TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/20 98/04/0244

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Veröffentlicht am 20.10.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §68 Abs1;
GewO 1973 §78 Abs4 idF 1988/399;
GewO 1994 §78 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des H E in I, vertreten durch Dr. R, Dr. F und Dr. M, Rechtsanwälte in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 2. November 1998, Zl. IIa-60.039/1-98, betreffend Abweisung eines Antrages nach § 78 Abs. 2 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 24. Jänner 1991 wurde für die Errichtung und den Betrieb eines Tagescafes (25 Besucherplätze, Öffnungszeit 8.00 - bis 21.00 Uhr) an einem näher bezeichneten Standort unter anderem folgende Auflage vorgeschrieben:

"20. Die Eingangstüren sind, außer zum Zweck des Zu- und Abgehens der Gäste, stets geschlossen zu halten".

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 1. September 1993 wurde für die Änderung der (mit dem genannten Bescheid vom 24. Jänner 1991) genehmigten Betriebsanlage durch Hinzunahme eines Gastgartens (4 Tische mit je 4 Sitzplätzen, Betriebszeit 8.00 bis 21.00 Uhr) gemäß §§ 81 und 153 Abs. 1 GewO 1973 (in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992) unter Vorschreibung von Auflagen die Genehmigung erteilt; als Auflagenpunkt 1. wurde vorgeschrieben, dass die Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 24. Jänner 1991 sinngemäß auch für diese Genehmigung gelten.

Mit Eingabe vom 20. April 1994 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf bescheidmäßige Feststellung, dass die Auflage Punkt 20. des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 24. Jänner 1991 für jene Betriebszeit gegenstandslos sei, für welche die gewerbebehördliche Genehmigung durch Hinzunahme des Gastgartens gemäß dem Bescheid vom 1. September 1993 erteilt sei.

Mit Eingabe vom 21. November 1994 änderte der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides dahingehend ab, gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1994 mit Bescheid auszusprechen, dass "von der Verpflichtung gemäß Punkt 20 der Bescheidauflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides von 24.1.1991, Zl. VI-6346/1990-B/RR des Stadtmagistrates Innsbruck und dem gemäß von der Verpflichtung zur Herstellung des Punkt 20 entsprechenden Zustandes Abstand genommen wird und zwar für jene Betriebszeiten, für welche die gewerbebehördliche Genehmigung durch hinzunahme des Gastgartens gemäß Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 1.9.1993, Zl. VI-9234/1993-B/RR, erteilt ist". Zur Begründung dieses Antrages werde vollinhaltlich auf das bisherige Vorbringen verwiesen. Es stehe im vorliegenden Fall ganz außer Zweifel, dass die beantragte Abweichung vom Zustand des Genehmigungsbescheides die durch den Genehmigungsbescheid getroffene Vorsorge nicht verringere.

Im Zuge des von der Behörde erster Instanz (zunächst ohne Nachbarn) durchgeführten Ermittlungsverfahrens sprach sich der gewerbetechnische Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 12. Dezember 1994 für eine teilweise Aufhebung der Auflage aus. In einem Gutachten vom 23. Mai 1995 gelangte der Amtsarzt zu dem Ergebnis, dass durch das Offenlassen der Lokaltüre bis 21.00 Uhr unter der Voraussetzung, dass die im Cafe befindliche Musikanlage stets nur als Hintergrundmusik betrieben werde, keine zusätzlichen "gesundheitsbelästigenden" ohne gesundheitgefährdenden Lärmimmissionen für die Anrainer entstünden.

In seinem (nach Einbeziehung der Nachbarn erstatteten) Gutachten vom 24. Juli 1996 gelangte der Amtsarzt zu dem Ergebnis, dass die bei regelmäßigem Offenlassen der Gastgartentüre in den Ruhezeiten (12.00 bis 14.00 Uhr und ab 20.00 Uhr) zu erwartenden Lärmbelästigungen für die betroffenen Nachbarn "gesundheitsbelästigend" seien und die beantragte Beseitigung des Auflagepunktes 20 nicht befürwortet werden könne. Auch in seiner Stellungnahme vom 20. August 1997 hielt dieser Amtsarzt unter Hinweis auf die bisherigen technischen und medizinischen Darlegungen und ferner darauf, dass die menschlich produzierte Lärmkulisse nicht beherrschbar sei, an seiner Beurteilung fest.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 2. November 1998 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 24. September 1998, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 78 Abs. 2 GewO 1994 als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung dieser Entscheidung führte der Landeshauptmann - nach Darlegung des Verfahrensganges und der maßgebenden Rechtslage - im Wesentlichen aus, der Inhaber einer Betriebsanlage habe keine rechtliche Möglichkeit, das vom ihm im Genehmigungsverfahren allenfalls angestrebte, aber versagt gebliebene Ergebnis im Wege eines Verfahrens nach § 78 Abs. 2 GewO 1994 zu erreichen. Aufgrund der eingeholten Gutachten stehe es keinesfalls außer Zweifel, dass die durch den Genehmigungsbescheid getroffene Vorsorge durch die auch nur teilweise Aufhebung der Auflage nicht verringert werde. Die vom Beschwerdeführer mit seinem Antrag angestrebte Lösung sei nicht in einem Verfahren gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1994 sondern allenfalls in einem Verfahren nach § 81 GewO 1994 zu erzielen. Die antragsgegenständliche Auflage könne nicht ersatzlos entfallen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht "auf Unterbleiben der unnötigen und betriebsgefährdenden Bescheidauflage Punkt 20 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 24.1.1991" verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattet eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde auf Antrag von der Verpflichtung zur Herstellung des dem Genehmigungsbescheid entsprechenden Zustandes dann Abstand zu nehmen, wenn es außer Zweifel steht, dass die Abweichungen die durch den Genehmigungsbescheid getroffene Vorsorge nicht verringern. Die Behörde hat die Zulässigkeit der Abweichungen mit Bescheid auszusprechen.

Wie sich aus dieser (mit § 78 Abs. 4 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992 wortgleichen) Bestimmung zweifelsfrei ergibt, dient ein Verfahren nach § 78 Abs. 2 GewO 1994 nicht dazu, eine in einem Betriebsanlagengenehmigungsverfahren vom Inhaber der Betriebsanlagengenehmigung unbekämpft gebliebene oder erfolglos bekämpfte Auflage nachträglich zu beseitigen oder durch eine andere Vorschreibung zu ersetzen. Der Inhaber der Betriebsanlagengenehmigung hat keine rechtliche Möglichkeit, das von ihm im Genehmigungsverfahren allenfalls angestrebte, aber versagt gebliebene Ergebnis im Wege eines Verfahrens nach § 78 Abs. 2 GewO 1994 zu erreichen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0198).

Davon ausgehend erfüllt die vom Beschwerdeführer vorliegend begehrte Beseitigung einer Auflage des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides schon deshalb nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 78 Abs. 2 GewO 1994, weil - nach seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren - Vorsorgemaßnahmen, die den konsensmäßigen Zustand des Genehmigungsbescheides gewährleisten, vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch nicht getroffen wurden. Auch in seiner Beschwerde legt der Beschwerdeführer lediglich dar, dass seine Antragstellung nach § 78 Abs. 2 GewO 1994 durch die Hinzunahme des Gastgartens veranlasst werde. Inwieweit allein diese Hinzunahme eines Gastgartens geeignet sein sollte, die im Genehmigungsbescheid getroffene Vorsorge sicherzustellen, vermag der Beschwerdeführer allerdings nicht nachvollziehbar darzulegen. Solcherart ist aber die vom Beschwerdeführer begehrte Beseitigung der Auflage eine nach § 78 Abs. 2 GewO 1994 nicht genehmigungsfähige (dem Beschwerdeführer im Genehmigungsverfahren versagt gebliebene) Abänderung des Genehmigungsbescheides bzw. der mit diesem getroffenen Vorsorge. § 78 Abs. 2 GewO 1994 setzt voraus, dass bereits auf Grund der Abweichungen von dem dem Genehmigungsbescheid entsprechenden Zustand, die durch diesen Bescheid getroffene Vorsorge nicht verringert wird, ermächtigt die Behörde jedoch nicht zur Erteilung von anderen oder zusätzlichen Auflagen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. August 1997, Zl. 95/04/0128, und vom 9. Dezember 1997, Zl. 97/04/0235). Der belangten Behörde kann daher schon aus dem oben dargelegten Grund nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Ergebnis zu einer abweislichen Entscheidung gelangte.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Oktober 1999

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998040244.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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