TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/20 99/04/0131

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Veröffentlicht am 20.10.1999
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §359b Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des G T in V, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 25. Jänner 1999, Zl. Gew-782/2/98, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren gemäß § 359b GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: B Gesellschaft m. b. H. & Co. KG in V), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides stellte der Magistrat der Stadt Villach mit Bescheid vom 5. Mai 1998 fest, dass hinsichtlich der Bäckerei-Verkaufsfiliale der mitbeteiligten Partei das Ausmaß der zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 1000 m2 beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 100 kW nicht übersteigt. Zur Erreichung eines hinreichenden Schutzes der gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen und zur Vermeidung der Belastung der Umwelt sowie zum Schutz der Arbeitnehmer wurden Auflagen vorgeschrieben.

Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde vom Landeshauptmann von Kärnten mit dem Bescheid vom 25. Jänner 1999 gemäß §§ 8 und 63 AVG in Verbindung mit § 359b Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 als unzulässig zurückgewiesen. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsnormen führte der Landeshauptmann zur Begründung aus, aus dem Ermittlungsergebnis der Behörde erster Instanz könne geschlossen werden, dass die gegenständliche Anlage von der Erstbehörde zu Recht unter eine Betriebsanlage nach § 359b GewO 1994 subsumiert und dem vereinfachten Genehmigungsverfahren unterzogen worden sei. Auch die Berufungsbehörde sei zur Überzeugung gekommen, dass die von der Behörde erster Instanz erteilten Aufträge geeignet seien, den Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen zu gewährleisten. Im Verfahren nach § 359b GewO 1994 stehe den Nachbarn keine Parteistellung und damit auch kein Berufungsrecht zu, weshalb die Berufung des Beschwerdeführers zurückzuweisen gewesen sei. Das Anhörungsrecht des Beschwerdeführers sei von der Behörde erster Instanz gewahrt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde, die von diesem nach Ablehnung deren Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, "dass in einem parteigehörlosen Verfahren die Betriebsanlage nicht durch einen Feststellungsbescheid genehmigt wird, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet ist, das Leben und die Gesundheit des Nachbarn oder dessen Eigentum zu gefährden bzw. den Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise zu belästigen". In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer vor, der Genehmigungswerber habe in seinem Feststellungsantrag das Vorliegen der Voraussetzungen des § 359b GewO 1994 zu behaupten und nachzuweisen. Die mitbeteiligte Partei sei dieser Beweispflicht nicht in gehöriger Weise nachgekommen, weshalb der ausschließlich auf die Erlassung eines Feststellungsbescheides gerichtete Antrag zurückzuweisen gewesen sei. Davon abgesehen vertrete der Oberste Gerichtshof die Auffassung, ein rechtswidriges und schuldhaftes Organhandeln in Vollziehung der Gesetze könne auch in einer Unterlassung liegen, wenn eine Pflicht des Organs zum Tätigwerden bestanden habe und pflichtgemäßes Handeln den Nachbarn vor Schaden bewahrt hätte. Unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 359b GewO 1994 sei es daher Aufgabe der Behörde, sämtliche auch nur denkmöglichen Schädigungen von Nachbarn zu überprüfen. Da § 359b leg. cit. den Anrainern keine Parteistellung einräume (womit die Möglichkeit, Einwendungen zu erheben, verloren gehe) und die Behörde eine allfällige Gefährdungsgefahr aus eigenem zu prüfen habe, werde die Behörde mit besonderer Sorgfalt vorzugehen haben. Diese Sorgfalt sei im Gegenstand verletzt worden, weil die belangte Behörde in ihrer Entscheidung über die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers auf die in der Berufung zahlreich und begründet vorgetragenen Einwände gegen die Eignung der Betriebsanlage als solche nach § 359b GewO 1994 überhaupt nicht eingegangen sei.

§ 359b Abs. 1 leg. cit. bestimme zur Ausübung des Anhörungsrechtes des Nachbarn eine vierwöchige Frist. Hernach habe die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangte Äußerung die Beschaffenheit der Anlage festzustellen. Aus der Gesetzesbestimmung könne nicht abgeleitet werden, dass das einmal rechtzeitig ausgeübte Anhörungsrecht nicht einer Ergänzung nach dem Verstreichen der Frist, aber vor Erlassung des Feststellungsbescheides, zugänglich sei. Durch die ergänzende Äußerung werde ja nicht ipso iure ein Parteienrecht ausgeübt. Die Weigerung der Behörde erster Instanz, den Beschwerdeführer anlässlich der Ortsverhandlung am 22. April 1998 noch einmal anzuhören, stelle einen Verfahrensmangel dar, dies umsomehr, wie das ergänzende Sachverhaltsvorbringen zeige, die einmal erteilte gehörlose Genehmigung seitens der Anlagenbetreiber der "Versteinerung" zugeführt werde, was dem Nachbarschaftsschutz widerspreche. Die belangte Behörde hätte diesen Verfahrensmangel aufgreifen müssen.

Gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass

1. jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden oder

2. das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 1000 m2 beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 100 kW nicht übersteigt, das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines bestimmten, vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; nach Ablauf der im Anschlag angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage.

Im vereinfachten Verfahren nach dieser Gesetzesstelle - einem solchen wurde das in Rede stehende Genehmigungsverfahren unterzogen - kommt den Nachbarn nach der dargestellten Rechtslage, wie auch der Beschwerdeführer nicht bestreitet, lediglich das Recht auf Anhörung zu; es kommt ihnen darüber hinaus aber kein Recht zu, dessen Beeinträchtigung sie in diesem Verfahren als Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen können. Sie können daher auch nicht als Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen, Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 würden nicht vermieden oder Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 leg. cit. würden nicht auf ein zumutbares Maß beschränkt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters wiederholt ausgesprochen hat, sind die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens von der Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Verantwortung ohne diesbezügliche Parteistellung der Nachbarn zu klären. Den Nachbarn ist - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - kein Recht eingeräumt, geltend zu machen, die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens seien von der Behörde zu Unrecht als gegeben angenommen worden.

Soweit der Beschwerdeführer aber eine Verletzung seines Rechtes auf Anhörung geltend mache, ist ihm (selbst wenn er dies bereits in seiner Berufung vorgebracht hätte) zu entgegnen, dass Verfahrensfehler der Behörde - um einen solchen handelt es sich bei der vom Beschwerdeführer behaupteten Verletzung seines Anhörungsrechtes - nur dann zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG führen können, wenn die Behörde bei deren Unterbleiben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Die Relevanz des Verfahrensverstoßes darzutun, ist Sache des Beschwerdeführers. Er hat durch konkretes tatsächliches Vorbringen in der Beschwerde anzuführen, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Einhaltung der Verwaltungsvorschriften hätte kommen können (vgl. zum Ganzen z. B. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1999, Zlen. 99/04/0103 - 0107).

Diesen Anforderungen entsprechen die eine Verletzung des Anhörungsrechtes gemäß § 359b GewO 1994 geltend machenden, oben wiedergegebenen Darlegungen der Beschwerde nicht. Ihnen kann kein Sachverhalt entnommen werden, bei dessen Kenntnis die belangte Behörde zur Auffassung hätte gelangen können, es liege eine die Anwendung des vereinfachten Verfahrens ausschließende Beschaffenheit der Anlage im Sinne des § 359b Abs. 1 GewO 1994 vor oder es seien zusätzliche Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen erforderlich.

Stand aber solcherart dem Beschwerdeführer in dem Verfahren erster Instanz Parteistellung nicht zu und ist nicht davon auszugehen, dass in diesem Verfahren sein Anhörungsrecht in einer entscheidungsrelevanten Weise verletzt wurde, so stand ihm auch nicht das Recht der Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid zu. In der Zurückweisung der dennoch erhobenen Berufung durch die belangte Behörde ist daher eine Rechtsverletzung nicht zu erkennen.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 20. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999040131.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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