Entscheidungsdatum
13.09.2018Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
G305 2203729-1/9E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 21.08.2018 MÜNDLICH VERKÜNDETEN
ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.07.2018, Zl. XXXX, und die gegen die Anhaltung in Schubhaft gerichtete Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA: Senegal, vom 17.08.2018, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/3 1170 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n.
II. Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
III. Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution z u e r s e t z e n.
IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen wird
a b g e w i e s e n.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG n i c h t z u l ä s s
i g.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Kärnten (im Folgenden: belange Behörde oder kurz: BFA) vom 20.07.2018, Zl. XXXX, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: so oder kurz: BF) gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 iVm. § 76 Abs. 2 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer (im Folgenden: so oder kurz: BFA) im Wege seiner ausgewiesenen Rechtsvertretung am 17.08.2018 (innert offener Frist) Beschwerde, die er mit den Anträgen verband, das Bundesverwaltungsgericht möge die Schubhaftnahme und die Anhaltung für rechtswidrig erklären, den bekämpften Bescheid beheben, eine mündliche Verhandlung anberaumen, die ordentliche Revision zulassen und der belangten Behörde auftragen, die Verfahrenskosten zu ersetzen.
3. Am 21.08.2018 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des BF, der erschienenen Rechtsvertretung und einer Dolmetscherin für die englische Sprache durchgeführt und das Erkenntnis gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG verkündet.
4. Mit Eingabe vom 30.08.2018 stellte der BF im Wege seiner Rechtsvertretung den Antrag auf Ausfertigung des am 21.08.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF behauptet, den Namen XXXX zu führen, am XXXX geboren und Staatsangehöriger des Senegal zu sein. Er ist nicht im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft und somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.
Er ist gesund und arbeitsfähig.
1.2. Er ist am 19.07.2018 von Italien kommend ins Bundesgebiet eingereist. Er wurde im Rahmen einer Polizeikontrolle festgenommen.
Er hatte kein gültiges Reisedokument bei sich, wohl aber einen bis 25.09.2009 gültigen Permesso di Soggiorno (eines Aufenthaltstitels gemäß Anhang 22 Schengenhandbuch, S. 33ff).
Ebenso führte er keine Barmittel mit sich und wies einen EURODAC - Treffer für Italien zum 13.07.2015 auf.
Anlassbezogen konnte nicht festgestellt werden, dass das in Italien anhängige Asylverfahren des BF bereits rechtskräftig erledigt wäre.
1.3. Ungeachtet des in Italien anhängigen Asylverfahrens stellte er am 19.07.2018 in Österreich einen unrechtmäßigen (weiteren) Antrag auf internationalen Schutz, weshalb er auch für das Bundesgebiet einen (weiteren) EURODAC-Treffer aufweist.
Über diesen Antrag des BF sprach das BFA mit Bescheid vom 16.08.2018, Zl. XXXX, dahingehend ab, als es diesen Antrag gemäß § 5 Abs. 1 AylG 2005 als unzulässig abwies (Spruchpunkt I.) und gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung gegen ihn anordnete (Spruchpunkt II.).
1.4. Es steht fest, dass der BF nicht nach Österreich kam, um sich hier frei zu bewegen, sondern um sich hier niederzulassen und hier weiter Verpflegung und Unterkunft zu finden, da er von jener Familie in Italien, die ihn beherbergte, aus der Wohnung geworfen worden sein soll, und er - nach eigenen Angaben - in der Folge auf der Straße habe leben müssen. Aus diesem Grund habe er den Vorsatz gefasst, in Österreich dauerhaft Unterkunft zu nehmen.
1.5. Er verfügt weder über Barmittel, um für sich den Unterhalt in Österreich zu sichern, noch über eine Unterkunft, noch über allfällig im Bundesgebiet lebende Verwandte oder nahe Angehörige, bei denen er allenfalls Unterkunft nehmen könnte. Ebenso verfügt er nicht über eine Erwerbsarbeit im Bundesgebiet und liegen konkrete Anhaltspunkte vor, dass er - trotz anhängigen Asylverfahrens in Italien - einen Daueraufenthalt im Bundesgebiet begründen wollte.
1.6. Der BF hat im Bundesgebiet kein Privatleben. Er ist weder beruflich noch sozial integriert.
1.7. Es besteht Fluchtgefahr.
1.8. Im Rahmen des von der belangten Behörde durchgeführten Konsultationsverfahrens erklärte die Republik Italien ihre Bereitschaft, den BF zurückzunehmen und steht eine Rückführung dorthin unmittelbar bevor.
1.9. Er befindet sich in Schubhaft und wird diese im Anhaltezentrum XXXX vollzogen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der vor dem erkennenden Gericht am 21.08.2018 durchgeführten mündlichen Verhandlung:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität und Staatsbürgerschaft des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen bzw. auf den zu seiner Identität in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben des BF. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.
Die Konstatierungen dazu, dass er am 19.07.2018 von Italien kommend ins Bundesgebiet eingereist ist, sowie zum Umstand, dass er bei seiner Betretung anlässlich einer Polizeikontrolle im Besitz eines bis 25.09.2019 gültigen Permesso di Soggiorno nicht jedoch im Besitz eines gültigen Reisedokuments seines Herkunftsstaates war und bei ihm ein EURODAC-Treffer zu Italien vom 13.07.2015 vorliegt, gründet im Wesentlichen auf den Feststellungen im Mandatsbescheid vom 20.07.2018.
Die dazu getroffenen Feststellungen, dass er nicht nach Österreich kam, um sich hier frei zu bewegen, sondern um sich hier niederzulassen und hier weiter Verpflegung und Unterkunft zu finden, da er von jener Familie in Italien, die ihn beherbergte, aus der Wohnung geworfen worden sein soll und er in der Folge auf der Straße habe leben müssen, gründet im Wesentlichen auf seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 21.08.2018 [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 21.08.2018, S. 5].
Die Konstatierung, dass er im Bundesgebiet über kein Privatleben verfügt und weder beruflich, noch sozial integriert ist, war ebenfalls auf Grundlage der vor dem BVwG gemachten Angaben des BF zu treffen [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 21.08.2018, S. 5].
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt A.I. des Mandatsbescheides:
3.1.1. Gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der zeitbezogen maßgeblichen Fassung können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
Gemäß § 76 Abs. 2 FPG darf die Schubhaft nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1), oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 2).
Gemäß § 76 Abs. 3 FPG liegt Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis
3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
Der mit "Haft" betitelte Art. 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, ABl. L 180 vom 29.06.2013
S. 31 (im Folgenden: Dublin-VO), lautet:
"Artikel 28
Haft
(1) Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt.
(2) Zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren, dürfen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen und nur im Falle dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.
(3) Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird.
Wird eine Person nach diesem Artikel in Haft genommen, so darf die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Verfahren gemäß dieser Verordnung durchführt, ersucht in derartigen Fällen um eine dringende Antwort. Diese Antwort erfolgt spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs. Wird innerhalb der Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.
Befindet sich eine Person nach diesem Artikel in Haft, so erfolgt die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald diese praktisch durchführbar ist und spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Artikel 27 Absatz 3 keine aufschiebende Wirkung mehr hat.
Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen im Sinne des Unterabsatz 3 statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten. Die Artikel 21, 23, 24 und 29 gelten weiterhin entsprechend.
(4) Hinsichtlich der Haftbedingungen und der Garantien für in Haft befindliche Personen gelten zwecks Absicherung der Verfahren für die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat, die Artikel 9, 10 und 11 der Richtlinie 2013/33/EU."
Die Bestimmungen des Art. 21 und Art. 22 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 (DSÜ) BGBl. III Nr. 90/1997 haben folgenden Wortlaut:
"Art. 21 (1) Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einer der Vertragsparteien ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich auf Grund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen, soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragspartei stehen.
(2) Das gleiche gilt für Drittausländer, die Inhaber eines von einer der Vertragsparteien ausgestellten vorläufigen Aufenthaltstitels und eines von dieser Vertragspartei ausgestellten Reisedokuments sind.
(3) Die Vertragsparteien übermitteln dem Exekutivausschuss die Liste der Dokumente, die sie als Aufenthaltserlaubnis oder vorläufigen Aufenthaltstitel und als Reisedokument im Sinne dieses Artikels ausstellen.
(4) Die Bestimmungen dieses Artikels gelten unbeschadet des Artikels 22."
"Art. 22 (1) Drittausländer, die rechtmäßig in das Hoheitsgebiet einer der Vertragsparteien eingereist sind, sind verpflichtet, unter den Voraussetzungen, die von jeder Vertragspartei festgelegt werden, sich bei den zuständigen Behörden der Vertragspartei zu melden, in deren Hoheitsgebiet sie einreisen. Die Anzeige kann nach Wahl jeder Vertragspartei entweder bei der Einreise oder, innerhalb einer Frist von drei Arbeitstagen von dem Einreisedatum an, im Landesinnern erfolgen.
(2) Drittausländer, die im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei ansässig sind und sich in das Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei begeben, unterliegen der Meldepflicht nach Absatz 1.
(3) Die Ausnahmen von Absatz 1 und 2 werden von jeder Vertragspartei festgelegt und dem Exekutivausschuß mitgeteilt."
3.1.2. Mit Bescheid vom 16.08.2018, Zl. XXXX, sprach die belangte Behörde aus, dass der Asylantrag des BF vom 19.07.2018, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen werde und Italien für die Prüfung des Antrages internationalen Schutz gemäß Art. 12 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zuständig sei (Spruchpunkt I.) und ordnete die Außerlandesbringung des BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG an und sprach aus, dass seine Abschiebung nach Italien zulässig sei (Spruchpunkt II.). Es konnte nicht festgestellt werden, dass gegen diesen Bescheid ein Rechtsmittel erhoben worden wäre.
Mit Mandatsbescheid vom 20.08.2018 ordnete die belangte Behörde die Schubhaft über den BF zum Zweck der Sicherung seiner Abschiebung an und stützt sich der Mandatsbescheid auf die Bestimmung des § 76 Abs. 2 FPG.
Gemäß Art. 21 Abs. 1 SDÜ können sich Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einer der Vertragsparteien ausgestellten Aufenthaltstitels sind, auf Grund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen, soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragspartei stehen.
Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung steht dieses Recht, sich höchstens bis zu drei Monaten im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsstaaten des Schengenraumes zu bewegen, nur Drittausländern (worunter auch der BF zu subsumieren ist) zu, die ein Dokument im Sinne des Art. 21 SDÜ und ein gültiges Reisedokument besitzen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass ein Drittausländer über beide Dokumente verfügen muss, um dieses Recht für sich in Anspruch zu nehmen.
Zwar führte der BF im Zeitpunkt der Betretung ein bis 25.09.2019 gültiges Permesso di Soggiorno (sohin einen Aufenthaltstitel gemäß Anhang 22 Schengenhandbuch Seite 33ff) mit sich, allerdings war er nicht im Besitz eines (gültigen) Reisedokuments seines Herkunftsstaates. Auch konnte anlassbezogen nicht festgestellt werden, dass er je im Besitz eines (gültigen) Reisedokuments seines Herkunftsstaates gewesen wäre. Da er lediglich über ein Permesso di Soggiorno verfügt, kann er seinen Aufenthalt im Bundesgebiet schon deshalb nicht auf die Bestimmung des Art. 21 SDÜ stützen.
Abgesehen davon erlaubt die zitierte Bestimmung einem Drittausländer, sofern er die vorab genannten Voraussetzungen erfüllt, lediglich, sich höchstens drei Monate (sohin vorübergehend) in einem der Mitgliedsstaaten des Schengenraumes zu bewegen, und nicht - wie es der BF vorhatte und es mit seinem in Österreich gestellten Asylantrag auch manifestierte - sich hier dauerhaft niederzulassen. So hatte er anlässlich seiner PV vor dem erkennenden BVwG angegeben, dass er in Italien bei einer Familie gewohnt hätte, die ihn aus der Wohnung entfernt hätte. Hierauf soll er in Italien auf der Straße geschlafen haben. Da er weder etwas zu Essen, noch eine Unterkunft gehabt haben wollte, sei er nach Österreich gefahren, um hier um Asyl anzusuchen. Darüber hinaus gab er an, mit der Absicht nach Österreich gekommen gekommen zu sein, um sich hier niederzulassen [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 21.08.2018, S. 8f].
Da sich sein Aufenthalt nicht auf die Bestimmung des Art. 21 SDÜ stützen lässt, ist dieser als illegal zu qualifizieren.
Wenn es nun in der gegen den Mandatsbescheid erhobenen Beschwerde heißt, dass eine erhebliche Fluchtgefahr im Sinne des Art. 28 Dublin III-VO nicht vorliege und es die belangte Behörde unterlassen habe, auf die individuelle Situation des BF einzugehen, vermag er mit seinem Beschwerdevorbringen weder einen Verfahrensmangel, noch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, da sich die belangte Behörde entgegen seiner Auffassung sehr wohl mit seiner individuellen Situation auseinandergesetzt hat. So verfügte er im Zeitpunkt seiner Einreise über keinerlei Barmittel, die ihm den Unterhalt sichergestellt hätten. Auch hat er im Bundesgebiet keine Unterkunft und verfügt er weder über hier lebende Verwandten oder nahe Angehörige, bei denen er allenfalls Unterkunft nehmen und seine hier jedenfalls anzunehmende Wohnungsnot befriedigen könnte. Im Zeitpunkt seiner Einreise und der nachfolgenden Betretung durch die Organe der öffentlichen Sicherheitsbehörde war er tatsächlich nicht zu einer Rückkehr nach Italien bereit.
Mit der Stellung eines (unrechtmäßigen) weiteren Asylantrages in Österreich manifestierte er seinen bereits in Italien gefassten Vorsatz, sich hier niederzulassen und dort das Asylverfahren nicht abzuwarten zu wollen, dies obwohl er wusste, dass er das Asylverfahren in Italien abzuwarten hat [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 21.08.2018, S. 9].
Es wird nicht übersehen, dass er in seiner PV vor dem erkennenden BVwG angegeben hatte, lieber wieder nach Italien zurückzugehen, als im Gefängnis bleiben zu wollen. Allerdings vermag er mit diesen Angaben schon aus den oben bereits genannten Gründen (Fehlen eines Barvermögens; Fehlen einer Unterkunft im Bundesgebiet; Fehlen von sozialen Beziehungen im Bundesgebiet) das Bestehen der Fluchtgefahr nicht in dem Ausmaß zu relativieren, das den angefochtenen Bescheid und Fortsetzung der verhängten Schubhaft rechtswidrig erscheinen ließen.
3.2. Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft (Spruchpunkt A.II.):
Den oben unter Punkt 3.1. dargelegten Erwägungen zum Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfs kommt auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung unverändert Geltung zu.
3.3. Zu den Anträgen auf Ersatz der Aufwendungen (Spruchpunkte A.III. und A.IV.):
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
Den Ersatz von Aufwendungen im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) regelt § 35 VwGVG, wonach die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Als Aufwendungen gelten die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
Die Höhe der in solchen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 idgF, geregelt (zur Zulässigkeit des Kostenzuspruchs siehe auch VwGH vom 11.05.2017, Zl. Ra 2016/21/0144).
Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist Aufwandersatz nur auf Antrag einer Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Da in Stattgebung der Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 25.05.2018 auszusprechen war, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht gegeben sind und und die weitere Anhaltung in Schubhaft unzulässig ist, ist der BF gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG obsiegende und die belangte Behörde unterlegene Partei.
Der Beschwerdeführer hat fristgerecht beantragt, ihm den Ersatz der Aufwendungen gemäß VwG-Aufwandersatzverordnug sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen zuzusprechen.
Es war daher spruchgemäß dem Beschwerdeführer der von der belangten Behörde als unterlegenen Partei zu leistende Aufwandersatz in der Gesamthöhe von 426,20 Euro aufzuerlegen.
Der in der Beschwerde gestellte Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen im beantragten Umfang war gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abzuweisen, da sie (gänzlich) unterlegene Partei ist und ein Aufwandersatz somit nicht in Betracht kommt.
3.4. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.
Schlagworte
Anhaltung, Antragsbegehren, Aufwandersatz, Fluchtgefahr, FortsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G305.2203729.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.11.2018