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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §232 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien I, Gonzagagasse 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. Mai 1998, Zl. GA 7 - 1241/96, betreffend Sicherstellung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 20. Juni 1996 ordnete das Finanzamt gemäß § 232 BAO die Sicherstellung der Einkommensteuer für den Zeitraum 1983 bis 1990 in der voraussichtlichen Höhe von S 8,548.000,-- und der Gewerbesteuer für 1983 bis 1990 in der voraussichtlichen Höhe von S 1,752.000,-- an.
In der Begründung dieses Bescheides führte das Finanzamt zur Entstehung der Abgabenansprüche aus, den vom Beschwerdeführer als Betriebsausgaben geltend gemachten Zahlungen von Lizenzgebühren an die L. AG in der Schweiz - bei dieser AG handle es sich nach den Erhebungen der Finanzverwaltung um eine Sitzgesellschaft mit gleichem Firmensitz wie die I. AG, für welche der Beschwerdeführer seine Funktion als Treugeber zugestanden habe - stünden keine adäquaten Gegenleistungen gegenüber, weshalb sich der begründete Verdacht ergebe, dass es sich bei diesen Transferleistungen um Vermögensverbringungen handle.
In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer u. a. geltend, die Pauschalierung bzw. Addition über viele Jahre und das Einsetzen irgend eines Betrages ohne jede Begründung im Bescheid widerspreche § 232 Abs. 2 lit. a BAO.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und führte in der Begründung u.a. aus, soweit der Beschwerdeführer die Verwirklichung des Tatbestandes bestreite, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpften, sei er auf die Ausführungen in der Berufungsentscheidung vom 2. März 1998 - diese ist Gegenstand der zu hg. 98/14/0118 protokollierten Beschwerde und des Erkenntnisses zu dieser Zahl vom heutigen Tag - zu verweisen. Eine Auseinandersetzung mit dem oben wiedergegebenen Berufungsvorbringen unterblieb.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Auch in der vorliegenden Beschwerde rügt der Beschwerdeführer u. a., dass die Geltendmachung von Pauschalbeträgen im Sicherstellungsauftrag für viele Steuerjahre gesetzwidrig sei. Er ist damit aus folgenden Erwägungen im Recht:
Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
Gemäß § 232 Abs. 2 BAO hat der Sicherstellungsauftrag (Abs. 1) u. a. (lit. a) die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld zu enthalten.
Diese ist nach den einzelnen Abgabenarten und Zeiträumen aufzugliedern (siehe Ritz, BAO-Kommentar2, § 232 Rz 8). Die Angabe eines einheitlichen Betrages für mehrere Steuerperioden genügt diesen Anforderungen nicht. Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung bringt es nämlich mit sich, dass für jeden Abschnitt ein eigener Abgabenanspruch entsteht. Für jeden diesen Ansprüche kann die Abgabenbehörde - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 232 BAO - einen gesonderten Sicherstellungsauftrag erlassen. Fasst sie mehrere solcher Ansprüche aus Zweckmäßigkeitsgründen in einer einzigen Bescheidausfertigung zusammen, hat diese für jeden Anspruch die Angaben gemäß § 232 Abs. 2 zu enthalten.
Die in der Gegenschrift geäußerte Auffassung der belangten Behörde, die Anführung eines einheitlichen Betrages für mehrere Jahre sei zulässig, weil für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld nicht erforderlich sei, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Die Begründung eines Sicherstellungsauftrages muss erkennen lassen, aus welchen Erwägungen die Behörde annimmt, dass der Abgabenanspruch dem Grunde nach entstanden ist, und welche Umstände für die Entscheidung betreffend die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld maßgebend sind. Diesem Begründungserfordernis wird durch die Anführung einer einheitlichen Pauschalsumme für mehrere Besteuerungsabschnitte nicht entsprochen, weil diese Vorgangsweise nicht erkennen lässt, für welchen Abgabenanspruch in welcher Höhe im folgenden Sicherungsverfahren Pfandrechte begründet werden (vgl. auch dazu Ritz, a.a.O.).
Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 19. Oktober 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998140122.X00Im RIS seit
21.02.2002