Entscheidungsdatum
26.09.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W257 2185015-2/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert Gerhard MANTLER, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias, XXXX, geboren am XXXX, Staatsbürger der Islamischen Republik Afghanistan, vertreten durch die "Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH" als Mitglied der ARGE Rechtsberatung, Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien 11.06.2018, Zl. 1114437100/1606568936, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 07.09.2018 zu Recht:
A)
1) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. wird abgewiesen und die beiden Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe bestätigt, dass es zu lauten hat:
"I. Gemäß § 2 Abs 1 Ziffer 13 AsylG 2005, §§ 3 Abs. 1 AsylG 2005, Abs. 3 Ziffer 2 iVm § 6 Abs. 1 Ziffer 4 AsylG 2005 und § 9 Abs. 2 AsylG 2005 wird der Antrag auf internationalen Schutz vom 10.05.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen.
II. Gemäß §§ 8 Abs. 1 und 8 Abs. 3a AsylG 2005 wird Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen."
2) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des Bescheides wird abgewiesen.
3) Gemäß § 2 Abs. 3 Ziffer 2 iVm § 13 Absatz 2 Ziffer 1 AsylG 2005 haben Sie Ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 21.11.2017 verloren.
4) Gemäß § 53 Abs. 3 Ziffer 1 FPG 2005 wird ein 10-jähriges Einreiseverbot verhängt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang
1.1. Der zum damaligen Zeitpunkt minderjährige Beschwerdeführer stellte am 10.05.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. In seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.05.2016 gab der Beschwerdeführer an, er sei Staatsbürger der Islamische Republik Afghanistan, sei am XXXX geboren und stamme aus der Provinz Laghman. Er sei sunnitischer Moslem und gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an. Er sei ledig und kinderlos. Zu seiner Familie gehöre sein Vater, seine Mutter, seine beiden jüngeren Brüder und seien drei Schwestern, wobei eine davon älter ist als er. Er stamme aus dem Dorf XXXX im Distrikt XXXX in der Provinz Laghman.
Aus Afghanistan sei er geflohen, weil sein Vater bei der Nationalarmee Soldat gewesen sei und man hätte ihnen Drohbriefe zugesandt. Außerdem hätten sie Feindschaften aufgrund von Grundstückstreitigkeiten, sie seien bedroht worden und zudem herrsche Krieg in Afghanistan. Er könne nach Afghanistan nicht mehr zurückkehren, weil er den Krieg und die Feinde fürchten würde.
1.3. Nachdem der Beschwerdeführer als minderjährig galt, war das Bundesland Wien ex lege der gesetzliche Vertreter.
1.4. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge teilweise auch "Behörde" genannt) am 04.12.2017 führte der Beschwerdeführer aus, dass er nur zwei und nicht drei jüngere Brüder, und fünf Schwestern hätte. Er hätte 6 Onkel und 9 Tanten. Ein Onkel davon lebe in Deutschland, die übrigen Verwandten würden noch in Laghman leben und dort arbeiten. Zu den Schwestern hätte er keinen Kontakt, weil diese verheiratet seien. Sein Vater sei seit vier Jahren vermisst. Er hätte als Offizier bei der Polizei, und nicht beim Militär gearbeitet. Sein Onkel arbeite auch bei der Polizei. Seine Mutter sei nun bei ihrem Vater in Laghman und würde von diesem und dem Onkel, welcher Polizist sei, versorgt werden. Er hätte 8 Jahre die Schule besucht und keine Berufserfahrung. Bis zuletzt hätte er sich auf seinem Geburtsort aufgehalten. Er hätte vor ca 4 1/2 Jahren seinen Geburtsort verlassen uns sei für 2 Jahren nach Pakistan gezogen. Pakistan hätte er Anfang des Jahre 2016 verlassen und sei im Mai 2016 nach Österreich eingereist. Alle seine Freunde seien Afghanen und ca die Hälfte davon sei vorbestraft. Sein Onkel in Deutschland hätte ihm gesagt, dass er nach Österreich gehen solle.
1.5. Vor ca 5 Jahren seien die Taliban zu ihnen nach Hause gekommen. Sein Vater sei weggelaufen. Er sei zu seiner Mutter und zu seinen Geschwistern gegangen. In weiterer Folge seien die Taliban mit Waffen zu ihnen nach Hause gekommen und hätten ihn gefragt, wo der Vater sei. Er hätte ihnen entgegnet, dass er das nicht wisse. Nach zwei Tagen sei der Vater wieder nach Hause gekommen. Die Taliban hätten seinen Vater einen Drohbrief gesandt, worin gestanden wäre, dass er ihn und den ältesten Sohn, das sei er, umbringen würden. Danach sei der Vater verschwunden. Danach sei die Mutter zu ihren Eltern gegangen und die Geschwister zu dem Großvater väterlicherseits. Er hätte sich drei Tage bei dem Onkel väterlicherseits aufgehalten. Nach drei Tagen seien die Taliban zu dem Onkel gekommen und hätten ihn umgebracht. Dabei hätten die Taliban ihn gefragt, wo sein Vater sei. Wenn er das nicht sagen würde, werde er umgebracht. Er hätte ihnen entgegnet, dass er seitdem sie bei ihnen zuhause gewesen seien, verschwunden sei. Der Onkel mütterlicherseits meinte, dass auch sein Leben in Gefahr wäre und hätte ihn illegal nach Pakistan mitgenommen. In Pakistan hätte die Polizei ihn immer wieder wegen eines Aufenthaltstitels gefragt.
1.6. Er selbst wäre nie persönlich bedroht worden.
1.7. Zudem hätten sie Probleme mit dem Nachbarn wegen Grundstückstreitigkeiten gehabt. Dieser Nachbar hätte ihn zweimal mit dem Messer attackiert. Sie hätten ihn bei der Polizei angezeigt, er sei aber wieder freigekommen. Sie hätten eine Landwirtschaft im Ausmaß von ca 12.000 m² besessen und dieser Nachbar wäre für die Wasserregulierung zuständig gewesen. Er hätte ihnen Wasser weggenommen, woraufhin er ihn zur Rede gestellt hätte. Daraufhin wären 3 Leute gekommen und hätten ihn niedergestochen. Er wäre bewusstlos geworden und als er aufwachte wäre er zur Polizei gegangen. Danach hätte er sich beim Arzt versorgen lassen. Der Vorfall hätte sich ca im Feb 2013 ereignet.
1.8. Mit Verfahrensanordnung vom 04.12.2017 wurde ihm der Verlust des Aufenthaltsrechtes wegen Straffälligkeit mitgeteilt.
1.9. Die Behörde wies den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 05.01.2018 hinsichtlich des internationalen Schutzes ab, sowie wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten ebenso nicht zuerkannt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig sei. Mit Spruchpunkt IV. wurde die aufschiebende Wirkung bei einer allfälligen Beschwerde aberkannt und mit Spruchpunkt V. festgestellt, dass das Recht zum Aufenthalt ab dem 04.12.2017 verloren ist.
1.10. Zur Nichtzuerkennung des Asylantrages vermeinte die Behörde, dass der Beschwerdeführer keinen glaubhaften Fluchtgrund vorbringen hätte können. Die Behörde vermeinte zusätzlich, dass keine Gründe hervortraten oder glaubhaft gemacht werden konnten, welche gegen eine Wiederansiedelung in Afghanistan, insbesondere in der Hauptstadt Kabul, hervortraten und so keine reale Gefahr einer Verletzung seiner verbrieften Menschenrechte zu erwarten wäre.
1.11. Am 01.01.2018 wurde der Beschwerdeführer volljährig.
1.12. Am 15.01.2018 war der Beschwerdeführer in XXXX aufrecht gemeldet. An diese Adresse wurde der Bescheid zugestellt. Nachdem eine Zustellung mit der Anmerkung des Zustellers "Empfänger verzogen" zur Behörde zurückkam, wurde ein örtliche Erhebung durch die Polizei an der Wohnadresse vorgenommen. Am 25.01.2018 übernahm der Beschwerdeführer an der PI Fiakerplatz eigenhändig den Bescheid.
1.13. Am 31.01.2018 wurde seitens der Rechtsvertretung, der Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH, in Vollmacht des Beschwerdeführers, vollumfängliche Beschwerde gegen den Bescheid und ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt.
1.14. Der Verwaltungsakt langte am 02.02.2018 am Bundesverwaltungsgericht ein und wurde entsprechend der Geschäftseinteilung der Gerichtsabteilung W257 zugewiesen.
1.15. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.02.2018, Zahl W257 2185015-1/3Z wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zuerkannt.
1.16. Das Bundesverwaltungsgericht setzte für den 07.03.2018 eine mündliche Verhandlung fest, wovon die Parteien nachweislich verständigt wurden.
1.17. Folgende Länderberichte des Herkunftsstaates wurden der Einladung angeschlossen und den Parteien im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit geboten, dazu binnen 14 Tagen Stellung zu nehmen (OZ 4).
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Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Fassung vom 21.12.1997 (Beilage 1)
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UNHCR-Richtlinie zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, (Beilage 2)
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UNHCR interne Schutzalternative
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UNHCR Richtlinie zusammenfassend Risikogruppen
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Gutachten Dr. Rasuly 2015 bezüglich Kabul
Die Parteien nahmen von dieser Gelegenheit nicht Gebrauch.
1.18. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.03.2018, Zl. W257 2185015-1/6E wurde der angefochtene Bescheid behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückgewiesen. Das Gericht begründet die Zurückweisung damit, dass zum Zeitpunkt der Einvernahme vor der Behörde (sh Punkt 1.4 bis 1.7) der gesetzliche Vertreter des minderjährigen Beschwerdeführers nicht anwesend war. Dieser Verfahrensfehler führte zur Aufhebung des Bescheides vom 05.01.2018.
1.19. Am 08.06.2018 erfolgte die zweite Einvernahme der Behörde hinsichtlich seiner Fluchtvorbringen. Dabei brachte er folgendes vor:
"Es gab Grundstückstreitigkeiten. Ich habe viele Probleme in Afghanistan. Die Taliban haben einen Onkel väterlicherseits getötet. ... Unser Haus wurde angegriffen. Mein Vater ist von zuhause geflüchtet. Aufgrund von Grundstückstreitigkeiten wurde ich 2 Mal mit einem Messer attackiert und verletzt. Nach diesem Vorfall sagte mein Onkel mütterlicherseits, dass ich flüchten müsse. Er hat mich nach Pakistan geschickt. Ich selbst wurde nie bedroht, sondern mein Onkel und mein Vater."
1.20. Die Behörde wies den Antrag des Beschwerdeführers mit dem im Spruch erwähnten Bescheid hinsichtlich des internationalen Schutzes ab, sowie wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten ebenso nicht zuerkannt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig sei. Mit Spruchpunkt IV. wurde die aufschiebende Wirkung im Falle einer Beschwerde aberkannt und mit Spruchpunkt V. festgestellt, dass der Beschwerdeführer den Aufenthalt im Bundesgebiet seit dem 30.03.2017 verloren hat. Die Behörde stützte sich auf die gleiche Begründung wie unter Punkt 1.10 dargelegt.
1.21. Gegen den Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte vollumfängliche Beschwerde des Beschwerdeführers vom 09.10.2018, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH, wobei er im Wesentlichen die Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht und unrichtige Beweiswürdigung geltend machte. Zudem wurde der Antrag gestellt, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
1.22. Er legte folgende Unterlagen, welche seinen Integrationsfortschritt belegen sollen vor:
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Vier Unterstützungserklärungen, ein Sozialbericht der Caritas,
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Kursbesuchsbestätigung, Intensivkurs Alphabetisierung vom 05.09. bis 28.09.2016,
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Kursbesuchsbestätigung für den Alphabetisierungskurs vom 03.10. bis 27.10.2016,
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Anmeldebestätigung für einen Deutschkurs Alphabetisierung vom 16.01. bis 25.04.2017,
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Anmeldebestätigung zu einem Deutschkurs vom 22.03.2017 bis zum 24.05.2017,
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Teilnahme am Projekt "Bildung für Flüchtlinge" im Umfang von 200 Stunden vom 24.07. bis 27.09.2017
1.23. Der Verwaltungsakt langte abermals am 09.07.2018 am Bundesverwaltungsgericht ein und wurde entsprechend der Geschäftseinteilung der Gerichtsabteilung W257 zugewiesen (OZ 1).
1.24. Das Bundesverwaltungsgericht setzte für den 07.09.2018 eine mündliche Verhandlung fest, wovon die Parteien nachweislich verständigt wurden (OZ 2). Folgende Länderberichte sind der Einladung zum Zwecke des Parteiengehörs angeschlossen worden:
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Länderbericht der Staatendokumentation vom 29.06.2018
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UNHCR-Richtlinie zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender.
Die Parteien nahmen von dem Parteiengehör kein Gebrauch. Eine Stellungnahme langte nicht ein.
1.25. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.07.2018, Zl. W257 2185015-2/2Z wurden die Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben und die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
1.26. Vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte der Beschwerdeführer zu Fluchtgrund folgendes vor:
Die Taliban hätten ihr Haus überfallen, wobei sein Vater, welcher Polizist gewesen sei, nicht zuhause gewesen sei. Sein Onkel wäre dabei getötet worden. Zwei Tages später sei der Vater wieder nachhause gekommen und das Haus sei wieder überfallen worden, wobei der Vater flüchten hätte können. Sein Vater sei zwei Monate nicht nachhause gekommen. Als er zurückkam sei er sehr verwirrt gewesen. Sein Vater wäre dann weggegangen. Später sei dann ein Drohbrief gesandt worden, dessen Inhalt er erst zwei Monate später erfahren habe. In weiterer Folge kam es zu einem Streit mit den Grundstücksnachbarn, indem er verletzt worden sei. Danach seien sie nochmals von den Taliban überfallen worden. Nunmehr sei er von den Taliban gefragt worden, wo sich sein Vater aufhalte und er hätte gesagt "da lang!". Sie seien danach noch ca. 2 Monate im Haus gewesen und sein Onkel mütterlicherseits hätte organisiert, dass er z weitschichtigen Verwandten nach Pakistan übersiedeln hätte können. Die restliche Familie, seine Brüder, seine Schwestern und seine Mutter, sei zu den Eltern seiner Mutter innerhalb der Provinz Laghman verzogen. Der Großvater mütterlicherseits und ein Bruder der Mutter würde sich nunmehr um die Familie kümmern. Er brachte vor, dass es der Familie finanziell schlecht gehe, habe aber seit der Flucht keinen Kontakt mehr zur Familie.
Auf Vorhalt, dass er vor der Behörde vor dem ersten Bescheid, welcher später behoben wurde, vom Ablauf der Geschichte etwas anderes gesagt habe (sh dazu Punkt 1.5 ff), brachte er zusammengefasst vor, dass sie dreimal überfallen worden seien, das erste mal sei der Onkel getötet worden, beim zweiten Mal seien lediglich die Zetteln hinterlassen worden und beim dritten Mal sei sein Vater geflüchtet.
Er könne nicht nach Afghanistan zurück, weil er dort Feindschaften mit den Nachbarn hätte. Zudem sei er seit 20134 nicht mehr in Afghanistan gewesen, er wisse nicht wie er überleben könne. Falls er in Herat oder in Mazar-e Sharif leben müsste, würden ihn auch dort die Taliban finden. Er kenne sich dort nicht aus und würde die Sprache auch nicht sprechen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
2. Feststellungen:
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht fest!
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den im Spruch erwähnten Namen und wegen der anderen Namen, welche er verwendet hat auch den Aliasnamen. Er ist am XXXX geboren. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen. Er bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islams.
Der Beschwerdeführer wurde im Dorf XXXX im Distrikt XXXX in der Provinz Laghman geboren. Er wuchs im Familienverband, bestehend aus seiner Mutter, seinem Vater, seinen beiden jüngeren Brüdern und seinen fünf Schwestern auf. Die Familie besaß eine Landwirtschaft im Ausmaß von ca. 2.000 m² und zudem war der Vater Polizist. Im Alter von ca. 13 Jahren verließ er Afghanistan und übersiedelte zu einem weitschichten Verwandten in Pakistan. Der Vater war zu diesem Zeitpunkt verschollen; die Mutter und seine Geschwister übersiedelten innerhalb von Afghanistan, zu den Eltern der Mutter in den Distrikt XXXX in der Provinz Laghman. Anfang 2016 verließ er im Alter von 16 Jahren Pakistan und reiste im Mai 2016 illegal nach Österreich ein wo er am 10.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Wenn er vorbrachte, dass er 8 Jahre zur Schule ging, das Schuleintrittsalter bei fünf bis sechs Jahren liegt, dann müsste der Beschwerdeführer bis zum Alter von ca. 13 oder 14 Jahren die Schule besucht haben. 2016 brachte er hingegen vor, vor ca 4 1/2 Jahren Afghanistan verlassen zu haben; somit im Alter von 12-13 Jahren. Dieser offene Widerspruch kann durch seine Aussagen nicht aufgelöst werden. Es ist somit nicht genau feststellbar, in welchem Alter sich der Beschwerdeführer befand, als er in Afghanistan der vorgebrachten Bedrohung ausgesetzt war. Das Gericht geht daher - dem Kindeswohl nach der KRK folgend - von einem Alter von 13 Jahren aus.
Er ist ledig und hat keine Kinder.
Die Familie des Beschwerdeführers besteht aus seiner Mutter, seinen beiden jüngeren Brüdern, seinen fünf Schwestern, er hat sechs Onkel, wovon einer in Deutschland lebt, neun Tanten und zwei Großeltern mütterlicherseits. Alle Verwandten, bis auf den einen Onkel, leben in Laghman. Der Aufenthalt des Vaters ist nicht bekannt.
Die wirtschaftliche Situation der Familie kann kaum eingeschätzt werden. Der Bruder der Mutter hat ein Lebensmittelgeschäft in Laghman. Der Beschwerdeführer selbst gab an, dass die Familie ursprünglich keine finanziellen Probleme hatte. Die restliche Familie lebt jetzt im Haus des Vaters der Mutter. Alle anderen Verwandten gehen einem Beruf nach. Die wirtschaftliche Situation ist zufriedenstellend. Der Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanzielle Unterstützung durch seine gesamte Familie erfahren können.
Er ist gesund und arbeitsfähig. Seine Muttersprache ist Paschtu. Er spricht außerdem Deutsch.
2.2. Zu seinen strafgerichtlichen Verurteilungen
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom XXXX, wurde er wegen Verkauf von Cannabiskraut nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 2a, Abs. 3 Suchtmittelgesetz, § 15 StGB zu 2 Monaten bedingt mit einer Probezeit auf 3 Jahren, verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom XXXX, wurde er wegen des abermaligen Verkaufs von Cannabiskraut, zu 7 Monaten Freiheitsstrafe, 2 Monate davon unbedingt, mit einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt. Zugleich wurde die Probezeit vom ersten Urteil auf 5 Jahre verlängert.
Mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom XXXX, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen i) des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB, ii) wegen des Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs. 1 StGB, iii) 1) wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, und iii) 2) wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Dieser Straftat lag zusammengefasst der Sachverhalt zugrunde, dass er im Mai 2018 mit einer 14-jährigen den sexuellen Beischlaf vornahm, eine weitere Person mit einem Eisenrohr gegen den Kopf schlug und nur durch das Einschreiten weiterer Personen davon abließ, diese Person einmal mit den Worten "Ich komme deine Wohnung picken (gemeint: "ficken") deine Frau" und ein weiteres Mal mit dem Tode gefährlich bedrohte. Als erschwerend galt das Zusammentreffen von zwei Vergehen mit zwei Verbrechen, zwei einschlägige Vorstrafen und der rasche Rückfall. Als mildernd galt das Alter unter 21 Jahren, und die teilweise beim Versuch gebliebene Tatbegehung hinsichtlich des § 206 Abs. 1 StGB durch das Einvernehmen des Opfers.
Die Verbrechen die er begangen hat, sind besonders schwer.
Der Beschwerdeführer stellt wegen dieser beiden Verbrechen, dieser beiden Vergehen, die er verübt hat, zusammen mit seinen einschlägigen Vorstrafen im Suchtgiftbereich eine Gefahr für die öffentliche für die Gemeinschaft dar.
2.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Dem Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz in Afghanistan Laghman kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.
2.4. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:
Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Er bezieht seit seiner Antragstellung Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung bzw. derzeit im Stande der Strafhaft aus der öffentlichen Versorgung durch die Justiz. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Verwandten. Er hat eine Freundin, mit der er allerdings keinen eigenen gemeinsamen Haushalt führt und auch vor der Strafhaft nicht geführt hat. Er hat zwar einige Sprachkurse begonnen aber nicht abgeschlossen. Die Hälfte seiner Freunde sind - ebenso wie er - vorbestraft.
Es gibt keinen Hinweis auf nachhaltige Integrationsbestrebungen.
2.5. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:
In der Folge bedeutet "LIB" folgende Quelle: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018
2.5.1. Zur allgemeinen Sicherheitslage:
"Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018). (LIB auf Seite 24)."
2.5.2. Zur aktuellen Sicherheitslage in Kabul (LIB ab Seite 46ff)
"Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. ....
Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).
In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018). Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).
Informationen und Beispiele zu öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) können dem Kapitel 3. "Sicherheitslage (allgemeiner Teil)" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.
Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:
(Grafik)
Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).
Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.
Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen und Maßnahmen der afghanischen Regierung in der Provinz Kabul
Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul
Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).
Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018). Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kabul vom IS verursachte Vorfälle registriert (Gewalt gegenüber Zivilist/innen und Gefechte) (ACLED 23.2.2018)."
2.5.3. Zu seiner Heimatprovinz Laghman (aus dem LIB):
Die Provinz Laghman liegt inmitten des Hindukush-Gebirges. Sie besteht aus folgenden Distrikten: Alishing/Alishang, Alingar, Dawlat Shah/Dawlatshah, Qargayi/Qarghayi und Mehtar Lam/Bad Pash (Pajhwok o. D.f). Laghman grenzt an die Provinzen Nangarhar im Süden, Kunar im Osten, Nuristan und Panjshir im Norden und Kapisa und Kabul im Westen. Mehtar Lam/Mehtarlam ist die Provinzhauptstadt (NPS o.D.; vgl. UN OCHA 4.2014, Pajhwok o.D.b). In der Provinz leben mehrheitlich Paschtunen, gefolgt von Tadschiken, Nuristani, Paschai (Pajhwok o.D.a; vgl. NPS o.D.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 460.352 geschätzt (CSO 4.2017).
Zahlreiche Projekte werden in der Provinz Laghman implementiert (Pajhwok 21.8.2017; vgl. Tolonews 15.10.2017): der Bau eines Flughafens, der die vier östlichen Provinzen verbinden soll, Dämme, ein Solarenergieplan, Parks, Straßen, ein Wasserversorgungssystem, der Campus der Universität Laghman sowie die Errichtung eines Kricket-Stadiums usw. (MENAFN 28.1.2018). Ein Abschnitt der Kabul-Jalalabad Autobahn geht durch die Provinz Laghman (Pajhwok 29.3.2018; vgl. Pajhwok 3.3.2017). Auch wurde Ende 2013 eine 14 km lange Straße gebaut, welche die Provinzhauptstadt Mehtarlam mit dem Distrikt Qarghayi verbindet (Pajhwok 7.11.2013). Mitte April 2017 wurde in Mehtarlam der Bau einer Tangente in der Provinz Laghman angekündigt (Khaama Press 17.4.2017).
2017 stieg die Opium-Produktion in der Provinz Laghman um 64% im Vergleich zu 2016. Alle Distrikte der Provinz, in denen Mohn angebaut wird, waren davon betroffen. Im Laufe des Jahres 2017 wurden 23 Hektar Mohnfelder umgewidmet (UNODC 11.2017).
Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage
Laghman zählte seit dem Fall der Taliban im Jahr 2001 zu den relativ friedlichen Provinzen; Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen nahmen jedoch in den letzten Jahren zu (Khaama Press 26.2.2018; vgl. Khaama Press 19.2.2018, ToI 6.1.2018, Khaama Press 19.12.2017, Khaama Press 11.4.2017). Im Juli 2017 waren die Distrikte Alingar, Alishing und Dawlatshah von Sicherheitsproblemen betroffen, während sich die Sicherheitslage in der Provinzhauptstadt und ihren Vororten verbesserte (Tolonews 18.7.2017).
In Laghman befindet sich eine internationale Militärbasis (Forward Operating Base Gamberi) (U.S. DoD 21.3.2018; vgl. U.S. DoD 22.3.2018, Reuters 10.2.2017).
Im Jahr 2017 wurden aufgrund von Bedrohungen durch regierungsfeindliche Gruppierungen u.a. in der Provinz Laghman vorübergehend Gesundheitseinrichtungen geschlossen (UNAMA 2.2018). Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 147 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:
(Grafik)
Im gesamten Jahr 2017 wurden in Laghman 354 zivile Opfer (84 getötete Zivilisten und 270 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 14% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Laghman
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Tolonews 3.3.2018; vgl. Khaama Press 26.2.2018, Pajhwok 25.12.2017, Tolonews 25.9.2017). Luftangriffe werden durchgeführt (Khaama Press 26.2.2018, vgl. ToI 6.1.2018, Khaama Press 22.11.2016, Khaama Press 21.11.2016). Dabei werden Aufständische, auch Talibananführer (Khaama Press 26.2.2018; vgl. Xinhua 9.1.2018, Tolonews 25.12.2017, Khaama Press 19.12.2017, Tolonews 25.9.2017). Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräfte finden statt (Xinhua 20.9.2017; vgl. Khaama Press 11.4.2017).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Laghman
Berichtet wurde, dass nun zum ersten Mal Zusammenstöße zwischen Aufständischen der Taliban und des IS von Nangarhar auf die Provinz Laghman übergeschwappt sind - beide Seiten haben hohe Verluste bei diesen Zusammenstößen zu verzeichnen (Khaama Press 29.11.2017). Die Provinz Laghman grenzt an die Provinz Nangarhar, in der sowohl Anhänger der Taliban als auch Anhänger des IS in abgelegenen Distrikten aktiv sind. Lokale Beamte berichten von Luftangriffen auf die Taliban und den IS in manchen Distrikten der Provinz Laghman (Khaama Press 26.2.2018; vgl. ToI 26.2.2018). Regierungsfeindliche Gruppierungen, inklusive Anhänger der Taliban und des IS, haben versucht, in abgelegenen Teilen der Provinz ihre Aktivitäten auszuweiten (Khaama Press 19.2.2018). In der Provinz Laghman kam es zu Zusammenstößen zwischen Taliban- und IS-Kämpfern (VoA 30.11.2017; vgl. Khaama Press 29.11.2017).
Im Juli 2017 wurde in den drei Distrikten Alingar, Alishing und Dawlatshah die Aktivität von Aufständischen registriert (Tolonews 18.7.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden IS-bezogene Sicherheitsvorfälle in der Provinz registriert (ACLED 23.2.2018).
Zu diesen Feststellungen gelangt das Gericht aufgrund folgender
3. Beweiswürdigung
3.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers (Name und Geburtsdatum) getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung des Beschwerdeführers im Asylverfahren.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zu Afghanistan deckenden - Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.
Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Geburtsort, seinen Aufenthaltsorten, seinem schulischen und beruflichen Werdegang, seinem Familienstand, seinen Familienangehörigen, seinen sozialen und familiären Anknüpfungspunkten in Afghanistan, der wirtschaftlichen Situation seiner Familie, seinen Lebensumständen in Afghanistan, seiner Einreise nach Österreich sowie seiner Fluchtroute waren im Wesentlichen - soweit dies angesichts des fehlenden Bildungshintergrundes gefordert werden kann - gleichbleibend und widerspruchsfrei, weitgehend chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der bestehenden sozio-ökonomischen Strukturen in Afghanistan plausibel. Das Datum der Antragstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Es liegen keine Beweise vor, dass er keine finanzielle Unterstützung erfahren würde. Die Familie galt als wohlhabend bevor sie verzogen. Nunmehr leben sie bei dem Vater der Mutter, versorgt von dem Vater (dem Großvater des Beschwerdeführers). Er hat eine große Anzahl von Tanten und Onkeln, die ihm auch unterstützten könnten. Die Ansicht des Beschwerdeführers, dass es der Familie schlecht gehe, kann logisch nicht nachvollzogen werden, weil er selbst vorgab, keinen Kontakt mehr zur Familie zu haben.
Zweifel an der grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sind während des gesamten Verfahrens nicht aufgetaucht.
3.2. Strafgerichtliche Bescholtenheit:
Die Feststellung der rechtskräftigen Verurteilungen ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister und dem gegenständlichen Akt.
Die Feststellung, dass es sich um besonders schwere Verbrechen handelt, ergibt sich bereits aus den Strafdrohungen des § 206 Abs. 1 StGB (schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen: 10 Jahre) und § 87 Abs. 1 StGB (Absichtliche schwere Körperverletzung: ebenso 10 Jahre). In Kombination mit den beiden Vergehen der gefährlichen Drohung die er gegen das gleiche Opfer gerichtet hat die absichtlich schwere Körperverletzung, in Kombination mit den beiden einschlägigen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz, die er vor diesen Verbrechen verübt hat, geht das Gericht bei einer Prognoseentscheidung eindeutig davon aus, dass der weitere Verbleich des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine Gefahr für die Gemeinschaft darstellen würde. Diese Ansicht wird auch noch dadurch gestützt, dass er - in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht darauf angesprochen - nur teilweise einsichtsfähig war. Hinsichtlich der absichtlich schweren Körperverletzung schilderte er eine Notwehrsituation zu der er sich gedrängt gefühlt hätte und welche die schwere Kopfverletzung bei dem Opfer verursacht hätte, hinsichtlich der Suchtgiftdelikte meinte er, dass es zwar ein Fehler war, er aber wegen Geldmangel dazu verleitet gewesen wäre und die falschen Freunde kennen gelernt hätte. Der Beschwerdeführer reiste im Mai 2015 nach Österreich ein und verkaufte bereits im Februar 2017 Suchtgift. Eine diesbezügliche Verurteilung hielt ihn nicht davon ab, dieses Vergehen nochmals zu begehen. Zwei Verurteilungen nach dem Suchtmittelgesetz hielten ihn nicht davon ab, die beiden Verbrechen und die beiden Vergehen gemeinsam zu begehen. Durch das Zusammentreffen von insgesamt sechs Vergehen bzw Verbrechen innerhalb von drei Jahren und 4 Monaten, wobei ein Teil davon bereits in Strafhaft zu verbüßen war, und insofern durch das weitgehende Fehlen an Sozialkontakten und am Gesellschaftsleben die Möglichkeit des Rückfalls auch nicht bestand, ist anzunehmen, dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft seine Neigung im Falle der Möglichkeiten (hinsichtlich SMG und des Missbrauch) oder im Falle der ausreichenden Aggressivität (hinsichtlich der schweren Körperverletzung oder den gefährlichen Drohungen) ausleben wird.
Der Ansicht der Rechtsvertretung, dass es sich bei den verübten Verbrechen um keine besonders schweren Verbrechen handelt, kann somit nicht gefolgt werden.
Es ist davon auszugehen, dass diese Taten des Beschwerdeführers objektiv besonders wichtige Rechtgüter verletzen und demnach besonders schwere Verbrechen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 darstellen (vgl. dazu auch VwGH 02.10.1996, 95/21/0169).
3.3. Zu den Feststellungen hinsichtlich seiner Rückkehr:
Die Feststellungen zu den Folgen bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz Laghman ergeben sich aus den oben angeführten Länderberichten (Pkt. 2.5.3). Auf das Wesentliche zusammengefasst geht daraus hervor, dass Laghman eine relativ sichere Provinz (Aus dem LIB: "Laghman zählte seit dem Fall der Taliban im Jahr 2001 zu den relativ friedlichen Provinzen;
...").
3.4. Zu den Feststellungen seines (Privat)Leben in Österreich
Die Feststellung zu Aufenthaltsdauer und -titel, der familiären Situation und der Integration des Beschwerdeführers in Österreich stützen sich auf die Aktenlage, insbesondere auf die von ihm vorgelegten Unterlagen, sowie auf die damit übereinstimmenden, glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Fremdeninformationssystem, Grundversorgungs-Informationssystem).
Hinweise auf nachhaltige Integrationsschritte (soziale/berufliche Integration, substanzieller Spracherwerb) des Beschwerdeführers in Österreich sind weder dem Verwaltungs- noch dem Gerichtsakt zu entnehmen und wurden auch im Verlauf der mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht.
3.5. Zu den Feststellungen hinsichtlich der Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen, insbesondere auf das in das Verfahren eingebrachte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, letzte Aktualisierung am 29.06.2018. Da dieses Länderinformationsblatt auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruht und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbietet, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit des Länderinformationsblattes zu zweifeln. Ebenso verhält es sich mit allen weiteren Berichten der Staatendokumentation, wie zB ACCORD usw.
Zu in der Beschwerde und in der Stellungnahme verwiesenem weiterem Länderberichtsmaterial, ist anzumerken, dass die darin getätigten Aussagen in den (meist aktuelleren) Länderfeststellungen im Kern ohnehin Deckung finden.
Daraus folgt die
4. Rechtliche Beurteilung
4.1. Anzuwendendes Recht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, in der Fassung BGBl. I. Nr. 57/2018 (in der Folge kurz "VwGVG" genannt) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrens - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen im Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels gesonderter Bestimmungen im
-
Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, (in der Folge kurz: "AsylG 2005" genannt)
-
im Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 (in der Folge kurz "FPG" genannt), oder im
-
Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2002, in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018 (in der Folge kurz "BFA-VG" genannt),
die Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen, die für alle Fremden in einem Verfahren vor der Behörde, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten, werden durch das BFA-Verfahrensgesetz, geregelt. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt (§ 1 leg cit).
Die Beschwerde ist daher zulässig.
4.2. Zu Spruc