Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §87 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des K S in W, vertreten durch Dr. W u. a., Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. Juni 1999, Zl. MA 63-S 560/98, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. Juni 1999 eine näher bezeichnete Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann aus, mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 27. Mai 1998 sei ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Damit sei der Gewerbeausschlussgrund des § 13 Abs. 3 GewO 1994 und damit auch der Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z 2 leg. cit. verwirklicht. Im Rahmen der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. habe das Ermittlungsverfahren ergeben, dass der Beschwerdeführer der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft für die Zeit vom 1. April 1996 bis 31. Dezember 1997 und vom 1. Februar 1998 bis 31. Dezember 1998 Beiträge in der Höhe von S 100.328,96 schulde. Aus den Exekutionsregistern der Bezirksgerichte Meidling und Liesing sei außerdem ersichtlich, dass in der Zeit zwischen 1996 und Ende 1998 ca. 25 Exekutionen in das Vermögen des Beschwerdeführers zugunsten von Forderungen verschiedener Gläubiger in der Höhe zwischen S 770,-- und S 100.000,-- bewilligt worden seien. In seiner Stellungnahme zu diesem Ermittlungsergebnis habe der Beschwerdeführer ausgeführt, er habe im Jahr 1998 bereits Schulden in der Höhe von etwa S 587.000,-- zurückgezahlt, sodass man von einer Zahlungsunfähigkeit nicht sprechen könne. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sei nicht bereit gewesen, mit ihm eine Ratenvereinbarung abzuschließen, er zahle jedoch trotzdem regelmäßig kleinere Beträge an diese Anstalt zurück. Die Entziehung der Gewerbeberechtigung würde es ihm aber unmöglich machen, seine Schulden zu bezahlen. Gleichzeitig habe er Ratenvereinbarungen mit einem namentlich genannten Kreditverein, einer ebenso bezeichneten Gesellschaft m.b.H. und einem näher bezeichneten Verlag vorgelegt. Es sei allerdings am 17. März 1999 vom Bezirksgericht Meidling eine Exekution in das Vermögen des Beschwerdeführers wegen einer Forderung in der Höhe von S 483.036,43 und am 2. April 1999 vom Bezirksgericht Meidling eine solche wegen einer Forderung in der Höhe von S 81.510,76 bewilligt worden. Auch dieses ergänzende Ermittlungsergebnis sei dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht worden, er habe sich jedoch dazu nicht geäußert. Insbesondere habe er nicht dargelegt, wie es ihm konkret möglich sein werde, die vorhandenen Schulden aus den Einkünften einer weiteren Gewerbeausübung zu begleichen und die hinkünftig anfallenden Verbindlichkeiten zu erfüllen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht, dass ihm die in Rede stehende Gewerbeberechtigung nicht entzogen werde, verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt er vor, die belangte Behörde habe sich nicht mit seinem Vorbringen auseinander gesetzt, dass er im Jahr 1999 mit einer günstigen Geschäftsentwicklung rechne und größere Gewinne erwarte, aus welchen er die vorhandenen Schulden und die künftig anfallenden Verbindlichkeiten zu begleichen in der Lage sein werde. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die bloße Bemühung um Schuldentilgung nicht hinreiche, ein überwiegendes Interesse der Gläubiger an der Gewerbeausübung darzutun, sei stark zu hinterfragen, weil die Chancen einer Schuldtilgung durch eine nicht selbstständige Erwerbstätigkeit noch geringer seien als bei einer weiteren Gewerbeausübung. Er habe schon im Verwaltungsverfahren ausgeführt, dass er regelmäßig Bank- und Lieferverbindlichkeiten sowie die laufende Miete und die Betriebskosten bezahle. Er sei selbstständig tätig und könne aus seiner Gewerbeausübung seine Schulden reduzieren und die laufenden Verbindlichkeiten, also die "Neugläubiger", bedienen, sodass schon allein deswegen das überwiegende Interesse der Gläubiger an einer Fortführung des Gewerbes vorliege. Es sei notorische Tatsache, dass die Situation am Arbeitsmarkt so angespannt sei wie nie zuvor und eine Vermittel- bzw. Verweisbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei ihm nur eingeschränkt gegeben wäre. Die Erlangung eines Arbeitsplatzes sei für ihn praktisch ausgeschlossen. Eine Verletzung der Manuduktionspflicht durch die belangte Behörde erblickt der Beschwerdeführer in der Tatsache, dass sie ihm zwar die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens mitgeteilt, ihn aber nicht darauf hingewiesen habe, dass er zur Vermeidung der Entziehung der Gewerbeberechtigung darzulegen habe, mit welchen Mitteln es ihm konkret möglich sein werde, die vorhandenen Schulden aus den Einkünften einer weiteren Gewerbeausübung zu begleichen.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegen.
Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, dass der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, dass das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Denn es geht bei der Beurteilung, ob das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist, ausschließlich darum, dass die Zahlungspflichten gegenüber allen Gläubigern gleichermaßen bei Fälligkeit erfüllt werden (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 97/04/0145).
Mit seiner in der Beschwerde enthaltenen Kritik an dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übersieht der Beschwerdeführer, dass es in der gegebenen Situation z. B. durch die Exekutionsführung eines "Altgläubigers" leicht dazu kommen kann, dass trotz entgegenstehender Absicht des Gewerbetreibenden, die Erfüllung der aus der laufenden Geschäftsführung entstandenen Verbindlichkeiten verhindert wird. Die Erfüllung des Tatbestandselementes des vorwiegenden Interesses der Gläubiger im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erfordert daher, dass der Gewerbetreibende hinsichtlich aller gegen ihn bereits bestehenden Forderungen Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat und diese auch pünktlich erfüllt.
Dass Letzteres nicht der Fall ist, wird vom Beschwerdeführer in der Beschwerde ausdrücklich eingeräumt, sodass der Verwaltungsgerichtshof in der Annahme der belangten Behörde, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 nicht erfüllt, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken vermag.
Daran vermag die in der Beschwerde behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde schon deshalb nichts zu ändern, weil, wie sich aus § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG ergibt, nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof zu führen hat, sondern nur eine solche, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Dass diese Relevanz im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, ergibt sich schon aus dem Beschwerdevorbringen selbst.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 20. Oktober 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999040165.X00Im RIS seit
15.11.2001