TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/19 W239 2177480-1

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Veröffentlicht am 19.09.2018
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Entscheidungsdatum

19.09.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W239 2177480-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.10.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Kosovo, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 19.09.2017 den gegenständlichen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seiner Person liegt ein EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragsstellung) vom 16.03.2015 zu Deutschland vor.

2. Zuvor hatte der Beschwerdeführer bereits am 15.06.2004 einen (ersten) Asylantrag in Österreich gestellt, aufgrund dessen ihm in erster Instanz mit Bescheid vom 20.08.2004 ursprünglich der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden war.

Am 23.02.2011 war der Beschwerdeführer wegen einer bestehenden Interpol-Fahndung von Serbien bei einer Kontrolle in Deutschland festgenommen worden. Aufgrund des Vorliegens von Asylausschließungsgründen, nämlich der rechtskräftigen Verurteilung wegen zweifachen Mordes, war am 24.02.2011 amtswegig die Wiederaufnahme des Asylverfahrens eingeleitet worden. Mit Bescheid vom 06.07.2011 war dem Beschwerdeführer sodann in erster Instanz weder der Status des Asylberechtigten noch der Status des subsidiär Schutzberechtigen zuerkannt worden; gleichzeitig war er in den Kosovo ausgewiesen worden. Die dagegen eingebrachte Beschwerde war in zweiter Instanz mit Erkenntnis vom 28.07.2011 abgewiesen worden; dieses erwuchs am 01.08.2011 in Rechtskraft.

Im Zentralen Melderegister scheinen in folgenden Zeiträumen aufrechte Wohnsitzmeldungen in Österreich auf: Von 15.06.2004 bis 25.06.2004, von 05.07.2004 bis 19.01.2005, von 10.02.2005 bis 19.12.2011 sowie nunmehr von 21.09.2017 bis 12.03.2018.

3. Im hier gegenständlichen Verfahren gab der Beschwerdeführer im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 19.09.2017 an, der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können. Medikamente nehme er keine.

Den Entschluss zur Ausreise aus dem Staat seines dauernden Aufenthalts, nämlich aus Deutschland, habe der Beschwerdeführer im Jahr 2014 gefasst; sein Zielland sei Österreich gewesen, weil seine gesamte Familie hier lebe. Er sei legal ausgereist. Er habe einen Reisepass aus dem Kosovo, ausgestellt von der Behörde in Pristina. Zu seinen letzten Aufenthaltsorten wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2011 von Interpol festgenommen worden sei und sich sechs Monate in Deutschland in Haft befunden habe. Dann sei er nach Serbien überstellt worden und dort zwei Jahre, ein Monat und 19 Tage in Haft gewesen. Anschließend sei er bei der Österreichischen Botschaft in Pristina im Kosovo gewesen und danach habe er sich drei bis vier Jahre in Deutschland aufgehalten. Er habe dort um Asyl angesucht, aber der Antrag sei mit der Begründung abgelehnt worden, dass er nur in einem einzigen Land um Asyl ansuchen könne. Abschließend machte der Beschwerdeführer Angaben zu seinen Fluchtgründen und betonte, nunmehr hier in Österreich bei seiner Familie bleiben zu wollen.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 20.09.2017 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Deutschland.

Mit Schreiben vom 28.09.2017 stimmte die deutsche Dublin-Behörde diesem Ersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO ausdrücklich zu.

5. Nach durchgeführter Rechtsberatung fand am 24.10.2017 im Beisein einer Rechtsberaterin und im Beisein der Ehefrau des Beschwerdeführers als Vertrauensperson die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA statt. Hierbei gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, sich geistig und körperlich in der Lage zu sehen, die Einvernahme durchzuführen. Er leide an keinen schwerwiegenden Krankheiten. Die Angaben, die er im Zuge der Erstbefragung gemacht habe, seien richtig. Er sei im ehemaligen Jugoslawien geboren, sei Staatsangehöriger des Kosovo, da er sich bei der Haftentlassung dazu verpflichtet habe, eine kosovarische Staatsbürgerschaft zu beantragen, er spreche Albanisch, Deutsch und Serbokroatisch, sei verheiratet und habe einen Sohn, der aus einer früheren Beziehung stamme. Mit seiner Frau gemeinsam habe er keine Kinder. Sein volljähriger Sohn wohne in Österreich und sei derzeit in Haft. Als identitätsbezeugende Dokumente besitze der Beschwerdeführer den von Österreich ausgestellten Lichtbildausweis für Fremde aus dem Jahr 2004, eine kosovarische Heiratsurkunde und seinen kosovarischen Reisepass.

Zu seinen Angehörigen führte der Beschwerdeführer Folgendes aus:

Seine Ehefrau XXXX sei österreichische Staatsangehörige und wohne in XXXX ; sie lebe seit 1999 in Österreich und seit 13 Jahren lebe er mit ihr zusammen. Sein Bruder XXXX sei auch Österreicher und wohne ebenfalls in XXXX ; er sei zwei Jahre vor dem Beschwerdeführer nach Österreich gekommen. Auch seine Schwester XXXX sei österreichische Staatsangehörige; sie wohne in XXXX und sei über 30 Jahren in Österreich. Sein Bruder XXXX wohne in XXXX ; er sei nach dem Beschwerdeführer nach Österreich gekommen, vermutlich im Jahr 2006 oder 2007. Sein Vater XXXX sei kosovarischer Staatsangehöriger und wohne in XXXX ; er sei seit einem Jahr in Österreich und habe zuvor gemeinsam mit der nunmehr verstorbenen Gattin in Deutschland gelebt. Der volljährige Sohn des Beschwerdeführers XXXX sei serbischer Staatsangehöriger; er sei ein Jahr nach dem Beschwerdeführer nach Österreich gekommen und befinde sich derzeit in Haft, weil er einen Fehler begangen habe. In welchem Gefängnis er momentan genau sei, könne der Beschwerdeführer nicht sagen, da er verlegt worden sei und der Beschwerdeführer mit den Adressen durcheinander gekommen sei.

Die Frage, ob er von seiner Familie unterstützt werde, verneinte der Beschwerdeführer. Sie seien während des Krieges geflüchtet und hätten sehr viel durchmachen müssen. Er erhalte keine Unterstützung von der Familie. Mit seiner Ehefrau sei der Beschwerdeführer sehr zufrieden; sie sei alles für ihn. Sie unterstütze ihn dadurch, dass sie ihn auch im Gefängnis besucht habe. Sie sei immer bei ihm gewesen, egal, wo er hingegangen sei. Nachgefragt, ob er derzeit staatliche Grundversorgung beziehe, verneinte der Beschwerdeführer das. Seine Frau unterstütze ihn und komme für seinen Unterhalt auf.

Über Nachfrage bestätigte der Beschwerdeführer, dass seine in der Erstbefragung getätigten Angaben zum Reiseweg richtig seien. Zur Frage, wann er nach Deutschland eingereist sei, schilderte der Beschwerdeführer Folgendes: Er habe vorgehabt, normal nach Deutschland zu reisen. Er habe einen österreichischen Pass gehabt und sei auch in der österreichischen Botschaft in Pristina gewesen, um seine Situation und seine Fluchtgründe zu schildern. Auf der Botschaft sei auch seine Frau dabei gewesen. Er habe einen Termin bekommen und dann sei ihm mitgeteilt worden, dass noch nicht alle Dokumente vorliegen würden und es deshalb keine Antwort gebe. Er habe damals um schnelle Bearbeitung ersucht, da er in Gefahr gewesen sei. Ihm sei nur mitgeteilt worden, dass er den Reisepass nicht bekomme und er sei dann eigenständig und illegal ausgereist. Er sei im Jahr 2015 aus dem Kosovo nach Deutschland gegangen. Davor sei er auch schon einmal in Deutschland gewesen, da sein Vater dort gelebt habe. Damals sei der Beschwerdeführer noch ein Kind gewesen und habe dort für zwei Jahre die Schule besucht, vermutlich im Jahr 1991 oder 1992. Die Frage, ob er auch im Jahr 2011 in Deutschland gewesen sei, bejahte der Beschwerdeführer und gab an, damals seine Eltern besucht zu haben. Als er zurück nach Österreich fahren habe wollen, sei er noch in Deutschland von Interpol festgenommen worden. Er sei sechs Monate in München in Haft gewesen, sei dann nach Serbien abgeschoben worden und habe sich anschließend dort zwei Jahre, sieben Monate und 19 Tage in Haft befunden. Befragt, wann er in Serbien aus der Haft entlassen worden sei, erklärte der Beschwerdeführer, dass er mit dem Datum ein wenig Probleme habe und sich nicht genau erinnern könne; es sei jetzt aber fünf Jahre her. Er habe sich nicht in Serbien aufhalten können und man habe ihm gesagt, dass er mit seinem österreichischen Reisepass hingehen könne, wohin er wolle. Er habe eine Haftbestätigung erhalten. Der Reisepass sei jedoch abgelaufen gewesen, also habe er weggehen müssen. Dann sei er auf der Botschaft in Pristina gewesen und dort habe man ihm - wie bereits geschildert - den Pass nicht gegeben. Nach der Haftentlassung sei er also im Kosovo gewesen und in Serbien.

Über Nachfrage erklärte der Beschwerdeführer, dass er seine Frau im Jahr 2014 geheiratet habe; das genaue Datum wisse er nicht. Sie hätten im Kosovo geheiratet, er sei damals illegal im Kosovo aufhältig gewesen. Bevor der Beschwerdeführer neuerlich nach Österreich gekommen sei, habe er sieben Jahre mit seiner Frau in einer gemeinsamen Wohnung gelebt. Sie seien seit 13 Jahren zusammen.

Zur Frage, wie lange und wo er zuletzt in Deutschland aufhältig gewesen sei, erklärte der Beschwerdeführer, dass er sich in Deutschland aufgehalten habe bis seine Mutter gestorben sei. Seine Mutter sei sehr krank gewesen. Seine Frau habe ihn in dieser Zeit besucht. Als seine Mutter gestorben sei, sei sie dann in Österreich beerdigt worden. Seine ganze Familie sei nun in Österreich. Der Beschwerdeführer sei also etwa drei Jahre lang in Deutschland gewesen. In dieser Zeit habe er öfters zu seiner Frau Kontakt gehabt und sie habe ihn besucht, wenn sie die Möglichkeit dazu gehabt habe. Manchmal sei sie für eine Woche gekommen, manchmal auch nur für einen Tag. Zusätzlich hätten sie telefonisch den Kontakt aufrechterhalten. Der Beschwerdeführer habe in Deutschland nicht gearbeitet. Er sei von seiner Mutter und seinem Vater unterstützt worden; auch seiner Frau hätten sie Geld gegeben.

Nachgefragt, warum er nach seiner Haftentlassung nicht direkt zu seiner Frau zurückgekehrt sei, schilderte der Beschwerdeführer, dass seine Frau die Erste gewesen sei, die ihn wieder aufgenommen und gut behandelt habe. Sie habe ihn auch im Gefängnis in München und in Serbien besucht. Sie habe ihn abgeholt und er sei ja zu ihr zurückgekehrt, aber dann habe ihn seine Mutter sehen wollen. Aus diesem Grund sei er zu seiner Mutter gegangen. Vorgehalten, weshalb er dann drei Jahre dort in Deutschland geblieben sei, erklärte der Beschwerdeführer, er habe seinen Vater nicht alleine lassen wollen. Es sei dem Vater schlecht gegangen; er sei 83 Jahre alt.

Die Frage, ob er in Deutschland einen Asylantrag gestellt habe, bejahte der Beschwerdeführer; das sei vermutlich im Jahr 2005 gewesen. Vorgehalten, dass zu Deutschland ein EURODAC-Treffer vom 16.03.2015 vorliege, erklärte der Beschwerdeführer, dass er das gemeint habe; er habe 2015 sagen wollen. Er habe in Deutschland eine negative Entscheidung erhalten. Man habe ihm als kurze Antwort gesagt, dass er keinen neuen Antrag stellen könne, da er bereits in Österreich einen Antrag gestellt habe. Nachgefragt, weshalb er 2015 diesen Antrag in Deutschland und nicht gleich in Österreich gestellt habe, wiederholte der Beschwerdeführer, dass das gewesen sei, bevor seine Mutter verstorben sei. Sie habe ihn unbedingt noch einmal sehen wollen und er habe das daher für seine Mutter gemacht. Befragt, ob er nach der Asylantragstellung in Deutschland dort staatlich untergebracht und versorgt worden sei, erklärte er, dass er den Antrag gestellt habe, um seine Mutter im Krankenhaus besuchen zu können. Er habe in Deutschland nur einen negativen Bescheid bekommen. Er sei dort in einem Zelt gewesen. Dann sei er im Krankenhaus bei seiner Mutter gewesen. Ihm sei gesagt worden, dass er in Österreich Asyl habe und dorthin gehen solle. Zur Frage, ob er sonst noch irgendetwas zu seinem Aufenthalt in Deutschland angeben wolle, wiederholte der Beschwerdeführer, dass er dort eine negative Entscheidung bekommen habe und dann weggegangen sei. Er sei verpflichtet gewesen, das zu tun. Daher habe er sich dazu entschlossen, nach Österreich zu kommen, da seine Frau ja hier sei. Er sei auch auf der deutschen Botschaft gewesen. Man habe ihm aber gesagt, dass er in den Kosovo zurückmüsse und das von dort beantragen müsse, was er aber nicht könne.

Dem Beschwerdeführer wurde sodann mitgeteilt, dass Deutschland dem vom BFA gestellten Wiederaufnahmeersuchen ausdrücklich zugestimmt habe, weshalb beabsichtigt sei, seine Außerlandesbringung nach Deutschland zu veranlassen. Darauf entgegnete der Beschwerdeführer, dass man ihm in Deutschland gesagt habe, er müsse nach Österreich. Seine Frau sei Österreicherin und er sei dort gefragt worden, warum er überhaupt in Deutschland sei. Vorgehalten, dass sich Deutschland ausdrücklich dazu bereit erklärt habe, ihn zurückzunehmen, und ihn auch nie nach Österreich verwiesen habe, gab er an, man habe ihm gesagt, dass er in den Kosovo zurückgehen müsse. Ihm sei das Asyl dort weggenommen worden. Er verstehe das nicht. 1999 habe er Schutz durch die NATO für sechs Jahre bekommen und er habe nach Montenegro müssen. Auch die KFOR habe sie nicht beschützt. Vorgehalten, dass es momentan nicht um die Rückkehr in seinen Herkunftsstaat gehe, sondern einzig und alleine um eine Rückkehr nach Deutschland, erklärte der Beschwerdeführer abermals, er habe keinen Grund dorthin zu gehen. Man habe ihm dort nur kurz zugehört und ihm dann eine negative Entscheidung gegeben. Er habe hier um politisches Asyl angesucht. Deshalb sei er hier.

Zu den aktuellen Länderfeststellungen zu Deutschland gab der Beschwerdeführer keine Stellungnahme ab. Er wolle nur noch einmal sagen, dass er hier leben wolle, weil seine Frau Österreicherin sei; sie sei sein Leben. Vorgehalten, dass ein Aktenvermerk über ein Telefonat mit seiner Frau angefertigt worden sei, in dem diese sich über die neuerliche Aufnahme des Beschwerdeführers in die Grundversorgung erkundigt habe, da sie derzeit selbst nur Empfängerin von Mindestsicherung sei, und nachgefragt, ob seine Frau nun in der Lage sei, für seinen Unterhalt aufzukommen, bejahte der Beschwerdeführer das.

Abschließend gab der Beschwerdeführer an, Stress und Angst zu haben. Ein Mensch wolle dort leben, wo er frei und in Sicherheit sein könne. So gehe es ihm in Österreich. Er wolle hier leben. Er sei seit Jahren mit seiner Frau zusammen. Auch seine Familie lebe hier. Alle verstorbenen Familienmitglieder seien hier begraben. Er wolle dort sein, wo sein Vater sei. Er wolle auch den Friedhof besuchen können. Die anwesende Rechtsberaterin beantragte, aufgrund des familiären Bezuges zu Österreich vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.

Vorgelegt wurde eine bedingte Einstellungszusage als ungelernter Arbeitnehmer vom 23.10.2017 und eine Kopie des abgelaufenen Konventionsreisepasses.

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 27.10.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Deutschland traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert und nunmehr gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Allgemeines zum Asylverfahren

In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 16.11.2015; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle). Im Jahr 2016 hat das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 695.733 Asylanträge entschieden. Das ist ein Anstieg von ca. 146% gegenüber 2015 (282.726 Entscheidungen). 2016 wurden 745.545 Asylanträge entgegengenommen, 268.869 mehr als im Vorjahr. Insgesamt 256.136 Personen erhielten 2016 internationalen Schutz (36,8% der Antragsteller), 153.700 Personen (22,1%) erhielten subsidiären Schutz und 24.084 Personen (3,5%) Abschiebeschutz (BAMF 11.1.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 3.2.2017

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (11.1.2017):

Jahresbilanz 2016,

http://www.bamf.de/SharedDocs/Meldungen/DE/2017/20170111-asylgeschaeftsstatistik-dezember.html, Zugriff 6.2.2017

Dublin-Rückkehrer

Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 16.11.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 3.2.2017

Non-Refoulement

Im Oktober 2015 wurden Albanien, Montenegro und Kosovo der Liste sicherer Herkunftsstaaten hinzugefügt, was auch Kritik hervorrief, besonders im Hinblick auf Personen aus der Gruppe der Roma. Deutschland gewährt Personen, die sich nicht für internationalen Schutz qualifizieren mitunter auch subsidiären oder humanitären Schutz. Freiwilligen Rückkehrern wird Hilfe gewährt (USDOS 13.4.2016).

Kann weder Asyl noch Flüchtlingsschutz gewährt werden, dann prüft das BAMF im Asylverfahren auch, ob subsidiärer Schutz gewährt wird oder ein Abschiebungsverbot vorliegt. Außerhalb eines Asylverfahrens werden mögliche Abschiebungsverbote durch die zuständige Ausländerbehörde, die eine fachliche Stellungnahme des BAMF einholt, geprüft (BMdI o.D.).

Quellen:

-

BMdI - Bundesministerium des Innern (o.D.): Asyl- und Flüchtlingspolitik in Deutschland, http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Migration-Integration/Asyl-Fluechtlingsschutz/Asyl-Fluechtlingspolitik/asyl-fluechtlingspolitik_node.html, Zugriff 1.2.2017

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Germany, http://www.ecoi.net/local_link/322521/461998_de.html, Zugriff 1.2.2017

Versorgung

Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen erhalten AW Verpflegung, Unterkunft, Krankenversorgung und Verbrauchsartikel. Der notwendige Bedarf wird durch Sachleistungen gedeckt. Wenn das nicht möglich ist werden Wertgutscheine oder ähnliches bis hin zu Geldleistungen gewährt. Werden alle notwendigen persönlichen Bedarfe durch Geldleistungen gedeckt, so beträgt der Geldbetrag zur Deckung aller notwendigen persönlichen Bedarfe monatlich:

(...)

Anstelle der Geldleistungen können auch Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, Wertgutscheinen oder Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat wird gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Es gibt Leistungen für Bildung etc. (AsylbLG 23.12.2016, §3).

In Deutschland gibt es grundsätzlich 3 verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Der Betrieb dieser Einrichtungen ist Ländersache. In den Jahren 2014 und 2015 waren aufgrund der zahlreichen Migranten auch Notunterkünfte gebräuchlich (AIDA 16.11.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Zum Teil sind Notunterkünfte immer noch in Verwendung (Pro Asyl 10.1.2017).

Asylwerber müssen bis zu 6 Monate in den Erstaufnahmezentren bleiben. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, werden AW normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, das sind generell Unterbringungszentren im selben Bundesland. AW müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen (AIDA 16.11.2015; vgl. auch BAMF 10.2016)

Deutschland verfügt mittlerweile bundesweit über 24 Ankunftszentren. Dort werden viele, bis dahin auf mehrere Stationen verteilte Schritte im Asylverfahren, gebündelt. Nach Möglichkeit findet das gesamte Asylverfahren unter dem Dach des Ankunftszentrums statt - von der ärztlichen Untersuchung, über die Aufnahme der persönlichen Daten und der Identitätsprüfung, der Antragstellung und Anhörung bis hin zur Entscheidung über den Asylantrag. Bei Menschen mit sehr guter Bleibeperspektive sowie Antragstellenden aus sicheren Herkunftsländern mit eher geringen Bleibeaussichten kann in der Regel vor Ort innerhalb von 48 Stunden angehört und über den Asylantrag entschieden werden (BAMF o.D,a). Neben der Bearbeitung von neuen Anträgen, werden in den Ankunftszentren seit Sommer 2016 auch ältere Verfahren bearbeitet und Anhörungen durchgeführt. Somit werden die BAMF-Außenstellen in der jeweiligen Region entlastet. Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Sie erhalten ebenfalls eine Beratung zum möglichen Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Bundesagentur für Arbeit (BAMF 1.8.2016b).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 10.01.2017

-

AsylbLG - Asylbewerberleistungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022), das durch

Artikel 20 Absatz 6 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3324) geändert worden ist (23.12.2016): § 3 Grundleistungen, https://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/BJNR107410993.html, Zugriff 2.2.2017

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2016): Ablauf des deutschen Asylverfahrens,

http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 2.2.2017

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.a):

Ankunftszentren,

http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Aufbau/Standorte/Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html, Zugriff 2.2.2017

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016b):

Ankunftszentren,

http://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html, Zugriff 2.2.2017

-

Pro Asyl (10.1.2017): Ein Leben ohne Privatsphäre? Sammelunterbringung darf nicht zum Dauerzustand werden, https://www.proasyl.de/news/ein-leben-ohne-privatsphaere-sammelunterbringung-darf-nicht-zum-dauerzustand-werden/, Zugriff 2.2.2017

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Germany, http://www.ecoi.net/local_link/322521/461998_de.html, Zugriff 1.2.2017

Medizinische Versorgung

NGOs kritisieren dass die medizinische Versorgung von Asylwerbern nur bei akuten Erkrankungen oder Schmerzen kostenlos ist. Einige Gemeinden und private Gruppen initiierten zusätzliche Gesundheitsprojekte. Einige Bundesländer stellen Krankenversicherungskarten zur Verfügung (USDOS 13.4.2016).

Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für AW in Fällen akuter Erkrankung oder Schmerzen vor, welche Behandlung (auch Zahnbehandlung), Medikation etc. umfasst. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Krankenscheine bekommen AW beim medizinischen Personal der Erstaufnahmeeinrichtung oder später auf dem zuständigen Sozialamt. Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die - aus welchen Gründen auch immer - kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Nach 15 Leistungsmonaten im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes haben AW Zugang zu Versorgung nach dem Sozialgesetzbuch. Das beinhaltet auch Zugang zu Gesundheitsversorgung nach denselben Bedingungen wie für deutsche Staatsbürger (AIDA 16.11.2015).

Deutschland garantiert allen AW ein Mindestmaß an Gesundheitsversorgung. Das gilt auch für zurückgewiesene AW bis zum Tag ihres Transfers. Die Bundesländer können autonom die elektronische Gesundheitskarte für Asylwerber einführen. Die gesetzlichen Krankenkassen können demnach von den Ländern verpflichtet werden, gegen Kostenerstattung die Krankenbehandlungen bei Asylwerbern zu übernehmen. Der Leistungsumfang und die Finanzierung der medizinischen Versorgung erfolgt unverändert im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes (BMdI 29.9.2015; vgl. BMG 3.11.2015).

Die medizinische Versorgung von Asylwerbern ist zwischen den verschiedenen Kommunen und Bundesländern unterschiedlich organisiert. Während in manchen Ländern fast alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Antragsteller zur Verfügung stehen, muss in anderen Ländern vor vielen Untersuchungen beim Amt um Kostenübernahme angefragt werden. In dringenden Notfällen dürfen Ärzte immer behandeln, unabhängig von den Papieren. Meistens aber müssen Asylsuchende ins zuständige Sozialamt, bevor sie einen Arzt aufsuchen dürfen. Dort erhalten sie einen Behandlungsschein, mit dessen Hilfe Ärzte ihre Kosten abrechnen können. Hinzu kommt, dass der Behandlungsschein in manchen Kommunen nur für den Hausarzt gültig ist. Wollen die Betroffenen zum Facharzt, müssen sie vor jeder Überweisung die Zustimmung des Amts einholen. In manchen Ländern erhalten Asylwerber eine elektronische Gesundheitskarte einer Krankenkasse, mit der sie direkt zum Arzt gehen können. Die Krankenkasse organisiert nur die medizinische Versorgung der Antragsteller, die Kosten tragen trotzdem die Behörden. Wenn Asylwerber länger als 15 Monate in Deutschland sind, können sie sich eine gesetzliche Krankenversicherung aussuchen, die Behörden bezahlen die Beiträge. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. freiwillige Zusatzleistungen der Krankenkassen) werden sie dann behandelt wie alle gesetzlich Versicherten. Erst wenn die Antragsteller eine Arbeit finden und selbst einzahlen, klinkt sich der Staat aus ihrer medizinischen Versorgung aus (SO 22.3.2016; vgl. BMG 6.2016).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 10.01.2017

-

BMdI - Bundesministerium des Innern (29.9.2015): Änderung und Beschleunigung von Asylverfahren beschlossen, http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2015/09/kabinett-beschliesst-asylverfahrensbeschleunigungsgesetz.html, Zugriff 3.2.2017

-

BMG - Bundesministerium für Gesundheit (3.11.2015): Verbesserung der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen, http://www.bmg.bund.de/ministerium/meldungen/2015/asylverfahrensbeschleunigungsgesetz.html, Zugriff 3.2.2017

-

BMG - Bundesministerium für Gesundheit (6.2016): Ratgeber Gesundheit für Asylwerber in Deutschland, http://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Broschueren/Ratgeber_Asylsuchende_DE_web.pdf, Zugriff 3.2.2017

-

SO - Spiegel Online (22.3.2016): So werden Flüchtlinge medizinisch versorgt,

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/fluechtlinge-so-laeuft-die-medizinische-versorgung-a-1081702.html, Zugriff 3.2.2017

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Germany, http://www.ecoi.net/local_link/322521/461998_de.html, Zugriff 1.2.2017

Begründend führte das BFA unter anderem aus, der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO Deutschland für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben. Der Beschwerdeführer leide an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten. Er habe in Österreich diverse Familienangehörige; dazu wurden umfassende Feststellungen getroffen und es wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer - abgesehen von seiner Ehefrau - von niemandem sonst unterstützt werde. Er habe in Österreich somit keine Angehörigen oder sonstige Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestehe. Darüber hinaus habe er auch keine sozialen Kontakte, die ihn an Österreich binden würden. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Betreffend das Recht auf Familienleben führte das BFA eine umfassende Güterabwägung durch und gelangte letztlich zu dem Ergebnis, dass die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers nach Deutschland keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.

7. Gegen den Bescheid des BFA vom 27.10.2017 erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und hielt fest, dass die behördliche Entscheidung vollinhaltlich angefochten werde. Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Inhaltlich wurde auf das bereits erstattete Vorbringen verwiesen und zu den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers noch einmal ausgeführt: Der Beschwerdeführer stamme aus dem Kosovo, wo er in Blutrache verstrickt gewesen sei. Deshalb habe er auch mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes am 20.08.2004 den Status des Asylberechtigten erhalten. Am 23.02.2011 sei er in Folge einer bestehenden Interpol-Fahndung bei einer Kontrolle in Deutschland festgenommen worden. Da er zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren, sieben Monaten und 11 Tagen verurteilt worden sei, sei das Asylverfahren wiederaufgenommen worden und der Antrag auf internationalen Schutz sei abgewiesen worden. Er habe sich monatelang in Deutschland in Haft befunden, sei nach Serbien überstellt worden und sei dort in Strafhaft gewesen. Am 17.03.2014 habe er in einer näher genannten Stadt im Nordosten des Kosovo seine Verlobte bzw. Lebensgefährtin geheiratet. Mit dieser habe er bereits zwischen 2005 und 23.04.2011 [gemeint wohl: bis zur Festnahme am 23.02.2011] gemeinsam gelebt und gewohnt. Aufgrund einer lebensgefährlichen Erkrankung seiner Mutter in Deutschland habe er sich wieder nach Deutschland begeben, wo er am 16.03.2015 einen Asylantrag gestellt habe. Er habe die letzten Monate des Lebens seiner alten Mutter in Deutschland begleitet. Während dieser Zeit habe es laufend Besuche durch die österreichische Ehegattin gegeben. Das Asylverfahren in Deutschland habe Ende November 2015 negativ geendet. Angeblich sei der Beschwerdeführer bereits am 29.04.2015 in Deutschland in die Anonymität abgetaucht. Die schließlich verstorbene Mutter sei in einen näher genannten Ort in Oberösterreich überführt und dort bestattet worden. Der Beschwerdeführer habe Deutschland verlassen und sei nach Österreich zu seiner Gattin zurückgekehrt, wo er ohne Meldung geblieben sei. Seine Gattin sei krank gewesen, habe operiert werden müssen und sei auf seine Pflege und Hilfe angewiesen gewesen. Auch der Vater des Beschwerdeführers sei Ende 2016 als Witwer von Deutschland nach Österreich zurückgekehrt und habe im Februar 2017 in Österreich eine Niederlassungsbewilligung beantragt. Die Gattin des Beschwerdeführers besitze die österreichische Staatsbürgerschaft und es wäre ohne Blutrache eine freiwillige Ausreise in den Kosovo möglich, um dort bzw. bei der österreichischen Botschaft in Mazedonien einen Antrag zu stellen. Die Mutter der Ermordeten sinne allerdings nach wie vor auf Rache und gebe sich nicht mit der verbüßten Haftstrafe des Beschwerdeführers zufrieden. Der Beschwerdeführer wage es daher nicht, sich im Kosovo aufzuhalten, um die gegnerische Familie nicht herauszufordern und keinen Anschlag zu provozieren. Da der Beschwerdeführer seinen Antrag [gemeint wohl:

Aufenthalt in Österreich] legalisieren habe wollen, habe ihm sein Rechtsvertreter empfohlen, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, was der Beschwerdeführer am 19.09.2017 getan habe. Dabei sei seine Ehegattin anwesend gewesen, ebenso bei der Einvernahme am 24.10.2017. Sie habe darauf gedrängt, als Zeugin einvernommen zu werden, was jedoch abgelehnt worden sei.

Gerügt wurde zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens, zur unrichtigen Beweiswürdigung und zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen Folgendes: Die Gattin hätte als Zeugin darauf hingewiesen, dass sie an Endometriose und Colitis leide und auf den Beschwerdeführer angewiesen sei. Sie hätte angegeben, wie oft sie ihn damals in Deutschland besucht habe und wie sie ihn laufend unterstütze, und sie hätte Lichtbilder vorgelegt, um die liebevolle Nahebeziehung zum Beschwerdeführer zu belegen. Die Feststellung des BFA, dass der Beschwerdeführer zwischen 19.12.2011 und 21.09.2017 nicht mit seiner Ehefrau zusammengelebt habe, sei leicht zu widerlegen. Der erwachsene Sohn des Beschwerdeführers aus einer früheren Beziehung, der Vater und die Geschwister des Beschwerdeführers würden sich allesamt in Österreich aufhalten und es spreche einiges dafür, dass der Beschwerdeführer Kontakt mit seinen Familienangehörigen gehalten habe. Jedenfalls gebe es keine amtlichen Unterlagen dazu, dass die Wohnung der österreichischen Gattin überwacht worden wäre, um ihr Zusammenleben zu überprüfen. Dass sich jemand nicht in der Wohnung der Gattin anmelde, weil dies zu fremdenpolizeilichen Maßnahmen führen könne, sei nicht ungewöhnlich. Auch die Unterstellung des BFA, der Beschwerdeführer hätte massive Falschangaben gemacht, um sich ursprünglich den Asylstatus zu erschleichen, sei bösartig.

Rechtlich sei es der Ehefrau des Beschwerdeführers tatsächlich möglich, sich nach Deutschland zu begeben und dort einen Wohnsitz zu begründen. Faktisch sei dies aber aus mehreren Gründen nicht möglich: Die Ehegattin leide an Endometriose und benötige die Behandlung und Betreuung durch Ärzte ihres Vertrauens in der Nähe des Wohnortes. Sie habe hier seit Jahren ihren Lebensmittelpunkt, arbeite hier, habe hier ihre Wohnung, ihre Kontakte, ihren Freundeskreis und ihre Familienangehörigen. Bei einer Übersiedlung nach Deutschland müsste sie all das aufgeben, auch mit dem Risiko, dass der Ehegatte ohnedies in den Kosovo abgeschoben werde.

Bislang nicht behauptet und unter Beweis gestellt worden sei, dass sich der Beschwerdeführer seit dem Tod der Mutter Ende 2015 "als U-Boot" bei seiner Ehegattin aufgehalten habe. Aufgrund ihrer schweren Erkrankung sei die Ehegattin auf ihn angewiesen gewesen. Sie hätte ihre Pflege aufs Spiel gesetzt, wenn während ihrer Erkrankung und ihrer Operation ein Asylverfahren mit der Gefahr der Überstellung des Beschwerdeführers nach Deutschland bzw. in den Kosovo eingeleitet worden wäre. Das Eheleben bzw. vorher die Lebensgemeinschaft sei auch in einem Zeitpunkt entstanden, in dem der Beschwerdeführer völlig legal als Konventionsflüchtling in Österreich aufhältig gewesen sei.

Beantragt werde daher, der Beschwerde Folge zu geben und den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben.

8. Am 12.01.2018 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Deutschland überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Kosovo, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 19.09.2017 den gegenständlichen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz.

Zuvor hatte der Beschwerdeführer bereits am 15.06.2004 einen (ersten) Asylantrag in Österreich gestellt, aufgrund dessen ihm in erster Instanz mit Bescheid vom 20.08.2004 ursprünglich der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden war.

Am 23.02.2011 war der Beschwerdeführer wegen einer bestehenden Interpol-Fahndung von Serbien bei einer Kontrolle in Deutschland festgenommen worden. Er hatte sich daraufhin sechs Monate in München und anschließend über zwei Jahre lang in Serbien in Strafhaft befunden.

Aufgrund des Vorliegens von Asylausschließungsgründen, nämlich der rechtskräftigen Verurteilung wegen zweifachen Mordes, war am 24.02.2011 amtswegig die Wiederaufnahme des Asylverfahrens eingeleitet worden. Mit Bescheid vom 06.07.2011 war dem Beschwerdeführer sodann in erster Instanz weder der Status des Asylberechtigten noch der Status des subsidiär Schutzberechtigen zuerkannt worden; gleichzeitig war er in den Kosovo ausgewiesen worden. Die dagegen eingebrachte Beschwerde war in zweiter Instanz mit Erkenntnis vom 28.07.2011 abgewiesen worden; dieses erwuchs am 01.08.2011 in Rechtskraft.

Nach illegaler Einreise in Deutschland hatte der Beschwerdeführer dort am 16.03.2015 einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Das BFA richtete am 20.09.2017 ein Wiederaufnahmeersuchen an Deutschland, dem die deutsche Dublin-Behörde mit Schreiben vom 28.09.2017 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO ausdrücklich zustimmte.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Deutschland an.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Deutschland Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung, Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Der Beschwerdeführer ist gesund und benötigt keine Medikamente. Er leidet somit an keiner gravierenden Erkrankung, die einer Überstellung nach Deutschland entgegenstünde.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich zwar über Familienangehörige, nämlich über seine Ehefrau, mit der er seit 17.03.2014 verheiratet ist, seinen Vater, zwei Brüder, eine Schwester und seinen volljährigen Sohn und er war im Bundesgebiet in folgenden Zeiträumen aufrecht gemeldet: Von 15.06.2004 bis 25.06.2004, von 05.07.2004 bis 19.01.2005, von 10.02.2005 bis 19.12.2011 sowie nunmehr von 21.09.2017 bis 12.03.2018. Dennoch bestehen im österreichischen Bundesgebiet keine besonders ausgeprägten privaten, familiären oder beruflichen Bindungen, die einer Überstellung nach Deutschland entgegenstünden.

Am 12.01.2018 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Deutschland überstellt.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Antragstellungen in Österreich am 15.06.2004 (samt dem weiteren Verfahrensgang im ersten Asylverfahren), in Deutschland am 16.03.2015 und abermals in Österreich am 19.09.2017 ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahmen im Zusammenhang mit der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung zu Deutschland. Dass der Beschwerdeführer am 23.02.2011 aufgrund einer Interpol-Fahndung festgenommen wurde und in Deutschland und in Serbien in Haft war, lässt sich seinen Aussagen entnehmen, die mit dem Akteninhalt in Einklang stehen.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers seitens Deutschlands ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der deutschen Dublin-Behörde. Der diesbezügliche Schriftwechsel ist Teil des Verwaltungsaktes.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Dass der Beschwerdeführer unter keinen gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, lässt sich seinen eigenen Aussagen entnehmen; er gab dezidiert an, gesund zu sein und keine Medikamente zu benötigen.

Die Feststellungen zu den in Österreich aufhältigen Familienangehörigen des Beschwerdeführers basieren auf den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. So nannte der Beschwerdeführer deren persönliche Daten, deren Aufenthaltsstatus und deren Aufenthaltsorte im Bundesgebiet, gab aber auch an, von seinen Angehörigen - abgesehen von seiner Ehefrau - nicht finanziell unterstützt zu werden oder von ihnen anderwärtig abhängig zu sein. Weitere private oder berufliche Anknüpfungspunkte führte er nicht ins Treffen; vorgelegt wurde lediglich noch eine Einstellungszusage vom 23.10.2017.

Dass der Beschwerdeführer am 12.01.2018 auf dem Luftweg nach Deutschland überstellt wurde, ergibt sich aus dem Bericht der zuständigen Landespolizeidirektion vom selben Tag.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

§ 5 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idF BGBl. I Nr. 87/2012 lautet:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt."

§ 10 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:

"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I 70/2015 lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, s

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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