Entscheidungsdatum
19.09.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W132 2120168-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und den Richter Mag. Christian DÖLLINGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael SVOBODA als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten vom XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz gemäß § 1b und § 3 des Impfschadengesetzes, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer hat beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) am 25.03.2015 einen Antrag auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz gestellt und angegeben, aufgrund einer am 27.02.2013 durchgeführten Pneumokokken-Impfung eine "Pneumokokken-Sepsis" erlitten zu haben, in deren Folge beide Unterschenkel hätten amputiert werden müssen. Es sei der falsche Impfstoff verabreicht worden.
2. Zur Überprüfung des Antrages wurden von der belangten Behörde die Krankengeschichte des Beschwerdeführers und Unterlagen betreffend die verabreichten Impfungen (Impfplan nach Splenektomie, Impfpass) eingeholt.
3. Seitens der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer schriftlich mitgeteilt, dass die Tatsache, dass die Verwendung eines anderen Impfstoffes möglicherweise zielführender gewesen wäre, den Bestimmungen des Impfschadengesetzes nicht unterstellt werden könne. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit gegeben, dazu binnen zwei Wochen nach Zustellung eine Stellungnahme abzugeben.
Der Beschwerdeführer hat keine Einwendungen erhoben.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz gemäß § 1b und § 3 des Impfschadengesetzes abgewiesen.
Die Angaben des Beschwerdeführers, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens und die gesetzlichen Bestimmungen würdigend, wird unter Zitierung der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen ausgeführt, dass die Tatsache, dass sich nachträglich herausgestellt habe, dass die Verwendung eines anderen Impfstoffes möglicherweise zielführender gewesen wäre, den Bestimmungen des Impfschadengesetzes nicht unterstellt werden könne.
5. Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertretung des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die Einholung medizinischer Sachverständigengutachten ergeben hätte, dass der Beschwerdeführer sehr wohl aufgrund einer Pneumokokkenimpfung gesundheitliche Dauerschäden (Unterschenkelamputation beidseits, transiente septische Kardiomyopathie, paroxsysmales Vorhofflimmern, Verbrauchskoagulopathie, Purpura fulminans, Debridement der infekten Stumpfsituation, tangentiales Debridment der Hautnekrose aller vier Extremitäten) erlitten habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 3 Impfschadengesetz sind, soweit dieses Bundesgesetz nicht Abweichendes bestimmt, die §§ 2, 31a, 54 bis 60, 65 bis 67, 69 bis 72, 73a, 82, 83 Abs. 1, 85 Abs. 1 erster Satz und Abs. 2, 86, 87, 87a Abs. 1 bis 3, 87b, 88, 88a, 92 bis 94a und 98a Abs. 7 und 8 HVG sinngemäß anzuwenden.
Das Heeresversorgungsgesetz (HVG) BGBl. Nr. 27/1964, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 81/2013, tritt mit Ablauf des 30. Juni 2016 außer Kraft. Soweit in diesem Bundesgesetz auf das HVG verwiesen wird, bezieht sich dies auf die vor der Aufhebung gültige Fassung. (§ 44 Abs. 1 Heeresentschädigungsgesetz)
Soweit in den Sozialentschädigungsgesetzen auf das HVG verwiesen wird, bezieht sich dies auf die vor der Aufhebung gültige Fassung. (§ 44 Abs. 2 Heeresentschädigungsgesetz)
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 88a Abs. 1 HVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Heeresversorgung durch einen Senat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.
Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes.
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte aus (vgl. u.a. 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016).
Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Das Verwaltungsgericht hat im Falle einer Zurückverweisung darzulegen, welche notwendigen Ermittlungen die Verwaltungsbehörde unterlassen hat. (Ra 2014/20/0146 vom 20.05.2015)
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zur ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als grob mangelhaft:
Der Bund hat ferner für Schäden nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes Entschädigung zu leisten, die durch eine Impfung verursacht worden sind, die nach einer gemäß Abs. 2 erlassenen Verordnung zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen ist. (§ 1b Abs. 1 Impfschadengesetz)
Der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz hat durch Verordnung jene Impfungen zu bezeichnen, die nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen sind. (§ 1b Abs. 2 Impfschadengesetz)
Nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes ist Entschädigung jedenfalls für Schäden zu leisten, die durch im jeweils ausgestellten Mutter-Kind-Paß genannte Impfungen verursacht worden sind. (§ 1b Abs. 3 Impfschadengesetz)
Eine Gesundheitsschädigung ist als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 anzuerkennen, wenn und insoweit die festgestellte Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist. (§ 2 Abs. 1 Heeresversorgungsgesetz)
Wegen der inhaltsgleichen Rechtslage sind die in der Kriegsopferversorgung zur Kausalitätsbeurteilung entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch im Bereich der Heeresversorgung heranzuziehen. (VwGH vom 12.04.2000, Zl. 97/09/0358)
Die im § 4 Abs. 1 KOVG 1957 enthaltene Regelung setzt voraus, dass zunächst die Gesundheitsschädigung festgestellt und das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse erwiesen sind. Der ursächliche Zusammenhang und ausreichende Wahrscheinlichkeit dieses Zusammenhanges sind Rechtsbegriffe; ob der Kausalzusammenhang, und zwar (wenigstens) mit Wahrscheinlichkeit gegeben ist, ist Gegenstand der rechtlichen Beurteilung. Der rechtlichen Beurteilung ist ein ausreichend ermittelter Sachverhalt zugrunde zu legen und zu diesem Zweck ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, in dessen Rahmen auch Beweis durch ärztliche Sachverständige aufzunehmen ist. Die Behörde hat dabei den ärztlichen Sachverständigen anzuleiten, zu dem von ihr pflichtgemäß ermittelten Vorgängen und Erscheinungen Stellung zu nehmen und sich gutachtlich zu äußern, ob sie ausreichen, einen ursächlichen Zusammenhang als wahr anzunehmen. Das Gutachten des ärztlichen Sachverständigen darf sich nicht darauf beschränken, den ursächlichen Zusammenhang bloß zu verneinen. Der ärztliche Sachverständige hat vielmehr sein Urteil zu begründen (VwGH vom 18.12.2001, Zl. 2000/09/0069, mit Hinweis E 27.10.1953, 2241/51, VwSlg 3159 A/1953).
Die rechtliche Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges zwischen einem schädigenden Ereignis oder den der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnissen und einer Gesundheitsschädigung iSd § 2 Abs 1 erster Satz HVG setzt voraus, dass der Kausalzusammenhang im medizinisch-naturwissenschaftlichen Sinn in dem durch § 86 HVG geregelten Verfahren geklärt wird und allenfalls strittige Tatsachen im Zusammenhang mit der Wehrdienstleistung bzw. dem schädigenden Ereignis und der Krankheitsvorgeschichte von der Behörde ermittelt und festgestellt werden (VwGH vom 30.03.2006, Zl. 2005/09/0018 mit Hinweis E 30.4.1986, 84/09/0057).
Im Verfahren nach dem Heeresversorgungsgesetz geht es nicht um eine Objektivierung der Verneinung der Kausalität, sondern um die Feststellung, ob die Wahrscheinlichkeit für die Kausalität spricht. In diesem Zusammenhang entschädigt das Heeresversorgungsgesetz als Dienstbeschädigung auch den Anteil einer Gesundheitsschädigung, der zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist (VwGH vom 24.03.2009, Zl. 2007/09/0139 mit Hinweis E 1.7.1981, 3026/80).
Für die Auslegung des Begriffes "wahrscheinlich" ist der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend. Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn nach der geltenden ärztlichen-wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (VwGH vom 19.03.2014, Zl. 2013/09/0181 mit Hinweis E 18.1.1990, 89/09/0060).
Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach, besteht der Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz nicht nur bei einem "Kausalitätsnachweis", sondern schon im Falle der "Kausalitätswahrscheinlichkeit". Von der Wahrscheinlichkeit der Kausalität einer Impfung für die betreffende Gesundheitsschädigung im Sinne der §§ 1 und 3 Abs. 3 Impfschadengesetz iVm § 2 HVG ist jedenfalls dann auszugehen, wenn auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens anzunehmen ist, dass die drei Kriterien (entsprechende Inkubationszeit, entsprechende Symptomatik, keine andere wahrscheinlichere Ursache) erfüllt sind. (vgl. u.a. VwGH 15.07.2011, Zl. 2008/11/0199, 28.06.2011, Zl. 2007/11/0200, 17.11.2009, Zl. 2007/11/0005)
Maßgebend für die Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz sind die Art und die Schwere des Leidenszustandes sowie die Kausalität der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen.
Dazu hat die belangte Behörde im angefochtenen Verfahren unzureichend Ermittlungen geführt. Insbesondere wurde kein medizinischer Sachverständigenbeweis eingeholt.
Die belangte Behörde hat Folgendes festgestellt:
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Am 19.12.2012 hat der Beschwerdeführer lege artis die erste Impfung gegen Meningokokken, Hämophilus und Pneumokokken mit dem Impfstoff "Prevenar 13" erhalten.
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Der Beschwerdeführer wurde aufgrund einer ausgeprägten Panzytopenie und Splenomegalie am 23.01.2013 splenektomiert.
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Am 27.02.2013 wurde der Beschwerdeführer in der Impfberatungsambulanz der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin gemäß dem dortigen allgemeinen Vorgehen bei splenektomierter Immunsuppression nochmals mit "Prevenar 13" geimpft.
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Am 23.07.2014 wurde der Beschwerdeführer im Krankenhaus Mistelbach aufgenommen, wo in einer Blutkultur Streptococcus pneumoniae vom Serotyp 22 wuchsen, welche nicht im Impfstoff "Prevenar 13" erfasst werden.
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Die Pneumokokken-Impfung entspricht einer Impfung im Sinne des § 1b Impfschadengesetz.
Zur Prüfung der Kausalität der Folgeschäden wurde jedoch kein medizinischer Sachverständigenbeweis eingeholt, sondern der Entschädigungsantrag lediglich basierend auf den Krankenunterlagen, dem Impfplan nach Splenektomie und dem Impfpass abgewiesen.
Die seitens des Entscheidungsorganes erforderliche Überprüfung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist auf dieser Grundlage nicht möglich. Das verwaltungsbehördliche Ermittlungsergebnis vermag die verwaltungsbehördliche Entscheidung nicht zu tragen.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde darauf verzichtet hat, das Ermittlungsverfahren dahingehend zu erweitern, medizinische Sachverständigengutachten zu den umfangreichen Krankenunterlagen und dem komplexen Krankheitsbild bzw. Krankheitsverlauf einzuholen. ZB bedürfen Feststellungen wie "lege artis" und "gemäß dem dortigen allgemeinen Vorgehen" der Beiziehung medizinischen Fachwissens.
Es ist daher davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung der Kausalität der angeschuldigten Impfung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich erscheinen.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde medizinische Sachverständigengutachten - basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers - einzuholen und die Ergebnisse unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben.
Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Anschließend hat sich die belangte Behörde mit der Rechtsfrage der Wahrscheinlichkeit bzw. der Kausalität auseinanderzusetzen.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen.
Die unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht läge angesichts des gegenständlichen gravierend mangelhaft geführten verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens nicht im Interesse der Raschheit und wäre auch nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden. Zu berücksichtigen ist auch der mit dem verwaltungsgerichtlichen Mehrparteienverfahren verbundene erhöhte Aufwand.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rascher und kostengünstiger festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016, Ra 2014/20/0146 vom 20.05.2015, Ra 2015/08/0171 vom 27.01.2016, Ra 2015/10/0106 vom 24.02.2016) ausgeführt, warum die Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen geboten war.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W132.2120168.1.00Zuletzt aktualisiert am
16.11.2018