Entscheidungsdatum
21.09.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W159 2147831-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.01.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.09.2018 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß hinsichtlich Spruchpunkt I., gemäß § 3 Absatz 1 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird der Beschwerde stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Absatz 1 Asylgesetz 2005 idgF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Absatz 4 Asylgesetz 2005 idgF wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 21.09.2019 erteilt.
IV. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte III. und IV stattgegeben und diese ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, gelangte am 30.08.2014 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich, stellte einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde durch die Polizeiinspektion XXXX einer Erstbefragung nach dem Asylgesetz unterzogen. Dabei gab der Antragsteller zwei Geburtsdaten, nämlich den XXXX und den XXXX an. Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, dass er Angst vor der Al-Shabaab habe, welche ihn habe rekrutieren wollen. Viele seiner Freunde hätten sich dieser Gruppe angeschlossen und hätten ihn töten wollen.
Am 03.03.2016 erfolgte eine Vollmachtsbekanntgabe an XXXX .
Am 16.09.2016 wurde dann eine Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich durchgeführt. Eingangs der Einvernahme gab der Antragsteller an, dass es ihm gut gehe, er gesund sei und in keiner Behandlung oder Therapie sei. Er habe bisher im Verfahren der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht. Diese seien ihm rückübersetzt und korrekt protokolliert worden.
Er sei am XXXX im Dorf XXXX einen halben Tag Lastwagenfahrt entfernt von XXXX in Somalia geboren. Er habe keine Schule besucht und weder lesen, noch schreiben gelernt. Er sei Analphabet. Er habe mit seiner Familie und ungefähr 30 anderen Familien im Dorf XXXX in Buschhäusern gelebt. Sie wären Nomaden gewesen. Erst bei seiner Ausreise habe er zwei Tage lang in XXXX auf der Straße gelebt. Die Familie hätten alle als Tierzüchter gelebt. Sie hätten Tiere gehütet, die Milch verkauft und von dem Geld andere Lebensmittel gekauft. Sie hätten ungefähr 300 Kamele besessen und sonst gar nichts. Er gehöre der Volksgruppe Darood und dem Subclan Geri, sowie der sunnitischen Richtung des Islam. Außer seiner Familie kenne er niemandem, der diesem Clan angehöre. Dokumente habe er keine. Seine Großeltern seien bereits verstorben. Seine Eltern lebten nach wie vor in seinem Heimatdorf. Er habe noch zwei Brüder und drei Schwestern. Er habe Kontakt zu seiner Mutter. Sie lebe jetzt in Äthiopien. Zu seinem Vater und zu seinen Geschwistern habe er keinen Kontakt mehr.
Er sei nicht politisch tätig gewesen und habe auch wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder seiner Religion keine Probleme gehabt, auch nicht mit Privatpersonen. Er habe hingegen Probleme mit der Al-Shabaab und den somalischen Behörden gehabt. Sowohl die Regierungsleute, als auch die Al-Shabaab seien zu ihnen gekommen und hätten sie geschlagen, wenn sie ihnen nicht gesagt hätten, was sie hätten hören wollen. Viele seiner Freunde hätten sich der Al-Shabaab angeschlossen. Sie hätten ihn auch rekrutieren wollen. Er habe das aber nicht gewollt und sie hätten ihn geschlagen und ihm den linken Arm gebrochen und ihm einen Schneidezahn ausgeschlagen. Sie hätten ihn auch töten wollen. Daher habe er das Land verlassen. Aufgefordert, die fluchtrelevanten Umstände genau, detailliert und chronologisch zu schildern, gab er lediglich an, dass ihm 2013 und 2014 die Al-Shabaab-Leute das Leben zur Hölle gemacht hätten und auch einfach Tiere und das Essen weggenommen hätten. Er wiederholte, dass sie ihm gedroht hätten, wenn er nicht mitgehen würde, ihn umzubringen. Über Vorhalt, dass er bereits angeblich einige Monate vor der Ausreise im Jänner 2014 den Fluchtentschluss gefasst habe, gab er an, dass es einige Monate gedauert hätte, bis seine gebrochenen Knochen geheilt wären und deswegen habe er nichts machen können und sei dann erst später geflohen.
Zu seinem Leben in Österreich führte er aus, dass er am XXXX mit Arbeitskollegen zusammenwohne. Er lebe in keiner Ehe oder Lebensgemeinschaft und habe auch keine Kinder, sondern lebe an seiner Arbeitsstelle. Er habe auch schon Deutschkurse besucht, aber die A1-Prüfung noch nicht abgelegt. Er könne sich aber schon auf Deutsch verständigen. In seiner Arbeit schneide er verschiedenes Gemüse und verpacke es. Am Wochenende gehe er spazieren, schaue Videos und gehe in die Disco. Bei Vereinen sei er nicht. Ehrenamtliche Tätigkeiten habe er auch noch nicht verrichtet. Er habe aber schon Freunde in Österreich, möchte hierbleiben, lernen und arbeiten. In Somalia könne er nicht ruhig leben. Wie es seinen Familienangehörigen in Somalia gehe, wisse er nicht. Er habe seine Mutter am Telefon gefragt, wie es den Geschwistern gehe, sie habe ihm aber keine Antwort gegeben.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich vom 17.01.2017, Zahl: XXXX , wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Somalia zulässig sei, sowie unter Spruchpunkt IV. die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen festgelegt.
In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang, sowie die oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zu Somalia getroffen. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass die Zugehörigkeit zu dem angegebenen Clan als glaubhaft angenommen werde. Die Schilderungen der Fluchtgründe wären jedoch ungenau, unbestimmt, nicht nachvollziehbar und daher nicht glaubwürdig.
Zu Spruchteil I. wurde insbesondere ausgeführt, dass auf Grund der mangelnden Glaubwürdigkeit eine Asylgewährung nicht habe erfolgen können, zumal sich auch aus den sonstigen Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens unter Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, der zur Gewährung von Asyl hätte führen können, ergeben hätte. Zu Spruchpunkt II. wurde nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur zunächst darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer unter keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen leide und auch eine medizinische Grundversorgung in Somalia gegeben sei. Von einer allgemeinen lebensbedrohenden Notlage, die die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Artikel 3 EMRK bei einer allfälligen Rückkehr indizieren würde, könne aus Sicht der erkennenden Behörde nicht gesprochen werden. Die Behörde gehe weiters davon aus, dass der Antragsteller hinsichtlich seines persönlichen Hintergrundes nicht der Wahrheit entsprechende Angaben getätigt habe und gehe er daher davon aus, dass er im Herkunftsstaat Verwandte und Bekannte habe, die ihn im Falle einer Rückkehr unterstützen würden und er nicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde. Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass beim Antragsteller keine individuellen Umstände vorlägen, die dafür sprächen, dass er bei einer Rückkehr nach Somalia in eine derartige extreme Notlage geraten würde, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Artikel 3 EMRK darstellen würde. Auch die sonstigen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens hätten unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welcher zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen würde, ergeben.
Zu Spruchteil III. wurde zunächst das Bestehen eines Familienlebens negiert und weiters festgehalten, dass auch keine privaten Bindungen zu Österreich vorlägen. Der Antragsteller sei zunächst illegal eingereist und habe seinen Aufenthalt nur durch Stellung eines schließlich ungerechtfertigten Asylantrages legalisieren können. Es sei daher ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes festzustellen und eine Rückkehrentscheidung zulässig. Da keine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG vorliege, sei auch eine Abschiebung nach Somalia zulässig, zumal auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte einer solchen entgegenstehe. Auch Gründe für die Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise wären nicht hervorgekommen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, vertreten durch den XXXX und durch den XXXX in getrennten Schriftsätzen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. In der Beschwerde des XXXX wurde darauf hingewiesen, dass der Antragsteller glaubwürdige Angaben zu seinen Fluchtgründen gemacht habe und dass sein Fluchtvorbringen asylrelevant im Sinne der GFK sei. Sollte dem Vorbringen jedoch keinerlei Asylrelevanz zugebilligt werden, sei auf Grund der aktuellen Sicherheitslage in Somalia subsidiärer Schutz zu gewähren und bemühe sich der Antragsteller weiters um seine sprachliche und berufliche Integration und arbeite als Saisonarbeiter bei der Firma XXXX und spreche schon recht gut Deutsch.
In der Beschwerde des XXXX wurde nach geraffter Darstellung des bisherigen Vorbringens insbesondere darauf hingewiesen, dass der Antragsteller als junger kampffähiger Mann für die Al-Shabaab interessant sei. Darüber hinaus sei die humanitäre Lage in Somalia weiterhin prekär und sei ihm schon deswegen subsidiärer Schutz zu gewähren, wobei diesbezüglich aus mehreren Länderberichten, insbesondere aus der Reisewarnung des Außenministeriums zitiert wurde. Außerdem bestehe keine innerstaatliche Fluchtalternative und ist das Vorbringen auch schlüssig und glaubwürdig und mit den Länderberichten in Übereinstimmung. Schließlich sei die Erstbefragung keine inhaltliche Einvernahme und sei der Beschwerdeführer auch ausgesprochen gut integriert, fleißig und anpassungsfähig. Schließlich wurde auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Im Akt des BFA befindet sich auch eine Anzeige wegen schwerer Körperverletzung, wobei sich die Kontrahenten, beide somalische Staatsangehörige, wieder versöhnten. Das Vollmachtsverhältnis zum XXXX wurde gekündigt, in der Folge eine Vollmacht für die XXXX erteilt, diese jedoch wenig später wiederum gekündigt.
XXXX stellte im Namen des Beschwerdeführers einen Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof, welcher mit verfahrensleitender Anordnung vom 25.06.2018 dem Bundesverwaltungsgericht auftrug, bis zum 01.10.2018 eine Entscheidung zu erlassen und zuzustellen.
Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 07.09.2018 an. XXXX gab mit E-Mail vom 06.09.2018 an, dass die Vollmacht aufgelöst wurde.
Der Beschwerdeführer erschien zur Beschwerdeverhandlung in Begleitung eines Mitarbeiters des XXXX , während die belangte Behörde sich für ihre Nichtteilnahme entschuldigte. Der Beschwerdeführervertreter brachte vor, dass der Beschwerdeführer am 31.10.2017 Frau XXXX , geboren XXXX , nach islamischem Recht geheiratet habe und seine Ehefrau nunmehr schwanger sei, wobei er eine Heiratsurkunde und eine Überweisung an die Schwangerschaftsambulanz als Beweismittel vorlegte. Informativ befragt gab der Beschwerdeführer an, dass seine Frau rechtskräftig subsidiären Schutz erhalten habe. Weiters wurden eine Kursbestätigung für Deutsch und Alphabetisierungskurse und eine Teilnahmebestätigung an einem Werte- und Orientierungskurs vorgelegt. Hinsichtlich des Umstandes, dass der Beschwerdeführer mehrfach als landwirtschaftlicher Saisonarbeiter gearbeitet habe, wurde der diesbezügliche Versicherungsdatenauszug vorgelegt.
Der Beschwerdeführer hielt sein bisheriges Vorbringen einschließlich der Beschwerde aufrecht und gab an, dass der Referent beim BFA ihn immer wieder gestoppt habe und er nicht alles habe sagen können. Er sei somalischer Staatsangehöriger, besitze darüber aber keine Dokumente, weiters sei er Moslem/Sunnit und gehöre dem Clan Darood und dem Subclan Geri an. Wegen seiner Clanzugehörigkeit habe er keine Probleme gehabt, aber sie seien ein Minderheitenstamm. Er sei am XXXX in XXXX geboren und habe dort von seiner Geburt bis zur Ausreise gelebt. Dieser Ort liege in der Region Jubbada Hoose, in der Nähe von XXXX . Mit dem Auto brauche man ca. einen Tag nach XXXX , denn die Straße sei dort sehr schlecht. Der Ort liege nicht an der Küste, sondern in den Bergen. Es gebe dort auch viel Wald, wo Tiere weiden könnten. Es werde dort vor allem Tierzucht betrieben, Kamele, Rinder und Ziegen. Wie viele Einwohner sein Heimatort habe, könne er nicht sagen. Es würden dort viele Familien leben. Über Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung angegeben habe, zuletzt in XXXX gelebt zu haben, gab er an, dass die Frage gewesen sei, wie die nächst größere Stadt heiße.
Er sei Analphabet und habe weder eine Koran-, noch eine normale Schule besucht. Erst in Österreich habe er Schreiben und Lesen gelernt. Seine Familie seien Tierzüchter gewesen und sie hätten die Milch der Kamele verkauft. Gelegentlich hätten sie auch Kamele am Markt verkauft. Er sei nie in der Stadt gewesen, er sei nur mit den Tieren am Land gewesen, aber sie seien immer am gleichen Ort geblieben. Sie hätten wirtschaftliche Probleme in Somalia gehabt, denn sie hätten nur eine einzige Mahlzeit am Tag gehabt und nur ihre Milch zu trinken gehabt. Ob seine Eltern noch leben würden, wisse er nicht. Den letzten Kontakt habe er mit seiner Mutter im Jahre 2016 gehabt, damals habe sie in XXXX in Äthiopien gelebt. Sie sei dort alleine gewesen, während sein Vater mit den jüngeren Geschwistern weiter in XXXX geblieben sei. Seine Mutter habe ihn nach Äthiopien gebracht, weil er verletzt gewesen sei und sei dann dortgeblieben. Er habe fünf Geschwister, zwei Brüder und drei Schwestern. Seit er das Land verlassen habe, habe er keinen Kontakt mehr zu seinen Geschwistern.
Politisch betätigt habe er sich in Somalia nicht. Befragt, ob er in Somalia Probleme mit staatlichen Behördenorganen gehabt habe, gab er an, dass Regierungstruppen sie am Tag geschlagen hätten, um herauszupressen, wo sich die Al-Shabaab befinden würde. Am Abend seien dann die Al-Shabaab-Leute in ihr Dorf gekommen. Über Vorhalt, dass nach aktuellen Länderberichten die ländliche Umgebung von XXXX schon längere Zeit von der Al-Shabaab beherrscht habe und die AMISOM nur in XXXX eine größere Garnison habe, gab er an, dass die Regierungstruppen gemeinsam mit AMISOM-Truppen am Tag unterwegs seien und zwar auch in der Umgebung von XXXX . Wenn die Sonne untergehe, würden sie dann nach XXXX zurückkehren.
Gefragt nach den Problemen mit der Al-Shabaab gab er an, dass sich viele seiner Freunde freiwillig der Al-Shabaab angeschlossen hätten und diese zu ihm gekommen wären und ihn aufgefordert hätten, auch am Heiligen Krieg teilzunehmen. Er habe aber abgelehnt und gesagt, dass er für seine Familie arbeiten müsse. Daraufhin habe der Anführer gedroht, ihn zu töten, dann seien sie wieder weggegangen. Er habe ihm auch noch gesagt, dass er ihm eine Bedenkzeit geben würde, aber es wäre gut, wenn er seine Meinung ändern würde. Er habe ihnen dann nochmals gesagt, dass er das nicht wolle. Dies sei im Februar 2014 gewesen. Gefragt, ob es seine Freunde gewesen wären, die der Al-Shabaab beigetreten wären, zu ihm gekommen wären oder andere Al-Shabaab-Mitglieder, gab er an, dass es insgesamt über zehn Personen gewesen seien und vier davon seine Freunde gewesen wären. Sie hätten normale Zivilkleidung angehabt, aber es seien alle maskiert gewesen, auch die Freunde. Seine Freunde hätten ihn jedoch direkt angesprochen und deswegen hätte er sie an der Stimme erkannt. Die Al-Shabaab sei öfters bei ihnen gewesen und hätte ihnen etwas zum Essen weggenommen. Die Al-Shabaab-Mitglieder hätten nicht erwähnt, wie lange die Bedenkzeit gedauert hätte. Seine Freunde hätten ihn schon öfters gefragt, ob er sich der Al-Shabaab anschließen wolle. Er habe dies aber immer verneint.
Gefragt nach einem weiteren Vorfall mit der Al-Shabaab gab er an, dass sie Milch und etwas zum Essen mitgenommen hätten, bevor sie weggegangen seien. Am selben Abend wären sie wiedergekommen. Sein Vater und seine Geschwister seien draußen gewesen. Sie seien gerade beim Abendessen gewesen. Er habe Geräusche gehört und sei mit einer Taschenlampe ins Freie gegangen. Er habe gedacht, dass die Tiere da wären, aber er habe niemanden gesehen. Er habe dann jemanden gesehen, der aufgestanden sei und einen Warnschuss in die Luft abgegeben hätte, dann seien alle aufgestanden und die Tiere davongelaufen. Sie hätten ihn angehalten und mit einem Gewehrkolben geschlagen. Dadurch hätten sie seinen Unterarm gebrochen und die Zähne ausgeschlagen. In der Folge sei er bewusstlos geworden und habe geblutet. Die Al-Shabaab-Mitglieder hätten ihn liegengelassen. Er glaube, sie hätten gedacht, dass er bereits tot wäre. Am nächsten Tag sei er dann wach geworden in einem anderen Haus. Dort sei sein gebrochener Arm nach traditioneller Art geheilt worden. Am folgenden Tag in der Früh habe ihn seine Mutter mit einem LKW nach XXXX gebracht. Die Männer, die ihn mit dem Gewehrkolben geschlagen hätten, hätten ihm gesagt, ob er mit ihnen mitgehen wolle oder lieber auf der Stelle sterben wolle. Er habe ein Mitgehen nach wie vor verneint. Er sei schon immer gegen die Al-Shabaab gewesen, denn die Al-Shabaab töte unschuldige Leute und er habe das nicht tun wollen. Er sei nur einen Tag lang in XXXX gewesen. Befragt, ob die Al-Shabaab irgendwann einmal versucht hätte, ihn zu verschleppen, gab er an, dass sie ihn auf der Straße aufgehalten hätten und gefragt hätten, ob er sich ihnen anschließen wolle. Er habe dies aber immer verneint. Befragt, wie lange er nach dem Vorfall, bei dem er verletzt worden sei, noch in Somalia geblieben sei, gab er an, dass er die Nacht bei einem Heiler verbracht habe und eine weitere in XXXX . In dieser Zeit habe er keine weiteren Probleme mehr mit der Al-Shabaab gehabt. Gefragt, ob seine Freunde auch anwesend gewesen seien, als er in der Nacht geschlagen worden sei, gab er an, dass er dies nicht wisse. Der unmittelbare Grund der Ausreise sei der gewesen, dass die Al-Shabaab-Mitglieder ihn verletzt hätten und er Angst vor ihnen gehabt habe, sodass er sich entschlossen habe auszureisen. Er sei im Jänner 2014 mit einem LKW nach Äthiopien gefahren. Seine Mutter habe ihn dorthin begleitet, dann sei er weiter in den Sudan und nach Libyen, sowie über das Mittelmeer nach Italien.
Er wisse nicht, ob sein Vater und seine Geschwister noch in Somalia seien. Er wisse auch nicht, ob seine Mutter noch immer in XXXX sei, denn in XXXX habe es vor einigen Tagen auch Auseinandersetzungen gegeben. Gefragt, warum er keinen Kontakt mehr mit seiner Familie habe, gab er an, dass er mehrmals versucht habe, eine Verbindung mit seiner Familie herzustellen, ihm aber dies nicht gelungen sei. Er kenne auch niemanden, der dort ein Telefon habe. Seine Mutter habe ihm erzählt, dass sie nach Somalia zurückkehren wolle, aber sie Angst vor der Al-Shaabab habe. Seine Mutter habe ihn mehrmals aus XXXX angerufen, er habe dann versucht, unter dieser Telefonnummer zurückzurufen, aber es melde sich niemand.
Aktuelle gesundheitliche oder psychische Probleme habe er nicht. Er mache sich nur Sorgen um seine Familie.
Er leide unter keinen aktuellen gesundheitlichen oder psychischen Problemen. Er mache sich nur Sorgen um seine Familie. Derzeit besuche er fünfmal in der Woche einen Deutschkurs und spiele am Wochenende Fußball. Er lebe mit seiner Frau in einem Haushalt. Sie bekomme Sozialhilfe und er bekomme Geld vom AMS. Als er Anfang 2017 ins Burgenland gefahren sei, um einen Freund zu besuchen, habe er seine Frau, die dort in der gleichen Unterkunft gelebt hat, kennengelernt. Seit Oktober 2017 würden sie in Wien zusammenleben. Seine Frau sei im ersten Schwangerschaftsmonat. Er habe in Österreich wohl keine Ausbildung absolviert, aber er habe Deutsch- und Alphabetisierungskurse besucht und werde demnächst zu einer A2-Prüfung antreten. Er habe dreimal je sechs Monate als landwirtschaftlicher Saisonarbeiter gearbeitet. Bei Vereinen oder Institutionen sei er nicht Mitglied. Er habe aber schon viele österreichische Freunde.
Wenn er in Österreich bleiben dürfe, möchte er zuerst die Sprache lernen und dann weiterarbeiten. Er habe auch schon viele Freunde, die ihm behilflich sein könnten, eine Stelle zu finden, aber da er derzeit keinen Aufenthaltstitel besitze, könne er nicht arbeiten.
Gefragt, was mit ihm geschehen würde, wenn er nach Somalia zurückkehren würde, gab er an, dass er keinen Kontakt mehr habe mit seiner Familie und nicht wisse, ob seine Familienangehörigen noch am Leben wären. Nachdem er das Land verlassen habe, sei seine Heimatregion von der Dürre betroffen gewesen. Er wisse nicht, ob alle Tiere gestorben wären und ob auch seine Familie verhungert wäre. Auch die Sicherheitslage sei nach wie vor schlecht und habe er Angst vor der Al-Shabaab, dass diese ihn töten würde.
Der Beschwerdeführervertreter ergänzte, dass der Beschwerdeführer hier in Österreich eine Frau gefunden habe, die über subsidiären Schutz verfüge und sie das erste gemeinsame Kind erwarten würden und dass der Beschwerdeführer nach wie vor arbeitswillig sei.
Über Vorhalt, dass im Strafregisterauszug wohl keine Verurteilung aufscheine, im Akt aber sich aber eine Anzeige wegen Raufhandels befinde, gab er an, dass er mit einem Freund gestritten habe, aber dies sei nur ein einziges Mal gewesen. Außerdem habe es einen Vorfall gegeben, wo er seine Freunde besucht habe und der Fahrer habe sich verirrt und seien sie plötzlich in Deutschland gewesen. In diesem Zusammenhang wird auf die Einstellung der Staatsanwaltschaft Linz vom 03.11.2016 verwiesen.
Am Schluss der Verhandlung wurden den Verfahrensparteien das Länderinformationsblatt zu Somalia vom 12.01.2018 in der aktualisierten Fassung vom 03.05.2018 vorgehalten. Der Beschwerdeführervertreter gab an, dass er dieses Informationsblatt kenne und gab dazu keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:
1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Zur Person des Beschwerdeführers wird folgendes festgestellt:
Er ist Staatsbürger von Somalia und gehört dem Clan Darood, sowie dem Subclan Geri an und ist Moslem/Sunnit. Er wurde am XXXX in XXXX in der Region Jubadda Hoose geboren und hat dort bis zur Ausreise gelebt. Die Familie hat davon gelebt, dass sie Kamele gezüchtet hat und deren Milch und gelegentlich die Jungtiere verkauft hat.
Der Beschwerdeführer hatte wirtschaftliche Probleme in Somalia. Auf Grund seiner Clanzugehörigkeit hat er jedoch keine Probleme. Zu den Fluchtgründen könne mangels glaubhafter Angaben keine Feststellungen getroffen werden. Der Beschwerdeführer hat Somalia im Jänner 2014 verlassen und gelangte über Äthiopien und den Sudan nach Libyen und von dort über das Mittelmeer nach Italien. Der Beschwerdeführer hat keinen Kontakt mehr zu seinen Familienangehörigen. Seine Mutter hat sich nach seiner Ausreise in XXXX in Äthiopien befunden, sein Vater mit den fünf Geschwistern allerdings im Heimatort. Der Beschwerdeführer weiß nicht, ob seine Familienangehörigen noch am Leben sind, wenn ja, wo sie sich derzeit aufhalten.
Er hat am 31.10.2017 nach islamischem Recht die somalische Staatsangehörige XXXX , geboren: XXXX , geheiratet. Er führt mit ihr ein Familienleben und ist sie von ihm im ersten Monat schwanger. Seine Ehefrau ist (rechtskräftig) subsidiär Schutzberechtigte. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau sind aber nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer besucht einen Deutschkurs und hat dreimal je sechs Monate als landwirtschaftlicher Saisonarbeiter in XXXX gearbeitet. Der Beschwerdeführer leidet unter keinen schweren organischen oder psychischen Erkrankungen und ist strafrechtlich unbescholten.
Zu Somalia wird folgendes verfahrensbezogen festgestellt:
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert
Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).
Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).
Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):
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(FEWS 3.2018)
Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu-Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).
Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP-Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).
Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).
In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).
Die Entspannung wird auf Karten dokumentiert:
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(FEWS 4.2018b)
Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).
Untenstehend findet sich die detaillierte Prognosekarte der Agentur FSNAU der FAO für die Monate 2-6/2018:
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(FAO 2018)
Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).
Quellen:
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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia
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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook-update/april-2018, Zugriff 2.5.2018
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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia
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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018
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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia
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Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook/february-2018, Zugriff 2.5.2018
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FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map, Zugriff 2.5.2018
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FAO SWALIM (27.4.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018,
https://reliefweb.int/map/somalia/somalia-rainfall-forecast-issued-27-april-2018, Zugriff 2.5.2018
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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018,
https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somalia-flash-update-3-humanitarian-impact-heavy-rains-2-may-2018, Zugriff 3.5.2018
2. Politische Lage
Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).
Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.1.2017).
Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017), waren es 2016 über 14.000 Clan-Repräsentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Während die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der Bundesstaaten gewählt wurden, wählten die o.g. Clan-Repräsentanten die 275 auf Clan-Basis ausgewählten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).
Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwürfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Präsidenten; im März bestätigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament bestätigte am 29.3.2017 dessen 69-köpfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).
Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung übergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Dürre und Sicherheit darstellen. Überhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einkünften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abhängig (SEMG 8.11.2017).
Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 9.2016).
Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchführung wird aber maßgeblich davon abhängen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in den Bundesstaaten etablieren können und ob ein Verfassungsgericht eingerichtet wird (UNSC 5.9.2017).
Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)
Generell befindet sich das föderalistische System Somalias immer noch in einer frühen Phase und muss in den kommenden Jahren konsolidiert werden (UNSC 9.5.2017). Zwar gibt es in manchen Gebieten Verbesserungen bei der Verwaltung und bei der Sicherheit. Es ist aber ein langsamer Prozess. Die Errichtung staatlicher Strukturen ist das größte Problem, hier versucht die internationale Gemeinschaft zu unterstützen (BFA 8.2017).
Kaum ein Bundesstaat ist in der Lage, das ihm zugesprochene Gebiet tatsächlich unter Kontrolle zu haben. Bei den neu etablierten Entitäten reicht die Macht nur wenige Kilometer über die Städte hinaus (BFA 8.2017; vgl. NLMBZ 11.2017).
Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, begann mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 der Prozess der Gliedstaatsgründung im weiteren Somalia, der nach der Gründung der Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und Hirshabelle 2016 seinen weitgehenden Abschluss fand (AA 4.2017a). Offen ist noch der finale Status der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, BFA 8.2017).
Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance.
Rein technisch bedeutet dies: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir (BFA 8.2017).
Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten sind angespannt, da es bei der Sicherheitsarchitektur und bei der Ressourcenverteilung nach wie vor Unklarheiten gibt (SEMG 8.11.2017). Außerdem hat der Schritt zur Föderalisierung zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016). Denn in jedem Bundesstaat gibt es unterschiedliche Clankonstellationen und überall finden sich Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden. Sie fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).
Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: Galmudug Interim Administration (GIA); die Jubaland Interim Administration (JIA); Interim South West State Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 3.3.2017). Außerdem müssen noch wichtige Aspekte geklärt und reguliert werden, wie etwa die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern, die Verteilung der Einkünfte oder die Verwaltung von Ressourcen. Internationale Geber unterstützen den Aufbau der Verwaltungen in den Bundesstaaten (UNSC 5.9.2017).
1) Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba): Im Jahr 2013 kam es zu einem Abkommen zwischen der Bundesregierung und Delegierten von Jubaland über die Bildung des Bundesstaates Jubaland. Im gleichen Jahr wurde Ahmed Mohamed Islam "Madobe" zum Präsidenten gewählt (USDOS 3.3.2017). Der JIA ist es gelungen, zumindest in Kismayo eine Verwaltung zu etablieren. Die Machtbalance in Jubaland wurde verbessert, seit die Ogadeni auch mit anderen Clans kooperieren und diese in Strukturen einbinden (BFA 8.2017).
2) South West State (SWS; Bay, Bakool, Lower Shabelle): Nach einer Gründungskonferenz im Jahr 2014 formierte sich im Dezember 2015 das Parlament des Bundesstaates South West State. Dieses wählte Sharif Hassan Sheikh Adam zum Übergangspräsidenten (USDOS 3.3.2017). Insgesamt befindet sich der SWS immer noch im Aufbau, die Regierungsstrukturen sind schwach, Ministerien bestehen nur auf dem Papier. Es gibt kaum Beamte, und in der Politik kommt es zu Streitigkeiten. Die Region Bakool ist besser an den SWS angebunden, als dies bei Lower Shabelle der Fall ist. Die Beziehungen von Lower Shabelle zur Bundesregierung und zum SWS sind kompliziert, der SWS hat dort kaum Mitsprache (BFA 8.2017).
3) HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle): Bei der Bildung des Bundesstaates HirShabelle wurde längere Zeit über gestritten. Beide Regionen (Hiiraan und Middle Shabelle) haben erklärt, dass sie genügend Einwohner hätten, um jeweils einen eigenen Bundesstaat gründen zu können. Trotzdem wurden die Regionen fusioniert (BFA 8.2017). Im Jänner 2016 fand eine Konferenz zur Bildung eines Bundesstaates aus Hiiraan und Middle Shabelle statt. In der Folge wurde im Oktober 2016 der Bundesstaat Hirshabelle eingerichtet: Ein Parlament wurde zusammengestellt und ein Präsident - Ali Abdullahi Osoble - gewählt. Anführer der Hawadle haben eine Teilnahme verweigert (USDOS 3.3.2017). Das Kabinett wurde Mitte März 2017 vom Parlament bestätigt (BFA 8.2017; vgl. UNSC 9.5.2017). Der Großteil der Regierung von HirShabelle befindet sich in Mogadischu. Die Bildung des Bundesstaates scheint alte Clan-Konflikte neu angeheizt zu haben, die Hawadle fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).
4) Galmudug (Galgaduud, Teile von Mudug): 2015 wurde eine Regionalversammlung gebildet und Abdikarim Hussein Guled als Präsident gewählt hat (EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewählt wurden die 89 Mitglieder von 40 Ältesten, welche wiederum 11 Clans repräsentierten. Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama'a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 3.3.2017). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa'ad dominiert (EASO 2.2016). Am 25.2.2017 trat der Präsident von Galmudug, Abdikarim Hussein Guled, zurück (UNSC 9.5.2017). Am 3.5.2017 wurde Ahmed Duale Geele "Xaaf" vom Regionalparlament von Galmudug zum neuen Präsidenten gewählt (UNSC 5.9.2017). Auch der neue Präsident hat noch keine Lösung mit der ASWJ herbeigeführt (UNSOM 13.9.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 13.9.2017
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BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017
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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 20.11.2017
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DW - Deutsche Welle (10.2.2017): Kommentar: Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-viele-l%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267, Zugriff 24.11.2017
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EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,
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3. Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten
Vergleicht man die Areas of Influence der Jahre 2012 und 2017, hat es kaum relevante Änderungen gegeben. Die Regierung und ihre Verbündeten kontrollieren zwar viele Städte, darüber hinaus ist eine Kontrolle aber kaum gegeben. B