behörde ab.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seinen Entscheidungen neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Tschechien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen. Die BeschwerdeführerInnen sind der Richtigkeit dieser Feststellungen nicht auf entsprechendem fachlichem Niveau entgegengetreten.
Die beschwerdeführenden Parteien begründeten ihre Ausreise aus der Russischen Föderation mit einer ihnen dort drohenden Verfolgung aufgrund einer Tätigkeit (vorwiegend) der Zweitbeschwerdeführerin als politisch aktive Gegnerin des amtierenden russischen Präsidenten. Dieses Vorbringen ist durch diverse in Vorlage gebrachte Nachrichtenberichte und öffentlich zugängliche Informationen im Internet belegt, ebenso steht fest, dass nach der Zweitbeschwerdeführerin durch Interpol Moskau aufgrund einer ihr vorgeworfenen Beteiligung an geplanten terroristischen Aktivitäten respektive einer Mitgliedschaft in einer terroristischen Gruppierung gefahndet wird. Sofern die beschwerdeführenden Parteien sich vor diesem Hintergrund gegen eine Überstellung nach Tschechien und dortige Führung ihres Verfahrens auf internationalen Schutz ausgesprochen haben, und dies im Wesentlichen mit einer Kooperation zwischen der Tschechischen Republik und der Russischen Föderation begründeten, vor deren Hintergrund eine Schutzgewährung durch die Tschechische Republik nicht zu erwarten wäre, und in diesem Zusammenhang weiters die Befürchtung einer Kettenabschiebung in ihren Herkunftsstaat respektive die Vermutung äußerten, dass sie in Tschechien gleichermaßen dem Zugriff durch den FSB unterliegen würden, vermochten sie mit diesem Vorbringen eine konkrete Gefährdung, welche einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat entgegenstehen würde, nicht aufzuzeigen. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass in Tschechien ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit etabliert ist. Die beschwerdeführenden Parteien haben in keiner Weise konkret aufgezeigt, dass sie im Fall einer Überstellung nach Tschechien keinen Zugang zu einem solchen Verfahren haben werden, in welchem die Gründe ihrer Flucht aus dem Herkunftsstaat einer inhaltlichen Würdigung unterzogen werden und im Falle des Vorliegens der - europarechtlich determinierten - Voraussetzungen ein internationaler Schutzstatus zuerkannt werden wird. Das Vorbringen hinsichtlich einer Zusammenarbeit Tschechiens mit der Russischen Föderation stellt sich bei weitem als zu unsubtantiiert dar, um die Annahme zu begründen, dass die Tschechische Republik ihren sich aus europa- und völkerrechtlichen Regelungswerken ergebenden Pflichten generell oder im konkreten Fall der beschwerdeführenden Parteien nicht nachkommen werde. Da sich die von den beschwerdeführenden Parteien in Vorlage gebrachten Berichte erkennbar auf die Gründe, welche sie zur Flucht aus dem Herkunftsstaat veranlasst hätten, respektive die ihnen dort drohende Verfolgung beziehen, erweisen sich selbige nicht zur Darlegung einer diesen in Tschechien konkret drohenden Gefährdung respektive einer Schutzverweigerung durch die dortigen Behörden geeignet. Soweit in der Beschwerde desweiteren ein Nachrichtenbericht zitiert wird, demzufolge Tschechien einem russischen Staatsbürger, welcher aufgrund eines Beitrags in den Sozialen Medien verurteilt worden wäre, kein Asyl gewährt hätte, so weist dieser Bericht keinen Zusammenhang zu den Personen der beschwerdeführenden Parteien auf und zeigt auch unabhängig davon nicht auf, dass Tschechien russischen Staatsbürgern den Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren und einer inhaltlichen Prüfung etwaiger auf den Herkunftsstaat bezogener Rückkehrhindernisse nicht gewähren würde. Insofern kann kein reales Risiko einer den beschwerdeführenden Parteien im zuständigen Mitgliedstaat drohenden Kettenabschiebung erkannt werden. Im Übrigen haben die tschechischen Behörden durch die für beide beschwerdeführenden Parteien vorliegenden Zustimmungserklärung ihre Zuständigkeit für die Führung derer Verfahren auf internationalen Schutz ausdrücklich anerkannt, sodass auch vor diesem Hintergrund die von den beschwerdeführenden Parteien befürchtete Schutzverweigerung nicht prognostiziert werden kann.
Die Feststellung betreffend das Nichtvorliegen ausgeprägter privater, familiärer oder beruflicher Bindungen der beschwerdeführenden Parteien in Österreich sowie die Feststellungen zu deren Gesundheitszustand basieren auf den eigenen Ausführungen der beschwerdeführenden Parteien. Die beschwerdeführenden Parteien haben ausdrücklich angeführt, gesund zu sein und keine ärztlichen Unterlagen vorgelegt, welche auf einen allfälligen medizinischen Behandlungsbedarf hindeuten würden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG,