TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/12 W103 1302519-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.09.2018
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Entscheidungsdatum

12.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs3 Z6
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W103 1302519-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX, Rechtsanwalt in XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.06.2018, Zl. 742347006-171385242, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 iVm 6

Abs. 1 Z 4, 8 Abs. 1 Z 2, 57, 10 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 und Abs. 9, 46, 55 Abs. 1 bis 3 und 53 Abs. 3 Z 6 und 9 FPG, jeweils idgF, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt IV. zu lauten hat: "Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste als Minderjähriger gemeinsam mit seinen Eltern und seinen damals minderjährigen Geschwistern illegal ins Bundesgebiet ein und beantragte durch seine gesetzlichen Vertreter am 11.08.2004 die Gewährung von Asyl.

2. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 06.12.2006, Zl. 302.519-C1/E1-XV/53/06, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 7, 10 AsylG 1997 Asyl gewährt und gemäß § 12 leg. cit. festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Im Rahmen seiner Entscheidungsbegründung hielt der Unabhängige Bundesasylsenat im Wesentlichen fest, dass eine individuelle Verfolgung des minderjährigen Beschwerdeführers im Verfahren weder behauptet noch von Amts wegen hervorgekommen wäre. Dem Vater des Beschwerdeführers sei mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom gleichen Datum Asyl gewährt worden, weshalb auch dem Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 2 iVm 5 AsylG 1997 Asyl zu gewähren sei. Dass es eine "Sippenhaftung" für Familienangehörige von verfolgten Familienmitgliedern gebe, könne aus den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat nicht abgeleitet werden; ebenso wenig ergebe sich aus diesen eine allgemeine asylrelevante ethnisch motivierte Verfolgung aller Tschetschenen.

3. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 142 Abs. 1 StGB, § 105 Abs. 1 StGB, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von zehn Monaten verurteilt, von welcher ihm sieben Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden. Diese Verurteilung ist zwischenzeitlich getilgt.

Am 27.07.2011 wurde der damals minderjährige Beschwerdeführer im Beisein seines gesetzlichen Vertreters im Rahmen des aufgrund der zuvor genannten Verurteilung eingeleiteten Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen (vgl. AS 229 ff). Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlichen vor, falsche Freunde gehabt zu haben und einzusehen, dass er sich falsch verhalten hätte. Seit Entlassung aus der Haft lebe er zu Hause, ginge nicht zur Schule und ginge keiner Arbeit nach. Er werde von seinen Eltern versorgt, spreche bereits einigermaßen Deutsch und befinde sich auf der Suche nach einer Lehrstelle. Der Beschwerdeführer verfüge noch über zahlreiche Angehörige in Tschetschenien, doch wäre es schwierig für ihn, dort zu leben, da er noch minderjährig sei.

Mit Aktenvermerk des Bundesasylamtes vom 28.07.2011 wurde das gegen den damals minderjährigen Beschwerdeführer eingeleitete Aberkennungsverfahren eingestellt.

4. Mit Aktenvermerk vom 09.02.2018 leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erneut ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten ein, da der Beschwerdeführer aufgrund der aktenkundigen Berichtslage unter dringendem Verdacht der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung stünde.

Mit rechtskräftigem Urteil des LandesgerichtsXXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen § 15 StGB § 278b Abs. 2 StGB § 15 StGB §§ 278a 2. Fall, 278a Z 1,2,3 StGB, §§ 223 Abs.2, 224 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten verurteilt.

Infolgedessen wurde dem Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Schreiben vom 09.05.2018 Parteiengehör im Rahmen des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten gewährt. Dem Beschwerdeführer wurde mitgeteilt, dass die Voraussetzungen, welche zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten geführt hätten, nicht mehr vorliegen würden. Der Beschwerdeführer habe persönlich niemals einer Verfolgung oder einer sonstigen relevanten Rückkehrgefährdung unterlegen. In der Herkunftsregion des Beschwerdeführers liege aus aktueller Sicht, ebenso wie im sonstigen Gebiet der Russischen Föderation, keine fragile Sicherheitslage mehr vor und diesem stünde die Möglichkeit offen, sich in jedem anderen Landesteil niederzulassen. Zudem ergebe sich aus der mittlerweile erreichten Volljährigkeit und den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich, dass die Notwendigkeit der Zuerkennung eines Schutzstatus nicht mehr bestünde. Es sei daher einerseits im Lichte der objektiven Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers - im Sinne einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse in Tschetschenien seit dem Jahr 2004 - sowie im Lichte der erreichten Volljährigkeit davon auszugehen, dass die Umstände, aufgrund derer er als Flüchtling anerkannt worden wäre, nicht mehr bestünden und demnach ein Endigungsgrund iSd § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm Art. 1 Abschn. C Z 5 GFK vorliegen würde. Zudem sei die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen § 278b StGB objektiv und subjektiv geeignet, die Tatbestände des § 6 Abs. 1 Z 3 und 4 AsylG zu erfüllen. Überdies müsse begründet davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer einer jihadistisch-salafistischen Gewalttheologie anhinge und den Entschluss gefasst hätte, die Terrormiliz IS und ihre Verbrechen zu unterstützen. Von einer positiven Zukunftsprognose im Sinne eines fundamentalen Gesinnungswandels könne nach dem derzeitigen Beobachtungszeitraum keinesfalls ausgegangen werden. Seine Einstellung widerspreche einer nachhaltigen und ernsthaften Integration im österreichischen Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer habe seinen Lebensunterhalt bislang im Wesentlichen aus Leistungen der öffentlichen Hand bestritten. Im November 2015 hätte dieser nach islamischen Recht eine deutsche und russische Staatsbürgerin geheiratet, welche in Deutschland lebe und mit der er einen gemeinsamen Sohn hätte. Nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes im Jahr XXXX hätte er sich jedoch von der Kindesmutter getrennt. Der Beschwerdeführer sei gesund, arbeitsfähig und innerhalb eines tschetschenischen Familienverbandes sozialisiert worden. Aufgrund der allgemeinen Länderinformationen zum Herkunftsland sei im individuellen Fall des Beschwerdeführers aufgrund seines Alters, Gesundheitszustandes, seiner Sozialisation sowie seiner Bildung davon auszugehen, dass ihm eine Niederlassung und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in der Russischen Föderation zumutbar sei. Dessen privates Interesse am Schutz seines Familien- und Privatlebens im Schengenraum sei aufgrund seiner Versuche, ins Operationsgebiet des Islamischen Staates auszureisen und sich dort niederzulassen, jedenfalls als beträchtlich gemindert zu erachten. Die Behörde beabsichtige daher, den Asylstatus des Beschwerdeführers gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm Art. 1 Abschn. C Z 5 GFK bzw. § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 6 Abs. 1 Z 3 und 4 AsylG abzuerkennen und eine Rückkehrentscheidung in dessen Herkunftsstaat zu erlassen. Aufgrund dessen Verurteilung wegen eines besonders schweren Verbrechens, der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit und des Umstandes, dass aufgrund der religiösen Indoktrinierung mit einer jihadistisch-salafistischen Ideologie nicht von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden könne, sei zudem beabsichtigt, die Entscheidung mit einem unbefristeten Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 6 FPG zu verbinden. Der Beschwerdeführer wurde über die Möglichkeit belehrt, zu diesem Beweisergebnis sowie zu näher angeführten Fragen bezüglich seiner familiären und privaten Lebensumstände im Bundesgebiet, zu seiner Situation im Fall einer Rückkehr und zu einem Ländervorhalt zur Lage in seinem Herkunftsstaat binnen Frist Stellung zu beziehen.

Mit Eingabe vom 29.05.2018 wurde das im Spruch ersichtliche Vollmachtsverhältnis bekannt gegeben und eine schriftliche Stellungnahme übermittelt. In dieser wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Eltern, eine Schwester, ein Bruder, die Großeltern, eine Tante und ein Onkel des Beschwerdeführers in Österreich leben würden. Nach Entlassung aus der Strafhaft werde der Beschwerdeführer anfangs bei seinem Vater leben und sobald es ihm möglich wäre, in eine eigene Wohnung ziehen und als Kurierfahrer arbeiten. Der Beschwerdeführer habe desweiteren eine in Deutschland lebende Lebensgefährtin, welche die deutsche Staatsbürgerschaft besitze und mit der er einen gemeinsamen Sohn habe. Die Behörde befinde sich mit ihrer Annahme, der Beschwerdeführer habe sich von der Kindesmutter getrennt, im Irrtum. Vielmehr seien eine ehestmögliche Heirat sowie ein Umzug seiner Lebensgefährtin nach Österreich geplant. Der Beschwerdeführer habe im Herkunftsland keine ihm bekannten lebenden Angehörigen mehr und es lägen definitiv gegen eine Rückkehr sprechende Gründe vor. Der Vater, Onkel und andere Verwandte des Beschwerdeführers wären im Widerstand gegen das russische Regime gewesen und hätten daher auf Flucht vor den russischen Behörden das Heimatland verlassen müssen. Bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland werde der Beschwerdeführer vermutlich als Familienangehöriger von gesuchten "Kriegsverbrechern" festgenommen, eingesperrt und möglicherweise gefoltert werden.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2018 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 14.11.2006, Zahl: 302.519-C1/Z2-XV/53/06, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Absatz 1 Ziffer 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aberkannt und gemäß § 7 Absatz 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG, der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 1 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 6 und 9 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte fest, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Staatsangehörigen der Russischen Föderation handeln würde, welcher der tschetschenischen Volksgruppe angehöre, russisch und tschetschenisch spreche, der muslimisch-sunnitischen Glaubensgemeinschaft angehöre und der Lehre des Salafismus folgen würde. Eigene, den Beschwerdeführer betreffende, Fluchtgründe seien im Verfahren zu keinem Zeitpunkt hervorgekommen.

Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten sowie zur Situation des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat wurden darüber hinaus insbesondere die folgenden Feststellungen getroffen:

"(...) Sie wurden mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, vom XXXX (Rechtskraftdatum) ua. wegen der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung gemäß §§ 15, 278b (2) StGB, §§ 15, 278a

2. Fall, 278a Z 1,2,3 StGB, §§ 223 (2), 224 StGB und § 223 (2) StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Erschwerend wurde im bezughabenden Urteil bei der Strafbemessung das Zusammentreffen von 2 Verbrechen und 2 Vergehen angeführt.

...

Am XXXXhaben Sie sich als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) an einer terroristischen Vereinigung (§ 278b Abs 3 StGB), nämlich der in der UN-Sanktionsliste aufscheinenden Terrororganisation IS-Islamic State, zu beteiligen versucht, indem Sie die Ausreise aus Österreich mit dem Ziel Syrien in Angriff nahmen, um sich in dem vom IS kontrollierten Gebiet am bewaffneten Kampf durch logistische Unterstützungshandlungen, finanziell oder auf sonstige Weise durch Stärkung der Gruppenmoral zu beteiligen, wobei Sie im Wissen (§ 5 Abs 3 StGB) handelten, durch Ihre Beteiligung die terroristische Vereinigung IS oder deren strafbare Handlungen zu fördern, indem Sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem zu XXXX rechtskräftig verurteilten Mittäter versuchten, mit einem falschen albanischen Reisepass und einem falschen albanischen Führerschein vom Flughafen XXXX nach XXXXl auszureisen, um mit Unterstützung von Schleppern über die grüne Grenze nach Syrien und das von der terroristischen Vereinigung IS kontrollierte Gebiet zu gelangen, wobei die versuchte Ausreise scheiterte, da Sie und Ihr Mittäter am Flughafen XXXX im Zuge von Personenkontrollen angehalten wurden.

Dieses Verhalten lag auch der oben angeführten rechtskräftigen Verurteilung ua. wegen §§ 278a und 278b StGB vom XXXX zu Grunde.

Im Hinblick auf das Bestehen einer terroristischen Vereinigung samt deren terroristischer Zweckausrichtung war Ihrerseits sogar Wissentlichkeit im Sinne des § 5 Abs 3 StGB gegeben und diese auch dem Urteil zugrunde gelegt. Hinsichtlich der Förderung dieser Organisation durch Ihre Beteiligung, handelten Sie absichtlich im Sinne des § 5 Abs 2 StGB, da es Ihnen gerade darauf ankam diesen Erfolg zu verwirklichen.

Sie stellen im Lichte Ihres Gesamtverhaltens und des Umstandes, dass Ihre Delinquenz auf einer inneren religiösen Überzeugung beruht, aus gewichtigen Gründen eine schwerwiegende und nachhaltige Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar. Der bisherige Beobachtungszeitraum im Stande der Strafhaft ist jedenfalls nicht geeignet und viel zu kurz, um mit hinreichender Sicherheit von einer nachhaltigen Abkehr von dieser radikal-salafistischen Gewalttheologie feststellen zu können.

Bei Ihrer jihadistisch-salfistischen Ideologie handelt es sich zweifellos um eine Grundeinstellung, die mit den Werten des demokratischen und pluralistischen Rechtsstaates und den freiheitlichen und humanitären Grundwerten der Gesellschaft nicht vereinbar ist, sondern diesen ablehnend begegnet. Zudem sehen Sie es auch als Ihre Pflicht an durch Missionierung (dawa) und allenfalls auch durch gewaltsamen bzw militärischen Jihad "unislamische" Regime zu bekämpfen.

Von einer positiven Zukunftsprognose, in Form eines fundamentalen Gesinnungswandels, kann daher nach dem derzeitigen Beobachtungszeitraum daher keinesfalls ausgegangen werden. Zudem widerspricht Ihre innere Einstellung einer nachhaltigen und ernsthaften Integration im österreichischen Bundesgebiet.

Sie haben durch Ihre nachgewiesene Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, wie durch Ihre einschlägige rechtskräftige Verurteilung einen nachträglichen Asylausschlussgrund gesetzt.

Zudem ergibt sich auch aus Ihrer mittlerweile erreichten Volljährigkeit und Ihren Lebensumständen in Österreich, dass eine Notwendigkeit zur Zuerkennung des Asylstatus iSd der Kriterien des § 9 Abs 3 BFA-VG, nicht mehr vorliegt.

Sie unterlagen niemals persönlich einer Verfolgung oder im Falle der Rückkehr der Gefahr einer Todesstrafe, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung bzw. als Zivilperson in einem innerstaatlichen Konflikt in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Die Lage sowohl in Tschetschenien, Ihrem Herkunftsgebiet, als auch im gesamten Gebiet der Russischen Föderation ist soweit befriedet, als aktuell die Sicherheitslage nicht mehr als fragil zu bezeichnen ist und Ihnen auch die Möglichkeit offen steht, sich in jedem anderen Landesteil niederzulassen.

Es ist daher einerseits im Lichte der objektiven Lage im Herkunftsstaat (wesentliche Änderung der Lage in Tschetschenien seit 2004), andererseits im Lichte Ihrer erreichten Volljährigkeit davon auszugehen, dass die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden sind, nicht mehr bestehen und sie es daher auch nicht weiterhin ablehnen können, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.

Zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Es kann nicht festgestellt werden, dass Ihnen in der russischen Föderation Verfolgung irgendeiner Art drohen würde bzw. Ihnen Ihre Existenzgrundlage völlig entzogen wäre.

Als Staatsbürger der Russischen Föderation mit tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, welcher sich dem moslemischen Glauben zugehörig fühlt, gehören Sie in der Russischen Föderation einer Bevölkerungsgruppe an, bei der im Grunde hinsichtlich der ethnischen Herkunft und religiösen Orientierung eine Gefährdung nicht gegeben ist. Im Übrigen wird auf die diesbezüglichen Länderfeststellungen verwiesen.

Sie unterlagen niemals persönlich einer Verfolgung oder im Falle der Rückkehr der Gefahr einer Todesstrafe, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung bzw. als Zivilperson in einem innerstaatlichen Konflikt in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Durch den Unabhängigen Bundesasylsenat wurde ausdrücklich festgestellt, dass zum entscheidungszeitpunkt eigene Fluchtgründe nicht vorlagen.

Ihre gerichtliche Verurteilung in Österreich nach § 278b StGB ist weder öffentlich bekannt, noch konnte festgestellt werden, dass Sie als Person in irgendeiner Form öffentlich mit Terrorismus in Verbindung gebracht worden wären oder gebracht werden.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass Sie auf Grund Ihrer Verurteilung in Österreich automatisch einer Überwachung der Behörden der russischen Föderation unterliegen würden.

Zudem sind im Verfahren zu keiner Zeit begründete Hinweise zu Tage getreten, oder solche von Ihnen behauptet wurden, wonach Ihnen bei Ihrer Rückkehr eine Doppelbestrafung im Sinne des Art 4 des 7. ZProt der EMRK im Hinblick auf Ihre Verurteilung in Österreich drohe. Die Russische Föderation hat sich im Rahmen der EMRK zur Einhaltung des Prinzips "ne bis in idem" verpflichtet und sind auch keine Hinweise bekannt, dass das Doppelbestrafungsverbot von Russland nicht beachtet würde. Auch stünde im Falle einer Verletzung dieses in der EMRK verbrieften Rechtes durch innerstaatliches Recht der Rechtsweg in Form einer Beschwerdeerhebung an den EGMR offen.

Am 27.07.2011 wurden Sie vor dem Bundesasylamt, XXXX, betreffend die Aberkennung Ihres Asylstatus einvernommen. Über die Frage, was gegen Ihre Rückkehr in die Russische Föderation spreche, gaben Sie lediglich an, dass Sie bei Ihren Eltern und Geschwistern bleiben möchten. Sie gaben weiters an, dass Sie über familiäre Anknüpfungspunkte in Form Ihrer Großeltern, Onkel, Tanten und Cousins in Tschetschenien verfügten.

Sie verfügen nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte in Tschetschenien und sind auch mit dem Leben in anderen Landesteilen (Sibirien) vertraut. Aufgrund Ihres Alters und Gesundheitszustandes, sowie Ihrer Vertrautheit mit Sprache und Kultur bzw Ihrem Schulbesuch im Herkunftsstaat ist Ihnen eine Teilnahme am Erwerbsleben uneingeschränkt möglich.

Es ist Ihnen auch problemlos möglich und daher absolut zumutbar sich in einem anderen Teil Russlands, etwa in XXXX oder einer anderen Großstadt - gemäß den Feststellungen zur allgenmeinen Lage in der Russischen Föderation hat sich die tschetschenische Diaspora in Moskau und anderen Großstädten signifikant vergrößert und können sich Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe grundsätzlich frei bewegen - niederzulassen und in weiterer Folge eine Erwerbsarbeit aufzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang überdies davon auszugehen, dass Sie anfangs mit Unterstützungen durch Ihre in Russland lebenden Angehörigen rechnen dürfen.

Entgegen Ihres Vorbringens in der schriftlichen Stellungnahme vom 28.05.2018, konnten keine Umstände, die eine Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat begründet erscheinen ließen, oder eine landesweite reale Gefahr der Verletzung Ihrer Rechte nach Art 2, 3 EMRK sowie des 6 und 13 ZProt im Falle Ihrer Rückkehr, festgestellt werden.

(...)"

In Bezug auf die private und familiäre Situation des Beschwerdeführers wurde desweiteren erwogen, dass dieser bis September 2013 in einem gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern gelebt hätte. Ein besonderes Abhängigkeits- oder Naheverhältnis sei auch nach Erreichen der Volljährigkeit nicht zu Tage getreten. Der Beschwerdeführer habe im November 2015 eine deutsche und russische Staatsangehörige nach islamischem Recht geheiratet, welche in Deutschland lebe und mit welcher er einen im Jahr XXXX geborenen Sohn hätte. Nach den vorliegenden Beweisergebnissen hätte der Beschwerdeführer sich nach Geburt des Sohnes wieder von der Kindesmutter getrennt. Eine aufrechte standesamtliche Zivilehe hätte zu keinem Zeitpunkt bestanden. Der Beschwerdeführer sei seit seiner Inhaftierung im Dezember 2017 regelmäßig von seinen Eltern sowie viermal von seinem Bruder in der Strafhaft besucht worden. Seine angebliche Lebensgefährtin, welche er laut Stellungnahme ehestmöglich heiraten wolle, hätte ihn jedoch zu keinem Zeitpunkt besucht. Zudem wäre es der Genannten jederzeit möglich, mit dem gemeinsamen Kind legal nach Russland einzureisen und sich dort aufzuhalten. Der Beschwerdeführer habe in Tschetschenien die Grundschule besucht und mit seinen Eltern eine Zeit lang in Sibirien gelebt. Auch nach seiner Einreise in Österreich sei er weiterhin innerhalb eines tschetschenischen Familienverbandes sozialisiert worden und daher mit Sprache, Kultur und tschetschenischen Lebensgewohnheiten nach wie vor vertraut. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer an einer schwerwiegenden körperlichen oder psychischen Erkrankung leide. Der Beschwerdeführer habe in Österreich nach Erreichen des erwerbsfähigen Alters im Wesentlichen von staatlicher Unterstützung gelebt; er hätte im Bundesgebiet die Pflichtschule abgeschlossen und eine Lehre als KFZ-Mechaniker begonnen, jedoch nicht abgeschlossen. Der Beschwerdeführer sei in Österreich insgesamt für etwa zwei Monate einer geregelten legalen Beschäftigung nachgegangen, jedoch aufgrund seines problematischen Umgangs mit weiblichen Kundinnen gekündigt worden. Derzeit befinde er sich in Haft in einer Justizanstalt. Maßgebliche Integrationsbemühungen hätten nicht festgestellt werden können und seien vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet worden. Auch dessen antidemokratische, staatsfeindliche und salafistische Ideologie widerspreche der Annahme einer sozialen Verfestigung in Österreich. Durch seinen Entschluss, Österreich in Richtung Syrien bzw. Nordirak zu verlassen und seinen Lebensmittelpunkt in weiterer Folge dorthin zu verlegen, habe der Beschwerdeführer klar zum Ausdruck gebracht, dass er kein Interesse an einem weiteren Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet bzw. im Schengenraum hätte.

Das gegen den Beschwerdeführer erlassene Einreiseverbot wurde mit der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers und der darauf basierenden begründeten Annahme, dass er einer jihadistisch-salafstischen Gewalttheologie anhängen würde, sodass er letztlich auch den Entschluss gefasst hätte, die Terrormiliz IS und ihre Verbrechen zu unterstützen, begründet, wobei eine positive Zukunftsprognose nicht erkannt werden könne. Der Beschwerdeführer hätte versucht, die Terrormiliz Islamischer Staat aktiv zu unterstützen und hätte dem XXXX angehört. Gemäß Einschätzung desXXXX stelle er eine schwere Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar.

In Zusammenschau sei davon auszugehen gewesen, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Persönlichkeitsbildes eine nachhaltige Gefährdung für die Sicherheit der Republik Österreich darstelle. Dem Beschwerdeführer sei der Status des Asylberechtigten im Familienverfahren, abgeleitet von seinem Vater, zuerkannt worden, wobei sich aus dem im Akt einliegenden Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates eindeutig ergebe, dass individuelle Fluchtgründe nie vorgelegen hätten. Aus den niederschriftlichen Angaben am 27.07.2011 sowie im Lichte der aktuellen Feststellungen zur allgemeinen Lage in Russland ergebe sich zudem, dass kein wie immer geartetes Gefährdungsszenario im Falle seiner Rückkehr drohen würde. Die Situation im westlichen Nordkaukasus (Tschetschenien) habe sich in den letzten Jahren stabilisiert und der zweite Tschetschenienkrieg habe keine Auswirkungen mehr auf die Zivilbevölkerung. Es seien zudem keine Hinweise zutage getreten, dass die russischen bzw. tschetschenischen Behörden von den Gründen für die Aberkennung seines Status Kenntnis erlangt hätten. Im gesamten Verfahren seien keinerlei Gründe hervorgetreten, weshalb der Beschwerdeführer im Falle seiner nunmehrigen Rückkehr in die Russische Föderation landesweit einer Gefährdung unterliegen würde oder ihm eine Existenzgrundlage völlig entzogen wäre. Dessen Angaben im Rahmen seiner schriftlichen Stellungnahme vom 28.05.2018, wonach er bei einer Rückkehr in das Heimatland als Familienangehöriger von gesuchten Kriegsverbrechern "vermutlich" festgenommen, eingesperrt und "möglicherweise" gefoltert würde, erweise sich als ausschließlich spekulativ und völlig unsubtantiiert sowie nicht im Einklang mit den vorliegenden Länderinformationen, weshalb es sich um eine bloße Schutz- und Zweckbehauptung handeln würde.

Im Falle des Beschwerdeführers seien sowohl der Ausschlussgrund des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG als auch jener der Z 3 leg.cit. erfüllt. Desweiteren sei auch der Endigungsgrund gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK verwirklicht.

6. Gegen den oben angeführten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 05.07.2018 fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde durch den rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers eingebracht, in welcher begründend zusammengefasst ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Taten stets bestritten hätte. Richtig sei, dass mittlerweile eine rechtskräftige Verurteilung vorliege. Der Beschwerdeführer prüfe derzeit die Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens, da er nach wie vor der Überzeugung wäre, in keinster Weise gegen das Strafgesetz der Republik Österreich verstoßen und insbesondere keiner terroristischen Vereinigung oder kriminellen Organisation angehört zu haben. Würde man den Beschwerdeführer jetzt abschieben, würde seine Wiederaufnahme jedenfalls zu spät kommen, da ihm in Tschetschenien schwerste Konsequenzen für Leib und Leben drohen würden. Betrachte man die von der Behörde getroffenen Länderfeststellungen, zeige sich, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Verbringung in die Russische Föderation in seinem Recht auf Leben gemäß Art. 2 EMRK akut bedroht wäre. In Tschetschenien gebe es die Sippenhaft, jeder der dort Kritik übe oder als Regimegegner angesehen werde, laufe Gefahr, ohne Verfahren liquidiert zu werden. Beim Beschwerdeführer handle es sich um einen jungen Mann, der im Jugendrat eines islamischen Vereins tätig gewesen wäre. Sollte er tatsächlich nach Tschetschenien abgeschoben werden, drohe ihm ein Schauprozess, eine Vorführung im Fernsehen und schlussendlich der Tod. Der Beschwerdeführer sei im Fall einer Rückkehr in die Russische Föderation schon deshalb massiv gefährdet, da sein Vater und sein Onkel früher gegen die Russen Widerstand geleistet hätten. Im letzten Jahr sei bei in Tschetschenien lebenden Verwandten des Beschwerdeführers über seinen Verbleib sowie jenen seines Vaters seitens der Behörden mehrfach nachhaltig nachgefragt worden. Die Behauptung der Behörde, dass der Beschwerdeführer keine Beziehung zu seinem Sohn und der Kindesmutter unterhalte, erweise sich als unrichtig. Der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers sei es aus beruflichen Gründen vor Juli 2018 nicht möglich gewesen, diesen zu besuchen, doch werde der Kontakt telefonisch, durch Briefe, Pakete und Fotos aufrechterhalten. Der Beschwerdeführer plane, nach seiner Haftentlassung gemeinsam mit seinem Sohn und der Kindesmutter ein Leben in Österreich zu führen. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Beschwerdeführer ein schweres Verbrechen verübt hätte, könne eine Abschiebung nach Tschetschenien im gegenständlichen Fall nicht in Frage kommen. Es könne nicht sein, dass ein Rechtsstaat wie Österreich Personen, die einer konkreten Gefährdung ausgesetzt wären, nach Russland abschiebe. Darüber hinaus müsse festgehalten werden, dass der Beschwerdeführer mit Sicherheit keine Gefahr für die Republik Österreich darstellen würde. Wiege man das Verbrechen des seit 14 Jahren in Österreich lebenden Beschwerdeführers mit den erheblichen Privaten- und Familieninteressen seiner Person und dem extremen Risiko, dem er in der Russischen Föderation ausgesetzt wäre, ab, zeige sich, dass eine Abschiebung aus menschenrechtlichen Erwägungen nicht zulässig sein könne. Nach dem Schuldspruch habe der Beschwerdeführer versucht, den Islamischen Staat in Syrien zu unterstützen. Dies sei natürlich ebenso abzulehnen wie andere Verbrechen, es zeige aber, dass der Beschwerdeführer auch nach den Feststellungen des Erstgerichts die innere Sicherheit der Republik Österreich nicht gefährdet habe und niemals gefährden habe wollen. Der Beschwerdeführer bekenne sich zur Republik Österreich und ihren Werten.

7. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 17.07.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die belangte Behörde führte dabei im Rahmen einer Stellungnahme zusammengefasst aus, dass aufgrund umfangreicher Ermittlungen eines XXXX feststünde, dass der Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellen würde. Bezugnehmend auf das Beschwerdevorbringen, wonach dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Menschenrechtsverletzungen drohen würden, werde auf eine beigeschlossene Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 29.06.2017 in einem ähnlich gelagerten Fall verwiesen. Zudem sei auf den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 14.11.2006 zu verweisen, welchem eindeutig zu entnehmen wäre, dass bereits zum damaligen Entscheidungszeitpunkt nicht festgestellt werden habe können, dass für den Beschwerdeführer in der Russischen Föderation die Gefahr einer Sippenhaftung bestünde. Zur Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dürfe neuerlich auf die bereits im angefochtenen Bescheid zitierte Judikatur verwiesen werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen Lage in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts Folgendes festgestellt:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer reiste als XXXXjähriger gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 18.11.2004 durch seine gesetzlichen Vertreter einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 14.11.2006, Zahl: 302.519-C1/Z2-XV/53/06, wurde dem Beschwerdeführer (abgeleitet von seinem Vater) gemäß § 7, 10 AsylG 1997 Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Der Beschwerdeführer selbst ist vor seiner im Kindesalter erfolgten Ausreise nach Österreich keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen.

1.3. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach §§ 15 Abs. 1, 278b Abs. 2 StGB, des Verbrechens der kriminellen Organisation nach §§ 15 Abs. 1, 278a zweiter Fall Z 1, 2 und 3 StGB, des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB und des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten verurteilt.

Der Verurteilung wurde insbesondere zugrunde gelegt, dass sich der Beschwerdeführer als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung, nämlich der in der UN-Sanktionenliste aufscheinenden Terrororganisation IS-Islamic State, zu beteiligen versucht hat, indem er die Ausreise aus Österreich mit dem Ziel Syrien in Angriff genommen hat, um sich in dem vom IS kontrollierten Gebiet durch logistische Unterstützungshandlungen, finanziell oder auf sonstige Weise durch Stärkung der Gruppenmoral zu beteiligen, wobei er im Wissen gehandelt hat, durch seine Beteiligung die terroristische Vereinigung IS oder deren strafbare Handlungen zu fördern, indem er im bewussten oder gewollten Zusammenwirken mit einem abgesondert verfolgten Mittäter versucht hätte, mit einem falschen albanischen Reisepass und einem falschen albanischen Führerschein vom XXXX auszureisen, um mit Unterstützung von Schleppern über die grüne Grenze nach Syrien und das von der terroristischen Vereinigung IS kontrollierte Gebiet zu gelangen, wobei die versuchte Ausreise gescheitert ist, da er und der Mittäter am Flughafen im Zuge der Personenkontrollen angehalten wurden. Durch die angeführte Tathandlung habe er sich an einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, die, wenn auch nicht ausschließlich, auf die wiederkehrende Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder das Vermögen bedrohen oder schwerwiegender strafbarer Handlungen im Bereich der sexuellen Ausbeutung von Menschen, der Schlepperei, oder des unerlaubten Verkehres mit Kampfmitteln, Kernmaterial und radioaktiven Stoffen, gefährlichen Abfällen, Falschgeld oder Suchmitteln ausgerichtet sei, die dadurch eine Bereicherung im größeren Umfang anstrebe und die andere zu korrumpieren oder einzuschüchtern oder sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen sucht, nämlich der international agierenden kriminellen Organisation IS-Islamic State, als Mitglied zu beteiligen versucht.

1.4. Dem Beschwerdeführer droht im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation außerhalb des Föderationskreises Nordkaukasus keine Verfolgung wegen seiner Verurteilung auf Grund der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und kriminellen Organisation.

1.5. Die ersten XXXX Jahre seines Lebens verbrachte der Beschwerdeführer mit seinen Eltern und seinen Geschwistern in der Russischen Föderation in der Teilrepublik Tschetschenien. Seine Muttersprache ist Tschetschenisch. In Tschetschenien verfügt er unverändert über ein verwandtschaftliches Netz (Großeltern, Tanten, Onkeln, Cousins). Es kann nicht festgestellt werden, dass die Verwandten des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sind oder dass diese nicht willens oder in der Lage wären, den Beschwerdeführer nach einer Rückkehr im Bedarfsfall anfänglich zu unterstützen.

1.6. Dem Beschwerdeführer drohen im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation weder die Todesstrafe noch eine Haftstrafe unter unmenschlichen Bedingungen oder eine Verurteilung auf Grund des der Verurteilung in Österreich zugrunde liegenden Verhaltens. Dem Beschwerdeführer droht im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus keine Folter oder unmenschliche Behandlung auf Grund seiner Verurteilung in Österreich oder des dieser Verurteilung zugrunde liegenden Verhaltens.

1.7. Es ist dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar, sich in der Russischen Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus niederzulassen und anzumelden; die wirtschaftlich stärkeren Metropolen und Regionen in Russland bieten trotz der derzeitigen Wirtschaftskrise bei vorhandener Arbeitswilligkeit auch entsprechende Chancen für russische Staatsangehörige aus den Kaukasusrepubliken; der Beschwerdeführer hätte auch Zugang zu Sozialbeihilfen, Krankenversicherung und medizinischer Versorgung. Es besteht keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer in anderen Teilen der Russischen Föderation Opfer fingierter Strafverfahren würde. Dem Beschwerdeführer droht auch keine Verfolgung bei der Wiedereinreise in die Russische Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus.

1.8. Die vom Beschwerdeführer relevierte Änderung des Lebenswandels kann nicht festgestellt werden. Er stellt eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

1.9. Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2015 eine in Deutschland lebende deutsch-russische Staatsbürgerin nach muslimischem Ritus geheiratet und mit dieser im Jahr XXXXeinen gemeinsamen Sohn bekommen. Der Beschwerdeführer hat sich nach Geburt des Kindes von der in Deutschland lebenden Kindesmutter getrennt und befindet sich seit Mitte Dezember 2017 durchgehend in Untersuchungs- bzw. Strafhaft. Der Beschwerdeführer lebt mit seinem Sohn und der Kindesmutter in keinem gemeinsamen Haushalt, wurde von diesen während der Zeit seiner Inhaftierung nicht besucht und leistet keinen Unterhalt.

Außerdem leben in Österreich die Eltern und die volljährigen Geschwister sowie ein Onkel, eine Tante und die Großeltern des Beschwerdeführers, mit welchen der Beschwerdeführer jeweils nicht im gemeinsamen Haushalt lebt und mit denen er Kontakte wie es zwischen Verwandten dieser Art üblich ist, pflegt. Ein finanzielles oder persönliches Abhängigkeitsverhältnis besteht zu keinem seiner in Österreich aufhältigen Angehörigen.

Der Beschwerdeführer absolvierte in Österreich die Pflichtschule, hat eine Lehre als KFZ-Mechaniker begonnen, diese jedoch nicht abgeschlossen und befand sich für eine Dauer von zwei Monaten in einem Beschäftigungsverhältnis, welches vom Arbeitgeber aufgrund des problematischen Umgangs des Beschwerdeführers mit weiblichen Kundinnen gekündigt wurde. Seinen Lebensunterhalt hat er während des weit überwiegenden Teils seiner Aufenthaltsdauer durch staatliche Unterstützungsleistungen bestritten.

1.10. Die allgemeine Lage in der Russischen Föderation stellt sich unter Heranziehung der im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen wie folgt dar:

Politische Lage

Die Russische Föderation hat knapp 143 Millionen Einwohner (CIA 15.6.2017, vgl. GIZ 7.2017c). Die Russische Föderation ist eine föderale Republik mit präsidialem Regierungssystem. Am 12. Juni 1991 erklärte sie ihre staatliche Souveränität. Die Verfassung der Russischen Föderation wurde am 12. Dezember 1993 verabschiedet. Das russische Parlament besteht aus zwei Kammern, der Staatsduma (Volksvertretung) und dem Föderationsrat (Vertretung der Föderationssubjekte) (AA 3.2017a). Der Staatspräsident der Russischen Föderation verfügt über sehr weitreichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik. Seine Amtszeit beträgt sechs Jahre. Amtsinhaber ist seit dem 7. Mai 2012 Wladimir Putin (AA 3.2017a, vgl. EASO 3.2017). Er wurde am 4. März 2012 (mit offiziell 63,6% der Stimmen) gewählt. Es handelt sich um seine dritte Amtszeit als Staatspräsident. Dmitri Medwedjew, Staatspräsident 2008-2012, übernahm am 8. Mai 2012 erneut das Amt des Ministerpräsidenten. Seit der Wiederwahl von Staatspräsident Putin im Mai 2012 wird eine Zunahme autoritärer Tendenzen beklagt. So wurden das Versammlungsrecht und die Gesetzgebung über Nichtregierungsorganisationen erheblich verschärft, ein föderales Gesetz gegen "Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen" erlassen, die Extremismus-Gesetzgebung verschärft sowie Hürden für die Wahlteilnahme von Parteien und Kandidaten beschlossen, welche die Wahlchancen oppositioneller Kräfte weitgehend zunichtemachen. Der Druck auf Regimekritiker und Teilnehmer von Protestaktionen wächst, oft mit strafrechtlichen Konsequenzen. Der Mord am Oppositionspolitiker Boris Nemzow hat das Misstrauen zwischen Staatsmacht und außerparlamentarischer Opposition weiter verschärft (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden alle fünf Angeklagten im Mordfall Nemzow schuldig gesprochen. Alle fünf stammen aus Tschetschenien. Der Oppositionelle Ilja Jaschin hat das Urteil als "gerecht" bezeichnet, jedoch sei der Fall nicht aufgeklärt, solange Organisatoren und Auftraggeber frei sind. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hat verlautbart, dass die Suche nach den Auftraggebern weiter gehen wird. Allerdings sind sich Staatsanwaltschaft und Nebenklage, die die Interessen der Nemzow-Familie vertreten, nicht einig, wen sie als potenziellen Hintermann weiter verfolgen. Die staatlichen Anklagevertreter sehen als Lenker der Tat Ruslan Muchutdinow, einen Offizier des Bataillons "Nord", der sich in die Vereinigten Arabischen Emirate abgesetzt haben soll. Nemzows Angehörige hingegen vermuten, dass die Spuren bis "zu den höchsten Amtsträgern in Tschetschenien und Russland" führen. Sie fordern die Befragung des Vizebataillonskommandeurs Ruslan Geremejew, der ein entfernter Verwandter von Tschetscheniens Oberhaupt Ramsan Kadyrow ist (Standard 29.6.2017). Ein Moskauer Gericht hat den Todesschützen von Nemzow zu 20 Jahren Straflager verurteilt. Vier Komplizen erhielten Haftstrafen zwischen 11 und 19 Jahren. Zudem belegte der Richter Juri Schitnikow die fünf Angeklagten aus dem russischen Nordkaukasus demnach mit Geldstrafen von jeweils 100.000 Rubel (knapp 1.500 Euro). Die Staatsanwaltschaft hatte für den Todesschützen lebenslange Haft beantragt, für die Mitangeklagten 17 bis 23 Jahre (Kurier 13.7.2017).

Russland ist formal eine Föderation, die aus 83 Föderationssubjekten besteht. Die im Zuge der völkerrechtswidrigen Annexion erfolgte Eingliederung der ukrainischen Krim und der Stadt Sewastopol als Föderationssubjekte Nr. 84 und 85 in den russischen Staatsverband ist international nicht anerkannt. Die Föderationssubjekte genießen unterschiedliche Autonomiegrade und werden unterschiedlich bezeichnet (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Regionen, Gebiete, Föderale Städte). Die Föderationssubjekte verfügen jeweils über eine eigene Legislative und Exekutive. In der Praxis unterstehen die Regionen aber finanziell und politisch dem föderalen Zentrum (AA 3.2017a).

Die siebte Parlamentswahl in Russland hat am 18. September 2016 stattgefunden. Gewählt wurden die 450 Abgeordneten der russischen Duma. Insgesamt waren 14 Parteien angetreten, unter ihnen die oppositionellen Parteien Jabloko und Partei der Volksfreiheit (PARNAS). Die Wahlbeteiligung lag bei 47,8%. Die meisten Stimmen bei der Wahl, die auch auf der Halbinsel Krim abgehalten wurde, erhielt die von Ministerpräsident Dmitri Medwedew geführte Regierungspartei "Einiges Russland" mit gut 54%. Nach Angaben der Wahlkommission landete die Kommunistische Partei mit 13,5% auf Platz zwei, gefolgt von der nationalkonservativen LDPR mit 13,2%. Die nationalistische Partei "Gerechtes Russland" erhielt 6%. Diese vier Parteien waren auch bislang schon in der Duma vertreten und stimmten in allen wesentlichen Fragen mit der Mehrheit. Den außerparlamentarischen Oppositionsparteien gelang es nicht die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden. In der Duma verschiebt sich die Macht zugunsten der Regierungspartei "Einiges Russland". Die Partei erreicht im Parlament mit 343 Sitzen deutlich die Zweidrittelmehrheit, die ihr nun Verfassungsänderungen ermöglicht. Die russischen Wahlbeobachter von der NGO Golos berichteten auch in diesem Jahr über viele Verstöße gegen das Wahlrecht (GIZ 4.2017a, vgl. AA 3.2017a).

Das Verfahren am Wahltag selbst wurde offenbar korrekter durchgeführt als bei den Dumawahlen im Dezember 2011. Direkte Wahlfälschung wurde nur in Einzelfällen gemeldet, sieht man von Regionen wie Tatarstan oder Tschetschenien ab, in denen Wahlbetrug ohnehin erwartet wurde. Die Wahlbeteiligung von über 90% und die hohen Zustimmungsraten in diesen Regionen sind auch nicht geeignet, diesen Verdacht zu entkräften. Doch ist die korrekte Durchführung der Abstimmung nur ein Aspekt einer demokratischen Wahl. Ebenso relevant ist, dass alle Bewerber die gleichen Chancen bei der Zulassung zur Wahl und die gleichen Möglichkeiten haben, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Der Einsatz der Administrationen hatte aber bereits im Vorfeld der Wahlen - bei der Bestellung der Wahlkommissionen, bei der Aufstellung und Registrierung der Kandidaten sowie in der Wahlkampagne - sichergestellt, dass sich kein unerwünschter Kandidat und keine missliebige Oppositionspartei durchsetzen konnte. Durch restriktives Vorgehen bei der Registrierung und durch Behinderung bei der Agitation wurden der nichtsystemischen Opposition von vornherein alle Chancen genommen. Dieses Vorgehen ist nicht neu, man hat derlei in Russland vielfach erprobt und zuletzt bei den Regionalwahlen 2014 und 2015 erfolgreich eingesetzt. Das Ergebnis der Dumawahl 2016 demonstriert also, dass die Zentrale in der Lage ist, politische Ziele mit Hilfe der regionalen und kommunalen Verwaltungen landesweit durchzusetzen. Insofern bestätigt das Wahlergebnis die Stabilität und Funktionsfähigkeit des Apparats und die Wirksamkeit der politischen Kontrolle. Dies ist eine der Voraussetzungen für die Erhaltung der politischen Stabilität (RA 7.10.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Russische Föderation - Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_167537BE2E4C25B1A754139A317E2F27/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/RussischeFoederation/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.6.2017

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CIA - Central Intelligence Agency (15.6.2017): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 21.6.2017

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EASO - European Asylum Support Office (3.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-of-protection.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

GIZ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (4.2017a): Russland, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c24819, Zugriff 21.6.2017

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GIZ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2017c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 11.7.2017

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Kurier.at (13.7.2017): Nemzow-Mord: 20 Jahre Straflager für Mörder,

https://kurier.at/politik/ausland/nemzow-mord-20-jahre-straflager-fuer-moerder/274.903.855, Zugriff 13.7.2017

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RA - Russland Analysen (7.10.2016): Nr. 322, Bewegung in der russischen Politik?,

http://www.laender-analysen.de/russland/pdf/RusslandAnalysen322.pdf, Zugriff 21.6.2017

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Standard (29.7.2017): Alle Angeklagten im Mordfall Nemzow schuldiggesprochen,

http://derstandard.at/2000060550142/Alle-Angeklagten-im-Mordfall-Nemzow-schuldig-gesprochen, Zugriff 30.6.2017

Tschetschenien

Die Tschetschenische Republik ist eine der 21 Republiken der Russischen Föderation. Betreffend Fläche und Einwohnerzahl - 15.647 km2 und fast 1,3 Millionen Einwohner/innen (2010) - ist Tschetschenien mit der Steiermark vergleichbar. Etwa die Hälfte des tschetschenischen Territoriums besteht aus Ebenen im Norden und Zentrum der Republik. Heutzutage ist die Republik eine nahezu monoethnische: 95,3% der Bewohner/innen Tschetscheniens gaben 2010 an, ethnische Tschetschenen/innen zu sein. Der Anteil ethnischer Russen/innen an der Gesamtbevölkerung liegt bei 1,9%. Rund 1% sind ethnische Kumyk/innen, des Weiteren leben einige Awar/innen, Nogaier/innen, Tabasar/innen, Türk/innen, Inguschet/innen und Tatar/innen in der Republik (Rüdisser 11.2012).

Den Föderationssubjekten stehen Gouverneure vor. Gouverneur von Tschetschenien ist Ramsan Kadyrow. Er gilt als willkürlich herrschend. Russlands Präsident Putin lässt ihn aber walten, da er Tschetschenien "ruhig" hält. Tschetschenien wird überwiegend von Geldern der Zentralregierung finanziert. So erfolgte der Wiederaufbau von Tschetscheniens Hauptstadt Grosny vor allem mit Geldern aus Moskau (BAMF 10.2013, vgl. RFE/RL 19.1.2015).

In Tschetschenien gilt Ramsan Kadyrow als Garant Moskaus für Stabilität. Mit Duldung der russischen Staatsführung hat er in der Republik ein autoritäres System geschaffen, das vollkommen auf seine eigene Person ausgerichtet ist und größtenteils außerhalb des föderalen Rechtsrahmens funktioniert. So musste im Mai 2016 der Vorsitzende des Obersten Gerichts Tschetscheniens zurücktreten, nachdem er von Kadyrow kritisiert worden war, obwohl die Ernennung/Entlassung der Richter in die föderale Kompetenz fällt. Fraglich bleibt auch die föderale Kontrolle über die tschetschenischen Sicherheitskräfte, deren faktische Loyalität vorrangig dem Oberhaupt der Republik gilt. Im Juni 2016 beschloss das tschetschenische Parlament die vorzeitige Selbstauflösung, um vorgezogene Neuwahlen im September 2016, wenn auch das Republikoberhaupt gewählt wird, durchzuführen. Die Entscheidung erklärte man mit potentiellen Einsparungen durch das Zusammenlegen der beiden Wahlgänge, Experten gehen jedoch davon aus, dass Kadyrow einen Teil der Abgeordneten durch jüngere, aus seinem Umfeld stammende Politiker ersetzen möchte. Bei den Wahlen vom 18. September 2016 lag die Wahlbeteiligung in Tschetschenien weit über dem landesweiten Durchschnitt. Den offiziellen Angaben zufolge wurde Kadyrow mit über 97% der Stimmen im Amt des Oberhauptes der Republik bestätigt. Unabhängige Medien berichteten über Unregelmäßigen bei den Wahlen, in deren Vorfeld HRW über Druckausübung auf Kritiker des derzeitigen Machthabers berichtet hatte (ÖB Moskau 12.2016). In Tschetschenien hat das Republikoberhaupt Ramsan Kadyrow ein auf seine Person zugeschnittenes repressives Regime etabliert. Vertreter russischer und internationaler NGOs berichten von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, einem Klima der Angst und Einschüchterung (AA 24.1.2017).

Gegen vermeintliche Extremisten und deren Angehörige, aber auch gegen politische Gegner, wird hart vorgegangen. Anfang 2016 sorgte Kadyrow landesweit für Aufregung, als er die liberale Opposition in Moskau als Staatsfeinde bezeichnete, die darauf aus wären, Russland zu zerstören. Nachdem er dafür von Menschenrechtlern, aber auch von Vertretern des präsidentiellen Menschenrechtsrats scharf kritisiert worden war, wurde in Grozny eine Massendemonstration zur Unterstützung Kadyrows organisiert. Im März ernannte Präsident Putin Kadyrow im Zusammenhang mit dessen im April auslaufender Amtszeit zum Interims-Oberhaupt der Republik und drückte seine Unterstützung für Kadyrows erneute Kandidatur aus. Bei den Wahlen im September 2016 wurde Kadyrow laut offiziellen Angaben bei hoher Wahlbeteiligung mit überwältigender Mehrheit für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren gewählt, wohingegen unabhängige Medien von krassen Regelverstößen bei der Wahl berichteten (ÖB Moskau 12.2016). Im Vorfeld dieser Wahlen zielten lokale Behörden auf Kritiker und Personen, die als nicht loyal zu Kadyrow gelten ab, z.B. mittels Entführungen, Verschwindenlassen, Misshandlungen, Todesdrohungen und Androhung von Gewalt gegenüber Verwandten (HRW 12.1.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (24.1.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2013):

Protokoll zum Workshop Russische Föderation/Tschetschenien am 21.-22.10.2013 in Nürnberg

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Russia, http://www.ecoi.net/local_link/334746/476500_de.html, Zugriff

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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