TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/24 W251 2152366-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.09.2018
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Entscheidungsdatum

24.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W251 2152366-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX alias XXXX alias XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.03.2017, Zl. 1069725603 - 150528890, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 19.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 20.05.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er sich in ein Mädchen verliebt und dieses heimlich besucht habe. Er sei von der Familie des Mädchens gesehen worden, er habe seine Heimat verlassen, da er sonst von der Familie des Mädchens getötet worden sei.

3. Am 13.12.2016 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass er sich in ein Mädchen verliebt habe. Er habe dieses Mädchen immer heimlich getroffen. Bei einem Treffen sei er vom Vater des Mädchens erwischt worden, er habe jedoch fliehen können. Sein Vater habe ihn überredet in die Türkei zu gehen.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht glaubhaft habe machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, der somit bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in eine ausweglose Situation geraten würde, er könne sich in Kabul oder Jalalabad-Stadt niederlassen. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass er konkrete Angaben zu seinen Fluchtgründen gemacht habe, sodass ihm Asyl zuzuerkennen gewesen sei. Die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers sei volatil, eine innerstaatliche Fluchtalternative stehe ihm nicht zur Verfügung. Er habe keine familiären Anknüpfungspunkte in größeren Städten, sodass ihm eine Ansiedlung dort wegen der schlechten Versorgungslage nicht zugemutet werden kann. Da er keine Ausbildung und auch sonst keine Bildung habe und er auch nicht über familiäre Bindungen oder Geldmittel verfüge, würde er in ernste Versorgungsschwierigkeiten geraten.

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 20.09.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Paschutu und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

7. Mit schriftlicher Stellungnahme vom 19.09.2018, vorgelegt in der Verhandlung vom 20.09.2018, ist der Beschwerdeführer den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten nicht substantiiert entgegengetreten. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass der Beschwerdeführer durch das Führen einer heimlichen Beziehung eine Ehrverletzung begangen habe, sodass er aus religiösen Gründen in Afghanistan verfolgt werde. Da es in Afghanistan keine Trennung zwischen Religion und Staat gebe, sei seine Verfolgung auch als politisch zu werten. Der Beschwerdeführer könne deswegen auch in großen Städten ausfindig gemacht werden. Die Sicherheitslage sei so schlecht zu bewerten, dass im gesamten Staatsgebiet von Afghanistan das Risiko bestehe einen ernsthaften Schaden hinsichtlich des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit zu erleiden. Auch aus einer Entscheidung des französischen Asylgerichts, dem Entschließungsantrag des europäischen Parlaments und aus dem EASO-Bericht ergebe sich, dass der Beschwerdeführer nicht auf die Städte Kabul, Herat und Mazar-e Sharif verweisen werden könne, da ihm dies nicht zumutbar sei. Den UNHCR Richtlinien sei aber zu entnehmen, dass Asylantragstellern keine unzumutbare Härte treffen solle. Nach den neuen UNHCR-Richtlinien stehe in Kabul generell keine interne Flucht- oder Schutzalternative zur Verfügung. Der Beschwerdeführer legte mehrere Länderberichte vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX. Der Beschwerdeführer war bei seiner Ausreise aus Afghanistan bereits volljährig. Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und spricht Paschtu als Muttersprache (AS 15; AS 117-179; Verhandlungsprotokoll vom 20.09.2018, OZ 5, S. 6-7).

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Nangarhar, im Distrikt XXXX, im Dorf XXXX (auch geschrieben XXXX) geboren und ist dort gemeinsam mit seinen Eltern, seinen drei Schwester und seinen zwei Brüdern aufgewachsen (AS 177; OZ 5, S. 6, S. 7).

Der Beschwerdeführer hat keine Schule besucht, er hat jedoch als KFZ-Mechaniker gearbeitet (AS 19; AS 15). In der Türkei hat der Beschwerdeführer zwei Jahre lang in einer Fabrik Hosen genäht und gewaschen (AS 179).

Die Eltern und die Geschwister des Beschwerdeführers leben noch im Heimatdorf des Beschwerdeführers. Dort leben auch noch drei Tanten mütterlicherseits, drei Onkel mütterlicherseits und zwei Tanten väterlicherseits. Der Beschwerdeführer hat auch sehr viele Cousinen und Cousins in Afghanistan (OZ 5, S. 8, S. 14). Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seiner in Afghanistan lebenden Familie.

Die Familie des Beschwerdeführers besitzt in Nangarhar ein Lehmhaus, in dem sie wohnt (OZ 5, S. 8).

Der Beschwerdeführer verfügt in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif über keine Verwandten. Er hat in keiner dieser Städte bereits gelebt (OZ 5, S. 14).

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und hält sich seit zumindest Mai 2015 durchgehend in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer hat einen Alphabetisierungskurs sowie einen Deutschkurs für A1 und A2 absolviert. Der Beschwerdeführer hat noch keine Deutschprüfung abgelegt (AS 211, AS 219, OZ 5, S. 9; Beilage

./B).

Der Beschwerdeführer hat am Info Modul "Soziales", am Info-Modul "Bildung", am Info-Modul "Gesundheit", am Info-Modul "Zusammenleben", am Info-Modul "Wohnen", am Info-Modul "Wiener Charta", am Workshop "Gewalt, Drogen, Asylverfahren", am Workshop "österreichische Gesetze, Drogen, Gewalt" und am Workshop zur Grundrechte-Charta teilgenommen sowie einen Workshop "Hilfe im Notfall" und eine Veranstaltung "Wenn Leibe zur Gewalt wird" besucht (AS 199-209; Beilage ./C; Beilage ./E; Beilage ./F).

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung, er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer hat in der Unterkunft in Österreich ca. 10Mal, im Abstand von drei Monate jeweils eine Woche lang Reinigungsarbeiten übernommen. Seit Oktober 2017 arbeitet er auf geringfügiger Basis für eine Firma (Beilage ./H; OZ 5, S. 10; Beilagen ./I). Der Beschwerdeführer übt derzeit keine ehrenamtlichen Tätigkeiten aus (OZ 5, S. 10).

Der Beschwerdeführer verfügt weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen in Österreich. Der Beschwerdeführer konnte keine Kontakte oder Freundschaften zu Österreichern aufbauen. Er hat über seine Unterkunft freundschaftliche Kontakte zu anderen Afghanen und anderen Asylwerbern geknüpft (OZ 5, S. 11).

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund (OZ 5, S. 11).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I; OZ 5, S. 11).

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1 Der Beschwerdeführer hatte in Afghanistan keine außereheliche Beziehung bzw. ein Verhältnis zu einem Mädchen bzw. einer Frau. Er hat sich in Afghanistan nicht heimlich mit einem Mädchen bzw. einer Frau getroffen. Der Beschwerdeführer wurde auch nicht beschuldigt oder verdächtigt in Afghanistan eine außereheliche Beziehung geführt zu haben. Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie waren in Afghanistan Bedrohungen oder psychischer bzw. physischer Gewalt ausgesetzt

Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in seine körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen. Der Beschwerdeführer hat Afghanistan aus anderen Gründen verlassen.

Dem Beschwerdeführer droht individuell und konkret im Falle der Rückkehr nach Afghanistan weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch seine Familienangehörige, Familienangehörige des Mädchens bzw. der Frau oder durch andere Personen.

1.2.2. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seines Aufenthalts in einem europäischen Land in Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die Provinz Nangarhar ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Herat und Mazar-e Sharif sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 11.09.2018 - LIB 11.09.2018, S. 27).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (LIB 11.09.2018, S. 27).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (LIB 11.09.2018, S. 30).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (LIB 11.09.2018, S. 38).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht. In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt. Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheits-operationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden; auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (LIB 11.09.2018, S. 31).

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (LIB 11.09.2018, S. 31). Die Auflistung der high-profile Angriffe zeigt, dass die Anschläge in großen Städten, auch Kabul, hauptsächlich im Nahebereich von Einrichtungen mit Symbolcharakter (Moscheen, Tempel bzw. andere Anbetungsorte), auf Botschaften oder auf staatliche Einrichtungen stattfinden. Diese richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung, ausländische Regierungen und internationale Organisationen (LIB 11.09.2018, S. 32 ff, 36).

Nangarhar:

Die Provinz Nangarhar liegt im Osten von Afghanistan. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.573.973 geschätzt (LIB 11.09.2018, S. 156).

In den letzten Jahren hat sich die Sicherheitslage in der Provinz Nangarhar verschlechtert. Nangahar war seit dem Sturz des Taliban-Regimes eine der relativ ruhigen Provinzen im Osten Afghanistans, jedoch versuchen bewaffnete Aufständische in den letzten Jahren ihre Aktivitäten in der Provinz auszuweiten. In den letzten Jahren versuchen Aufständische der Taliban und des IS in abgelegenen Distrikten Fuß zu fassen. Befreiungsoperationen, in denen auch Luftangriffe gegen den IS getätigt werden, werden in den unruhigen Distrikten der Provinz durchgeführt. Angriffe auch auf lokale Beamte und Sicherheitskräfte in der Provinz werden regelmäßig von Aufständischen der Taliban und dem IS durchgeführt. Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 795 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (LIB 11.09.2018, S. 157).

Mazar-e Sharif:

Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri und ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst (LIB 11.09.2018, S. 71).

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen, durch den die Stadt sicher zu erreichen ist (LIB 11.09.2018, S. 71).

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (LIB 11.09.2018, S. 72).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (LIB 11.09.2018, S. 61f).

Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in 16 Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt. In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (LIB 11.09.2018, S. 107).

Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat. In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand, sodass die Stadt sicher erreichbar ist (LIB 11.09.2018, S. 107, 228 f).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion. Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (LIB 11.09.2018, S. 107).

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv. Die Provinz Herat zählt zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (LIB 11.09.2018, S. 108).

Nach zehn Jahren der Entminung sind nun 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher. In diesen Gegenden besteht keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (LIB 11.09.2018, S. 108).

Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (LIB 11.09.2018, S. 109).

Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an. Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, sich am Friedensprozess zu beteiligen. Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (LIB 11.09.2018, S. 110).

Medizinische Versorgung

Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Eine begrenzte Zahl staatlich geförderter öffentlicher Krankenhäuser bieten kostenfreie medizinische Versorgung. Alle Staatsbürger haben Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (LIB 11.09.2018, S. 206 ff).

Psychische Erkrankungen sind in öffentlichen und privaten Klinken grundsätzlich behandelbar. Die Behandlung in privaten Kliniken ist für Menschen mit durchschnittlichen Einkommen nicht leistbar. In öffentlichen Krankenhäusern müssen die Patienten nichts für ihre Aufnahme bezahlen. In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital und die Universitätsklinik Aliabad. Zwar gibt es traditionelle Methoden bei denen psychisch Kranke in spirituellen Schreinen unmenschlich behandelt werden. Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung zu betreiben. Die Bundesregierung finanziert Projekte zur Verbesserung der Möglichkeiten psychiatrischer Behandlung und psychologischer Begleitung in Afghanistan (LIB 11.09.2018, S. 327 f). In Mazar-e Sharif gibt es ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus (Alemi Hospital) und ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus (LIB 11.09.2018, S. 327).

Wirtschaft

Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu (LIB 11.09.2018, S. 321).

Für ca. ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden (LIB 11.09.2018, S. 321).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Sogar für gut ausgebildete und gut qualifizierte Personen ist es schwierig ohne ein Netzwerk einen Arbeitsplatz zu finden, wenn man nicht empfohlen wird oder dem Arbeitgeber nicht vorgestellt wird. Vetternwirtschaft ist gang und gebe. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Es gibt lokale Webseiten, die offene Stellen im öffentlichen und privaten Sektor annoncieren. Die meisten Afghanen sind unqualifiziert und Teil des informellen, nicht-regulierten Arbeitsmarktes. Der Arbeitsmarkt besteht Großteiles aus manueller Arbeit ohne Anforderungen an eine formelle Ausbildung und spiegelt das niedrige Bildungsniveau wieder. In Kabul gibt es öffentliche Plätze, wo sich Arbeitssuchende und Nachfragende treffen. Viele bewerben sich, nicht jeder wird engagiert. Der Lohn beträgt für Hilfsarbeiter meist USD 4,3 und für angelernte Kräfte bis zu USD 14,5 pro Tag (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III, S. 29 - 30).

In Kabul und in großen Städten stehen Häuser und Wohnungen zur Verfügung. Es ist auch möglich an Stelle einer Wohnung ein Zimmer zu mieten. Dies ist billiger als eine Wohnung zu mieten. Heimkehrer mit Geld können Grund und Boden erwerben und langfristig ein eigenes Haus bauen. Vertriebene in Kabul, die keine Familienanbindung haben und kein Haus anmieten konnten, landen in Lagern, Zeltsiedlungen und provisorischen Hütten oder besetzen aufgelassene Regierungsgebäude. In Städten gibt es Hotels und Pensionen unterschiedlichster Preiskategorien. Für Tagelöhner, Jugendliche, Fahrer, unverheiratete Männer und andere Personen, ohne permanenten Wohnsitz in der jeweiligen Gegend, gibt es im ganzen Land Angebote geringerer Qualität, sogenannte chai khana (Teehaus). Dabei handelt es sich um einfache große Zimmer in denen Tee und Essen aufgetischt wird. Der Preis für eine Übernachtung beträgt zwischen 0,4 und 1,4 USD. In Kabul und anderen großen Städten gibt es viele solche chai khana und wenn ein derartiges Haus voll ist, lässt sich Kost und Logis leicht anderswo finden. Man muss niemanden kennen um dort eingelassen zu werden (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III, S. 31).

Rückkehrer:

Im Jahr 2017 kehrten sowohl freiwillig, als auch zwangsweise insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (LIB 29.06.2018, S. 334 f).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung, wo Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden können (LIB 11.09.2018, S. 335 f).

IOM, IRARA, ACE und AKAH bieten Unterstützung und nachhaltige Begleitung bei der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Schulungen an. NRC bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an und hilft bei Grundstücksstreitigkeiten. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (LIB 11.09.2018, S. 336f).

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (LIB 11.09.2018, S. 337f).

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Nur sehr wenige Afghanen in Europa verlieren den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (LIB 11.09.2018, S. 338 f).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB 11.09.2018, S. 339).

Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB 29.06.2018, S. 339).

Rückkehrer aus Europa oder dem westlichen Ausland werden von der afghanischen Gesellschaft häufig sehr misstrauisch wahrgenommen. Rückkehrer werden aufgrund ihres Aufenthaltes in Europa nicht Opfer von Gewalttaten. Haben Rückkehrer lange Zeit im Ausland gelebt oder haben sie zusammen mit der gesamten Familie Afghanistan verlassen, ist es wahrscheinlich, dass lokale Netzwerke nicht mehr existieren oder der Zugang zu solchen erheblich eingeschränkt ist. Dies kann die Reintegration stark erschweren. Der Mangel an Arbeitsplätzen stellt für den Großteil der Rückkehrer die größte Schwierigkeit dar (Beilage ./O, S. 30).

Zina:

Bei Zina handelt es sich um Ehebruch, dies ist strafbar. Oft werden Frauen wegen versuchter zina angeklagt, um Verhaftungen wegen Verstöße gegen die Sitten, wie das Davonlaufen von Zuhause, die Ablehnung designierter Ehemänner, die Flucht vor häuslicher Gewalt usw. rechtlich zu legitimieren (LIB 11.09.2018, S. 270).

Das neue Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist, sieht die Todesstrafe für Delikte wie Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Angriff gegen den Staat, Mord und Zündung von Sprengladungen, Entführungen bzw. Straßenraub mit tödlicher Folge, Gruppenvergewaltigung von Frauen usw. vor. Die Todesstrafe wird vom zuständigen Gericht ausgesprochen und vom Präsidenten genehmigt. Sie wird durch Erhängen ausgeführt. Unter dem Einfluss der Scharia hingegen droht die Todesstrafe auch bei anderen Delikten z.B. Blasphemie, Apostasie oder Ehebruch (LIB 11.09.2018, S. 271).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./III und ./A bis ./Q (Konvolut ZMR, GVS, Strafregister Beilage ./I; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 29.06.2018 mit Aktualisierung vom 11.09.2018, Beilage ./II; EASO-Bericht, Afghanistan Netzwerke, Jänner 2018, Beilage ./III; Vollmacht ./A;

Zertifikat Deutsch A2 vom 29.06.2018, Beilage./B;

Teilnahmebestätigung "Hilfe im Notfall" vom 22.03.2018, Beilage./C;

Kursbesuchsbestätigung Samariterbund "Österreichische Gesetze, Drogen, Gewalt" Beilage./D; Teilnahmebestätigung, Veranstaltung, "Wenn Liebe zur Gewalt wird" vom 12.10.2017, Beilage./E;

Teilnahmebestätigung Infomodul "Wiener Charta" vom 17.12.2016, Beilage./F; Teilnahmebestätigung Infomodul "Zusammenleben" Beilage./G; Empfehlungsschreiben Samariterbund vom 18.09.2018, Beilage./H; Konvolut Lohnzettel - 9 Stück, Beilage./I; Stellungnahme vom 19.09.2018 Beilage ./J; EASO Bericht Dezember 2017 [S. 69-73] Beilage./K; Anmerkungen von UNHCR zu Afghanistan aus Dezember 2016, Beilage./L; Stellungnahme Amnesty International, Verwaltungsgericht Wiesbaden, vom 05.02.2018, Beilage./M; Entschließungsantrag des europäischen Parlaments zur Lage in Afghanistan vom 11.12.2017, Beilage./N; Bericht auswertiges Amt über asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Afghanistan vom 31.05.2018, Beilage./O; EASO Bericht, Afghanistan aus Dezember 2017, Beilage./P; UNHCR-Richtlinien, Afghanistan, vom 30.08.2018, Beilage./Q).

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Dass der Beschwerde zum Zeitpunkt der Ausreise aus Afghanistan bereits volljährig war, ergibt sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung, wonach er in Afghanistan 22 Jahre alt geworden sei (OZ 5, S. 12).

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre Situation in Afghanistan, seine fehlende Schulbildung) sowie zu den Eigentumsverhältnissen seiner Familie gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Das Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan als Automechaniker gearbeitet hat. Dies hat der Beschwerdeführer bereits bei der Erstbefragung angegeben, nämlich sowohl hinsichtlich seines zuletzt ausgeübten Berufs (AS 12), als auch hinsichtlich seiner Angaben zu früheren Beschäftigungen in Afghanistan oder anderen Staaten (AS 19). Da der Beschwerdeführer, der in der mündlichen Verhandlung ausführlich zu den Protokollen befragt wurde, jedoch nicht angab, dass es diesbezüglich zu Fehlern gekommen sei, geht das Gericht davon aus, dass der Beschwerdeführer als KFZ-Mechaniker in Afghanistan gearbeitet hat.

2.1.2. Das Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer regelmäßig Kontakt zu seiner im Heimatdorf lebenden Familie hat. Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt am 13.12.2016 an, dass er regelmäßig mit seinem Vater telefoniere, er habe mit diesem zuletzt vor drei Wochen telefoniert (AS 189). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass er seit diesem genannten Telefonat, drei Wochen vor der Befragung beim Bundesamt, keinen Kontakt mehr zu seiner Familie gehabt habe. Dies begründete der Beschwerdeführer damit, dass er zwar nicht wisse, was genau passiert sei, aber er weiß, dass er etwas Schlimmes getan habe (OZ 5, S. 8). Zum einen, ist für das Gericht der Fluchtgrund nicht glaubhaft (siehe Punkt II. 2.2.), sodass nicht nachvollziehbar ist, warum der Kontakt zur Familie abreißen sollte. Es ist zudem nicht nachvollziehbar, dass die Eltern den Kontakt wegen der behaupteten Liebesbeziehung erst im Jahr 2016, sohin mehr als drei Jahre nach der Ausreise aus Afghanistan, abbrechen sollten. Den Länderberichten ist zudem zu entnehmen, dass nur sehr wenige Afghanen in Europa den Kontakt zu ihren Familien in Afghanistan verlieren (Beilage ./II, S,. 338f). Das Gericht geht davon aus, dass es sich um eine Schutzbehauptung handelt und der Beschwerdeführer regelmäßig Kontakt zu seiner Familie in Afghanistan hat.

2.1.3. Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere zur Aufenthaltsdauer, seinen Deutschkenntnissen, seinen fehlenden familiären oder engen sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich und seiner Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem), auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung (AS 173; OZ 5, S. 11) und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Beilage ./I).

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, ihm drohe Lebensgefahr durch seine Familie bzw. die Familie der Freundin bzw. durch den afghanischen Staat und die Paschtunen, weil er eine außereheliche Beziehung gehabt habe, kommt seinem Vorbringen aus nachfolgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

Zunächst ist festzuhalten, dass das Gericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund des persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers davon ausgeht, dass ihm hinsichtlich seines Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen gleichbleibend, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht geworden. Der Beschwerdeführer präsentierte sowohl beim Bundesamt als auch vor Gericht eine bloße Rahmengeschichte, die er selbst auf mehrfaches Nachfragen kaum mit Details ergänzen konnte. Die Angaben des Beschwerdeführers blieben gänzlich detaillos und vage. Der Beschwerdeführer gab auch ausweichende Antworten. Es ergaben sich viele Unplausibilitäten, die seine Angaben unglaubhaft scheinen lassen. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität. Die erzählte Geschichte erweckte für das Gericht daher den Eindruck, dass es sich lediglich um eine auswendig gelernte konstruierte Geschichte handelt.

Beim Bundesamt machte der Beschwerdeführer zu seiner Fluchtgründen nachstehende Angaben: "Ich habe mich in ein Mädchen verliebt. Darum habe ich meine Eltern gebeten, dass die Eltern mich mit diesem Mädchen verheiraten lassen. Meine Eltern waren allerdings dagegen. Das Mädchen gefiel mir sehr, ich habe sie danach einige Male getroffen. Das Mädchen war auch in mich verliebt, sie mochte mich auch. Das Mädchen ist eine Verwandte meines Vaters. Beide Seiten waren dagegen. Bei einem Treffen wurde ich von ihrem Vater erwischt, ich konnte fliehen und es wurde mein Vater von seinem Vater gewarnt. Wenn ihr Vater mich erwischen würde, würde er mich erschießen. Mein Vater hat mich überredet, dass ich das Haus in die Türkei verlassen soll. Er wusste, dass es für mich gefährlich ist. Er sagte, wenn ich in der Türkei genug Geld verdiene, dann könnte er mich verheiraten lassen. Ich kann nicht zurückkehren, wenn ich zurückkehre, werde ich getötet." (AS 185).

Bereits aus diesen Angaben ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer bereits beim Bundesamt eine grobe, detaillose Rahmengeschichte präsentiert hat, die den Eindruck erweckt, dass es sich um eine auswendig gelernte Geschichte handelt. Die Angaben des Beschwerdeführers machen keinen glaubhaften Eindruck.

Der Beschwerdeführer konnte bereits beim Bundesamt keine konkreten Angaben zur behaupteten Liebensbeziehung machen. Der Beschwerdeführer konnte weder beim Bundesamt noch in der Verhandlung angegeben, wann er das Mädchen das erste Mal heimlich und alleine getroffen habe (AS 185-187; OZ 5, S. 13) Beim Bundesamt konnte der Beschwerdeführer auch keine konkreten Angaben dazu machen, wie oft er sich mit dem Mädchen heimlich getroffen habe (AS 187). Da dem Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben diese Beziehung sehr wichtig gewesen sei und er dieses Mädchen geliebt habe, wäre davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer zu seiner Beziehung konkretere Angaben hätte machen können - hätte sich eine solche Liebesbeziehung tatsächlich ereignet.

2.2.2. Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an: "Als ich zu ihr ins Zimmer ging und mich mit ihr setzte haben wir Gespräche geführt. Dann klopfte ihr Vater an die Tür, ich sprang aus dem Fenster" (AS 187). In der mündlichen Verhandlung steigerte der Beschwerdeführer jedoch seine Fluchtgeschichte. Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an: "Wir haben zweimal miteinander geschlafen und es war einmal pro Woche. Beim dritten Mal wurden wir bei ihr zuhause erwischt. Wir wurden von ihrem Vater erwischt. Der Vater hat draußen gewartet und alles gehört. Dann hat er geklopft. Wir waren fertig. Ich bin dort gesessen. Er hat die Tür aufgemacht und ich bin vom Fenster gesprungen und nachhause geflüchtet." (OZ 5, S. 12). Es ist für das Gericht nicht plausibel, weshalb der Beschwerdeführer nicht bereits beim Bundesamt angegeben hat, dass er Geschlechtsverkehr mit dem Mädchen gehabt habe. Sowohl der Dolmetscher als auch der Mitarbeiter des Bundesamtes waren männlich (OZ 5, S. 14). Die Angaben des Beschwerdeführers, dass er damals beim Bundesamt nicht darüber sprechen habe können, da er Paschtune sei und er dies nun vor Gericht doch kann, ist nicht schlüssig und als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Es liegt eine unglaubhafte Steigerung vor, sodass die Angaben des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sind.

Der Beschwerdeführer gab zur Situation, befragt was der Vater des Mädchens alles durch die Zimmertür gehört habe, auch an: "Ich bin mir sicher, alles was wir gemacht habe, dass wir miteinander geschlafen haben und das hat er alles gehört und er hat auch gehört, was wir gesprochen haben." (OZ 5, S. 12). Es ist nicht plausibel, dass der Vater des Mädchens vor der Tür warten soll, wenn dieser mitbekommt, dass seine Tochter gerade Geschlechtsverkehr haben soll bzw. mit einem Mann im Zimmer hinter geschlossener Tür alleine Gespräche führt. Es wäre eher zu erwarten gewesen, dass der Vater sofort einschreitet, wenn er einen solchen Verdacht haben würde. Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht plausibel.

2.2.3. Es ist für das Gericht auch nicht plausibel, dass die Familie des Beschwerdeführers weiter im selben Dorf wohnen bleiben könnte, wenn es zu den vom Beschwerdeführer genannten Vorfällen gekommen wäre, sodass auch dieser Aspekt an der Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers nicht plausibel ist.

Der Beschwerdeführer gab zwar beim Bundesamt an, dass seine Familie nach der Ausreise in ein anders Dorf gezogen sei (AS 183), in der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass alle seine Verwandten im Heimatdorf leben würden OZ 5, S. 14, S. 8). Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung, selbst auf konkrete Nachfrage, nicht angab, dass seine Familie das Heimatdorf verlassen habe.

Das Gericht geht daher davon aus, dass der vom Beschwerdeführer angegebene Vorfall sowie eine außereheliche Liebensbeziehung nicht stattgefunden hat und, dass die Familie des Beschwerdeführers noch im Heimatdorf lebt.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt auch an, dass seiner Familie zuvor das geerbte Haus des Großvaters gehört habe, nun sei die Familie ungezogen, es gehöre ihr jetzt nichts mehr (AS 189). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass seine Familie noch das Lehmhaus des Großvaters besitzen würde (OZ 5, S. 8). Es ist nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer beim Bundesamt angibt, das seine Familie das Lehmhaus wegen dem Umzug verloren habe und nichts mehr besitzen würde, während er dies in der mündlichen Verhandlung nicht angibt. Auch bei der Erstbefragung bejahte der Beschwerdeführer noch, dass er oder seine Familie Ländereien/Grundstücke/Firmen/Geschäfte etc. besitzen würden (AS 21). Das Gericht geht davon aus, dass die Familie des Beschwerdeführers das Lehmhaus noch besitzt und diese noch im Heimatdorf lebt. Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft.

2.2.4. Der Beschwerdeführer gab an, dass er selber in Afghanistan noch nie bedroht worden sei (OZ 5, S. 13f). Es ist nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan bei dem Vergehen der Zina, von dem bereits mehrere andere Personen Kenntnis hatten, keinen Sanktionen oder Bedrohungen ausgesetzt gewesen sein soll. Da der Beschwerdeführer noch einen Monat lang nach dem vermeintlichen Entdecken des Vaters der Freundin in Afghanistan gewesen sein will, ist es nicht plausibel, dass es zu keinen Übergriffen gekommen sein soll. Dass der Beschwerdeführer diesen Monat bei seiner Tante verbracht haben will, hat der Beschwerdeführer erst in der mündlichen Verhandlung angegeben, sodass die Angaben des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sind.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt auch an, dass er in Afghanistan weder aus religiösen noch aus politischen Gründen verfolgt werde. Er sei auch noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten (AS 189). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass er von der afghanischen Regierung verfolgt werde und er mit 15 Jahren Haft rechnen müsse (OZ 5, S. 12). Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht nachvollziehbar.

2.2.5. Auch die Angaben zur Organisation des Schleppers sind nicht plausibel. Der Beschwerdeführer gab in der Erstbefragung an, dass er die Reise selber organisiert habe (As 25). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater für ihn einen Schlepper organisiert habe (OZ 5, S. 12). Die Angaben des Beschwerdeführers sind für das Gericht nicht nachvollziehbar.

2.2.6. Aufgrund der insgesamt nicht glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers geht das Gericht davon aus, dass der Beschwerdeführer keine Liebesbeziehung bzw. außereheliche Beziehung in Afghanistan hatte, er einer solchen auch nie verdächtigt oder beschuldigt wurde und dass seine Fluchtgründe nicht glaubhaft sind. Es ist daher ebenso davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Afghanistan nicht aus Furch vor Eingriffen in seine körperliche Integrität oder wegen Lebensgefahr verlassen hat. Es ist daher bei einer Rückkehr keine konkret und individuelle gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohungssituation zu erkennen.

Der Beschwerdeführer gab selber an, dass er - bis auf das Problem wegen der behaupteten Liebensbeziehung - keine sonstigen Probleme in Afghanistan habe (OZ 5, S. 12). Es sind daher für das Gericht auch keine anderen Verfolgungsgründe erkennbar.

Es ist weder den Angaben des Beschwerdeführers noch den beigezogenen Länderberichten zu entnehmen, dass Rückkehrer aus Europa in besondere Form von Gewalt und Bedrohung betroffen wären, sodass auch eine generelle (Gruppen-)Verfolgung von Rückkehrern aus Europa nicht festgestellt werden konnte. Aufgrund der Kürze seines Aufenthalts ist in Zusammenhang mit dem von ihm in der Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck nach Ansicht des Gerichts nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine westliche Lebenseinstellung in einer ihn in Afghanistan exponierenden Intensität übernommen hätte. Es ist auch nicht erkennbar, warum gerade der Beschwerdeführer gegenüber hunderttausend anderen Rückkehrern in eine derart exponierte Lage geraten soll, dass er auf Grund seines Lebensstils oder auf Grund seines Aufenthaltes in einem westlichen Land psychischer oder physischer Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt wäre.

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat und zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Gericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Der Beschwerdeführer verwies auch auf das Stahlmann-Gutachten vom März 2018, welches im Auftrag des Verwaltungsgerichtes Wiesbaden erstellt wurde. Zunächst ist zu beachten, dass der pauschale Verweis des Beschwerdeführers auf das Gutachten von Friederike Stahlmann vom 28.03.2018, 7 K 1757/16.WI.A nicht geeignet ist, eine konkrete und individuell den Beschwerdeführer treffende Bedrohung bzw. eine Verfolgung aufzuzeigen.

Das Gutachten kommt zum Schluss, dass alleine aufgrund der Anwesenheit einer Person in Afghanistan die Gefahr eines ernsthaften Schadens hinsichtlich ihres Lebens oder ihrer körperlichen Unversehrtheit bestünde. Das Gesamtniveau der Gewalt würde sich aus einer Kombination von Gewaltformen (Gefahr ausgehend von Aufständischen, staatlichen Akteuren oder privaten Akteuren) konstituieren, dass grundsätzlich landesweit drohen würde. Jedoch ist zu beachten, dass im gegenständlichen Gutachten eine subjektive Quellenauswahl und -interpretation vorgenommen wurde und von regionalen Einzelfällen Rückschlüsse auf die Situation in Afghanistan landesweit geschlossen werden. Die Gutachterin trifft insbesondere zur Sicherheitslage in Afghanistan teilweise nur sehr allgemein gehaltene Aussagen - die einer rechtlichen Beurteilung gleichkommen - und lässt dabei vor allem regionale Unterschiede zwischen den einzelnen Provinzen vollkommen außer Acht. Außerdem sind die Schlussfolgerungen der Gutachterin, dass eine Ansiedlung in Kabul ohne familiäre oder soziale Unterstützung nicht möglich ist, aufgrund der zugrundeliegenden Quellen zu allgemein gehalten, um daraus eine verallgemeinerungsfähige, über den Einzelfall hinausgehende Feststellung zu treffen. Es wird zwar seitens der Gutachterin eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür aufgezeigt, dass es für afghanische Rückkehrer schwer ist in Kabul eine Arbeit und eine Wohnung zu finden, sie liefert jedoch keinen Nachweis dafür, dass sich die beschriebenen Risiken bei einer bestimmten Anzahl von Rückkehrern tatsächlich realisiert haben und deswegen jeder Rückkehrer einer tatsächlichen Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt wäre. Das Gutachten nimmt auch keinen Bezug auf die konkrete Lage des Beschwerdeführers.

Den UNHCR-Richtlinien ist im Gegensatz zum Gutachten von Stahlmann und dem Bericht von Amnesty International, die eine Rückkehr nach Afghanistan allgemein bzw. generell bei Fehlen von familiären Netzwerken ausschließen, zu entnehmen, dass eine Rückkehr für alleinstehende, junge, gesunde Männer ohne besondere Vulnerabilität in urbane und semi-urbane Gebiete, die über die erforderliche Infrastruktur verfügen und unter Kontrolle der Regierung stehen, möglich ist.

Schließlich weisen das Gutachten von Stahlmann sowie der Bericht von Amnesty International für das erkennende Gericht auch nicht denselben Beweiswert auf, wie länderkundliche Informationen (LIB, EASO-Bericht, UNHCR-Richtlinien, etc.), die einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat durchliefen, sodass das Gericht seine Feststellungen auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, den Bericht von EASO zu Netzwerken in Afghanistan und die aktuellen UNHCR-Richtlinien stützt.

Die Feststellungen zu den Folgen einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz Nangahar ergeben sich aus den o.a. Länderberichten. Daraus geht unter anderem hervor, dass die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers volatil ist.

Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in außerhalb seiner Herkunftsprovinz gelegenen Landesteilen, insbesondere in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif, ergeben sich - unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan - aus den o.a. Länderberichten zu Mazar-e Sharif und Herat sowie aus den Angaben des Beschwerdeführers.

In den Städten finden überwiegend Angriffe in Regierungs- und Botschaftsnähe, also mit möglichst hoher medialer Reichweite, statt. Dabei kam es immer wieder zu zivilen Opfern. Die Regierung ist jedoch in der Lage hier die Sicherheit abseits dieser High-Profile Attentate zu gewährleisten. Das Gericht geht daher davon aus, dass es in der Stadt Herat und Mazar-e Sharfi zu Anschlägen kommt, jedoch nicht in allen Stadtteilen.

Dass die Wohnraum- und Versorgungslage angespannt ist, ergibt sich aus den Länderberichten, wonach in großen Städten zwar an sich Wohnraum zur Verfügung steht, es jedoch eine erhebliche Anzahl an Rückkehrern gibt, sodass die Lage angespannt ist. Auch gibt es nicht genügend Arbeitsplätze.

Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan mit seinen Eltern und Geschwister aufgewachsen, sodass der Beschwerdeführer entsprechend der afghanischen Kultur und den afghanischen Gepflogenheiten sozialisiert ist. Auch in Österreich hat der Beschwerdeführer zu anderen afghanischen Asylwerbern Kontakte gepflegt, sodass er seiner Kultur nicht entfremdet ist.

Der Beschwerdeführer verfügt in Afghanistan noch über familiäre Anknüpfungspunkte, nämlich Eltern, Geschwister, Tanten, Onkeln, Cousinen und Cousins, sodass er, zumindest vorrübergehend, auf familiäre Unterstützung zurückgreifen kann.

Der Beschwerdeführer hat zwar keine Schule besucht, er hat jedoch Berufserfahrung als KFZ-Mechaniker und als Schneider in einer Fabrik sammeln können. Der Beschwerdeführer verfügt daher über viel Berufserfahrung.

Der Beschwerdeführer ist zudem im erwerbsfähigen Alter, gesund, volljährig, alleinstehend und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer hat keine Sorgepflichten.

Das Gericht geht daher auf Grund dieser Umstände davon aus, dass sich der Beschwerdeführer nach anfänglichen Schwierigkeiten, in Herat oder Mazar-e Sharif niederlassen und sich dort eine Existenz ohne unbillige Härte aufbauen könnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1 Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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