TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/20 W260 2153409-1

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Veröffentlicht am 20.09.2018
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Entscheidungsdatum

20.09.2018

Norm

AlVG §7
AVG §13 Abs7
AVG §69
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W260 2153409-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Vorsitzender und die fachkundige Laienrichterin Mag. Sonja PARZMAYR und den fachkundigen Laienrichter Matthias VOGES als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, vertreten durch die BREHM & SAHINOL Rechtsanwälte OG, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Krems vom 28.12.2016, GZ: XXXX, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 30.03.2017, GZ: XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (im Folgenden "der Beschwerdeführer"), ein polnischer Staatbürger, hat beim Arbeitsmarktservice Krems (im Folgenden "belangte Behörde") am 11.01.2016 einen Antrag auf Feststellung der Grenzgängereigenschaft gestellt; eine Niederschrift wurde aufgenommen. In einer weiteren Niederschrift vom selben Tage erklärte er, dass er auf die Antragstellung verzichte.

2. Am 16.06.2016 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Arbeitslosengeld und brachte zusammengefasst vor, dass er kein Grenzgänger sei und sein Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld wiederaufzunehmen sei. Dem Antrag wurde ein Urteil eines polnischen Gerichtes, datiert mit 12.06.2016 beigelegt.

3. Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer am 26.06.2016 ein Schreiben, in welchem der Beschwerdeführer darüber informiert wurde, dass sein Antrag auf Wiederaufnahme abzuweisen sei, da er bei der belangten Behörde keinen Antrag auf Geldleistung gestellt habe. Da er in der Niederschrift vom 11.01.2016 auf den Antrag verzichtet habe, gäbe es kein Verfahren, dass wiederaufgenommen werden könne.

4. Mit Schreiben vom 18.12.2016 beantragte der Beschwerdeführer abermals die Wiederaufnahme des "mit Bescheid des AMS Krems vom 13.01.2016, GZ: 5363080284 abgeschlossenen Verfahrens" und wiederholte zusammengefasst sein Vorbringen wie in seinem Schreiben vom 16.06.2016.

5. Mit verfahrensgegenständlichen Bescheid der belangten Behörde vom 28.12.2017 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers vom 18.12.2016 auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG keine Folge gegeben und begründete dies zusammengefasst damit, dass durch den Verzicht des Beschwerdeführers kein Antrag gestellt worden sei und es auch aus diesem Grunde kein Verfahren gäbe, welches wiederaufgenommen werden könne.

6. Der Beschwerdeführer brachte am 23.01.2017 fristgerecht gegen diesen Bescheid vom 28.12.2016 eine Beschwerde ein. Die Beschwerdegründe entsprechen den Ausführungen dem Antrag auf Wiedereinsetzung vom 18.12.2016.

7. Die belangte Behörde erließ am 30.03.2017 eine Beschwerdevorentscheidung und begründete die Abweisung der Beschwerde nach Wiedergabe des maßgeblichen Sachverhaltes zusammengefasst damit, dass keine Tatbestände des § 69 Abs 1 Zif 1 bis 3 AVG vorliegen würden, die eine Wiederaufnahme ermöglichen, da nie ein Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gestellt worden sei, über den bescheidmäßig abgesprochen worden sei, da auf eine Beantragung verzichtet worden wäre.

8. Der Beschwerdeführer stellte 11.04.2017 einen Vorlageantrag.

9. Der Verwaltungsakt wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 19.04.2017 dem Bundesverwaltungsgericht zur Vorlage gebracht.

9.1. Mit Schreiben vom 30.01.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Vollmachtsbekanntgabe der BREHM & SAHINOL Rechtsanwälte OG zur Kenntnis gebracht, welche auch einen Antrag auf Akteneinsicht beinhaltete, welche am 08.02.2018 durchgeführt wurde.

9.2. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 13.02.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers und seines Rechtsvertreters durch.

9.3. Mit Schreiben vom 06.03.2018 brachte der Beschwerdeführer eine aufgetragene Äußerung zur Vorlage, welche der belangten Behörde im Rahmen des Parteiengehörs weitergeleitet wurde.

9.4. Die belangte Behörde übermittelte ihrerseits zur aufgetragenen Äußerung eine Stellungnahme an das Bundesverwaltungsgericht, welche dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt wurde.

9.5. Mit Schreiben vom 02.05.2018 brachte der Rechtsvertreter namens des Beschwerdeführers eine aufgetragene Stellungnahme dem Bundesverwaltungsgericht zur Vorlage, welche der belangten Behörde im Rahme des Parteiengehörs weitergeleitet wurde.

9.6. Die belangte Behörde erstattete ihrerseits dazu eine Stellungnahme vom 15.06.2018, welche dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt wurde.

Es erfolgte keine weitere Stellungnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer hat am 11.01.2016 in einer Niederschrift einen Antrag auf Feststellung der Grenzgängereigenschaft bei der belangten Behörde beantragt.

Der Beschwerdeführer hat am selben Tag den Antrag schriftlich vor der belangten Behörde zurückgezogen.

Es liegt kein Bescheid vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des AMS und des Bundesverwaltungsgerichts sowie insbesondere aus den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf Feststellung der Grenzgängereigenschaft bei der belangten Behörde beantragt und zurückgezogen hat, ergibt sich aus den im Verwaltungsakt erliegenden Niederschriften vor der belangten Behörde am 11.01.2016: Antrag 10:31 Uhr, Verzicht 10:37 Uhr.

Der Beschwerdeführer bezieht sich in seinen Anträgen auf Wiedereinsetzung auf den "Bescheid des AMS Krems vom 13.01.2016, GZ: 5363080284 abgeschlossenen Verfahrens". Damit ist offensichtlich die mit GZ versehene Niederschrift vom 11.02.2016 gemeint und wird vom Beschwerdeführer vorgebracht, dass die Beurkundung des Verzichtes einem Bescheid gleichkomme. Zur Feststellung, dass im gegenständlichen Beschwerdeverfahren kein Bescheid vorliegt wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.

Von einer Einvernahme des Beschwerdeführers, den beantragten Zeugen und der weiteren beweiswürdigenden Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers konnte abgesehen werden, da dies zu einer Klärung des hier maßgeblichen Sachverhaltes aus Sicht des erkennenden Senates nicht erforderlich ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zu den einschlägigen Rechtsnormen:

Bei der rechtlichen Beurteilung werden die Rechtsmaterien zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides herangezogen.

Die maßbegebenden Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG lauten:

"...

§ 13 (7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

§ 14 (1) Mündliche Anbringen von Beteiligten sind erforderlichenfalls ihrem wesentlichen Inhalt nach in einer Niederschrift festzuhalten. Niederschriften über Verhandlungen (Verhandlungsschriften) sind derart abzufassen, daß bei Weglassung alles nicht zur Sache Gehörigen der Verlauf und Inhalt der Verhandlung richtig und verständlich wiedergegeben wird.

(2) Jede Niederschrift hat außerdem zu enthalten:

1. Ort, Zeit und Gegenstand der Amtshandlung und, wenn schon frühere darauf bezügliche Amtshandlungen vorliegen, erforderlichenfalls eine kurze Darstellung des Standes der Sache;

2. die Bezeichnung der Behörde und die Namen des Leiters der Amtshandlung und der sonst mitwirkenden amtlichen Organe, der anwesenden Beteiligten und ihrer Vertreter sowie der etwa vernommenen Zeugen und Sachverständigen.

3. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 5/2008)

§ 69 (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.

..."

3.2. Für das beschwerdegegenständliche Verfahren bedeutet dies:

Die belangte Behörde kam zu dem Ergebnis, dass kein Bescheid vorliege und die Voraussetzungen für einen Antrag auf Wiedereinsetzung nicht gegeben sind und ist aus folgenden Erwägungen im Recht:

Grundsätzlich ist dem Beschwerdeführer zu folgen, wenn er ausführt, dass Bescheide auch mündlich erlassen werden können, verkennt jedoch, dass im gegenständlichem Beschwerdeverfahren kein Bescheid vorliegt.

Eine Niederschrift gemäß § 14 AVG dient dazu, das mündliche Anbringen von Beteiligten festzuhalten.

Das Anbringen des Beschwerdeführers am 11.06.2017 um 10:31 Uhr war das schriftliche Festhalten seines Anbringens: Feststellung der Grenzgängereigenschaft.

Das Anbringen des Beschwerdeführers am 11.06.2017 um 10:37 Uhr, war das schriftliche Festhalten seines Anbringens: Verzicht auf Antragstellung.

Wenn der Beschwerdeführer nun vermeint, in der Niederschrift "Verzicht auf Antragstellung" und der Aushändigung eines Formulares (U1-Formular) einen mündlich verkündeten Bescheid zu erkennen, verkennt er, dass Anbringen gemäß § 13 Abs 1 AVG in jeder Lage des Verfahrens - wie auch in gegenständlichem - zurückgezogen werden können. Insofern ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass der Verzicht auf einen Antrag dem AVG fremd sei, nicht zu folgen (vgl. Aufgetragene Stellungnahme vom 02.05.2018).

Hinsichtlich des Vorbringens, wonach ein Beratungsfehler durch das behauptete Fehlverhalten des AMS stattgefunden hätte, gilt es auszuführen, dass der Beschwerdeführer bezüglich allfälliger Fehler des AMS auf den Zivilrechtsweg (Amtshaftung) zu verweisen ist.

Im Ergebnis war die Beschwerde mangels Vorliegens der Voraussetzungen für einen Antrag auf Wiederaufnahme iSd § 69 AVG abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde bzw. Vorlageantrag vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Schlagworte

Einstellung, Voraussetzungen, Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W260.2153409.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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