TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/17 W138 2147439-2

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Veröffentlicht am 17.09.2018
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Entscheidungsdatum

17.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §18 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
FPG §55 Abs4

Spruch

W138 2147439-2/3E

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Klaus HOCHSTEINER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.07.2018, Zahl: XXXX zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und diese gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG und § 55 Abs. 4 FPG, ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ("BF"), ein afghanischer Staatsangehöriger stellte am 01.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Asylverfahren wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 20.03.2018, Zl. W251 2147439-1/14E, rechtskräftig abgeschlossen, wobei im Ergebnis der Antrag des BF wegen Unglaubwürdigkeit seines Fluchtvorbringens abgewiesen und gegen ihn eine Ausweisung ausgesprochen wurde.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) amtswegig nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gegen den BF wurde gemäß § 53 Abs. 1 FPG ein befristetes Einreiseverbot auf die Dauer von 18 Monaten erlassen. (Spruchpunkt IV.) Unter Spruchpunkt V. und VI. wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG, die aufschiebende Wirkung aberkannt und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt werde.

Zu Spruchpunkt I. wurde nach Wiedergabe des Inhalts des § 57 AsylG 2005 sowie rechtliche Ausführungen zur weiteren Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 57 AsylG 2005 begründend ausgeführt: "Es konnte weder im bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren noch bis dato Gründe festgestellt werden, welcher zur Erteilung eines Aufenthaltstitels besonderer Schutz führen könnten, zumal die erforderlichen Grundlagen dafür nicht gegeben sind. Weder konnte festgestellt werden, dass Sie im Bundesgebiet über eine Duldung verfügen und auch nicht erhoben werden, dass Sie Zeuge oder Opfer von Menschenhandle oder grenzüberschreitender Prostitution sind oder sonst Ihr Aufenthalt zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen in Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig wäre. Sie wurden auch nicht Opfer von Gewalt und ist Ihr weiterer Aufenthalt auch nicht erforderlich ist, um Sie vor weiterer Gewalt zu schützen. Die Voraussetzungen des § 57 AsylG zur Erteilung eines Aufenthaltstitels besonderer Schutz sind somit nicht gegeben."

Zu Spruchpunkt VI. wurde § 18 Abs. 2 BFA-VG zitiert und dazu begründend ausgeführt: "Wie oben unter I ausführlich erörtert, stellt ihr Verbleib in Österreich eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar. Ihre sofortige Ausreise ist daher erforderlich."

3. Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde binnen offener Frist Beschwerde gegen alle Spruchpunkte erhoben und ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Zu Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass es gänzlich nicht nachvollziehbar sei, warum die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausgeschlossen worden sei. Aus der Entscheidung des Bundesamtes sei nicht zu entnehmen, worauf die Begründung gestützt sei, dass der BF eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle. Der BF beantrage daher zur Wahrung seiner Interessen insbesondere zur Vermeidung von Verletzungen des Art. 8 EMRK die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. widergegebene Verfahrensgang wird der Entscheidung als entscheidungsrelevanter Verfahrens-Sachverhalt zugrunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem zur im Spruch genannten Verfahrenszahl vorgelegten erstinstanzlichen Akt sowie der Beschwerdeschrift.

3. Rechtliche Beurteilung:

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Zu A):

Beschwerde gegen Spruchpunkt V. und VI.

Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

Das Bundesamt hat gemäß § 55 Abs. 4 FPG von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Das Bundesamt hat die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf die Ziffer 1 gestützt, diese Entscheidung im bekämpften Bescheid - wie zu Recht in der Beschwerde gerügt wurde - aber nicht nachvollziehbar begründet. Die Behörde legt in diesem Zusammenhang nicht näher dar, weshalb die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Es finden sich in Bezug auf die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auch keine Feststellungen dazu. Zu der im Bescheid vorgenommene Begründung, dass der Verbleib des BF in Österreich eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung "oder" Sicherheit darstelle, enthält der Bescheid keine weitere Konkretisierung, zumal der lapidar vorgenommene Verweis auf eine ausführliche Erörterung "oben unter I" ins Leere läuft.

Im gegenständlichen Verfahren ist ein Vorgehen gemäß § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG zulässig, da die Entscheidung über die Spruchpunkte V. und VI. spruchreif ist und die Trennung - auf Grund der Folgen einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für den Betroffenen - auch zweckmäßig erscheint.

Da die Entscheidung über die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 4 FPG die Entscheidung nach § 18 Abs. 2 BFA-VG voraussetzt, ist auch dieser Spruchpunkt zu beheben.

Angesichts der dargetanen Begründungsmängel war in der vorliegenden Konstellation daher spruchgemäß zu entscheiden.

Da der Sachverhalt diesbezüglich auch als geklärt anzusehen ist, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG auch auf eine Verhandlung verzichtet werden.

Über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis IV. des angefochtenen Bescheides ergeht eine gesonderte Entscheidung. Der Beschwerde kommt diesbezüglich somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG aufschiebende Wirkung zu.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall, Behebung der
Entscheidung, ersatzlose Behebung, Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W138.2147439.2.00

Zuletzt aktualisiert am

14.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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