Entscheidungsdatum
20.09.2018Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13Spruch
W207 2169094-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX1999, StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.07.2017, Zahl 1081534307-151011496, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise am 04.08.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der am 04.08.2015 abgehaltenen Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, in Mazar-e-Sharif in Afghanistan geboren zu sein, ledig zu sein, Dari als Muttersprache zu sprechen und der Volksgruppe der Hazara sowie dem moslemischen Glauben schiitischer Ausrichtung anzugehören. Er habe in Pakistan zwei Jahre eine Grundschule besucht, beruflich sei er als Mechanikerhilfskraft tätig gewesen. Seine Mutter und eine Schwester würden in einem näher genannten Ort in Pakistan leben, beim Vater wisse er es nicht. Wann er aus Afghanistan ausgereist sei bzw. den Entschluss dazu gefasst habe, wisse er nicht, es sei lange her. Er habe in Pakistan gelebt, im Iran habe er ca. vier Monate gelebt. Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates, sohin zu seinen Fluchtgründen, gab der Beschwerdeführer an, der Ort, an dem er gelebt habe, sei gefährlich gewesen, es habe Krieg geherrscht durch die Taliban. Neben ihren Häusern seien Bomben explodiert, darum sei der Beschwerdeführer geflüchtet. Er habe dort keine Sicherheit. Im Falle einer Rückkehr in seine Heimat befürchte er, im Krieg zu sterben.
Laut Bericht der Polizeiinspektion Traiskirchen vom 08.04.2016 war der Beschwerdeführer am 08.04.2016 an einer Schlägerei in einer Asylunterkunft beteiligt. In der Folge fiel der Beschwerdeführer durch aggressives Verhalten gegenüber den Polizeibeamten auf, weshalb ihm gegenüber die Festnahme ausgesprochen wurde; seitens der Betreuer der betreffenden Unterkunft wurde angegeben, dass der Beschwerdeführer große Aggressionen und Probleme mit sich selbst habe, was sich auch in regelmäßiger verbaler Aggression gegen die Betreuer zeige.
Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Amstetten vom 01.02.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB sowie wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat, bedingt nachgesehen für eine Probezeit von drei jahren, verurteilt.
Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 18.07.2017 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte der Beschwerdeführer - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes vor:
"[...]
LA: Bitte geben Sie so genau wie möglich die Adresse im Heimatland an, an der Sie zuletzt gelebt haben!
VP: Wir lebten in Mazar-e-Sharif, die genaue Adresse kenne ich aber nicht, weil ich als Kind mit meinen Eltern Afghanistan verlassen habe. Wir sind nach Pakistan, X., gezogen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich damals, laut meinen Eltern, ca. 5 Jahre alt war.
LA: An welcher Adresse haben Sie in Pakistan gelebt?
VP: Immer an der gleichen Adresse, mit meinen Eltern und meiner Schwester, in der Y. Road.
LA: Haben Sie sich jemals wieder in Afghanistan aufgehalten?
VP: Nein, nie wieder. Nachgefragt gebe ich an, dass ich auch niemals dorthin abgeschoben wurde.
LA: Wo leben Ihre Eltern und Ihre Schwester jetzt?
VP: Meine Mutter und Schwester leben noch in X., mein Vater ist schon seit ca. 4 Jahren verschollen. Wir wissen nicht, was aus ihm wurde. Es gab eine Explosion in unserer Gasse, er ist hinausgegangen, da gab es eine andere Explosion und er ist nicht mehr zurückgekommen.
LA: Haben Sie noch Angehörige in Ihrer Heimat?
VP: Nein, niemanden.
LA: Haben Sie noch Kontakt zu Ihrer Familie? (telefonisch, E-Mail, postalisch, etc.)
VP: Zu meiner Mutter und Schwester, wir telefonieren regelmäßig. Nachgefragt gebe ich an, dass diese jetzt in einem Mietshaus mit meiner ledigen Tante mütterlicherseits gemeinsam wohnen, damit sie nicht ganz alleine sind. Sonst haben wir in Pakistan keine Verwandten. Meine Mutter arbeitet für andere Menschen als Haushaltshilfe, dadurch verdient sie ihren Lebensunterhalt.
LA: Was haben Sie in Ihrem Heimatland getan, wovon haben Sie gelebt?
VP: Ich habe manchmal in einem Restaurant als Kellner gearbeitet und manchmal in einer Kfz-Werkstatt als Gehilfe.
LA: Hat Ihre Familie irgendwelche Besitztümer in Ihrem Heimatland, z. B. Häuser, Grund?
VP: Nein, gar nichts.
LA: Sind Sie nun im Rahmen Ihrer Flucht zum ersten Mal im Ausland, abgesehen von Pakistan?
VP: Ja.
LA: Möchten Sie irgendwelche Papiere/Dokumente/ärztliche Befunde etc. vorlegen? Haben Sie Dokumente bei sich?
VP: Ich hatte einen Reisepass für eine Pilgerfahrt in den Iran, die Moschee hat mir geholfen den zu bekommen. Das war aber ein pakistanischer Reisepass. Ich habe ihn dann aber verloren, im Iran, meine Tasche ist mir abhandengekommen, im Getümmel, es waren viele Leute zur Pilgerfahrt dort. Sonst habe ich nur ein Empfehlungsschreiben meiner Unterkunft.
Anm.: Empfehlungsschreiben wie angegeben vorgelegt, in Kopie zum Akt genommen, Original retourniert.
LA: Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?
VP: Die afghanische Staatsangehörigkeit, ich bin Afghane. Der Pass war gefälscht, der war gar nicht echt.
LA: Welchen Aufenthaltsstatus hatten Sie in Pakistan?
VP: Ich war illegal dort. Es war nicht möglich einen legalen Aufenthaltsstatus zu bekommen.
LA: Welche Moschee hat Ihnen dabei geholfen den pakistanischen Reisepass zu bekommen?
VP: I. heißt die Moschee. Sie haben das für mehrere Afghanen gemacht, gefälschte Reisepässe besorgt, damit sie eine Pilgerfahrt machen. In Pakistan funktioniert alles mit Korruption.
LA: Haben Sie sich jemals eine Tazkira oder einen afghanischen Reisepass ausstellen lassen?
VP: Nein, ich hätte das nicht bekommen glaube ich.
LA: Waren oder sind Sie im Heimatland Mitglied einer politischen Organisation oder eines politische Vereins?
VP: Nein, ich war ja nie mehr dort
LA: Leisteten Sie jemals einen offiziellen Militärdienst? Wenn ja, in welcher Verwendung?
VP: Nein.
LA: Welcher Volksgruppe / Religion gehören Sie an?
VP: Ich bin Hazara und Schiit.
LA: Welche Schulbildung /Ausbildung haben Sie?
VP: Ja, ein Jahr lang, in X.
LA: Können Sie lesen und schreiben?
VP: Ja, ich habe es vor allem auf dem Weg hierher und hier in Österreich gelernt.
LA: Wie würden Sie Ihre wirtschaftliche / finanzielle Situation zuletzt (vor der Flucht) im Heimatland gemessen am landesüblichen Durchschnitt bezeichnen?
VP: Es war in Pakistan ok, manchmal hat es gereicht, manchmal aber auch nicht.
LA: Haben Sie bereits woanders um Asyl angesucht? (wenn ja, wann? - wo? Ausgang d. Verfahrens?)
VP: Nein.
LA: War Österreich Ihr Zielland?
VP: Nein, ich wollte nur nach Europa.
LA: War Ihre Flucht schlepperunterstützt?
VP: Ja, ich habe in Pakistan gearbeitet und im Iran, damit ich mir die Weiterreisen leisten kann und in der Türkei und in Griechenland auch.
LA: Haben Sie im Herkunftsland, oder hier Strafrechtsdelikte begangen?
VP: Nein.
LA: Besteht ein offizieller Haftbefehl gegen Sie im Heimatland?
VP: Nein.
LA: Würden Sie nun bitte alle Ihre Gründe für die Asylantragstellung hier in Österreich ausführlich darlegen? Aus welchen Gründen verließen Sie das Heimatland? Was war Ihrer Meinung nach der zuletzt ausschlaggebende Grund für Sie zu flüchten? Warum stellen Sie einen Asylantrag?
VP: Afghanistan habe ich als kleines Kind verlassen. In Pakistan ist die Sicherheitslage genauso schlecht wie in Afghanistan. Auch in Pakistan verfolgen die Taliban die Hazara und töten sie. Wir sind das Ziel der Taliban. Ich hatte Angst, dass mir etwas passieren könnte, darum bin ich ausgereist.
LA: Warum sind Sie nicht nach Afghanistan zurückgekehrt?
VP: In Afghanistan ist eben die Sicherheitslage sehr schlecht und ich habe dort auch niemanden, zu wem sollte ich gehen. Meine Familie in Pakistan hätte mich auch nicht unterstützen können, sie haben kein Geld.
LA: Hatten Sie noch weitere Fluchtgründe?
VP: Das war alles.
LA: Wurden Sie von staatlicher Seite bedroht oder verfolgt?
VP: Nein.
LA: Hatten Sie aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Religionszugehörigkeit Probleme in der Heimat?
VP: Ich selbst nicht.
LA: Was wäre passiert, wenn Sie in Afghanistan geblieben wären und was würden Sie im Falle einer Rückkehr in Ihren Heimatstaat befürchten? Was würde Sie dort erwarten?
VP: Ich habe dort niemanden, ich war ja nie wieder dort, ich weiß doch gar nicht, wie es dort ist. Und die Taliban töten die Hazara habe ich im Fernsehen gesehen und gehört.
Länderfeststellungen:
Der VP wird das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan ausgehändigt. Sie hat die Möglichkeit binnen 14 Tagen dazu Stellung zu nehmen.
VP: Ich verzichte, ich höre die Nachrichten und verfolge die Situation über Facebook und Internet. Das benötige ich nicht.
Anm.: Länderinformationsblatt wird nicht ausgehändigt.
.......
LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie ausreichend Gelegenheit alles zum Verfahren vorzubringen oder haben Sie noch etwas hinzuzufügen?
VP: Das war alles.
Anm.: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt:
LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?
VP: Ja, alles ist richtig.
Ergänzungen: keine
LA: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden?
VP: Ich habe den Dolmetscher einwandfrei verstanden und bestätige dies mit meiner Unterschrift.
[...]"
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.07.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Hingegen wurde dem Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt (Spruchpunkt II.) und dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 19.07.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).
Die belangte Behörde stellte fest, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen volljährigen Staatsangehörigen Afghanistans handle, welcher der moslemisch-schiitischen Glaubensrichtung sowie der Volksgruppe der Hazara angehöre. Der Beschwerdeführer habe Afghanistan bereits im Kindesalter gemeinsam mit seiner Familie verlassen und habe seither in Pakistan gelebt. Eine persönliche Verfolgung oder Bedrohung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung habe nicht festgestellt werden können. Auch aufgrund der Ausreise des Beschwerdeführers und seiner Antragstellung auf Gewährung von internationalen Schutz in Österreich oder aufgrund von Umständen, die sich außerhalb seines Heimatstaates ereignet hätten, drohe dem Beschwerdeführer keine Verfolgung. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan würde der Beschwerdeführer aber wahrscheinlich in eine existenzielle Notlage wegen der allgemeinen Versorgungslage in Afghanistan geraten.
Lediglich gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheid vom 19.07.2017, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen worden war, brachte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 23.08.2017 fristgerecht Beschwerde ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat - im auf die Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten beschränkten Beschwerdeverfahren (angefochtener Spruchpunkt I. des Bescheides vom 19.07.2017) - erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist Muslim schiitischer Ausrichtung. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan im Mazar-e-Sharif geboren, hat Afghanistan aber gemeinsam mit seiner Familie im Alter von fünf Jahren verlassen und in der Folge in Pakistan gelebt, wo er aufgewachsen ist.
Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer keine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr bezogen auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan vorgebracht hat.
Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:
...
Sicherheitslage in Afghanistan
Den Vereinten Nationen zufolge war die Sicherheitslage in Afghanistan im Berichtszeitraum weiterhin volatil: zwischen 1.3. und 31.5.2017 wurden von den Vereinten Nationen 6.252 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 2% gegenüber dem Vorjahreswert. Bewaffnete Zusammenstöße machten mit 64% den Großteil registrierter Vorfälle aus, während IEDs [Anm.:
improvised explosive device] 16% der Vorfälle ausmachten - gezielte Tötungen sind hingegen um 4% zurückgegangen. Die östlichen und südöstlichen Regionen zählten auch weiterhin zu den volatilsten; sicherheitsrelevante Vorfälle haben insbesondere in der östlichen Region um 22% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Taliban haben hauptsächlich folgende Provinzen angegriffen: Badakhshan, Baghlan, Farah, Faryab, Helmand, Kunar, Kunduz, Laghman, Sar-e Pul, Zabul und Uruzgan. Talibanangriffe auf afghanische Sicherheitskräfte konnten durch internationale Unterstützung aus der Luft abgewiesen werden. Die Anzahl dieser Luftangriffe ist mit einem Plus von 112% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2016 deutlich gestiegen (UN GASC 20.6.2017).
Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan 11.647 sicherheitsrelevante Vorfälle von 1.1.-31.5.2017 registriert (Stand: 31.5.2017) (INSO o.D.).
ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte
Laut einem Bericht des amerikanischen Verteidigungsministeriums behielten die ANDSF, im Berichtszeitraum 1.12.2016-31.5.2017 trotz aufständischer Gruppierungen, auch weiterhin Kontrolle über große Bevölkerungszentren: Die ANDSF waren im Allgemeinen fähig große Bevölkerungszentren zu schützen, die Taliban davon abzuhalten gewisse Gebiete für einen längeren Zeitraum zu halten und auf Talibanangriffe zu reagieren. Die ANDSF konnten in städtischen Gebieten Siege für sich verbuchen, während die Taliban in gewissen ländlichen Gebieten Erfolge erzielen konnten, in denen die ANDSF keine dauernde Präsenz hatten. Spezialeinheiten der afghanischen Sicherheitskräfte (ASSF - Afghan Special Security Forces) leiteten effektiv offensive Befreiungsoperationen (US DOD 6.2017).
Bis Ende April 2017 lag die Truppenstärke der afghanischen Armee [ANA - Afghan National Army] bei 90,4% und die der afghanischen Nationalpolizei [ANP - Afghan National Police] bei 95,1% ihrer Sollstärke (UN GASC 20.6.2017).
High-profile Angriffe:
Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).
Hauptstadt Kabul
Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):
Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vgl. auch:
al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).
Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vgl. auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).
Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).
Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten- den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten - kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017). Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017).
Herat
Anfang Juni 2017 explodierte eine Bombe beim Haupteingang der historischen Moschee Jama Masjid; bei diesem Vorfall wurden mindestens 7 Menschen getötet und 15 weitere verletzt (Reuters 6.6.2017; vgl. auch: TMN 7.6.2017). Zu diesem Vorfall hat sich keine Terrrorgruppe bekannt (TMN 7.6.2017; vgl. auch: US News 12.6.2017). Sirajuddin Haqqani - stellvertretender Leiter der Taliban und Führer des Haqqani Netzwerkes - verlautbarte, die Taliban wären für diese Angriffe in Kabul und Herat nicht verantwortlich (WP 12.6.2017).
Mazar-e Sharif
Auf der Militärbase Camp Shaheen in der nördlichen Stadt Mazar-e Sharif eröffnete Mitte Juni 2017 ein afghanischer Soldat das Feuer auf seine Kameraden und verletzte mindestens acht Soldaten (sieben US-amerikanische und einen afghanischen) (RFE/RL 17.6.2017).
Die Anzahl solcher "Insider-Angriffe" [Anm.: auch green-on-blue attack genannt] hat sich in den letzten Monaten erhöht. Unklar ist, ob die Angreifer abtrünnige Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte sind oder ob sie Eindringlinge sind, die Uniformen der afghanischen Armee tragen (RFE/RL 17.6.2017). Vor dem Vorfall im Camp Shaheen kam es dieses Jahr zu zwei weiteren registrierten Insider-Angriffen: der erste Vorfall dieses Jahres fand Mitte März auf einem Militärstützpunkt in Helmand statt: ein Offizier des afghanischen Militärs eröffnete das Feuer und verletzte drei US-amerikanische Soldaten (LWJ 11.6.2017; vgl. auch: al-Jazeera 11.6.2017).
Der zweite Vorfall fand am 10.6.2017 im Zuge einer militärischen Operation im Distrikt Achin in der Provinz Nangarhar statt, wo ein afghanischer Soldat drei US-amerikanische Soldaten tötete und einen weiteren verwundete; der Angreifer wurde bei diesem Vorfall ebenso getötet (BBC 10.6.21017; vgl. auch: LWJ 11.6.2017; DZ 11.6.2017).
Regierungsfeindliche Gruppierungen:
Afghanistan ist mit einer anhaltenden Bedrohung durch mehr als 20 aufständische Gruppen bzw. terroristische Netzwerke, die in der AfPak-Region operieren, konfrontiert; zu diesen Gruppierungen zählen unter anderem die Taliban, das Haqqani Netzwerk, der Islamische Staat und al-Qaida (US DOD 6.2017).
Taliban
Die Fähigkeiten der Taliban und ihrer Operationen variieren regional signifikant; sie verwerten aber weiterhin ihre begrenzten Erfolge, indem sie diese auf sozialen Medien und durch Propagandakampagnen als strategische Siege bewerben (US DOD 6.2017).
Die Taliban haben ihre diesjährige Frühjahrsoffensive "Operation Mansouri" am 28. April 2017 eröffnet (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch:
BBC 7.5.2017). In einer Stellungnahme verlautbarten sie folgende Ziele: um die Anzahl ziviler Opfer zu minimieren, wollen sie sich auf militärische und politische Ziele konzentrieren, indem ausländische Kräfte in Afghanistan, sowie ihre afghanischen Partner angegriffen werden sollen. Nichtdestotrotz gab es bezüglich der Zahl ziviler Opfer keine signifikante Verbesserung (UN GASC 20.6.2017).
Während des Berichtszeitraumes der Vereinten Nationen gelang es den Taliban den strategischen Distrikt Zaybak/Zebak in der Provinz Badakhshan zu erobern (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch: Pajhwok 11.5.2017); die afghanischen Sicherheitskräfte konnten den Distrikt einige Wochen später zurückerobern (Pajhwok 11.5.2017). Kurzfristig wurden auch der Distrikt Sangin in Helmand, der Distrikt Qal'ah-e Zal in Kunduz und der Distrikt Baha' al-Din in Takhar von den Taliban eingenommen (UN GASC 20.6.2017).
Bei einer Friedens- und Sicherheitskonferenz in Kabul wurde unter anderem überlegt, wie die radikal-islamischen Taliban an den Verhandlungstisch geholt werden könnten (Tagesschau 6.6.2017).
Präsident Ghani verlautbarte mit den Taliban reden zu wollen:
sollten die Taliban dem Friedensprozess beiwohnen, so werde die afghanische Regierung ihnen erlauben ein Büro zu eröffnen; dies sei ihre letzte Chance (WP 6.6.2017).
IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh
Der IS-Zweig in Afghanistan - teilweise bekannt als IS Khorasan - ist seit dem Jahr 2015 aktiv; er kämpft gegen die Taliban, sowie gegen die afghanischen und US-amerikanischen Kräfte (Dawn 7.5.2017; vgl. auch: DZ 14.6.2017). Der IS hat trotz verstärkter Militäroperationen, eine Präsenz in der Provinz Nangarhar (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch: DZ 14.6.2017).
Mehreren Quellen zufolge, eroberte der IS Mitte Juni 2017 die strategisch wichtige Festung der Taliban Tora Bora; bekannt als Zufluchtsort bin-Ladens. Die Taliban negieren den Sieg des IS und verlautbarten die Kämpfe würden anhalten (DZ 14.6.2017; vgl. auch:
NYT 14.6.2017; IBT 14.6.2017). Lokale Stammesälteste bestätigten hingen den Rückzug der Taliban aus großen Teilen Tora Boras (Dawn 16.6.2017).
Quellen:
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al-Jazeera (11.6.2017): US troops killed in 'insider attack' in Nangarhar,
http://www.aljazeera.com/news/2017/06/troops-killed-insider-attack-nangarhar-170610143131831.html, Zugriff 21.6.2017
-
al-Jazeera (31.5.2017): Kabul bombing: Huge explosion rocks diplomatic district,
http://www.aljazeera.com/news/2017/05/huge-blast-rocks-kabul-diplomatic-area-170531040318591.html, Zugriff 20.6.2017
-
BBC (10.6.2017): Afghanistan: US soldiers 'killed by commando' in Achin district, http://www.bbc.com/news/world-asia-40232491, Zugriff 21.6.2017
-
BBC (31.5.2017): Kabul bomb: Diplomatic zone attack kills dozens, http://www.bbc.com/news/world-asia-40102903, Zugriff 20.6.2017
-
Dawn (16.7.2017): IS captures Tora Bora, Bin Laden's former hideout, https://www.dawn.com/news/1339807, Zugriff 21.6.2017
-
Dawn (7.5.2017): IS chief in Afghanistan killed, claims President Ashraf Ghani, https://www.dawn.com/news/1331700, Zugriff 8.5.2017
-
DW - Deutsche Welle (31.5.2017): Afghanistan: "Sicherheitslage hat sich verschlechtert",
http://www.dw.com/de/afghanistan-sicherheitslage-hat-sich-verschlechtert/a-39058179, Zugriff 20.6.2017
-
DZ - Die Zeit (14.6.2017): IS erobert strategisch wichtige Stellung von Taliban,
http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/afghanistan-islamischer-staat-kaempfe-taliban, Zugriff 21.6.2017
-
DZ - Die Zeit (11.6.2017): Taliban-Kämpfer infiltriert Armee und tötet US-Soldaten,
http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/afghanistan-taliban-insider-attacke-soldaten-usa-tote, Zugriff 21.6.2017
-
Fars News (7.6.2017): Kabul Blast Death Toll Rises to 150 as Deadly Attacks Continue,
http://en.farsnews.com/newstext.aspx?nn=13960317001159, Zugriff 21.6.2017
-
FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (6.6.2017): Zahl der Todesopfer steigt auf über 150, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afghanistan-zahl-der-opfer-in-kabul-steigt-auf-ueber-150-15048658.html, Zugriff 20.6.2017
-
FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (3.6.2017): Viele Tote bei Explosion auf Trauerfeier,
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/neuer-anschlag-in-kabul-viele-tote-bei-explosion-auf-trauerfeier-15045768.html, Zugriff 21.6.2017
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IBT - International Business Times (14.6.2017): Isis captures Osama Bin Laden's Tora Bora fortress in Afghanistan, http://www.ibtimes.co.uk/isis-captures-osama-bin-ladens-tora-bora-fortress-afghanistan-1626265, Zugriff 21.6.2017
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INSO - International NGO Safety Organisation (o.D.): Afghanistan - Total incidents per month for the current year to date, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan, Zugriff 20.6.2017
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INSO - The International NGO Safety Organisation (2017):
Afghanistan - Gross Incident Rate, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan, Zugriff 23.2.2017
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LWJ - The Long War Journal (11.6.2017): Taliban 'infiltrator' kills 3 US soldiers in Nangarhar, http://www.longwarjournal.org/archives/2017/06/taliban-infiltrator-kills-3-us-soldiers-in-nangarhar.php, Zugriff 21.6.2017
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NYT - The New York Times (14.6.2017): ISIS Captures Tora Bora, Once Bin Laden's Afghan Fortress, https://www.nytimes.com/2017/06/14/world/asia/isis-captures-tora-bora-afghanistan.html?hp=&action=click&pgtype=Homepage&clickSource=story-heading&module=first-column-region®ion=top-news&WT.nav=top-news&_r=0, Zugriff 21.6.2017
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Pajhwok (11.5.2017): Afghan forces wrest back Badakhshan's Zebak district,
http://www.pajhwok.com/en/2017/05/11/afghan-forces-wrest-back-badakhshan%E2%80%99s-zebak-district, Zugriff 20.6.2017
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Reuters (6.6.2017): Suspected bomb kills seven outside historic mosque in Afghanistan's Herat,
http://www.reuters.com/article/us-afghanistan-attack-idUSKBN18X1E0, Zugriff 21.6.2017
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RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (17.6.2017): Afghan Commando Reportedly Wounds Seven U.S. Troops In Mazar-e Sharif, https://www.rferl.org/a/afghanistan-soldier-killed-possible-insider-attack/28560504.html, Zugriff 21.6.2017
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Tagesschau (6.6.2017): Friedenskonferenz nach Terrorangriff, https://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan-konferenz-105.html, Zugriff 21.6.2017
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The Guardian (3.6.2017): At least seven killed in suicide bombing at high-profile funeral in Kabul, https://www.theguardian.com/world/2017/jun/03/kabul-explosions-afghanistan-people-killed-funeral-salim-ezadyar, Zugriff 20.6.2017
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The Guardian (2.6.2017): Afghans killed in anti-government protest after Kabul bombing,
https://www.theguardian.com/world/2017/jun/02/afghanistan-protesters-killed-kabul-bombing, Zugriff 20.6.2017
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The Guardian (31.5.2017): Kabul: at least 90 killed by massive car bomb in diplomatic quarter,
https://www.theguardian.com/world/2017/may/31/huge-explosion-kabul-presidential-palace-afghanistan, Zugriff 20.6.2017
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TMN - The Muslim News (7.6.2017): Afghanistan: Bomb attack near mosque kills 8 in Herat province, https://muslimnews.co.uk/news/middle-east/afghanistan-bomb-attack-near-mosque-kills-8-herat-province/, Zugriff 21.6.2017
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UN GASC - General Assembly Security Council (20.6.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, as of June 15th 2017, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_-_15_june_2017.pdf, Zugriff 20.6.2017
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UN GASC - General Assembly Security Council (3.3.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security,
http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/n1705111.pdf, Zugriff 8.5.2017
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UN GASC - United Nation General Assembly Security Council (7.3.2016): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2016/218, Zugriff 4.4.2016
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UN News Centre (31.5.2017): UN condemns terrorist attack in Kabul, underscores need to protect civilians, http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=56871#.WUk5x8vwCUk, Zugriff 20.6.2017
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US DOD - United States Department of Defense (6.2017): Enhancing Security and Stability in Afghanistan, https://www.defense.gov/Portals/1/Documents/Enhancing-Security-and-Stability-in-Afghanistan-June-2017.pdf, Zugriff 20.6.2017
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US News (12.6.2017): Taliban's No. 2 Denies Role in Kabul Bombing, https://www.usnews.com/news/world/articles/2017-06-12/talibans-no-2-denies-role-in-kabul-bombing, Zugriff 22.6.2017
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WP - Washington Post (12.6.2017): The Latest: 2 top Afghan security officials suspended,
https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/the-latest-2-top-afghan-security-officials-suspended/2017/06/12/1879119c-4f42-11e7-b74e-0d2785d3083d_story.html?utm_term=.fd14b4a74b8a, Zugriff 22.6.2017
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WP - Washington Post (6.6.2017): Afghan peace conference opens in Kabul, days after city's deadliest attack in years, https://www.washingtonpost.com/world/afghan-peace-conference-opens-in-kabul-under-rocket-fire/2017/06/06/40d1cd32-2ae8-42a6-8d68-6ea04bb3cfc9_story.html?utm_term=.abe31cb01667, Zugriff 21.6.2017
Sicherheitslage
Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).
In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).
Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).
Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).
Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).
Kontrolle von Distrikten und Regionen
Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).
Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).
Rebellengruppen
Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).
Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).
Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9.2016).
Taliban und ihre Offensive
Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und