TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/12 W256 2146508-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.09.2018
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Entscheidungsdatum

12.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W256 2146508-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX auch XXXX , geboren am XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15. Jänner 2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 3. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

Am 5. Dezember 2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt (wortwörtlich wiedergegeben, um Satzfehler bereinigt) folgendes an: "Meine Cousine und ich waren ineinander verliebt. Mein Stiefonkel jedoch wollte sie mit einem 40-jährigen Mann verheiraten. Aus diesem Grund sind wir gemeinsam aus dem Iran geflüchtet. Falls ich in den Iran zurückkehre, würden mich mein Stiefonkel und der Ex-Verlobte meiner Cousine töten. Wir haben damals Afghanistan verlassen, weil mein Vater und mein Bruder von den Taliban getötet wurden."

Der Beschwerdeführer wurde am 3. Oktober 2016 und am 21. November 2016 durch die belangte Behörde einvernommen. Dabei wiederholte er im Wesentlichen sein bisheriges Fluchtvorbringen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft habe machen können. Dem Beschwerdeführer könne der Aufenthalt in Kabul zugemutet werden (innerstaatliche Fluchtalternative), da sein Schutz gewährleistet sei und seine Tante und deren Familie dort lebe. Zudem sei dem Interesse der Öffentlichkeit an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens und der öffentlichen Ordnung und Sicherheit mehr Gewicht einzuräumen als den bloß höchst oberflächlichen privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen wie bisher aus. Gegen den Beschwerdeführer seien bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden und werden diese auch weiterhin gesetzt werden. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stehe ihm nicht offen. Da der Ex-Verlobte seiner Cousine ein reicher Geschäftsmann sei und überdies in Kabul lebe, könne der Beschwerdeführer keine Hilfe seitens der staatlichen Behörden erhalten.

Mit - an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitetem - Schreiben vom 18. August 2017 informierte die Landespolizeidirektion XXXX die belangte Behörde über eine Straftat des Beschwerdeführers.

Mit Schreiben vom 23. August 2017 wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX vorgelegt, woraus hervorgeht, dass über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt wurde.

Mit Schreiben vom 14. September 2017 wurde dem Bundesverwaltungsgericht die gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , übermittelt.

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde den Parteien das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 2. März 2017, zuletzt aktualisiert am 30. Jänner 2018 und eine Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 27. November 2015 zu Afghanistan u.a. zur Verlobung, Heirat und Zwangsheirat zum Parteiengehör übermittelt.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde durch die erkennende Richterin in der gegenständlichen Rechtssache am 25. Mai 2018 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari bzw. Farsi und im Beisein des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt.

Mit Schreiben vom 30. Mai 2018 legte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht ein fachärztliches Attest vom 29. Mai 2018 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person

Der - im Spruch genannte - Beschwerdeführer besitzt die afghanische Staatsangehörigkeit, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist schiitischer Moslem (OZ 1 AS 9, AS 43, Verhandlungsschrift Seite 6 f).

Er wurde in Afghanistan, in der Provinz Ghazni geboren und ist er dort auch aufgewachsen. Im Alter von dreizehn Jahren ist der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Mutter und seinem Stiefonkel väterlicherseits und dessen Familie in den Iran ausgereist (Verhandlungsschrift Seite 5 f), von wo er im Jahr 2015 in Richtung Europa gereist ist.

Seine Kernfamilie besteht aus seiner Mutter, welche im Iran in der Stadt Teheran lebt (Verhandlungsschrift Seite 8; siehe auch Beweiswürdigung). Zudem verfügt der Beschwerdeführer über familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan in Form seiner Tante, welche in Kabul lebt (Verhandlungsschrift Seite 11; siehe auch Beweiswürdigung).

Der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit zu seiner in Afghanistan und im Iran lebenden Familie Kontakt aufzunehmen. Im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan wäre seine Familie in der Lage, diesen (u.a. finanziell) zu unterstützen (Verhandlungsschrift Seite 10 ff; siehe auch die Beweiswürdigung).

Der Beschwerdeführer spricht Dari und Farsi (AS 9; AS 43; Verhandlungsschrift Seite 7; siehe auch die Beweiswürdigung).

Er hat in Afghanistan drei Jahre eine Grundschule besucht. Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan als Schafhirte gearbeitet sowie seinem Vater auf dem Feld geholfen und war er im Iran in einer Plastikfabrik tätig (OZ 1 AS 43 ff; Verhandlungsschrift Seite 7 f).

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, gesund und arbeitsfähig.

Er ist seit seiner Antragsstellung am 3. November 2015 im Bundesgebiet aufhältig (OZ 1 AS 9).

Er wurde mit XXXX Hv 117/17a, wegen den §§ 27 Abs. 2a zweiter Fall, Abs. 3 SMG, 15 StGB, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt (Strafregisterauszug vom 11. September 2018).

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Verwandten und auch über keine freundschaftlichen Kontakte oder sonstige enge soziale Beziehungen (Verhandlungsschrift Seite 13 f).

Der Beschwerdeführer verbringt seinen Alltag in Österreich damit, einen Deutschkurs zu besuchen und in seiner Asylunterkunft zu arbeiten, indem er Reinigungsarbeiten durchführt. Er hat zwar Deutschkurse besucht, aber noch keine Deutschprüfungen abgelegt. Der Beschwerdeführer ist bislang auch keiner offiziellen Arbeit in Österreich nachgegangen (Verhandlungsschrift Seite 13).

Der Beschwerdeführer wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt (Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem vom 11. September 2018).

zur Lage in Afghanistan

zur Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten.

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes.

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben. Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und der afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht.

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften. Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen.

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern.

Die afghanischen Sicherheitskräfte haben zwar im Jahr 2015 die volle Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernommen; dennoch werden sie teilweise durch US-amerikanische bzw. Koalitionskräfte unterstützt.

zur Sicherheitslage in Ghazni und in Kabul

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Ghazni 1.292 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im Vergleich zum vorigen Berichtszeitraum wurden Veränderungen der Sicherheitslage in Ghazni festgehalten; gleichwohl sind die Gewinne der Taliban in diesen Teilen des Landes minimal und unbeständig. Im Dezember 2016 verlautbarte der CEO Afghanistans den baldigen Beginn militärischer Spezialoperationen in den Provinzen Ghazni und Zabul, um Sympathisanten des Islamischen Staates und Talibanaufständische zu vertreiben.

Ghazni zählt zu den volatilen Provinzen in Südostafghanistan, wo regierungsfeindliche aufständische Gruppen in den verschiedenen Distrikten aktiv sind und regelmäßig Operationen durchführen. Die Bevölkerung der Provinz kooperiere bereits mit den Sicherheitskräften. Ein Mitglied des Provinzrates verlautbarte, dass sich die Sicherheitslage verbessern könnte, wenn die Polizei mit notwendiger Ausrüstung versorgt werden würde. Im Gegensatz zum Jahr 2015 registrierte die UNAMA 2016 keine Entführungsfälle der Hazara-Bevölkerung in Ghazni. In vormals betroffenen Gegenden wurden Checkpoints der afghanischen Sicherheitskräfte errichtet; dies wird als Abschreckung gewertet.

In der Provinz werden regelmäßig Militäroperationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien, auch in Form von Luftangriffen. Es kommt zu Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften. Unter anderem wurden Taliban Kommandanten getötet.

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt.

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren. Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren.

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt. Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet. Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt.

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden.

zur Erreichbarkeit von Kabul

Beispiele für internationale Flughäfen in Afghanistan - Internationaler Flughafen Kabul:

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen. Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in den internationalen Flughafen Hamid Karzai umbenannt. Dieser liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neuer internationaler Terminal wurde hinzugefügt und der alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt.

zu den ethnischen Minderheiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken.

Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri.

zur Situation der Schiiten und der Hazara

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33,3 Millionen Menschen. Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10 % der Bevölkerung aus. Etwa 99,7 % der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84,7 - 89,7 % Sunniten und 10-19% der Bevölkerung Schiiten.

Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden.

Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben.

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage verbessert. Sie haben sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert. Sie sind in der öffentlichen Verwaltung aber nach wie vor unterrepräsentiert. Unklar ist, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist. In der Vergangenheit wurden die Hazara von den Pashtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Gesellschaftliche Spannungen bzw. Diskriminierungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf. Im Jahr 2015 kam es zu mehreren Entführungen von Angehörigen der Hazara. Im Jahr 2016 registrierte die UNAMA einen Rückgang von Entführungen von Hazara. Im Jahr 2016 dokumentierte die UNAMA 15 Vorfälle in denen 82 Hazara entführt wurden. Im Jahr 2015 wurden 25 Vorfälle von 224 entführten Hazara dokumentiert. Die Entführungen fanden in den Provinzen Uruzgan, Sar-e Pul, Daikundi, Maidan Wardak und Ghor statt. Im Juli 2016 sprengten sich mehrere Selbstmordattentäter bei einem großen Protest der Hazara in die Luft, dabei wurden mindestens 80 getötet und 250 verletzt; mit dem IS verbundene Gruppen bekannten sich zu dem Attentat.

Ethnische Hazara sind gesellschaftlicher Diskriminierungen ausgesetzt. Informationen eines Vertreters einer internationalen Organisation mit Sitz in Kabul zufolge sind Hazara, entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung, aber keiner gezielten Diskriminierung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt.

Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10 % in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert.

Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten. Sowohl im Rat der Religionsgelehrten (Ulema), als auch im Hohen Friedensrat sind Schiiten vertreten; beide Gremien betonen, dass die Glaubensausrichtung keinen Einfluss auf ihre Zusammenarbeit habe. Die Situation der afghanisch schiitisch-muslimischen Gemeinde hat sich seit dem Ende des Taliban-Regimes wesentlich gebessert. Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen.

Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern.

Einige Schiiten bekleiden höhere Ämter; sowie andere Regierungsposten. Schiiten verlautbarten, dass die Verteilung von Posten in der Regierung die Demographie des Landes nicht adäquat berücksichtigte. Das Gesetz schränkt sie bei der Beteiligung am öffentlichen Leben nicht ein - dennoch verlautbarten Schiiten - dass die Regierung die Sicherheit in den Gebieten, in denen die Schiiten die Mehrheit stellten, vernachlässigte.

zur Versorgungslage allgemein

Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im "Human Development Index" (HDI) den 171. von 188 Plätzen. Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade, eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt.

Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist. Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können.

Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten. Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP (2015: 19,2 Mrd. USD, lt. Weltbank) hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels - Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig - sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig. Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung - Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe.

Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden.

Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv. Derzeit niedrige Weltmarktpreise lassen die Investitionsbereitschaft zusätzlich sinken.

Afghanistan bleibt weiterhin der weltweit größte Produzent für Opium, Heroin und Cannabis. Trotz einer breit angelegten Strategie verhindern die angespannte Sicherheitslage in den Hauptanbaugebieten im Süden des Landes sowie die weit verbreitete Korruption eine effiziente Bekämpfung des Drogenanbaus. Die hohen Gewinnmargen erschweren zudem die Einführung von alternativen landwirtschaftlichen Produkten.

Im September 2016 fiel der Startschuss für das "Citizens' Charter National Priority Program"; dieses Projekt zielt darauf ab, die Armut zu reduzieren und den Lebensstandard zu erhöhen, indem die Kerninfrastruktur und soziale Dienstleistungen der betroffenen Gemeinschaften verbessert werden. Die erste Phase des Projektes hat ein Drittel der 34 Provinzen zum Ziel; die vier Städte Balkh, Herat, Kandahar und Nangarhar sind Schwerpunkt des städtischen Entwicklungsprogrammes, welche als erste behandelt werden sollen. In der ersten Phase sollen 8,5 Millionen Menschen erreicht werden, mit dem Ziel 3,4 Millionen Menschen sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen, die Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern, Bildung, Landstraßen, Elektrizität, sowie Zufriedenheit zu steigern und Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu erhöhen. Des Weiteren zielt das Projekt darauf ab, Binnenvertriebene, Menschen mit Behinderung, arme Menschen und Frauen besser zu integrieren.

zur medizinischen Versorgung

Gemäß der afghanischen Verfassung ist die primäre Gesundheitsversorgung in öffentlichen Einrichtungen, inklusive Medikamente, kostenfrei. Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Die staatlich geförderten Krankenhäuser bieten ihre Dienste zwar umsonst an, jedoch sind Medikamente häufig nicht verfügbar, und müssen somit bei privaten Apotheken von den Patient/innen selbst bezahlt werden. Alle Staatsbürger haben Zugang zu medizinscher Versorgung und Medikamenten.

Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Herat, Mazar-e Sharif und Kandahar.

zur Versorgung mit Wohnraum

In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zur 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden.

zu den Erhaltungskosten

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt.

zum Bankensystem in Afghanistan

Nach einer Zeit mit begrenzten Bankdienstleistungen, entstehen im Finanzsektor in Afghanistan schnell mehr und mehr kommerzielle Banken und Leistungen. Die kommerziellen Angebote der Zentralbank gehen mit steigender Kapazität des Finanzsektors zurück. Es ist einfach in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Die Bank wird nach folgendem fragen: Tazkira/ (Personalausweis/Pass); 2 Passfotos und AFA 1,000 bis 5,000 als Mindestkapital für das Bankkonto.

Bis heute sind mehr als ein Dutzend Banken im Land aktiv:

Afghanistan International Bank, Azizi Bank, Arian Bank, Alfalah Bank Ltd., Bank-E-Millie Afghan, BRAC Afghanistan Bank, Development Bank of Afghanistan, Export Promotion Bank, Habib Bank of Pakistan, Kabul Bank, National Bank of Pakistan, Pashtany Bank, Punjab National Bank - India, The First Microfinance Bank, Ghazanfar Bank, Maiwand Bank, Bakhtar Bank. Zu deren Leistungen zählen: Internationaler Geldtransfer via SWIFT (Society For World Wide Interbank Funds Transfer), inländische Geldtransfers in Afghanistan, diverse Kreditprodukte und andere Handelsleistungen, sowie Sparen und Girokonten.

Internationaler Geldtransfer via SWIFT ist seit 2003 über die Zentralbank verfügbar. Auch kommerzielle Banken bieten derzeit internationalen Geldtransfer an, manche nutzen eigene Möglichkeiten, andere greifen auf die Ressourcen der Zentralbank zurück. Die Zentralbank kann die Nachfrage des Bankensektors nach Bargeld in afghanischer Währung sowie in US Dollar bedienen. Um Geld nach Afghanistan zu überweisen, müssen die Betroffenen ein Konto in Afghanistan haben. Die Zentralbank beabsichtigt, sich vom kommerziellen Bankgeschäft zurückzuziehen, da die kommerziellen Banken ihre Tätigkeiten in Afghanistan ausbauen. Die Zentralbank kann Überweisungen und andere Bankdienstleistungen in den Provinzen in ganz Afghanistan gewährleisten. Geldtransferanbieter wie Western Union sind ebenfalls weit verbreitet.

zur Situation im Falle einer Rückkehr

Einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge, verkomplizieren rückkehrende Flüchtlinge die Situation der bereits mehr als eine Million Binnenvertriebenen, deren Anzahl sich aufgrund des Aufstandes im Jahr 2016 erhöht hat. Nach Meinung des IWF wird dies die Kapazitäten des Landes überfordern.

Im Rahmen von humanitärer Hilfe wurden Binnenvertriebene, je nach Region und Wetterbedingungen, unterschiedlich unterstützt: Bargeld, Paket für Familien, winterliche Ausrüstung, Nahrungspakete, Hygienepakete, Decken, Zelte, und andere Pakete, die keine Nahrungsmittel enthielten usw. Auch wurde Aufklärung in Bereichen wie Hygiene betrieben.

Unterschiedliche Organisationen, wie z.B. das Internationale Rote Kreuz (IRC) oder das Welternährungsprogramm (WFP) usw. sind je nach Verantwortungsbereichen für die Verteilung von Gütern zuständig.

Dazu zählten: Nahrung, Zelte, sowie andere Güter, die keine Nahrungsmittel waren.

UNHCR unterstützt Rückkehrer/innen mit finanziellen Beihilfen in vier Geldausgabezentren, außerdem mit Transiteinrichtungen und elementaren Gesundheitsleistungen. Zusätzlich wurden sie in anderen Bereichen aufgeklärt, wie z.B. Schuleinschreibungen, Gefahren von Minen etc.

Im Jänner 2017 wurde ein humanitärer Plan für US$ 550 Millionen aufgestellt, mit dem Ziel im Jahr 2017 die vulnerabelste und marginalisierteste Bevölkerung des Landes zu unterstützen. Ziel sind strategische und lebensnotwendige Interventionen: Nahrung, Unterkunft, Gesundheitsvorsorge, Ernährung, sauberes Wasser und Hygiene. Im Rahmen des "Afghanistan 2017 Humanitarian Response Plan" sollen etwa 5,7 Millionen Menschen erreicht werden.

Im September 2016 suchten die Vereinten Nationen um 152 Millionen US Dollar an, um lebensnotwendige Hilfe für Internvertriebenen, nicht-dokumentierten Rückkehrer/innen und registrierten Flüchtlingen bieten zu können. Von den zugesagten 42 Millionen US Dollar wurden 40,2 Millionen US Dollar bereits entgegengenommen. Somit stand die gesamte humanitäre Unterstützung für Afghanistan im November 2016 bei 401 Millionen US Dollar.

zu den Verlobungs- und Hochzeitsbräuchen in Afghanistan

Die meisten Eheschließungen werden ohne Einverständnis oder gegen den Willen der Ehegattin oder des Ehegatten geschlossen. Über ein Viertel der afghanischen Frauen werden mit über 18 Jahren verheiratet. Gemäß einem Bericht des US Institute of Peace vom 28. Mai 2014 schätzt das afghanische Gesundheitsministerium, dass 21 Prozent aller Frauen mit 15 Jahren und 53 Prozent bis zum Alter von 18 verheiratet werden. Demnach wären 26 Prozent der Frauen zum Zeitpunkt ihrer Heirat älter als 18 Jahre.

2. Beweiswürdigung:

1. zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die einzelnen Feststellungen beruhen jeweils auf den in der Klammer angeführten Beweismitteln.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend weitestgehend übereinstimmenden Angaben vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers (Name und Geburtsdatum) getroffen werden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen seiner Staatsangehörigkeit, seiner Herkunft, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit und seinem Aufenthalt in Afghanistan und im Iran ergeben sich aus seinen diesbezüglichen weitestgehend gleichbleibenden und glaubhaften Angaben; das Bundesverwaltungsgericht sieht ebenfalls keine Veranlassung, an diesen Angaben zu zweifeln. Gleiches gilt für seine Angaben zu seinem schulischen und beruflichen Werdegang.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Übereinstimmung mit dem vom ihm vorgelegten neurologischen Attest vom 29. Mai 2018, wonach der Beschwerdeführer zwar wegen Insomnie (Schlafstörung) 2-malig in Behandlung gestanden, sein psychischer Zustand allerdings als stabil zu bezeichnen sei. Sonstige Anhaltspunkte für eine Erkrankung des Beschwerdeführers liegen nicht vor und wurden solche auch nicht vorgebracht.

Die Feststellungen zu den gesprochenen Sprachen des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben im Rahmen der Erstbefragung und der Befragung vor der belangten Behörde (AS 9, AS 42). Darin führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Muttersprache Dari sei und er den für die Sprache Dari bestellten Dolmetscher auch gut verstehe. Auch vor dem erkennenden Gericht führte der Beschwerdeführer zunächst aus, dass er die für die Sprache Dari bestellte Dolmetscherin gut verstehe (Verhandlungsschrift Seite 3). Dass er - wie von ihm plötzlich im Rahmen der mündlichen Verhandlung behauptet - kein Dari spreche, kann insofern nicht nachvollzogen werden (Verhandlungsschrift Seite 7). Allein der Umstand, dass der viele Jahre im Iran lebende Beschwerdeführer - wie von der Dolmetscherin ausgeführt - keinen Dari Dialekt besitze, lässt für sich allein jedenfalls (noch) nicht darauf schließen, dass er auch kein Dari sprechen und verstehen könne. Dies umso mehr, als der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge 13 Jahre in Afghanistan gelebt und dort auch die Schule besucht hat. Dass er weder in der Schule, noch ansonsten in Afghanistan mit der Landessprache, sondern allein mit der Sprache Farsi konfrontiert gewesen sein soll, kann - auch vor dem Hintergrund der in Afghanistan vorherrschenden und festgestellten Landessprachen - ebenfalls nicht nachvollzogen werden.

Die Feststellung zur strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister und der übermittelten gekürzten Urteilsausfertigung des Landesgerichts für Strafsachen XXXX .

Die Feststellungen zu seinem Leben und seiner Integration in Österreich ergeben sich aus seinem diesbezüglich glaubhaften und gleichbleibenden Vorbringen.

2. zu den Nichtfeststellungen in Bezug auf individuelle gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohungen in Afghanistan:

Zunächst ist vorauszuschicken, dass der Beschwerdeführer eine (konkret seine Person betreffende) Bedrohung aufgrund der von ihm behaupteten Tötung seines Vaters durch die Taliban im Verfahren nie behauptet hat. Der Beschwerdeführer brachte dazu befragt in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht vielmehr selbst vor, dass er niemals von den Taliban bedroht und auch sein Vater lediglich aufgrund seiner Zugehörigkeit zur schiitischen Hazara auf den Straßen Afghanistans durch die "Paschtu-Sprachigen" getötet worden sei (Verhandlungsschrift Seite 14ff: "R: Gab es einen bestimmten Grund, warum Ihr Vater und Ihr Bruder getötet worden sind? BF: Nein, es gab keinen besonderen Grund. Es ist aber heute noch üblich in Afghanistan, dass die Paschtunen die Schiiten umbringen. R: Wurden Sie jemals von den Taliban bedroht? BF: Nein. R: Weshalb haben Sie Afghanistan dann verlassen? BF: Habe ich ja bereits gesagt. Da wir kein Familienoberhaupt mehr hatten.").

Laut seinem eigenen Vorbringen sei er (nur) insoweit einer Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt, als er gemeinsam mit seiner Cousine, welche mit einem anderen verlobt gewesen sei, aus dem Iran geflohen sei (Verhandlungsschrift Seite 20: "R: Was würde Ihnen konkret passieren, wenn Sie jetzt wieder nach Afghanistan zurückkehren müssten? BF: Es gibt mehrere Gründe, warum ich nicht nach Afghanistan zurückkann. Erstens, die Regierung wird mich umbringen. Im Islam ist es ein Verbrechen, eine verheiratete Frau zu entführen und wird mit Steinigung bestraft. Der Schwiegersohn meines Onkels lebt in Afghanistan und ist dort ein wohlhabender Händler. Wenn mein Onkel erfährt, dass ich wieder nach Afghanistan gekommen bin.... BF:

Ich habe dort Feinde. Ich habe Verfeindungen in der Familie, es ist nicht nur die Regierung. R: Wen meinen Sie damit konkret? BF: Ich meine damit meinen Onkel, seinen Schwiegersohn und seine Söhne. R:

Haben Sie alle Fluchtgründe in Hinblick auf Afghanistan vorgebracht, oder gibt es noch etwas, was Sie ergänzend vorbringen möchten? BF:

Nein, das waren die Gründe.")

Dabei können zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit dieser Fluchtgeschichte schon die dazu permanent unterschiedlichen Angaben des Beschwerdeführers nicht außer Acht gelassen werden. Während der Beschwerdeführer laut der Einvernahme vor der belangten Behörde am 3. Oktober 2016 seiner Cousine zunächst selbst seit der Geburt versprochen gewesen sei (AS 44), habe sein Vater mit seinem Stiefonkel laut der Einvernahme vor der belangten Behörde am 21. November 2016 die Heirat mit seiner Cousine zum Zeitpunkt als er acht Jahre alt (AS 78) bzw. laut der Einvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung als er dreizehn Jahre alt (Verhandlungsschrift Seite 16) gewesen sei, vereinbart. Dies habe ihm sein Vater im Alter von dreizehn Jahren mitgeteilt (Verhandlungsschrift Seite 17: "R: Wie alt waren Sie, als Ihr Vater und Ihr Stiefonkel ausgemacht haben, dass Sie Ihre Cousine heiraten?

BF: Ich war damals 13 Jahre alt. R: Im erstinstanzlichen Verfahren haben Sie angegeben, dass die Heirat bereits zum Zeitpunkt Ihrer Geburt ausgemacht worden sei. Was sagen Sie dazu? BF: Ja, in Afghanistan ist das unterschiedlich. Die Usbeken haben eine andere

Tradition und die Tadschiken auch. R: Bitte beantworten Sie meine

Frage. BF: Das ist meine Geschichte. Solange mein Vater lebte, war sie mir versprochen. R: Ab wann wurde Sie Ihnen versprochen? BF:

Solange mein Vater noch lebte. R wiederholt die Frage. BF: Als mein Vater mir das sagte, war ich 13 Jahre alt."), was wiederum aufgrund seiner (zumindest bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung) konstanten Angabe, er habe Afghanistan nach dem Tod seines Vaters mit 12 Jahren verlassen (AS 13; AS 43 ff; AS 77) nicht nachvollzogen werden kann.

Ungefähr zehn Jahre nach seiner Ausreise aus Afghanistan habe er sich entschlossen, seine Cousine zu heiraten und habe laut der Einvernahme vor der belangten Behörde am 21. November 2016 daraufhin seine Mutter (AS 77), hingegen laut der Befragung vor dem erkennenden Gericht der Beschwerdeführer selbst mit dem Stiefonkel über die Heirat gesprochen (AS 77 (Fehler im Original): "VP: Befragt gebe ich an, dass ich als ich von der Arbeit kam, redete ich mit meiner Mutter, dass es klüger wäre, wenn sie zum Onkel gehen würde um die Hand der Cousine zu bitten. Der Onkel lebte drei Straßen weiter im selben Ort im Iran. Danach ging ich mit meiner Mutter zu meinem Onkel und besuchten sie. Darauf sprach meine Mutter mit meinem Onkel über die Heirat."; Verhandlungsschrift Seite 15: ... Ich bin dann zu ihnen gegangen und sagte zu meinem Onkel:" Schau Onkel, wir sind nun erwachsen, meine Mutter ist alt und gebrechlich und es wäre ihr auch eine Hilfe im Haushalt, wenn du mir deine Tochter zur Frau gibst. Das können wir mittels Gebäck besiegeln.").

Der Beschwerdeführer habe in weiterer Folge laut der Befragung vor der belangten Behörde am 21. November 2016 von seiner Mutter ungefähr einen Monat später bzw. laut der Befragung vor dem erkennenden Gericht von seinem Onkel selbst erfahren, dass seine Cousine bereits einem anderen versprochen bzw. verkauft worden sei (AS 77 (Fehler im Original): "Einen Monat später erfuhr ich, dass der Onkel die Tochter an einen 45 jährigen Mann verkauft hatte. Meine Mutter hat dann noch einmal erzählt, dass die Cousine einem 45 jährigen Mann versprochen wurde."; Fortsetzung des bereits oben wiedergegebenen Vorbringens des Beschwerdeführers im Rahmen der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht, Verhandlungsschrift Seite 15: "Als ich dort war, habe ich erfahren, dass sie das Gebäck bereits mit einem anderen gegessen haben. Im Grunde war sie nach unserer Tradition bereits seine Frau."). Konkret sei seine Cousine laut der Befragung vor der belangten Behörde am 3. Oktober 2016 einem Bekannten der Frau seines Onkels (AS 43), laut der Befragung der belangten Behörde am 21. November 2016 einem Cousin des Stiefonkels (AS 78) und laut der Befragung vor dem erkennenden Gericht dem Cousin seiner Tante (Verhandlungsschrift Seite 18) versprochen gewesen, welcher laut der Befragung vor der belangten Behörde am 3. Oktober 2016 nur vermutlich und laut der Befragung vor der belangten Behörde am 21. November 2016 und vor dem erkennenden Gericht gesichert aus Kabul komme (AS 45, Verhandlungsschrift Seite 19).

Schon allein aufgrund dieser hier aufgezeigten zahlreichen Unstimmigkeiten in Bezug auf die die Flucht auslösenden Umstände kann das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers insgesamt nicht als glaubhaft angesehen werden.

Dass diese Widersprüchlichkeiten - wie vom Beschwerdeführer behauptet - auf Übersetzungsfehler zurückzuführen sind, überzeugt nicht, weil die in Rede stehenden Angaben in unterschiedlichen Befragungen und unter Beiziehung auch immer unterschiedlicher Dolmetscher getätigt wurden. Dass gerade in Bezug auf das wesentliche Fluchtvorbringen jedes Mal eine falsche Übersetzung erfolgt sein soll, ist stark in Zweifel zu ziehen. Auch ist nicht einzusehen, weshalb der Beschwerdeführer diesen Umstand nicht bereits im Rahmen der Befragungen, spätestens aber im Zeitpunkt der laut Protokoll erfolgten Rückübersetzungen geltend gemacht hat (u.a. Verhandlungsschrift Seite 19: "R: Mit wem hätte Ihre Cousine zwangsverheiratet werden sollen? BF: Dem Cousin meiner Tante väterlicherseits, das ist der Sohn der Schwester meiner Tante. R:

Mit "Tante" meinen Sie die Frau Ihres Stiefonkels? BF: Ja. R: Vor der belangten Behörde haben Sie bei Ihrer Befragung am 3. Oktober 2016 angegeben, es habe sich um einen Freund der Frau des Stiefonkels gehandelt. Bei der Befragung am 21. November 2016 haben Sie angegeben, es habe sich um den Cousin des Stiefonkels gehandelt. Was sagen Sie dazu? BF: Nein, ich habe gesagt, das waren Verwandte von meinem Onkel. Ich sagte damals, Verwandte meines Onkels. Der Dolmetscher damals konnte nicht gut unterscheiden, was ich meinte.

R: Bei der Befragung am 03.10.2016 sagten Sie Freund der Frau des Stiefonkels. BF: Auch der andere Dolmetscher war Paschtu-Sprachig und konnte mich nicht gut verstehen. R: Laut Protokoll war es ein Dari-Dolmetscher. BF: Er hat aber Paschtu gesprochen und konnte auch Farsi.").

Letztlich kann das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers aber auch nicht als plausibel angesehen werden. Jedenfalls ist nicht nachvollziehbar, weshalb der seit seiner Ausreise aus Afghanistan finanziell belastete Stiefonkel, 10 Jahre zugewartet haben soll, um seine (immerhin schon) 18 Jahre alte Tochter aus Geldnot unter Zwang zu verheiraten. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass - wie den auf den Länderberichten beruhenden Feststellungen zu entnehmen ist - (Zwangs)Verheiratung von Minderjährigen nach afghanischer Tradition nicht nur üblich, sondern sogar die weit überwiegende Zahl darstellen soll (Verhandlungsschrift Seite 17: "R:

Sie haben gesagt, dass Ihre Cousine im Zeitpunkt der Ausreise bereits 18 Jahre alt war. Ist das richtig? BF: Ja. R: Ist es üblich, dass ein Mädchen mit über 18 Jahren noch zwangsverheiratet wird? BF:

Ja, weil das, was die Eltern sagen, gilt. R: Warum hat Ihr Onkel so lange mit einer Heirat Ihrer Cousine zugewartet? BF: Weil ich damals noch nicht alt genug war und die Möglichkeit nicht hatte. R: Sie haben vorhin gesagt, dass für Ihren Onkel die Verlobung von Ihnen und Ihrer Cousine bereits mit dem Tod Ihres Vaters als aufgelöst galt. Warum hat Ihr Onkel so lange mit einer Heirat Ihrer Cousine zugewartet? BF: Das hat er damals in Afghanistan nicht gesagt. R wiederholt die Frage. BF: Weil es ihm damals in Afghanistan finanziell gut ging. Im Iran hatte er dann finanzielle Probleme. R:

Trotzdem hat er beinahe zehn Jahre gewartet, bis er die Tochter einem reichen Mann verheiratet hätte. Wenn es ihm im Iran schlecht gegangen wäre, hätte er sie doch gleich einem reichen Mann verheiratet? BF: Ja, das stimmt. Ich kann aber nicht Gedanken lesen und weiß nicht, was im Kopf meines Onkels vorgeht.").

Auch ist nicht erkennbar, weshalb der Beschwerdeführer erst mit ungefähr 22 Jahren den Entschluss gefasst haben soll, seine ihm "immer schon" versprochene Cousine zu heiraten. Dass er - wie von ihm behauptet - dazu erst sein Leben in den Griff bekommen habe müssen, kann mit seinem demgegenüber erstatteten Vorbringen vor der belangten Behörde, er habe sich zum Zeitpunkt seiner Entschlussfassung in einer aussichtlosen Situation befunden, nicht in Einklang gebracht werden (AS 77 (Fehler im Original): "Auff.:

Bitte schilden Sie mir noch einmal Ihre Fluchtgeschichte. VP:

Dadurch, das mir die Tochter meines Onkels versprochen wurde. Also mein Vater hat mit meinem Stiefonkel ausgemacht, dass ich und meine Cousine heiraten sollen. Dann starb mein Vater und da meine Mutter schwer krank wurde und ich auch krank war nach dem Tod meines Vaters. Beide hatten wir psychische Probleme. Es waren Vergesslichkeit, psychische Probleme. Damit meine ich, dass ich wenig geredet habe und wenig geschlafen habe. Ich bin dann in den Iran nach Teheran gezogen. Da war ich 12 Jahre alt. Dort hatte ich keine Aufenthaltsgenehmigung. Ich musste dann Schwarz arbeiten. Eine Woche Tagsüber und eine Woche Nachtschicht. In einer Plastikfabrik. Ich kam müde heim, musste dann noch Essen machen. Die Mutter konnte nichts machen. Da habe ich angefangen mit meiner Mutter zu reden. Es wäre gescheiter nach Afghanistan zu gehen und um die Hand der Cousine zu bitten."; Verhandlungsschrift Seite 17: "R: Sie waren 2015 bereits 22 Jahre alt. Wieso haben Sie nicht versucht, Ihre Cousine schon früher zu heiraten? BF: Zuerst war ich ja in Afghanistan, dann sind wir in den Iran geflohen. Ich habe ein wenig Zeit gebraucht, um mein Leben in den Griff zu bekommen. Das Leben dort ist nicht so leicht wie in Österreich.").

Es kann daher aufgrund der obigen Erwägungen das geschilderte Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers insgesamt als nicht schlüssig und damit glaubhaft bewertet werden. Dabei wird nicht verkannt, dass Unstimmigkeiten im Aussageverhalten bzw. Lücken und Unschärfen des Erinnerungsvermögens vorliegen können und auch hinzunehmen sind (siehe dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2014, Zl. 2014/19/0020.). Diesem Umstand Rechnung tragend wurde in der vorliegenden Beweiswürdigung auf bestehende Widersprüchlichkeiten in der Erzählung in Bezug auf Detailfragen des Beschwerdeführers nicht eingegangen, sondern alleine die Plausibilität und Glaubhaftigkeit des Kerninhaltes seiner Erzählung herangezogen.

Es konnten daher insgesamt keine Feststellungen in Bezug auf diese vom Beschwerdeführer behauptete Verfolgung getroffen werden.

zu den Feststellungen in Bezug auf den Kontakt mit seiner Familie und einer finanziellen Unterstützungsmöglichkeit durch diese:

Der Beschwerdeführer führte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht aus, dass seine Mutter im Zeitpunkt seiner Ausreise aus dem Iran im Iran und seine Tante väterlicherseits in Kabul gelebt habe (Verhandlungsschrift Seite 8: "R: Wo hat Ihre Mutter zum Zeitpunkt Ihrer Ausreise gelebt? BF: In Bagher Abad. D:

Das ist ein Stadtteil in Teheran."; Verhandlungsschrift Seite 12:

"R: Hatte Ihre Tante zum Zeitpunkt Ihrer Ausreise in Kabul gelebt?

BF: Ja, sie war zwar krank, aber sie lebte.").

Der Beschwerdeführer habe aber seit seiner Ausreise keinen Kontakt mehr zu seiner (mit der Tante in Kontakt stehenden) Mutter und zwar allein deshalb, weil er diese (mit dem Tod der bei der Ausreise ertrunkenen Cousine) nicht belasten und damit von sich aus nicht kontaktieren wolle (Verhandlungsschrift Seite 9 f: "R: Warum haben Sie mit Ihrer Familie keinen Kontakt? BF: Ich hatte eine Tasche, wo mein Handy und alle meine Dokumente drin waren. Als unser Boot im Meer sank, ist alles verloren gegangen. R: Im erstinstanzlichen Verfahren haben Sie angegeben, dass Sie Freunde im Iran hätten, die Sie kontaktieren könnten. Wieso versuchen Sie nicht, über Ihre Freunde im Iran mit Ihrer Mutter in Kontakt zu treten? BF: Es ist mein drittes Interview hier. Bei den vorigen Interviews hatte ich einen Iraner als D. Ich habe ihn zwar gut verstanden, aber er hat mich nicht verstanden und nicht alles wiedergegeben, als ich es gesagt habe. R: Wie ist es denn richtig? BF: Richtig ist, dass ich seitdem ich den Iran verlassen habe, mit meiner Mutter keinen Kontakt habe, noch ich irgendwelche Nummer besitze. R: Was ist mit Ihren Freunden im Iran? BF: Nein, die rufe ich nicht an. R: Warum nicht? BF: Seitdem ich hierhergekommen bin, hat sich mein Leben auf den Kopf gestellt. Seit ca. sechs Monaten trinke ich auch keinen Alkohol mehr. R wiederholt die Frage. BF: Weil ich mit ihnen nichts zu tun haben will. Ich habe hier meine eigenen Probleme gehabt und war in meiner eigenen Welt. R: Aber wollen Sie nicht mit Ihrer Mutter Kontakt aufnehmen? BF: Ich würde schon gerne, aber nachdem was passierte, möchte ich nicht, denn sie hat ja auch ihre Probleme.

R: Aber glauben Sie, ist es für Ihre Mutter nicht schlimmer, wenn sie nicht weiß, was mit Ihnen passiert ist? BF: Ich habe gerade seit sechs Monaten mich selbst gefunden, öffne langsam die Augen und werde wach. R: Wollen Sie auf meine Frage antworten oder wollen Sie keine Antwort geben? BF: Doch, ich will antworten. R: Sie haben vorhin gesagt, dass Ihre Mutter ihre eigenen Probleme habe, und Sie sie deswegen nicht kontaktieren würden. Aber glauben Sie, ist es für Ihre Mutter nicht schlimmer, wenn sie nicht weiß, was mit Ihnen passiert ist? BF: Ich sagte ja, ich habe noch nicht daran gedacht."),

Eine Kontaktaufnahme mit seiner Mutter sei ihm aber laut seinen eigenen Angaben grundsätzlich möglich (Verhandlungsschrift Seite 10:

"R: Aber Sie könnten sie kontaktieren, ist das richtig? BF: Ja, wenn ich das will und sehr stark versuche, warum nicht."). Gründe, die gegen einen weiteren Aufenthalt seiner Mutter und seiner Tante im Iran bzw. in Kabul sprechen würden, sind nicht hervorgekommen und wurden solche vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

In Bezug auf die finanzielle Lage seiner Mutter führte der Beschwerdeführer in Übereinstimmung mit seinem bisherigen Vorbringen (AS 15; AS 43) aus, dass deren finanzielle Lage normal sei und diese auch über Ersparnisse verfüge (Verhandlungsschrift Seite 10 f).

Gründe, die dafürsprechen würden, dass seine Mutter über diese Ersparnisse nicht mehr verfügen würde, liegen nicht vor und wurden solche auch gar nicht vorgebracht. Es bestehen daher im vorliegenden Fall keine Gründe, daran zu zweifeln, dass die Familie des Beschwerdeführers diesen insgesamt im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan unterstützen kann und auch wird.

zu den Feststellungen zur Lage in Afghanistan

Die Feststellungen zur Lage in Afghanistan ergeben sich aus dem den Parteien übermittelten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 2. März 2017 (LIB), zuletzt am 30. Jänner 2018 aktualisiert. Die Feststellungen zur Sicherheitslage in Afghanistan allgemein, und zu Kabul und Ghazni, sowie zur Erreichbarkeit von Kabul ergeben sich auszugsweise aus den im LIB enthaltenen Kapiteln 1. (neueste Ereignisse), 3. (Sicherheitslage),

3.1. (Kabul), 3.2. (Erreichbarkeit), 3.10. (Ghazni), 5. (Sicherheitsbehörden), 15. (Schiiten) und 16. (ethnische Minderheiten). Die Feststellungen zur allgemeinen Versorgungslage, zur medizinischen Versorgung und zur Versorgung mit Wohnraum sowie zum Bankensystem in Afghanistan, zu den Erhaltungskosten und zu der Situation von Rückkehrern wurden aufgrund der in den Kapiteln 20. (Binnenflüchtlinge und Flüchtlinge), 21. (Grundversorgung und Wirtschaft), 22. (Medizinische Versorgung), und 23. (Rückkehr) enthaltenen Ausführungen im LIB getroffen. Die Feststellungen zu den Verlobungs- und Hochzeitsbräuchen in Afghanistan ergeben sich auszugsweise aus der Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 27. November 2015 zu Afghanistan: Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, zumal der Beschwerdeführer diesbezüglich auch nichts Gegenteiliges vorgebracht hat.

Dass sich seither in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, ist nicht hervorgekommen und kann dies im Übrigen unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichten aktuelleren Datums in diesem Fall verneint werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

zu Spruchpunkt A.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Unter "Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl. bspw. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. September 2016, Ra 2016/19/0074 u.v.a).

§ 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie), worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 EMRK niedergelegte Verbot der Folter (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 2016, Ra 2016/18/0083).

In Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan konnte der Beschwerdeführer allerdings - wie bereits in der Beweiswürdigung näher dargestellt - keine konkrete individuelle, gegen ihn gerichtete Bedrohung, aus welcher möglicherweise eine aktuelle asylrelevante Verfolgung der Person des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat ableitbar wäre, festgestellt werden. Dem Beschwerdeführer ist es entgegen dem Beschwerdevorbringen insgesamt nicht gelungen, die von ihm behauptete Verfolgung glaubhaft zu machen.

Nach der Rechtsprechung des V

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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