TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/19 W261 2192678-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.2018
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Entscheidungsdatum

19.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W261 2192678-1/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin Gastinger, MAS als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien vom 19.03.2018, Zahl XXXX, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis IV. und VII. als unbegründet abgewiesen.

II. Der Spruchpunkt V. wird insoweit abgeändert, als dieser zu lauten hat:

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab der Enthaftung.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsbürger, reiste nach eigenen Angaben am 02.11.2015 irregulär in Österreich ein und stellte am 04.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 05.12.2015 erfolgte die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu. Dabei gab der BF an, afghanischer Staatsangehöriger und sunnitscher Moslem zu sein, und der Volksgruppe der Paschtunen anzugehören. Er sei am XXXX, in der Provinz Laghman geboren. Er sei drei Jahre bei der afghanischen Armee gewesen und hätte in seinem Dorf nicht mehr leben können, weil dieses von den Taliban besetzt sei.

Das Landesgericht für Strafsachen verhängte mit Beschluss vom 05.08.2017 gegen den BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 2a und 3 SMG wegen Flucht- und Tatbegehungsgefahr die Untersuchungshaft.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 06.09.2017 wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 (zehn) Monaten teilbedingt, davon 2 (zwei) Monate unbedingt, 8 (acht) Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, rechtkräftig verurteilt. Der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe war am 02.10.2017 vollzogen.

Am 19.03.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien (belangte Behörde) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu. Dabei gab der BF an, dass seine Familie nach wie vor in seinem Heimatdorf leben würde. Er selbst habe wegen seines Dienstes vier Jahre lang nicht nach Hause kommen können. Nach Beendigung seines Dienstes hätte er nach Hause kommen wollen. Er habe seinen Bruder angerufen, der ihm mitgeteilt hätte, dass er dies nicht tun solle, da es im Dorf viele Taliban gäbe. Sein Leben sei in Gefahr, weswegen er beschlossen habe zu flüchten. Er persönlich sei in Afghanistan nie bedroht oder verfolgt worden.

Die belangte Behörde wies in weiterer Folge den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit dem im Spruch genannten Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. ab. Weiters erteilte die belangte Behörde dem BF in Spruchpunkt III keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 leg. AsylG, erließ ihm gegenüber im Spruchpunkt IV gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg. cit. iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg. cit. fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 leg. cit. zulässig sei. Schließlich sprach die belangte Behörde im Spruchpunkt V aus, dass gemäß § 55 Abs. 1a keine Frist für eine freiwillige Ausreise bestehe. Im Spruchpunkt VI erkannte die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag des BF auf internationalen Schutz ab, und erließ im Spruchpunkt VII gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass es dem BF nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass er von Seiten der Taliban verfolgt und mit dem Tod bedroht worden wäre und sohin sein Heimatland hätte verlassen müssen. Der BF sei im Falle seiner Rückkehr keiner maßgeblichen Verfolgungsgefahr ausgesetzt. Der BF sei jung und arbeitsfähig. Im Falle einer Rückkehr sei es ihm zuzumuten, selbst für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Es bestehe kein nennenswertes soziales Umfeld in Österreich. Ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich liege nicht vor. Bedingt dadurch, dass er in Österreich wegen eines Suchtmitteldeliktes strafrechtlich zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt worden sei, stelle er eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar.

Mit Verfahrensanordnung vom 20.03.2018 teilte die belangte Behörde dem BF mit, dass er verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen. Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag stellte die belangte Behörde dem BF die juristische Person ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater amtswegig zur Seite.

Mit Eingabe vom 16.04.2018 erhob der BF, bevollmächtigt vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass der Bescheid vollumfänglich angefochten werde. Es würde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren ebenso vorliegen, wie mangelhafte Länderfeststellungen. Die belangte Behörde habe die Bedrohungslage, die Sicherheitslage und die Situation von Rückkehrern in Afghanistan verkannt. Auf Grundlage dieses mangelhaften Ermittlungsverfahrens habe die belangte Behörde eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen. Der BF habe aufgrund einer ihm unterstellten politischen Gesinnung aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung durch die Taliban Afghanistan verlassen. Im Falle einer Rückkehr würde der BF unter Hinweis auf seine angegebenen Fluchtgründe in eine unzumutbare Situation geraten. Er könne nicht in seine Herkunftsprovinz Laghman zurückkehren und verfüge über kein familiäres Netzwerk in Kabul. Zudem würde er im Hinblick auf die volatile Sicherheitslage ständig Gefahr laufen, Opfer von Übergriffen, Angriffen oder Kampfhandlungen zu werden. Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens hätte die belangte Behörde zum Ergebnis kommen müssen, dass beim BF die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da dem BF eine Gefahr einer Verletzung der durch Art. 2 und 3 EMRK oder des 6. oder 13. Zusatzprotokolls der ERMK garantierten Rechte drohe. Hinsichtlich des ausgesprochenen Einreiseverbotes habe es die belangte Behörde unterlassen, das Familien- und Privatleben des BF ausreichend zu erfragen. Die belangte Behörde habe die Milderungsgründe bei der Verurteilung des BF nicht hinreichend berücksichtigt, und daher keine ausreichende Gefährdungsprognose erstellt. Der BF bereue seine Straftat, weswegen davon auszugehen sei, dass keine Gefährdung von ihm ausgehe. Es werde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.

Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang mit Schreiben vom 17.04.2018 dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) vor, wo dieser am selben Tag einlangte.

Mit Teilerkenntnis vom 19.04.2018 gab das BVwG der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides Folge und behob diesen, und erkannte gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu.

Mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 16.06.2018, Zl. XXXX verhängte dieses gegen den dringend der Tat verdächtigen BF die Untersuchungshaft. Dem BF wird vorgeworfen, am 13.06.2018 gewerbsmäßig ein Vergehen nach § 27 Abs. 2a zweiter Fall, Abs. 3 SMG sowie nach § 27 Abs. 1 Z.1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG begangen zu haben. Als Grund für die Untersuchungshaft werde Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs. 2 Z 3 lit b StPO angenommen.

Das BVwG führte am 31.07.2018 eine Anfrage im Strafregister durch, wonach der BF als vorbestraft geführt wird. Eine am selben Tag durchgeführte Abfrage im Betreuungsinformationssystem ergab, dass sich bis 20.06.2018 in der laufenden Grundversorgung befand.

Das BVwG führte am 02.08.2018 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch, zu der der BF aus der Haftanstalt vorgeführt wurde. Der BF sagte in der Verhandlung im Wesentlichen das aus, was er bereits bei seinen Einvernahmen vor der belangten Behörde ausführte. Er sei bereits in Afghanistan drogenabhängig gewesen. Er sei kein Drogendealer, er habe Drogen verkauft, um sich mit dem daraus erzielten Einkommen Zigaretten kaufen zu können. Die Richterin legte in der Verhandlung das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Stand 29.06.2018, den Landinfo Report Afghanistan zum Thema "Der Nachrichtendienst der Taliban und die Einschüchterungskampagne" und einen Auszug aus der UNHCR Richtlinie zum internationalen Schutzbedarf afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 zur Internen Schutzalternative vor, und räumte den Parteien des Verfahrens die Möglichkeit ein, hierzu eine schriftliche Stellungnahme innerhalb einer Frist von drei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

Die belangte Behörde führte in deren Stellungnahme vom 06.08.2018 aus, dass die vom BF vorgebrachte Drogensucht eine reine Schutzbehauptung darstellen würde, da der BF bei seiner Befragung vor der belangten Behörde am 19.03.2018 angegeben hätte, seit sechs Monaten keinerlei Suchtmittel mehr zu konsumieren. Daher sei davon auszugehen, dass der BF auch ohne entsprechende Therapie suchmittelfrei leben könne. Das von der Rechtsvertretung des BF erstattete Vorbringen in der Verhandlung, einen Therapieplatz für den BF suchen zu wollen, diene einzig dazu, den Verbleib des BF im Bundesgebiet zu verlängern und das Verfahren hinauszuzögern.

Das BVwG übermittelte diese Stellungnahme der belangten Behörde dem BF mit Emailnachricht vom 08.08.2018 zur Kenntnisnahme.

Der BF gab mit Eingabe vom 23.08.2018 (eingelangt beim BVwG am 24.08.2018), bevollmächtigt vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, eine schriftliche Stellungnahme ab. Darin führte der BF aus, dass das aktuelle Länderinformationsblatt die instabile Sicherheitslage in Afghanistan bestätigen würde. Hinsichtlich der Situation der Rückkehrer stütze sich das Länderinformationsblatt nicht auf aktuelle Informationen. Die Sicherheitslage habe sich insbesondere in der Stadt Kabul in den letzten Monaten erheblich verschlechtert, weswegen von einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK auszugehen sei. Unter Hinweis auf ein Urteil des französischen Höchstgerichtes und ein Gutachten der Afghanistanexpertin Fredericke Stahlmann vom 28.03.2018 sei davon auszugehen, dass die Gefahr, allein aufgrund der Anwesenheit in Afghanistan einen ernsthaften Schaden hinsichtlich des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit zu erleiden, im gesamten Staatsgebiet gegeben sei. Auch UNHCR gehe davon aus, dass eine interne Fluchtalternative an einem vom aktiven Konflikt betroffenen Gebiet nicht gegeben sei. Dies werde auch durch EASO bestätigt. Als Ergebnis würden daher auch die Städte Mazar-e Sharif und Herat als interne Schutzalternative mangels dauerhafter Sicherheit auszuschließen sein. Es werde daher der Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes ausdrücklich aufrechterhalten.

Das BVwG übermittelte die Stellungnahme des BF mit Emailnachricht vom 27.08.2018 an die belangte Behörde zur Information.

Das BVwG führte am 04.09.2018 neuerlich eine Abfrage im Strafregister der Republik Österreich durch, wonach der BF mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für StrafsachenXXXX vom 17.08.2018 wegen §§ 27 Abs. 2a 2. Fall, 27 Abs. 3 SMG und §§ 27 Abs. 1 Z.1., 1 Fall und 27 Abs. 1, 2. Fall und 27 Abs. 2 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten und zwei Wochen verurteilt wurde. Zudem wurde mit dem genannten Urteil auch die bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von acht Monaten des bereits genannten Urteiles des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 06.09.2018 widerrufen.

Das BVwG ersuchte das Landesgericht für Strafsachen XXXX, die gekürzte Urteilsausfertigung zu übermitteln, was dieses mit Eingabe vom 07.09.2018 erledigte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

o Zur Person des Beschwerdeführers:

Der BF trägt den Namen XXXX und ist am XXXX in der Provinz Laghman, im Distrikt XXXX, im Dorf XXXX geboren. Er ist Staatsangehöriger von Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und sunnitischer Muslim. Diese Angaben dienen ausschließlich zur Identifikation des BF im Asylverfahren.

Die Muttersprache des BF ist Paschtu.

Der Familie des BF besteht aus seinem Vater XXXX, seiner Mutter XXXX, seinen drei Brüdern XXXX, XXXX und XXXX und seiner Schwester

XXXX.

Die Familie des BF lebt nach wie vor in seinem Heimatdorf. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF keinen Kontakt mit seiner Familie hat.

Die Familie des BF lebt von der familieneigenen Landwirtschaft. Die Familie des BF ist Eigentümer von Grundstücken im Ausmaß von 4 Jirib.

Die finanzielle Situation der Familie des BF ist mittelmäßig.

Der BF hat zwei Onkel väterlicherseits und eine Tante väterlicherseits und zwei Onkel mütterlicherseits und zwei Tanten mütterlicherseits.

Der BF hat Freunde in Afghanistan, mit denen er in regelmäßigem telefonischen Kontakt steht.

Der BF besuchte zwei Jahre lang die Schule. Er arbeitete drei Jahre lang für das afghanische Militär, wo er auch als Bulldozerfahrer tätig war, und war ein Jahr lang als Polizist tätig.

Der BF ist ledig und hat keine Kinder.

Es kann nicht festgestellt werden, ob der BF aktuell drogenabhängig ist.

Der BF reiste im Jahr 2015 aus Afghanistan aus. Er gelangte über Pakistan, den Iran, die Türkei, Bulgarien, Serbien, Ungarn nach Österreich, wo er am 02.11.2015 illegal einreiste und am 04.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

o Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Das vom BF dargelegte Fluchtvorbringen (betreffend die Gefahr, aufgrund seiner Tätigkeit beim Militär von den Taliban getötet zu werden) kann nicht festgestellt werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in seinem Herkunftsstaat Afghanistan im Falle einer Rückkehr eine konkret gegen seine Person gerichtete Bedrohung von staatlicher oder privater Seite zu befürchten hätte.

o Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der BF befindet sich seit seiner Antragstellung im November 2015 auf Grund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet. Er bezieht seit seiner Einreise, mit Ausnahme der Zeit, welche er bereits in Haft verbrachte bzw. derzeit verbringt, Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung.

Der BF hat keine Familienangehörigen in Österreich.

Der BF besuchte in keinen Deutschkurs, und spricht ein wenig Deutsch. Der BF besucht in Österreich keine Schule oder Kurse, ist kein aktives Mitglied eines Vereins und geht auch keinen sportlichen oder kulturellen Aktivitäten nach.

o Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem BF ist eine Rückkehr in seine Herkunftsprovinz Laghman grundsätzlich möglich. Die Provinz Laghman ist von Österreich aus jedoch nicht sicher zu erreichen.

Dem BF steht als innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative eine Rückkehr in eine der Städte Mazar-e Sharif oder Herat zur Verfügung, wo es ihm möglich ist, ohne Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können bzw. in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten, zu leben. Dem BF droht bei seiner Rückkehr in eine dieser zwei Städte mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit.

Der BF ist jung und arbeitsfähig. Seine Existenz kann in einer dieser zwei Städte - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Der BF hat auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Er hat bereits Berufserfahrung als Soldat und Polizist bzw. als Bulldozer Fahrer gesammelt, die er in seinem Heimatstaat ebenfalls wird nutzen können.

Die Städte Mazar-e Sharif und Herat sind von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug zu erreichen.

Der BF ist weitgehend gesund. Es besteht kein objektivierter Hinweis auf eine krankheitswertige psychische Störung. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle der Rückkehr nach Mazar-e Sharif oder Herat Gefahr liefe, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten, oder sich eine Erkrankung in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern würde. Es sind auch sonst keine objektivierten Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls andere schwerwiegende körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung des BF in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

o Feststellungen zu der vom BF ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung

Der BF hat im Zeitraum Juni 2017 bis 02.08.2017 in einer Vielzahl von Angriffen an unbekannte Abnehmer vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich zumindest 220 Baggies Cannabiskraut mit insgesamt zumindest 220 Gramm, zu einem Gesamtpreis von EURO 2.200,- verkauft.

Am 02.08.2017 verkaufte der BF in XXXX vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar Marihuna (Wirkstoff Delta-9-THC und THCA) auf einer öffentlichen Verkehrsfläche im Bereich des Lokals FLEX und des Wettsteinparks drei Baggies mit insgesamt 3,9 Gramm brutto gegen Entgelt zu einem Gesamtpreis von EURO 30,- öffentlich an einen verdeckten Ermittler.

Der BF wusste, dass es sich bei Marihuana um Suchtgift nach dem Suchtmittelgesetz handelte, und er vorschriftswidrig handelte.

Der BF beging die strafbaren Handlungen nicht überwiegend deshalb, um seinen allfälligen Suchtgiftkonsum zu finanzieren, sondern der überwiegende Teil des Erlöses floss in die Finanzierung seines sonstigen Lebensunterhaltes.

Das Landesgericht für Strafsachen XXXX verurteilte den BF mit rechtskräftigem Urteil vom 06.09.2017, Zahl XXXX wegen der Vergehen des gewerbsmäßigen unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1, achter Fall, Abs. 3 SMG und wegen § 27 Abs. 2a, 2. Fall, Abs. 3 SMG zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 (zehn) Monaten, davon 2 (zwei) Monate unbedingt und 8 (acht) Monate, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.

Mildernd berücksichtigte das Strafgericht bei der Strafbemessung das reumütige Geständnis des BF, seinen bisher ordentlichen Lebenswandel und die teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes, erschwerend das Zusammentreffen zahlreicher Vergehen.

Der BF verbüßte seine Haftstrafe im Zeitraum vom 02.08.2017 bis 02.10.2017.

Der BF befand sich seit 14.06.2018 bis zur Hauptverhandlung am 14.08.2018 aufgrund des Beschlusses des Straflandesgerichtes XXXX vom 16.06.2018, Zl. XXXX neuerlich wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen Suchtgiftmittelhandels in Untersuchungshaft.

Der BF hat am 13.06.2018 an einem allgemein zugänglichen Ort, öffentlich und gewerbsmäßig Suchtgift, nämlich Marihuana mit den Wirkstoffen D-9-THC und THCA einem verdeckten Ermittler überlassen, und im Zeitraum von 02.10.2017 bis 13.06.2017 Marihuana mit den genannten Wirkstoffen zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erworben und besessen zu haben. Der BF ist zu diesen Taten geständig.

Das Landesgericht für Strafsachen XXXX verurteilte den BF mit rechtskräftigem Urteil vom 17.08.2018, Zl. XXXX wegen §§ 27 Abs. 2a

2.

Fall, 27 Abs. 3 SMG und §§ 27 Abs. 1 Z.1., 1 Fall und 27 Abs. 1,

2.

Fall und 27 Abs. 2 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten und zwei Wochen. Zudem wurde mit dem genannten Urteil auch die bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von acht Monaten des Urteiles des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 06.09.2018,

XXXX widerrufen.

Mildernd berücksichtigte das Strafgericht bei der Strafbemessung die teilweise geständige Verantwortung und die Verfahrensverzögerung um zwei Wochen, erschwerend wertete das Strafgericht bei der Strafbemessung die einschlägige Vorstrafe, die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit, das Zusammentreffen von Vergehen, der rasche Rückfall bezogen auf den gewerbsmäßigen Handel mit Suchtgift, und den äußerst raschen Rückfall bezogen auf den Erwerb und den Besitz von Suchtgift zum persönlichen Gebrauch.

Der BF befindet sich aktuell in Strafhaft.

Das wiederholte Verhalten des BF steht Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an der Verhinderung von Suchtgiftmissbrauch und gewerbsmäßigen Suchtgifthandel entgegen.

o Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan in der Fassung vom 29.06.2018:

"...

2. Politische Lage

...

Friedens- und Versöhnungsprozess

Am 28. Februar 2018 machte Afghanistans Präsident Ashraf Ghani den Taliban ein Friedensangebot (NYT 11.3.2018; vgl. TS 28.2.2018). Die Annahme des Angebots durch die Taliban würde, so Ghani, diesen verschiedene Garantien gewähren, wie eine Amnestie, die Anerkennung der Taliban-Bewegung als politische Partei, eine Abänderung der Verfassung und die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Anführer (TD 7.3.2018). Quellen zufolge wird die Annahme bzw. Ablehnung des Angebots derzeit in den Rängen der Taliban diskutiert (Tolonews 16.4.2018; vgl. Tolonews 11.4.2018). Anfang 2018 fanden zwei Friedenskonferenzen zur Sicherheitslage in Afghanistan statt: die zweite Runde des Kabuler Prozesses [Anm.: von der afghanischen Regierung ins Leben gerufene Friedenskonferenz mit internationaler Beteiligung] und die Friedenskonferenz in Taschkent (TD 24.3.2018; vgl. TD 7.3.2018, NZZ 28.2.2018). Anfang April rief Staatspräsident Ghani die Taliban dazu auf, sich für die Parlamentswahlen im Oktober 2018 als politische Gruppierung registrieren zu lassen, was von diesen jedoch abgelehnt wurde (Tolonews 16.4.2018). Ende April 2018 kam es in diesem Zusammenhang zu Angriffen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich des IS, aber auch der Taliban) auf mit der Wahlregistrierung betraute Behörden in verschiedenen Provinzen (vgl. Kapitel 3. "Sicherheitslage").

Am 19.5.2018 erklärten die Taliban, sie würden keine Mitglieder afghanischer Sicherheitskräfte mehr angreifen, wenn diese ihre Truppen verlassen würden, und gewährten ihnen somit eine "Amnestie". In ihrer Stellungnahme erklärten die Aufständischen, dass das Ziel ihrer Frühlingsoffensive Amerika und ihre Alliierten seien (AJ 19.5.2018).

Am 7.6.2018 verkündete Präsident Ashraf Ghani einen Waffenstillstand mit den Taliban für den Zeitraum 12.6.2018 - 20.6.2018. Die Erklärung erfolgte, nachdem sich am 4.6.2018 über 2.000 Religionsgelehrte aus ganz Afghanistan in Kabul versammelt hatten und eine Fatwa zur Beendigung der Gewalt aussprachen (Tolonews 7.6.2018; vgl. Reuters 7.6.2018, RFL/RL 5.6.2018). Durch die Fatwa wurden Selbstmordanschläge für ungesetzlich (nach islamischem Recht, Anm.) erklärt und die Taliban dazu aufgerufen, den Friedensprozess zu unterstützen (Reuters 5.6.2018). Die Taliban selbst gingen am 9.6.2018 auf das Angebot ein und erklärten einen Waffenstillstand von drei Tagen (die ersten drei Tage des Eid-Fests, Anm.). Der Waffenstillstand würde sich jedoch nicht auf die ausländischen Sicherheitskräfte beziehen; auch würden sich die Taliban im Falle eines militärischen Angriffs verteidigen (HDN 10.6.2018; vgl. TH 10.6.2018, Tolonews 9.6.2018).

...

3. Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

...

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

...

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht.Östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

...

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

...

Im Jahr 2017 registrierte die UNAMA 10.453 zivile Opfer (3.438 Tote und 7.015 Verletzte) - damit wurde ein Rückgang von 9% gegenüber dem Vergleichswert des Vorjahres 2016 (11.434 zivile Opfer mit 3.510 Toten und 7.924 Verletzen) festgestellt. Seit 2012 wurde zum ersten Mal ein Rückgang verzeichnet: im Vergleich zum Jahr 2016 ist die Anzahl ziviler Toter um 2% zurückgegangen, während die Anzahl der Verletzten um 11% gesunken ist. Seit 1.1.2009-31.12.2017 wurden insgesamt 28.291 Tote und 52.366 Verletzte von der UNAMA registriert. Regierungsfeindliche Gruppierungen waren für 65% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich; Hauptursache dabei waren IEDs, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attacken (UNAMA 2.2018). Im Zeitraum 1.1.2018 - 31.3.2018 registriert die UNAMA

2.258 zivile Opfer (763 Tote und 1.495 Verletzte). Die Zahlen reflektieren ähnliche Werte wie in den Vergleichsquartalen für die Jahre 2016 und 2017. Für das Jahr 2018 wird ein neuer Trend beobachtet: Die häufigste Ursache für zivile Opfer waren IEDs und komplexe Angriffe. An zweiter Stelle waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten Tötungen, Blindgängern (Engl. UXO, "Unexploded Ordnance") und Lufteinsätzen. Die Bewohner der Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kandahar waren am häufigsten vom Konflikt betroffen (UNAMA 12.4.2018).

Regierungsfeindlichen Gruppierungen wurden landesweit für das Jahr 2017 6.768 zivile Opfer (2.303 Tote und 4.465 Verletzte) zugeschrieben - dies deutet auf einen Rückgang von 3% im Vergleich zum Vorjahreswert von 7.003 zivilen Opfern (2.138 Tote und 4.865 Verletzte). Der Rückgang ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben werden, ist auf einen Rückgang ziviler Opfer, die durch Bodenkonfrontation, IED und ferngezündete Bomben zu Schaden gekommen sind, zurückzuführen. Im Gegenzug dazu hat sich die Anzahl ziviler Opfer aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Attacken erhöht. Die Anzahl ziviler und nicht-ziviler Opfer, die aufgrund gezielter Tötungen durch regierungsfeindliche Elemente zu Schaden gekommen sind, ist ähnlich jener aus dem Jahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.4.2018).

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Zu den regierungsfreundlichen Kräften zählten: ANDSF, Internationale Truppen, regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen sowie nicht näher identifizierte regierungsfreundliche Kräfte. Für das Jahr 2017 wurden 2.108 zivile Opfer (745 Tote und 1.363 Verletzte) regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben, dies deutet einen Rückgang von 23% gegenüber dem Vorjahreswert 2016 (2.731 zivile Opfer, 905 Tote und 1.826 Verletzte) an (UNAMA 2.2018; vgl. HRW 26.1.2018). Insgesamt waren regierungsfreundliche Kräfte für 20% aller zivilen Opfer verantwortlich. Hauptursache (53%) waren Bodenkonfrontation zwischen ihnen und regierungsfeindlichen Elementen - diesen fielen 1.120 Zivilist/innen (274 Tote und 846 Verletzte) zum Opfer; ein Rückgang von 37% Gegenüber dem Vorjahreswert 2016 (UNAMA 2.2018). Luftangriffe wurden zahlenmäßig als zweite Ursache für zivile Opfer registriert (UNAMA 2.2018; vgl. HRW 26.1.2018); diese waren für 6% ziviler Opfer verantwortlich - hierbei war im Gegensatz zum Vorjahreswert eine Zunahme von 7% zu verzeichnen gewesen. Die restlichen Opferzahlen 125 (67 Tote und 58 Verletzte) waren auf Situationen zurückzuführen, in denen Zivilist/innen fälschlicherweise für regierungsfeindliche Elemente gehalten wurden. Suchaktionen forderten 123 zivile Opfer (79 Tote und 44 Verletzte), Gewalteskalationen 52 zivile Opfer (18 Tote und 34 Verletzte), und Bedrohungen und Einschüchterungen forderten 17 verletzte Zivilist/innen (UNAMA 2.2018).

Ein besonderes Anliegen der ANDSF, der afghanischen Regierung und internationaler Kräfte ist das Verhindern ziviler Opfer. Internationale Berater/innen der US-amerikanischen und Koalitionskräfte arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren und ein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Reduzierung der Anzahl von zivilen Opfern zu schaffen. Die afghanische Regierung hält auch weiterhin ihre viertel-jährliche Vorstandssitzung zur Vermeidung ziviler Opfer (Civilian Casualty Avoidance and Mitigation Board) ab, um u. a. Präventivmethoden zu besprechen (USDOD 12.2017). Die UNAMA bemerkte den Einsatz und die positiven Schritte der afghanischen Regierung, zivile Opfer im Jahr 2017 zu reduzieren (UNAMA 2.2018).

Im gesamten Jahr 2017 wurden 3.484 zivile Opfer (823 Tote und 2.661 Verletzte) im Rahmen von 1.845 Bodenoffensiven registriert - ein Rückgang von 19% gegenüber dem Vorjahreswert aus 2016 (4.300 zivile Opfer, 1.072 Tote und 3.228 Verletzte in 2.008 Bodenoffensiven). Zivile Opfer, die aufgrund bewaffneter Zusammenstöße zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Kräften zu beklagen waren, sind zum ersten Mal seit 2012 zurückgegangen (UNAMA 2.2018).

Im Jahr 2017 forderten explosive Kampfmittelrückstände (Engl. "explosive remnants of war", Anm.) 639 zivile Opfer (164 Tote und 475 Verletzte) - ein Rückgang von 12% gegenüber dem Jahr 2016. 2017 war überhaupt das erste Jahr seit 2009, in welchem ein Rückgang verzeichnet werden konnte. Der Rückgang ziviler Opfer ist möglicherweise u.a. auf eine Verminderung des indirekten Beschusses durch Mörser, Raketen und Granaten in bevölkerten Gegenden von regierungsfreundlichen Kräfte zurückzuführen (UNAMA 2.2018).

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Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden:

das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus (USDOD 12.2017).

Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen (Khaama Press 13.8.2017). Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren (Xinhua 18.3.2018). Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes. Darüber hinaus haben die Taliban hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet (AAN 17.3.2017).

Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird (SIGAR 1.2018).

Außerdem haben Militäroperationen der pakistanischen Regierung einige Zufluchtsorte Aufständischer zerstört. Jedoch genießen bestimmte Gruppierungen, wie die Taliban und das Haqqani-Netzwerk Bewegungsfreiheit in Pakistan (USDOD 12.2017). Die Gründe dafür sind verschiedene: das Fehlen einer Regierung, das permissive Verhalten der pakistanischen Sicherheitsbehörden, die gemeinsamen kommunalen Bindungen über die Grenze und die zahlreichen illegalen Netzwerke, die den Aufständischen Schutz bieten (AAN 17.10.2017).

Taliban

Die Taliban führten auch ihre Offensive "Mansouri" weiter; diese Offensive konzentrierte sich auf den Aufbau einer "Regierungsführung" der Taliban (Engl. "governance") bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gewalt gegen die afghanische Regierung, die ANDSF und ausländische Streitkräfte. Nichtsdestotrotz erreichten die Taliban, die Hauptziele dieser "Kampfsaison" laut US-Verteidigungsministerium nicht (USDOD 12.2017). Operation Mansouri sollte eine Mischung aus konventioneller Kriegsführung, Guerilla-Angriffen und Selbstmordattentaten auf afghanische und ausländische Streitkräfte werden (Reuters 28.4.2017). Auch wollten sich die Taliban auf jene Gegenden konzentrieren, die vom Feind befreit worden waren (LWJ 28.4.2017). Laut NATO Mission Resolute Support kann das Scheitern der Taliban-Pläne für 2017 auf aggressive ANDSF-Operationen zurückgeführt, aber auch auf den Umstand, dass die Taliban den IS und die ANDSF gleichzeitig bekämpfen müssen (USDOD 12.2017).

Im Jahr 2017 wurden den Taliban insgesamt 4.385 zivile Opfer (1.574 Tote und 2.811 Verletzte zugeschrieben. Die Taliban bekannten sich nur zu 1.166 zivilen Opfern. Im Vergleich zum Vorjahreswert bedeutet dies einen Rückgang um 12% bei der Anzahl ziviler Opfer, die den Taliban zugeschrieben werden. Aufgrund der Komplexität der in Selbstmord- und komplexen Anschlägen involvierten Akteure hat die UNAMA oft Schwierigkeiten, die daraus resultierenden zivilen Opfer spezifischen regierungsfreundlichen Gruppierungen zuzuschreiben, wenn keine Erklärungen zur Verantwortungsübernahme abgegeben wurde. Im Jahr 2017 haben sich die Taliban zu 67 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen bekannt; dies führte zu 214 zivilen Opfern (113 Toten und 101 Verletzten). Auch wenn sich die Taliban insgesamt zu weniger Angriffen gegen Zivilist/innen bekannten, so haben sie dennoch die Angriffe gegen zivile Regierungsmitarbeiter/innen erhöht - es entspricht der Linie der Taliban, Regierungsinstitutionen anzugreifen (UNAMA 2.2018).

Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans (SIGAR 30.4.2018). Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten (ODI 6.2018). Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.3.2018; vgl. Reuters 30.3.2018). Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten: Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friendens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Hauses gesehen werden (NYT 27.3.2018).

Die Taliban geben im Kurznachrichtendienst Twitter Angaben zu ihren Opfern oder Angriffen (FAZ 19.10.2017; vgl. Pajhwok 13.3.2018). Ihre Angaben sind allerdings oft übertrieben (FAZ 19.10.2017). Auch ist es sehr schwierig Ansprüche und Bekennermeldungen zu verifizieren - dies gilt sowohl für Taliban als auch für den IS (AAN 5.2.2018).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Höchst umstritten ist von Expert/innen die Größe und die Gefahr, die vom IS ausgeht. So wird von US-amerikanischen Sicherheitsbeamten und weiteren Länderexpert/innen die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan mit zwischen 500 und 5.000 Kämpfern beziffert. Jeglicher Versuch die tatsächliche Stärke einzuschätzen, wird durch den Umstand erschwert, dass sich die Loyalität der bewaffneten radikalen Islamisten oftmals monatlich oder gar wöchentlich ändert, je nach ideologischer Wende, Finanzierung und Kampfsituation (WSJ 21.3.2018). Auch wurde die afghanische Regierung bezichtigt, die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan aufzublasen (Tolonews 10.1.2018). Zusätzlich ist wenig über die Gruppierung und deren Kapazität, komplexe Angriffe auszuführen, bekannt. Viele afghanische und westliche Sicherheitsbeamte bezweifeln, dass die Gruppierung alleine arbeitet (Reuters 9.3.2018).

Die Fähigkeiten und der Einfluss des IS sind seit seiner Erscheinung im Jahr 2015 zurückgegangen. Operationen durch die ANDSF und die US-Amerikaner, Druck durch die Taliban und Schwierigkeiten die Unterstützung der lokalen Bevölkerung zu gewinnen, störten das Wachstum des IS und verringerten dessen Operationskapazitäten. Trotz erheblicher Verluste von Territorium, Kämpfern und hochrangigen Führern, bleibt der IS nach wie vor eine Gefährdung für die Sicherheit in Afghanistan und in der Region. Er ist dazu in der Lage, öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) in städtischen Zentren zu verüben (USDOD 12.2017). Der IS hat sich nämlich in den vergangenen Monaten zu einer Anzahl tödlicher Angriffe in unterschiedlichen Teilen des Landes bekannt - inklusive der Hauptstadt. Dies schürte die Angst, der IS könne an Kraft gewinnen (VoA 10.1.2018; vgl. AJ 30.4.2018). Auch haben örtliche IS-Gruppen die Verantwortung für Angriffe auf Schiiten im ganzen Land übernommen (USDOD 12.2017).

Im Jahr 2017 wurden dem IS 1.000 zivile Opfer (399 Tote und 601 Verletzte) zugeschrieben sowie die Entführung von 81 Personen; er war damit laut UNAMA für 10% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich - eine Zunahme von insgesamt 11% im Vergleich zum Jahr 2016. Im Jahr 2017 hat sich der IS zu insgesamt 18 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen oder zivile Objekte bekannt (UNAMA 2.2018); er agiert wahllos - greift Einrichtungen der afghanischen Regierung und der Koalitionskräfte an (AAN 5.2.2018), aber auch ausländische Botschaften (UNAMA 2.2.018). Fast ein Drittel der Angriffe des IS zielen auf schiitische Muslime ab (UNAMA 2.2018; vgl. AAN 5.2.2018) - sechs Angriffe waren auf schiitische Glaubensstätten (UNAMA 2.2018). Der IS begründet seine Angriffe auf die schiitische Gemeinschaft damit, dass deren Mitglieder im Kampf gegen den IS im Mittleren Osten involviert sind (AAN 5.2.2018).

Zusätzlich dokumentierte die UNAMA im Jahr 2017 27 zivile Opfer (24 Tote und drei Verletzte) sowie die Entführung von 41 Zivilist/innen, die von selbsternannten IS-Anhängern in Ghor, Jawzjan und Sar-e Pul ausgeführt wurden. Diese Anhänger haben keine offensichtliche Verbindung zu dem IS in der Provinz Nangarhar (UNAMA 2.2018).

Der IS rekrutierte auf niedriger Ebene und verteilte Propagandamaterial in vielen Provinzen Afghanistans. Führung, Kontrolle und Finanzierung des Kern-IS aus dem Irak und Syrien ist eingeschränkt, wenngleich der IS in Afghanistan nachhaltig auf externe Finanzierung angewiesen ist, sowie Schwierigkeiten hat, Finanzierungsströme in Afghanistan zu finden. Dieses Ressourcenproblem hat den IS in einen Konflikt mit den Taliban und anderen Gruppierungen gebracht, die um den Gewinn von illegalen Kontrollpunkten und den Handel mit illegalen Waren wetteifern. Der IS bezieht auch weiterhin seine Mitglieder aus unzufriedenen TTP-Kämpfern (Tehreek-e Taliban in Pakistan - TTP), ehemaligen afghanischen Taliban und anderen Aufständischen, die meinen, der Anschluss an den IS und ihm die Treue zu schwören, würde ihre Interessen vorantreiben (USDOD 12.2017).

Auch ist der IS nicht länger der wirtschaftliche Magnet für arbeitslose und arme Jugendliche in Ostafghanistan, der er einst war. Die Tötungen von IS-Führern im letzten Jahr (2017) durch die afghanischen und internationalen Kräfte haben dem IS einen harten Schlag versetzt, auch um Zugang zu finanziellen Mitteln im Mittleren Osten zu erhalten. Finanziell angeschlagen und mit wenigen Ressourcen, ist der IS in Afghanistan nun auf der Suche nach anderen Möglichkeiten des finanziellen Überlebens (AN 6.3.2018).

Haqqani-Netzwerk

Der Gründer des Haqqani-Netzwerkes - Jalaluddin Haqqani - hat aufgrund schlechter Gesundheit die operationale Kontrolle über das Netzwerk an seinen Sohn Sirajuddin Haqqani übergeben, der gleichzeitig der stellvertretende Führer der Taliban ist (VoA 1.7.2017). Als Stellvertreter der Taliban wurde die Rolle von Sirajuddin Haqqani innerhalb der Taliban verfestigt. Diese Rolle erlaubte dem Haqqani-Netzwerk seinen Operationsbereich in Afghanistan zu erweitern und lieferte den Taliban zusätzliche Fähigkeiten in den Bereichen Planung und Operation (USDOD 12.2017).

Von dem Netzwerk wird angenommen, aus den FATA-Gebieten (Federally Administered Tribal Areas) in Pakistan zu operieren. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge soll das Netzwerk zwischen 3.000 und 10.000 Mitglieder haben. Dem Netzwerk wird nachgesagt finanziell von unterschiedlichen Quellen unterstützt zu werden - inklusive reichen Personen aus den arabischen Golfstaaten (VoA 1.7.2017).

Zusätzlich zu der Verbindung mit den Taliban, hat das Netzwerk mit mehreren anderen Aufständischen Gruppierungen, inklusive al-Qaida, der Tehreek-e Taliban in Pakistan (TTP), der Islamic Movement of Uzbekistan (IMU) und der ebenso in Pakistan ansässigen Lashkar-e-Taiba (VoA 1.7.2017).

Sowohl die afghanische, als auch die US-amerikanische Regierung haben Pakistan in der Vergangenheit wiederholt kritisiert, keine eindeutigen Maßnahmen gegen terroristische Elemente zu ergreifen, die darauf abzielen, die Region zu destabilisieren - zu diesen Elementen zählen auch die Taliban und das Haqqani-Netzwerk (RFE/RL 23.3.2018; vgl. AJ 8.3.2018, UNGASC 27.2.2018).

Al-Qaida

Al-Qaida konzentriert sich hauptsächlich auf das eigene Überleben und seine Bemühungen sich selbst zu erneuern. Die Organisation hat eine nachhaltige Präsenz in Ost- und Nordostafghanistan, mit kleineren Elementen im Südosten. Manche Taliban in den unteren und mittleren Rängen unterstützen die Organisation eingeschränkt. Nichtsdestotrotz konnte zwischen 1.6.-20.11.2017 keine Intensivierung der Beziehung zu den Taliban auf einem strategischen Niveau registriert werden (USDOD 12.2017).

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3.5 Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).

Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).

Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

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Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Balkh

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).

Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).

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3.13 Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der P

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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