TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/20 99/04/0177

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.1999
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §8;
GewO 1994 §356 Abs3;
GewO 1994 §359 Abs4;
GewO 1994 §359b Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der B L und des W L, beide in A, beide vertreten durch Dr. J u. a., Rechtsanwälte in Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 27. Juli 1999, Zl. IIa-60.025/1-99, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren gemäß § 359b GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: M H in A), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides hat die Bezirkshauptmannschaft Schwaz der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Möbelhandels samt Arbeitsraum nach § 359b Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 erteilt.

Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 27. Juli 1999 wurde die gegen diesen erstbehördlichen Bescheid erhobene Berufung gemäß § 359b Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 356 Abs. 1 GewO 1994 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann aus, aus dem beantragten Projekt im Zusammenhang mit der Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen ergebe sich, dass der Arbeitsraum eine Fläche von 58 m2 und der Lagerraum eine solche von 17 m2 aufweise und die Gesamtanschlussleistung der verwendeten Maschinen und Geräte ca. 19 kW betrage. Von der Erstbehörde sei auf Grund dieser Projektdaten ein so genanntes vereinfachtes Genehmigungsverfahren nach § 359b Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 durchgeführt worden. Im Zuge dieses Verfahrens sei den Nachbarn das in diesem Verfahren vorgesehene Anhörungsrecht gewährt worden. Im Unterschied zu einem "normalen" Genehmigungsverfahren nach § 356 GewO 1994 könne eine Parteistellung von Nachbarn im vereinfachten Verfahren nach § 359b GewO 1994 nicht erlangt werden. Nach der ausdrücklichen Anordnung des § 356 Abs. 1 erster Satz GewO 1994 seien von der Anwendung der im Abs. 1 geregelten Verfahrensbestimmungen Fälle des § 359b GewO 1994 ausgenommen. Dass die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens gegeben seien, sei von den Nachbarn weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Rahmen der Berufung bestritten worden. Die Befugnis zur Erhebung einer Berufung im Verwaltungsverfahren sei untrennbar mit der Stellung als Partei verbunden. Personen, welche keine Parteistellung im Sinne des § 8 AVG besäßen, komme auch keine Berufungslegitimation zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer insofern in ihren Rechten verletzt, als ihnen einerseits keine Parteistellung eingeräumt wurde und überdies seitens der Behörde vollkommen unzureichende Auflagen erteilt wurden. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes legen sie die Gründe dar, aus denen ihrer Ansicht nach im vorliegenden Fall das vereinfachte Bewilligungsverfahren nicht anzuwenden gewesen wäre. Es sei auch nicht richtig, dass sie die Anwendbarkeit des § 359b GewO 1994 auf den vorliegenden Fall nicht bestritten hätten. Sie hätten vielmehr durch das Erheben von Einwendungen im erstbehördlichen Verfahren zum Ausdruck gebracht, dass sie weder mit dem geplanten Gewerbebetrieb noch mit der Anwendung dieser Rechtsvorschrift einverstanden seien. Auch aus der von ihnen gegen den erstbehördlichen Bescheid erhobenen Berufung ergebe sich in ihrer Gesamtheit, dass sie auch die Feststellung bekämpften, wonach das Verfahren gemäß § 359b GewO 1994 anwendbar sei. Aber auch unter Zugrundelegung der Anwendbarkeit des vereinfachten Genehmigungsverfahrens sei der angefochtene Bescheid deshalb rechtswidrig, weil darin die Interessen der Nachbarn (aus näher dargestellten Gründen) nicht ausreichend berücksichtigt seien.

Gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass

1. jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden oder

2. das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 1.000 m2 beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 100 kW nicht übersteigt,

das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines bestimmten, vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; nach Ablauf der im Anschlag angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage.

Im vereinfachten Verfahren nach § 359b GewO 1994 - einem solchen wurde die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei unbestrittenermaßen unterzogen - kommt den Nachbarn nach der dargestellten Rechtslage lediglich das Recht auf Anhörung zu; es kommt ihnen darüber hinaus aber kein Recht zu, dessen Beeinträchtigung sie in diesem Verfahren als Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen können.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, sind die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens von der Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Verantwortung ohne diesbezügliche Parteistellung der Nachbarn zu klären. Den Nachbarn ist - im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführer - kein Recht eingeräumt, geltend zu machen, die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens seien von der Behörde zu Unrecht als gegeben angenommen worden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1999, Zl. 99/04/0103 bis 107).

Kam solcherart den Beschwerdeführern im zugrunde liegenden Genehmigungsverfahren Parteistellung auch unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeit der Anwendung des vereinfachten Bewilligungsverfahrens nicht zu, so waren sie auch nicht zur Erhebung der Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid legitimiert, weil gemäß § 359 Abs. 4 GewO 1994 im Verfahren zur Genehmigung gewerblicher Betriebsanlagen das Recht der Berufung außer den Genehmigungswerbern nur jenen Nachbarn zusteht, die Parteien sind.

Von dieser Rechtslage ausgehend vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstbehördlichen Bescheid durch die belangte Behörde eine Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 20. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999040177.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten