TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/19 99/18/0336

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.10.1999
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

FrG 1997 §76;
FrG 1997 §81 Abs1 Z3;
FrG 1997 §81;
FrG 1997 §83 Abs1;
FrG 1997 §83 Abs5;
SMG 1997 §27 Abs2 Z2;
StGB §46;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des M K in Wien, geboren am 8. Mai 1965, vertreten durch Dr. Farid Rifaat, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 22. Juli 1999, Zl. SD 581/99, betreffend Versagung der Ausstellung eines Konventionsreisepasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 22. Juli 1999 wurde dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen von Sierra Leone die Ausstellung eines "Konventionsreisedokumentes" gemäß § 83 iVm § 81 Abs. 1 Z. 3 und Z. 4 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, versagt.

Der Beschwerdeführer sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 19. November 1998 als Flüchtling anerkannt worden. Er sei vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 21. Jänner 1999 wegen des Vergehens gemäß § 27 Abs. 2 Z. 2 Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten, davon sechs Monate unter bedingter Strafnachsicht, rechtskräftig verurteilt worden, weil er zwischen 25. und 29. Oktober 1998 vier Kugeln Heroin einer bestimmten Person sowie eine unbekannte Menge "Heroin/Kokain" an unbekannte Personen verkauft und sechs Kugeln "Heroin/Kokain" für den Weiterverkauf an unbekannte Personen bereitgehalten habe. Dem Einwand des Beschwerdeführers, es wäre ihm nur zur Last gelegt worden, in untergeordneter Rolle an Suchtgiftdelikten beteiligt gewesen zu sein, sei zu entgegnen, dass sich dies dem Urteil nicht entnehmen lasse. Überdies knüpfe der Versagungstatbestand gemäß § 81 Abs. 1 Z. 3 FrG an jede Form der Suchtgiftkriminalität an; es bedürfe wegen der Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität der Bekämpfung jeder Form der Beteiligung am Vertriebssystem. Die Suchtgiftdelikten dieser Art immanente Wiederholungsgefahr lasse eine positive Zukunftsprognose nicht zu.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des FrG haben folgenden

Wortlaut:

"§ 83. (1) Konventionsreisepässe sind Flüchtlingen auf Antrag auszustellen, denen in Österreich Asyl gewährt wird.

...

(5) Für die Festsetzung der Gültigkeitsdauer und des Geltungsbereiches von Konventionsreisepässen sowie der Gültigkeitsdauer der Rückkehrberechtigung in Konventionsreisepässen gelten die Bestimmungen des Anhanges der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge; im Übrigen gelten die §§ 77 bis 82.

§ 81. (1) Die Ausstellung, die Verlängerung der Gültigkeitsdauer, die Erweiterung des Geltungsbereiches, die Änderung eines Fremdenpasses und die Miteintragung von Kindern ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

...

3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;

4. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

..."

Aus dem Hinweis auf die Anwendbarkeit der §§ 77 bis 82 FrG (somit auch § 81 leg. cit.) ergibt sich eindeutig, dass auch Konventionsreisepässe nur auszustellen sind, wenn kein Versagungsgrund vorliegt, und - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - anerkannten Flüchtlingen nicht jedenfalls ein solcher Pass auszustellen ist. Das Vorbringen, "dass es dem Beschwerdeführer wohl kaum möglich sein wird, ohne Ausweisdokument einen Arbeitsplatz zu finden", kann daran nichts ändern.

2.1. In der Beschwerde bleibt unbestritten, dass der Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid festgestellten Strafdaten begangen hat und deshalb in der dort festgestellten Weise verurteilt worden ist.

2.2. Der Beschwerdeführer hat in mehreren Fällen Suchtgift, und zwar Heroin und Kokain, verkauft bzw. zum Verlauf bereitgehalten. Aus der Verurteilung wegen § 27 Abs. 2 Z. 2 Suchtmittelgesetz ist ersichtlich, dass er das Delikt gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begangen hat. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kann es schon im Hinblick auf diesen Umstand und unter Berücksichtigung der Erfahrungstatsache, dass bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß ist, nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde trotz der lediglich einmaligen Verurteilung des Beschwerdeführers zum Ergebnis gelangte, der Beschwerdeführer werde den Konventionsreisepass dazu benützen, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen.

2.3. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, das Gericht habe durch die bedingte Strafnachsicht zu erkennen gegeben, dass die Androhung der Strafe ausreiche, um den Beschwerdeführer von weiteren Straftaten abzuhalten, ist - abgesehen davon, dass nur ein Teil der Strafe bedingt nachgesehen worden ist - zu entgegnen, dass die Fremdenpolizeibehörde die Frage des Vorliegens eines Versagungsgrundes für die Ausstellung eines Fremdenpasses bzw. eines Konventionsreisepasses nach den hiefür vom Gesetz vorgesehenen Kriterien eigenständig zu beurteilen hat, ohne an die Erwägungen des Gerichtes bei der Entscheidung über die bedingte Strafnachsicht gebunden zu sein.

2.4. Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 64/221/EWG, strafgerichtliche Verurteilungen nicht ohne weiteres Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit rechtfertigen könnten. Dieses Vorbringen geht - abgesehen davon, dass die belangte Behörde zur Begründung der Versagung des Konventionsreisepasses nicht nur die Verurteilung, sondern die zugrundeliegenden Straftaten herangezogen hat - schon deshalb ins Leere, weil es sich beim Beschwerdeführer nicht um einen Angehörigen eines Mitgliedstaates der EU und somit nicht um eine durch die zitierte Richtlinie (siehe deren Art. 1 Abs. 1) geschützte Person handelt.

2.5. Da somit der Versagungsgrund gemäß § 83 iVm § 81 Abs. 1 Z. 3 FrG vorliegt, hat die belangte Behörde die Ausstellung des Konventionsreisepasses zu Recht versagt. Es braucht daher nicht darauf eingegangen zu werden, ob auch der von der belangten Behörde nur im Spruch ihrer Entscheidung erwähnte Versagungsgrund gemäß § 83 iVm § 81 Abs. 1 Z. 4 FrG vorliegt.

3. Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe die Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens unter Einräumung des Parteiengehörs unterlassen, ist ihm zu entgegnen, dass er in der Beschwerde keine Umstände aufzeigt, die nach den obigen Ausführungen geeignet wären, einen anders lautenden Bescheid herbeizuführen, und somit die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht aufzeigt.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. Oktober 1999

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999180336.X00

Im RIS seit

26.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten