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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des RR, (geboren am 22. Oktober 1973), in Wien, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 47/5/8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 3. März 1999, Zl. SD 22/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 3. März 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm § 48 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer verfüge seit dem 29. September 1995 über Aufenthaltstitel und sei am 8. Juni 1998 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des (schweren) Einbruchdiebstahls nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, § 129 Z. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten rechtskräftig verurteilt worden, sodass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei. Der Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass er am 11. Februar 1998 an einem Einbruch in ein Gebäude beteiligt gewesen sei, bei dem zahlreiche Pelzjacken und -mäntel im Gesamtwert von mehr als S 100.000,-- gestohlen worden seien. Dieses Fehlverhalten beeinträchtige die öffentliche Ordnung und Sicherheit in hohem Maß, sodass auch die Voraussetzung des § 48 Abs. 1 FrG vorliege. In einem solchen Fall könne gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn dem nicht die §§ 37 und 38 leg. cit. entgegenstünden.
Auf Grund des etwa dreieinhalbjährigen rechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und im Hinblick darauf, dass er seit 11. Dezember 1998 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei, liege ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in sein Privat- und Familienleben vor. Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG zu bejahen. Angesichts des der Verurteilung zugrunde liegenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers und der darin zum Ausdruck kommenden krassen Missachtung fremden Eigentums sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zum Schutz der Rechte anderer sowie zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen als dringend geboten zu erachten. Im Rahmen der gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass der aus dem inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers ableitbaren Integration kein entscheidendes Gewicht zukomme, weil die dafür erforderliche soziale Komponente durch seine Straftaten erheblich gemindert werde. Auch die Bindung des Beschwerdeführers zu seiner Ehegattin erfahre insofern eine Relativierung, als die Ehe zu einem Zeitpunkt geschlossen worden sei, als gegen ihn bereits (in erster Instanz) ein Aufenthaltsverbot erlassen worden sei und er sohin rechtens nicht mit einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet habe rechnen können. Diesen - solcherart geschmälerten - privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers stehe das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität entgegen. Bei Abwägung dieser Interessenlagen wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.
Im Hinblick darauf, dass keine weiteren zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände vorlägen, könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden.
Angesichts des aufgezeigten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden. Das Aufenthaltsverbot entspreche auch dem für begünstigte Drittstaatsangehörige geltenden § 48 FrG, wonach ein Aufenthaltsverbot nur erlassen werden könne, wenn auf Grund ihres Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet sei, wobei auch die Ausschlussbestimmungen (zehnjähriger Hauptwohnsitz und mehr als die Hälfte der Zeit dauernde Ehe) nicht Platz griffen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach § 49 Abs. 1 erster Satz FrG genießen Angehörige von Österreichern gemäß § 47 Abs. 3 leg. cit., die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, Niederlassungsfreiheit; für sie gelten, sofern im Folgenden nicht anderes gesagt wird, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach dem 1. Abschnitt des 4. Hauptstückes. Im vorliegenden Fall findet daher auf den Beschwerdeführer, der Ehegatte einer österreichischen Staatsbürgerin ist, die Bestimmung des § 48 Abs. 1 erster Satz FrG Anwendung, derzufolge die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige nur zulässig ist, wenn auf Grund ihres Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass er am 11. Februar 1998 an einem Einbruch in ein Gebäude beteiligt gewesen sei, bei dem zahlreiche Pelzjacken und -mäntel im Gesamtwert von mehr als S 100.000,-- gestohlen worden seien, und deswegen am 8. Juni 1998 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des schweren Einbruchdiebstahls nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, § 129 Z. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei. Auf dem Boden dieser Sachverhaltsfeststellungen begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass das Fehlverhalten des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit in hohem Maß beeinträchtige und damit der Tatbestand des § 48 Abs. 1 (erster Satz) FrG verwirklicht sei, keinem Einwand.
Im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes zutreffend unter dem Blickwinkel des § 48 Abs. 1 FrG beurteilt hat, bewirkte es auch keine Verletzung von subjektiven Rechten des Beschwerdeführers, wenn sie diese Maßnahme auch auf den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG gestützt hat. Die Bestimmungen des § 36 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 FrG sind bei der Frage, ob gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsverbot zu erlassen ist, weiterhin insofern von Bedeutung, als ein Aufenthaltsverbot nur bei Vorliegen der in § 36 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. genannten Voraussetzungen erlassen werden darf und auf den Katalog des § 36 Abs. 2 leg.cit. als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden kann (vgl. etwa das zum Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, ergangene, wegen der insoweit nicht geänderten Rechtslage auch hier maßgebliche hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 94/18/0184).
2.1. Die Beschwerde hält den angefochtenen Bescheid im Grunde des § 37 FrG für rechtswidrig und macht geltend, dass der Beschwerdeführer sich bereits seit mehr als dreieinhalb Jahren legal in Österreich aufhalte, immer einer legalen Beschäftigung nachgegangen sei, eine Eigentumswohnung in Wien erworben habe und durch seine Arbeit und seine Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin sozial integriert sei. Die Interessenabwägung iS des Art 8 Abs. 2 EMRK sei daher rechtswidrig ausgeübt worden.
2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
Die belangte Behörde hat im Hinblick auf den etwa dreieinhalbjährigen rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich und seine daraus ableitbare Integration sowie seine - unbestrittenermaßen am 11. Dezember 1998 erfolgte - Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Wenn sie - unter gebührender Bedachtnahme auf diese persönlichen Interessen - die maßgeblichen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen an der Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer für so gewichtig erachtet hat, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten sei, so begegnet diese Beurteilung angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität keinem Einwand.
Im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes konnte die Interessenabwägung im Grunde des § 37 Abs. 2 FrG nicht zugunsten des Beschwerdeführers ausgehen. Wenngleich die für seinen Verbleib in Österreich sprechenden Interessen beachtlich sind, kommt ihnen doch kein größeres Gewicht zu als dem durch sein Fehlverhalten nachhaltig gefährdeten Allgemeininteresse. Seine familiäre Beziehung zu seiner Ehegattin ist in fremdenrechtlicher Sicht zudem dadurch relativiert, dass er die Ehe nach den insoweit unbestrittenen Ausführungen des angefochtenen Bescheides nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides geschlossen hat und sohin zu diesem Zeitpunkt in Betracht ziehen musste, dass das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot im Instanzenzug bestätigt werden könnte und dies zur Beendigung seines Aufenthaltes in Österreich führen würde. Wenn die Beschwerde vorbringt, dass der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit seine Tat zutiefst bereut und die Absicht habe, sich rechtstreu zu verhalten, so ist dem entgegenzuhalten, dass das für seine Verurteilung ausschlaggebende Fehlverhalten noch nicht so lange zurückliegt, um auf Grund des seither verstrichenen Zeitraumes eine (wesentliche) Verringerung der von ihm ausgehenden Gefahr für das besagte öffentliche Interesse annehmen zu können.
2.3. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen entbehrt die in der Beschwerde geltend gemachte Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe nicht ausreichend die private Situation des Beschwerdeführers recherchiert und hätte (u.a.) darauf eingehen müssen, dass er permanent legal beschäftigt gewesen sei, der Relevanz.
3. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 19. Oktober 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999180155.X00Im RIS seit
12.02.2002