TE Vwgh Beschluss 1999/10/20 97/01/1066

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Veröffentlicht am 20.10.1999
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Index

L03001 Wählerevidenz Burgenland;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
WählerevidenzG Bgld 1996 §1;
WählerevidenzG Bgld 1996 §13;
WählerevidenzG Bgld 1996 §6;
WählerevidenzG Bgld 1996 §7;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/01/1067

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, in den Beschwerdesachen der Gemeindewahlbehörde 7433 Mariasdorf, vertreten durch Bürgermeister Karl Kreimer als Vorsitzenden der Gemeindewahlbehörde, gegen die Bescheide der Bezirkswahlbehörde Oberwart vom 13. Oktober 1997,

1. Zl. II-G-8/16-1997, betreffend Aufnahme in die Landes- und Gemeindewählerevidenz (mitbeteiligte Partei: F W, W), und

2. Zl. II-G-8/16-1997, betreffend Aufnahme in die Landes- und Gemeindewählerevidenz (mitbeteiligte Partei: M W, W), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Bescheiden jeweils vom 13. Oktober 1997 gab die Bezirkswahlbehörde Oberwart "gemäß § 25 Abs. 3 Gemeindewahlordnung 1992 i.d.g.F." den wegen ihrer Nichtaufnahme in die "Landes- und Gemeindewählerevidenz" der Gemeinde Mariasdorf erhobenen Berufungen der mitbeteiligten Parteien Folge, behob die angefochtenen Einspruchsentscheidungen der Gemeindewahlbehörde Mariasdorf vom 9. Juni 1997 und verfügte, dass die mitbeteiligten Parteien "in die Landes- und Gemeindewählerevidenz aufzunehmen" seien.

In der Rechtsmittelbelehrung war jeweils ausgeführt, dass gegen die Entscheidung der Bezirkswahlbehörde gemäß § 25 Abs. 4 der Gemeindewahlordnung 1992 eine weitere Berufung nicht zulässig sei. Hingewiesen wurde ferner jeweils darauf, dass gegen den Bescheid binnen sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof "und/oder" den Verfassungsgerichtshof erhoben werden könne. Die Bescheide ergingen ferner "zur Kenntnisnahme" an die Gemeinde Mariasdorf.

2. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden. Die Mitbeteiligten hätten am 24. Februar 1997 Einsprüche gegen die "Landes- und Gemeindewählerevidenz" beim Gemeindeamt Mariasdorf eingebracht, darin jeweils die Aufnahme in die Wählerevidenzen beantragt und gleichzeitig jeweils ein "Erhebungsblatt zur Feststellung des Wohnsitzes im Sinne des Bgld. Wahlrechtes" beigebracht. Auf Grund dieser Erhebungsblätter und auf Grund der Kenntnisse der Gemeindewahlbehörde sei diese bei ihrer Sitzung am 6. Juni 1997 zur Auffassung gelangt, dass die Mitbeteiligten nicht in die "Landes- bzw. Gemeindewählerevidenz" aufzunehmen seien.

Dieser Auffassung habe sich die belangte Behörde verfehlterweise in den angefochtenen Bescheid nicht angeschlossen und ohne nähere Begründung die Voraussetzungen für die Aufnahme der Mitbeteiligten als erfüllt angesehen.

Zu Beschwerdelegitimationen enthalten die Beschwerden keine Ausführungen.

3. Sowohl nach dem Beschwerdevorbringen als auch nach dem Spruch der angefochtenen Bescheide betreffen diese ausschließlich die Aufnahme der Mitbeteiligten in die Landes-Wählerevidenz und die Gemeinde-Wählerevidenz, nicht etwa, wie die Zitierung des § 25 Abs. 3 der Gemeindewahlordnung 1992 nahe legen könnte, nur die Aufnahme in ein Wählerverzeichnis (aus Anlass einer Gemeinderatswahl).

Die §§ 1, 6, 7 und 13 des Bgld. Wählerevidenz-Gesetzes, LGBl. Nr. 5/1996 (im Folgenden: WEvG), lauten:

"§ 1

Zweck

(1) In jeder Gemeinde sind neben der nach dem Wählerevidenzgesetz 1973, BGBl. Nr. 601, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 505/1994, zu führenden Wählerevidenz (Bundes-Wählerevidenz) eine Landes-Wählerevidenz und eine Gemeinde-Wählerevidenz zu führen.

(2) Die Landes-Wählerevidenz und die Gemeinde-Wählerevidenz dienen als Grundlage für

1. die Anlegung der Wählerverzeichnisse für

a)

Wahlen zum Landtag und

b)

Wahlen in den Gemeinderat und zum Bürgermeister sowie

              2.              die Erfassung des Personenkreises, der berechtigt ist, an Volksbegehren,

Volksabstimmungen, Volksbefragungen sowie an Bürgerinitiativen und

Bürgerbegutachtungen nach dem Landes-Verfassungsgesetz über die

Verfassung des Burgenlandes (L-VG), LGBl. Nr. 42/1981, in der jeweils

geltenden Fassung, im Zusammenhalt mit dem Burgenländischen Volksbegehrensgesetz, LGBl. Nr. 43/1981, dem Burgenländischen Volksabstimmungsgesetz, LGBl. Nr. 44/1981, dem Burgenländischen Volksbefragungsgesetz, LGBl. Nr. 45/1981, dem Gesetz über die Bürgerinitiative und Bürgerbegutachtung, LGBl. Nr. 46/1981,

sowie

dem Burgenländischen Gemeindevolksrechtegesetz, LGBl. Nr. 55/1988,

alle in der jeweils geltenden Fassung, teilzunehmen.

...

§ 6

Einspruch

(1) Jeder österreichische Staatsbürger kann gegen die Aufnahme oder Nichtaufnahme einer Person in die Landes-Wählerevidenz und die Gemeinde-Wählerevidenz schriftlich oder mündlich einen begründeten Einspruch erheben. Das Einspruchsrecht gegen die Gemeinde-Wählerevidenz steht auch Angehörigen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union zu. Im Einspruch kann auch die Aufnahme einer Person in die Landes-Wählerevidenz oder eine Gemeinde-Wählerevidenz oder die Streichung einer Person aus diesen Evidenzen begehrt werden. Wenn der Einspruch mündlich erhoben wird, ist sein wesentlicher Inhalt in einer Niederschrift, die vom Einspruchswerber zu unterfertigen ist, festzuhalten. Schriftliche Einsprüche können nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden technischen Mittel auch telegraphisch, fernschriftlich, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingebracht werden.

(2) Der Einspruch ist beim Gemeindeamt jener Gemeinde einzubringen, in deren Landes-Wählerevidenz oder Gemeinde-Wählerevidenz eine Änderung begehrt wird. Das Gemeindeamt hat den Einspruch unverzüglich der Gemeindewahlbehörde zur Entscheidung vorzulegen.

(3) Die Namen der Einspruchswerber unterliegen der Amtsverschwiegenheit.

(4) Die Gemeindewahlbehörde hat die Person, gegen deren Aufnahme in die Landes-Wählerevidenz oder die Gemeinde-Wählerevidenz Einspruch erhoben wurde, hievon unter Bekanntgabe der Gründe innerhalb von zwei Wochen nach Einlangen des Einspruches mit der Mitteilung zu verständigen, dass sie innerhalb von zwei Wochen schriftlich oder mündlich Stellung nehmen kann.

(5) Die Gemeindewahlbehörde hat über den Einspruch innerhalb von drei Monaten zu entscheiden. Der Einspruch ist zurückzuweisen, wenn der Einspruchswerber zur Erhebung des Einspruches nicht berechtigt oder der Einspruch kein bestimmtes Begehren oder keine Begründung enthält. In allen andern Fällen ist in der Sache selbst zu entscheiden. Die Entscheidung ist zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. Die Entscheidung ist schriftlich auszufertigen und dem Einspruchswerber sowie der Person, gegen deren Aufnahme oder Nichtaufnahme in die Landes-Wählerevidenz oder die Gemeinde-Wählerevidenz Einspruch erhoben wurde, zu eigenen Handen zuzustellen.

(6) Wenn die Entscheidung eine Richtigstellung der Landes-Wählerevidenz oder der Gemeinde-Wählerevidenz erfordert, ist sie nach Rechtskraft auch der Gemeinde gegebenenfalls unter Anschluss des Wähleranlageblattes zuzustellen. Die Gemeinde hat die Richtigstellung der Landes-Wählerevidenz bzw. der Gemeinde-Wählerevidenz unter Anführung der Entscheidungsdaten durchzuführen.

§ 7

Berufung

(1) Gegen die Entscheidung gemäß § 6 Abs. 5 können der Einspruchswerber sowie die von der Entscheidung betroffene Person innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung schriftlich die Berufung bei der Gemeindewahlbehörde einbringen. Die Gemeindewahlbehörde hat den Berufungsgegner von der eingebrachten Berufung innerhalb von zwei Wochen mit dem Beifügen zu verständigen, dass es ihm freisteht, innerhalb von zwei Wochen nach der an ihn ergangenen Verständigung in die Berufung Einsicht und zu den vorgebrachten Berufungsgründen Stellung zu nehmen.

(2) Über die Berufung hat die Bezirkswahlbehörde zu entscheiden. Eine weitere Berufung ist unzulässig.

...

§ 13

Wirkungsbereich der Gemeinden

(1) Die Führung der Gemeinde-Wählerevidenz obliegt den Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich.

(2) Die Führung der Landes-Wählerevidenz obliegt den Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich."

4. Aus den - jeweils identischen - Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit den angefochtenen Bescheiden ergibt sich, dass die Mitbeteiligten Einsprüche gegen ihre Nichtaufnahme in die Landes-Wählerevidenz und die Gemeinde-Wählerevidenz beim Gemeindeamt Mariasdorf einbrachten. Sie traten demnach als "Einspruchswerber" im Sinne des § 6 Abs. 1 vierter Satz, Abs. 3 und Abs. 5 WEvG auf und erhoben - gemäß § 7 Abs. 1 WEvG zulässigerweise in ihrer Eigenschaft als Einspruchswerber - Berufungen gegen die abweisende Entscheidung der nach § 6 Abs. 5 WEvG zuständigen Gemeindewahlbehörde.

Über diese Berufungen hatte gemäß § 7 Abs. 2 WEvG - in letzter Instanz - die Bezirkswahlbehörde zu entscheiden.

Das WEvG bietet keinen Hinweis darauf, dass die Gemeindewahlbehörde im Berufungsverfahren vor der Bezirkswahlbehörde Parteistellung hätte. Sie wurde von der Bezirkswahlbehörde auch, wie die angefochtenen Bescheide zeigen, nicht als Partei betrachtet. Die Gemeinde Mariasdorf erhielt die angefochtenen Bescheide nur "zur Kenntnisnahme" (anscheinend im Hinblick auf § 6 Abs. 6 WEvG). Ein Bescheid wurde gegenüber der Beschwerdeführerin daher gar nicht erlassen, weshalb eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG aus diesem Grund nicht zulässig ist.

Die Beschwerdeführerin kann im Übrigen auch nicht etwa als "Berufungsgegner" im Sinne des § 7 Abs. 1 zweiter Satz WEvG verstanden werden, weil damit, wie sich aus dem Zusammenhang der §§ 6 und 7 WEvG ergibt, nur eine Person gemeint sein kann, die wegen Aufnahme oder Nichtaufnahme einer dritten Person als Einspruchswerber aufgetreten ist. Im Falle der Mitbeteiligten lag eine solche Konstellation nicht vor, so dass es dahingestellt bleiben kann, inwieweit dem "Berufungsgegner" im Sinne des § 7 Abs. 1 zweiter Satz WEvG überhaupt eine Beschwerde gegen den Berufungsbescheid der Bezirkswahlbehörde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts offen stünde.

Das WEvG enthält aber auch keine - im Rahmen der Ermächtigung des Art. 131 Abs. 2 B-VG ergangene - Regelung, derzufolge die Gemeindewahlbehörde befugt wäre, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen Bescheide der Bezirkswahlbehörde zu erheben. Die Beschwerdeführerin war demnach auch aus diesem Blickwinkel nicht zu einer Beschwerdeerhebung berechtigt.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - vorliegendenfalls in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen, ohne dass auf die Frage eingegangen zu werden brauchte, ob sie nicht gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen waren.

Wien, am 20. Oktober 1999

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des Berufungswerbers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997011066.X00

Im RIS seit

02.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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