TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/27 W165 2173744-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.09.2018
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Entscheidungsdatum

27.09.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W165 2173744-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Libyen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.10.2017, Zl. 1159385304-170801876-EAST-West, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF als unbegründet

abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Libyens, brachte nach irregulärer Einreise am 09.07.2017 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein.

Zur Person des BF liegt eine EURODAC-Treffermeldung der Kategorie "2" zu Italien (erkennungsdienstliche Behandlung am 03.03.2017) vor.

Im Zuge der polizeilichen Erstbefragung am 09.07.2017 gab der BF im Wesentlichen an, dass er keine ihn an der Einvernahme hindernden Beschwerden oder Krankheiten habe. In Österreich habe er keine Familienangehörigen oder sonstigen Verwandten. Er habe seinen Herkunftsstaat vor ca. zwei Monaten legal verlassen und sei über die Türkei und ihm unbekannte Länder nach Deutschland und anschließend nach Österreich gereist. Zu den Ländern der Durchreise könne er keine Angaben machen. Er habe in keinem dieser Länder um Asyl angesucht oder ein Visum oder einen Aufenthaltstitel erhalten und habe nunmehr kein bestimmtes Reiseziel ("Nein, egal wohin").

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete am 11.07.2017 ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Italien.

Mit Schreiben vom 13.09.2017 setzte des BFA die italienische Dublin-Behörde darüber in Kenntnis, dass aufgrund nicht fristgerechter Antwort Verfristung eingetreten und gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO Italien nunmehr zuständig zur Durchführung des Asylverfahrens des BF sei.

Am 26.09.2017 wurde der BF im Besitz von Suchtmitteln (Cannabis, Marihuana) von Sicherheitsorganen der Landespolizeidirektion Oberösterreich aufgegriffen.

In der niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 27.09.2017 gab der BF nach durchgeführter Rechtsberatung an, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Er sei gesund und benötige auch keine Medikamente. Er habe im Rahmen der Erstbefragung die Wahrheit angegeben und auch die Angaben zu seinem Reiseweg sowie zu seinen Antragsgründen würden stimmen. Der BF habe in Österreich weder Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestünde noch andere Personen, von denen er abhängig wäre oder zu denen er ein besonders enges Verhältnis hätte. Er habe sich niemals um ein Visum für einen EU-Staat bemüht. Auf die beabsichtigte Ausweisung nach Italien hingewiesen, brachte der BF hinsichtlich der Gründe, die dem entgegenstehen würden, vor, dass er nicht nach Italien zurückkehren wolle, da er dort keine Unterkunft gehabt habe und auf der Straße schlafen habe müssen. Er habe in Italien auch keine Familie, die ihn aufnehmen oder unterstützen könnte. Deshalb habe er bei der Polizei verschwiegen, dass er aus Italien gekommen sei, da er nicht dorthin zurückkehren wolle. Er sei von rassistischen Italienern bedroht und angegriffen worden. Der BF verzichtete auf die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme zu den Länderfeststellungen zu Italien. Er habe in Italien keinen Asylantrag gestellt, daher wolle er nicht dorthin zurückkehren.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung des Antrages zuständig sei sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, das demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung nach Italien zulässig sei.

Der Bescheid enthält ausführliche Feststellungen zum italienischen Asylverfahren. Diese Feststellungen basieren auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation im Sinne des § 5 BFA-G.

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Italien wurden im angefochtenen Bescheid wie folgt zusammengefasst (unkorrigiert durch das Bundesverwaltungsgericht):

Kurzinformationen zum italienischen Asylverfahren KI vom 16.3.2017, Asylstatistik und Unterbringung (relevant für Abschnitte 2/Allgemeines zum Asylverfahren und 6/Versorgung)

Aus Statistiken des italienischen Innenministeriums geht hervor, dass es in Italien 2017 mit Stand 10. März 29.750 Asylanträge gab.

(VB 15.3.2017a)

Mit Stand 14.3.2017 waren in Italien laut offiziellen Statistiken des italienischen Innenministeriums 173.973 Personen in Flüchtlingsunterkünften untergebracht, davon 344 in Hotspots (dienen nur der Registrierung der Flüchtlinge; nach max. 72 Stunden Weiterverbringung in Flüchtlingsunter-künfte in ganz Italien), 13.027 in Erstaufnahmezentren, 136.920 in temporären Strukturen (meist durch NGOs und Private mit staatlicher Förderung zur Verfügung gestellt) und 23.682 (Stand: 27.2.2017) in staatlicher Betreuung (SPRAR):

(VB 15.3.2017b)

Quellen:

-

VB des BM.I Italien (15.3.2017a): Statistik des ital. Innenministeriums, per E-Mail

-

VB des BM.I Italien (15.3.2017b): Statistik des ital. Innenministeriums, per E-Mail

KI vom 26.1.2017, Asylstatistik und Unterbringung (relevant für Abschnitte 2/Allgemeines zum Asylverfahren und 6/Versorgung)

Aus Statistiken des italienischen Innenministeriums geht hervor, dass es in Italien 2017 mit Stand 20. Jänner 6.990 Asylanträge gab.

Mit Stand 24.1.2017 waren in Italien laut offiziellen Statistiken des italienischen Innenministeriums 174.979 Personen in Flüchtlingsunterkünften untergebracht, davon 355 in Hotspots (dienen nur der Registrierung der Flüchtlinge; nach max. 72 Stunden Weiterverbringung in Flüchtlingsunter-künfte in ganz Italien),

14.290 in Erstaufnahmezentren, 136.512 in temporären Strukturen (meist durch NGOs und Private mit staatlicher Förderung zur Verfügung gestellt) und 23.822 (Stand: 31.12.2016) in staatlicher Betreuung (SPRAR):

Mit Stand 10.1.2017 waren in Italien laut offiziellen Statistiken des italienischen Innenministeriums 176.150 Personen in Flüchtlingsunterkünften untergebracht, davon 497 in Hotspots (dienen nur der Registrierung der Flüchtlinge; nach max. 72 Stunden Weiterverbringung in Flüchtlingsunter-künfte in ganz Italien),

14.476 in Erstaufnahmezentren, 137.355 in temporären Strukturen (meist durch NGOs und Private mit staatlicher Förderung zur Verfügung gestellt) und 23.822 (Stand: 31.12.2016) in staatlicher Betreuung (SPRAR):

Mit Stand 20.12.2016 waren in Italien laut offiziellen Statistiken des italienischen Innenministeriums 175.481 Personen in Flüchtlingsunterkünften untergebracht, davon 539 in Hotspots (dienen nur der Registrierung der Flüchtlinge; nach max. 72 Stunden Weiterverbringung in Flüchtlingsunter-künfte in ganz Italien),

14.461 in Erstaufnahmezentren, 136.918 in temporären Strukturen (meist durch NGOs und Private mit staatlicher Förderung zur Verfügung gestellt) und 23.563 (Stand: 5.12.2016) in staatlicher Betreuung (SPRAR):

Mit Stand 2.12.2016 waren in Italien laut offiziellen Statistiken des italienischen Innenministeriums 175.698 Personen in Flüchtlingsunterkünften untergebracht, davon 980 in Hotspots (dienen nur der Registrierung der Flüchtlinge; nach max. 72 Stunden Weiterverbringung in Flüchtlingsunter-künfte in ganz Italien),

14.395 in Erstaufnahmezentren, 137.165 in temporären Strukturen (meist durch NGOs und Private mit staatlicher Förderung zur Verfügung gestellt) und 23.158 (Stand: 18.11.2016) in staatlicher Betreuung (SPRAR):

Dublin-Rückkehrer

Die meisten Dublin-Rückkehrer landen am Flughafen Rom-Fiumicino, einige auch am Flughafen Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Questura für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab.

1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in IT gestellt hat, kann er dies tun, wie jeder andere auch.

2. Ist das Verfahren des AW noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere AW.

3. Hat er beim ersten Aufenthalt in Italien eine negative Entscheidung erhalten und dagegen keine Beschwerde eingelegt, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE gebracht werden.

4. Wurde das Verfahren des Rückkehrers negativ entschieden, dieser aber nicht informiert (weil er etwa schon weg war), kann er Beschwerde einlegen.

5. Hat der AW Italien vor seinem persönlichen Interview verlassen und erging folglich eine negative Entscheidung, kann der Rückkehrer ein neues Interview beantragen (AIDA 12.2015).

Im Falle einer 8-köpfigen afghanischen Familie, welche über Italien nach Österreich und weiter in die Schweiz gereist ist und welche im Rahmen der Dublin-Verordnung von der Schweiz nach Italien rückzuüberstellen war, hat der EGMR am 4.11.2014 festgestellt, dass eine Überstellung nach Italien das Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) verletzen würde, falls die Schweiz nicht vorab von Italien Einzelfallzusicherungen für eine altersgerechte Betreuung der Kinder und für die Wahrung der Einheit der Familie einholt (sogen. Tarakhel-Urteil) (EGMR 4.11.2014; vgl AIDA 12.2015).

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte IT im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind (AIDA 12.2015). Im Februar 2016 wurde in einem neuen Rundbrief diese Liste aktualisiert. Sie umfasst 23 SPRAR-Projekte mit zusammen 85 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 15.2.2016).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Italian Council for Refugees (12.2015):

National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_update.iv_.pdf, Zugriff 12.4.2016

-

MdI - Ministero dell Interno (15.2.2016): Circular Letter, per -E-Mail

-

EGMR - Europäischer Gerichtshof für Menschenechte (4.11.2014):

Grand Chamber. Case of Tarakhel vs. Switzerland. Application no. 29217/12. Judgement,

http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-148070#{"itemid":["001-148070"]}, Zugriff 27.4.2016

Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Mit Legislativdekret (LD) 142/2015 wurden Unbegleitete Minderjährige, Opfer von Menschenhandel, Opfer von Genitalverstümmelung und ernsthaft physisch oder psychisch Kranke auf die Liste der vulnerablen Personen gesetzt, welche nunmehr folgende Gruppen umfasst (zuzüglich zu den bereits genannten):

Minderjährige, Schwangere, Alte, Behinderte, alleinstehende Eltern mit minderjährigen Kindern und Opfer von Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen physischer, psychischer oder sexueller Gewalt (AIDA 12.2015).

Die italienischen Gesetze sehen keinen eigenen Identifizierungsmechanismus für Vulnerable vor. Wenn im Zuge des Interviews ein Vertreter der Behörde den Verdacht hat, es mit einer vulnerablen Person zu tun zu haben, kann er den Betreffenden speziellen Diensten zuweisen. Laut LD 142/2015 hat Opfern von Gewalt Zugang zu geeigneter medizinischer und psychologischer Betreuung gewährt zu werden. Beim Schutz von Minderjährigen sind Reifegrad und Entwicklung des Minderjährigen zu berücksichtigen und es ist im besten Interesse des Kindes zu handeln. Mit LD 142/2015 ist festgelegt, dass die Anwesenheit eines UMA umgehend dem Vormundschaftsge-richt zur Bestellung eines Vormunds, dem Staatsanwalt am Jugendgericht, dem Jugendgericht zur Bestätigung der umgesetzten Unterbringungsmaßnahmen, sowie dem Sozialministerium mitzuteilen ist. Vulnerable Fälle werden im Verfahren prioritär behandelt. Während des Asylinterviews ist es möglich, dass vulnerable AW von Sozialarbeitern, Ärzten und/oder Psychologen begleitet werden. Gemäß LD 142/2015 haben die Territorialkommissionen die Möglichkeit im Asylverfahren wann immer nötig den Rat von Experten in medizinischen, kulturellen, religiösen, kindesbezogenen oder Genderfragen zu suchen. Bei Zweifeln über das Alter eines Antragstellers kann jederzeit eine medizinische Altersfeststellung durchgeführt werden, für die eine Zustimmung des Minderjährigen bzw. des Vormunds nötig ist. Eine Verweigerung derselben hat keine negativen Auswirkungen auf das Verfahren. Zu den Methoden der Altersfeststellung gibt es keine spezifischen Vorgaben, außer dass sie nicht-invasiv sein sollen und in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen mit pädiatrischen Abteilungen durchzuführen sind. Angeblich werden Altersfeststellungen meist von nicht-spezialisierten Medizinern anhand von Röntgenbildern vorgenommen, was auf Kritik stößt. Im Zweifel ist die Minderjährigkeit anzunehmen (AIDA 12.2015).

Der UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechte von Migranten kommt zu dem Schluss, dass die derzeitige Konzentration auf Altersfeststellungen und das Günstigkeitsprinzip bei Personen, die unter 18 zu sein scheinen, als vorsichtiger Ansatz erscheinen, der den Schutz der Betroffenen über die Zweckmäßigkeit stellt. Es sei jedoch abzuwarten, ob dies auch langfristig umgesetzt werden könne (UNHRC 1.5.2015).

Stellt ein unbegleiteter Minderjähriger einen Asylantrag wird das Verfahren sofort suspendiert und das Jugendgericht (Tribunale per i minorenni) und der Vormundschaftsrichter (Giudice tutelare) informiert. Letzterer muss binnen 48 Stunden einen Vormund ernennen, welcher dann bei der Questura die Wiederaufnahme des Verfahrens bewirkt und die Maßnahmen zur Unterbringung und Versorgung des UMA überwacht. Die 48-Stunden-Regel wird kaum eingehalten, sondern es dauert eher Wochen (UNHCR berichtet von 2-11 Monaten (UNHCR 3.2015))

Der Vormund kümmert sich während des gesamten Verfahrens um den UMA, im Falle einer negativen Entscheidung auch darüber hinaus. Vor allem während des Interviews ist seine Anwesenheit unerlässlich. Beschwerden gegen negative Entscheidungen sind selten, weil entweder ein anderer Schutztitel oder eine Aufenthaltserlaubnis bis zum 18. Geburtstag gewährt wurde. Der Vormund ist für das Wohlergehen des Kindes verantwortlich. In der Praxis wird der Bürgermeister jener Gemeinde, in der der UMA untergebracht ist, zum Vormund ernannt und er delegiert die Vormundschaft an andere Personen innerhalb der Gemeinde, die meist viele Personen zu betreuen haben. In der Praxis sehen Vormunde ihre Schützlinge oft nur bei der formalen Registrierung des Asylantrags und dann beim Interview, was gesetzlich unbedingt verlangt ist. Auch die Ernennung eines freiwilligen Vormunds ist möglich, wird aber nicht oft angewendet (AIDA 12.2015).

Laut italienischen Gesetzen ist bei der Unterbringung auf spezifische Bedürfnisse der AW Rücksicht zu nehmen, besonders bei Vulnerablen. Die Manager der Unterbringungszentren sollen in Zusammenarbeit mit lokalen öffentlichen Gesundheitszentren die angemessene psychologische Unterstützung Vulnerabler sicherstellen. LD 142/2015 sieht einen Gesundheitscheck in der Erstaufnahme vor, um auch spezielle Unterbringungsbedürfnisse erkennen zu können. Diese speziellen Unterbringungsmöglichkeiten sind in der CARA und im SPRAR sicherzustellen. Die Umsetzung dieser Bestimmungen hängt allerdings sehr von den einzelnen Zentren und ihrer Finanzierung ab (AIDA 12.2015) und ist angeblich in den Zentren der Phase-1-Unterbringung (CARA, CPSA,...) praktisch nicht existent (AIDA 12.3.2016).

Auf die Familieneinheit ist sowohl in CARA als auch SPRAR nach Möglichkeit Rücksicht zu nehmen, in der Praxis kann es aber passieren, dass Kinder bei der Mutter und der Vater bei den alleinstehenden Männern oder gar in einer anderen Einrichtung untergebracht wird. Familien können aber je nach Grad der Vulnerabilität und der Warteliste auch in SPRAR-Zentren überstellt werden. UMA dürfen nicht in CARA untergebracht werden. Sie werden für max. 60 Tage in Erstaufnahmeeinrichtungen und danach in SPRAR-Projekten, bzw. wenn nicht verfügbar in Kinderheimen untergebracht. Behauptet ein in einem CARA Untergebrachter, minderjährig zu sein, muss eine Altersfeststellung durchgeführt werden. Ist er tatsächlich minderjährig, muss er entsprechend untergebracht werden (AIDA 12.2015).

Unbegleitete Minderjährige, die nicht Asyl beantragen, haben ohne Unterschied zu UMA das Recht auf Unterbringung. Im Oktober 2015 betrug die Zahl der insgesamt im SPRAR untergebrachten Minderjährigen 1.318 (AIDA 12.2015).

Die Europäische Kommission hat am 10.7.2014 mit einer formal notice wegen der Situation unbegleiteter Minderjähriger Asylwerber die erste Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Italien in Kraft gesetzt. Nähere Informationen dazu liegen nicht vor (EK 31.3.2016).

Mit Gesetz 190/2014 vom 1.1.2015 gingen die Agenden betreffend unbegleiteter Minderjähriger vom italienischen Arbeits- und Sozialministerium auf das Innenministerium über, unter gleichzeitiger Bereitstellung neuer Mittel in Höhe von EUR 32,5 Mio. pro Jahr für die Versorgung von UM (UNHRC 1.5.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Italian Council for Refugees (12.2015):

National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_update.iv_.pdf, Zugriff 27.4.2016

-

EK - Europäische Kommission (31.3.2016): Infringements by coutry:

Italy,

http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-is-new/eu-law-and-monitoring/infringements_by_country_italy_en.htm, Zugriff 13.4.2016

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (3.2015): Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees For the Office of the High Commissioner for Human Rights' Compilation Report - Universal Periodic Review: Italy, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1430987595_5541e115d.pdf, Zugriff 27.4.2016

-

UNHRC - UN Human Rights Council (1.5.2015): Report by the Special Rapporteur on the human rights of migrants, François Crépeau. Addendum. Follow-up mission to Italy (2-6 December 2014), http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1432736395_a-hrc-29-36-add-2-en.doc, Zugriff 27.4.2016

Non-Refoulement

Grundsätzlich bietet Italien Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 25.6.2015).

Italien bringt gegebenenfalls Antragsteller im Rahmen der Dublin-VO außer Landes oder schiebt in sichere Herkunftsstaaten ab. Zwischen Jänner und August 2015 schob Italien 8.497 Migranten in ihre Heimatländer ab, hauptsächlich Tunesien, Ägypten und Nigeria (USDOS 4.2016).

Von Problemen wird von den ital. Adriahäfen (sogen. "offizielle Grenzpunkte") berichtet, wo im Rahmen bilateraler Abkommen direkte und informelle Rückschiebungen von Italien nach Griechenland stattfinden, welche die Betroffenen einem Refoulement-Risiko aussetzen können. Für diese Praxis wurde Italien am 21.10.2014 vom EGMR verurteilt (Sharifi and Others v. Italy and Greece). Zuletzt nahm die Zahl der blinden Passagiere auf den Fähren aber ab, was an geänderten Migrationsrouten liegen dürfte. (AIDA 12.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Italian Council for Refugees (12.2015):

National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_update.iv_.pdf, Zugriff 27.4.2016

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (3.2015): Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees For the Office of the High Commissioner for Human Rights' Compilation Report - Universal Periodic Review: Italy, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1430987595_5541e115d.pdf, Zugriff 27.4.2016

-

USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Italy, http://www.ecoi.net/local_link/306380/443655_de.html, Zugriff 14.4.2016

-

USDOS - US Department of State (4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Italy,

http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/#wrapper, Zugriff 15.4.2016

Versorgung

Unterbringung

Mit LD 142/2015 wurde ein 2-Phasen-Unterbringungssystem eingeführt, das im Wesentlichen dem davor Üblichen entspricht. Die erste Phase bilden die Ersthelfer- und Unterbringungszentren CPSA, Erstaufnahmezentren CPA und Notfallzentren CAS, sowie Unterbringungszentren CARA. In diesen Einrichtungen sollen AW nur temporär untergebracht werden, bis Verlegung in SPRAR möglich ist. Das SPRAR bildet die 2. Phase der Unterbringung. Fremde sind zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen und wenn eine Bedürftigkeit besteht, welche auf Basis von Eigendeklaration festgestellt wird. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung (bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist). Bei Rechtsmitteln mit automatischer aufschiebender Wirkung besteht das Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts (AIDA 12.2015).

Die Praxis, dass der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der Verbalizzazione (formelle Registrierung des Antrags) gegeben ist, anstatt sofort nach Fotosegnalamento (erkennungsdienst-liche Behandlung), bestand laut AIDA aber zumindest bis Ende September 2015 fort. Zwischen diesen beiden Schritten waren, abhängig von Region und Antragszahlen, vor allem in den großen Städten Wartezeiten von Wochen oder gar Monaten möglich. Betroffene AW waren daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen, oder es drohte ihnen Obdachlosigkeit. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Auch ist nicht bekannt, wie sich die Situation momentan darstellt. Betroffen waren außerdem nur Personen, die ihren Antrag im Land stellten, keine auf See geretteten AW (AIDA 12.2015).

CPSA, CDA, CARA und CAS

CPSA (Centri di primo soccorso e accoglienza), CDA (Centri di Accoglienza) und CARA (Centri d'Accoglienza Richiedenti Asilo) umfassen 13 Zentren. Diese Zentren der Erstaufnahme bieten im Vergleich zum SPRAR eher grundlegende Versorgung mit Essen, Kleidung, Basisinformation, Rechtsberatung und medizinischer Notversorgung. Es handelt sich um große Zentren mit vielen Unterbringungsplätzen. Die CAS (Centri di accoglienza straordinaria) dienen hauptsächlich zur Unterbringung von Bootsflüchtlingen, ihre Zahl wird je nach Bedarf angepasst und ist daher nur schwer festzumachen. Die Zahl der Unterbringungsplätze lag im Oktober 2015 bei 7.290 (CPSA, CDA und CARA) und 70.918 (CAS). Es ist geplant, dass bis Ende 2016 die Erstaufnahmestruktu-ren zu Regionalzentren (Regional Hubs) umgewandelt werden, in denen die ASt. zur Formalisierung ihrer Anträge 7-30 Tage bleiben und dann weiterverlegt werden. Es sollen so bis Mitte 2016 14.750 Plätze zur Verfügung stehen, bzw. 15.500 bis Ende 2016. Am Ende soll es ein derartiges Zentrum in jeder Region des Landes geben. Die Zentren sind offen und dürfen tagsüber verlassen werden. Auf individuelle Bedürfnisse der ASt. (Geschlecht, Alter, Vulnerabilität) ist

Rücksicht zu nehmen. In CARA erhalten Untergebrachte EUR 75/Monat Taschengeld, die Höhe des Taschengeldes in CAS ist nicht bekannt (AIDA 12.2015). In der Praxis unterscheiden sich die Unterbringungsbedingungen zwischen den Zentrumstypen und je nach Region zum Teil erheblich. Überbelegung ist oft ein Problem. Da ASt. überall in Italien untergebracht werden können, wo gerade Platz ist, viele es jedoch bevorzugen in Rom zu leben, verlassen viele von ihnen das CARA-System (AIDA 12.2015).

SPRAR

Die SPRAR-Projekte der Gemeinden (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati) sind hauptsächlich Wohnungen oder kleine Zentren. Im Mai 2015 bestand das SPRAR aus 430 Einzelprojekten. Die Zahl der Unterbringungsplätze Ende 2015 bei 19.715, aber die Schaffung von 10.000 weiteren Plätzen wurde angekündigt. SPRAR-Projekte bieten Übersetzungsleistungen, linguistisch-kulturelle Mediation, rechtliche Beratung, medizinische Versorgung, sozio-psychologische Unterstützung, Unterstützung Vulnerabler, Integrationsberatung, und Freizeitaktivitäten. Die Unterbringungsbedingungen sind besser als in CARA-Zentren. Es gibt eigene Projekte im Rahmen des SPRAR für UM bzw. geistig oder körperlich Behinderte, welche spezialisierte Leistungen bieten. Im SPRAR Untergebrachte erhalten EUR 60-75 Taschengeld. Das SPRAR verfügt über standardisierte Integrationsprogramme für AW und Schutzberechtigte, die auch Jobtrainings und Praktika umfassen. Auch wenn es Unterschiede zwischen den einzelnen Projekten gibt, werden die Integrationsmaßnahmen in den italienischen Zentren dennoch als unzulänglich kritisiert. Die max. Aufenthaltsdauer im SPRAR liegt bei 6 bis 12 Monaten (AIDA 12.2015; vgl. AIDA 12.3.2016).

Für Mitte Februar 2016 wird von insgesamt 105.248 Unterbringungsplätzen (alle Formen) in Italien berichtet. Die meisten davon (wie oben) sind CAS-Plätze (AIDA 12.3.2016).

Darüber hinaus existiert außerhalb der staatlichen Strukturen noch ein Netzwerk privater Unterbringungsmöglichkeiten, betrieben etwa von Kirchen und Freiwilligenorganisationen. Ihre Zahl ist schwierig festzumachen. Interessant sind sie im Notfall oder für die Unterbringung von Familien (AIDA 12.2015).

Gemäß LD 142/2015 dürfen AW bereits 2 Monate nach Antragstellung arbeiten, wobei es in der Praxis bürokratische Schwierigkeiten bei der Ausübung dieses Rechtes gibt. Die Sprachbarriere ist ebenfalls ein erschwerender Faktor. Sind AW im SPRAR untergebracht, haben sie auch Zugang zu den dortigen Jobtrainings (AIDA 12.2015).

Ist in keiner der beiden Strukturen Platz für einen AW vorhanden, wäre für den Zeitraum in dem der AW nicht untergebracht wird, eigentlich ein Taggeld vorgesehen. In der Praxis wird dieses aber nicht ausbezahlt, sondern der AW trotzdem untergebracht und eine gewisse Überbelegung in Kauf genommen (AIDA 12.2015).

CIE

Zusätzlich sind noch die Schubhaftkapazitäten zu nennen. Italien verfügt über 7 CIE (Centro di identificazione ed espulsione) mit einer Kapazität von 955 Plätzen (AIDA 12.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Italian Council for Refugees (12.2015):

National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_update.iv_.pdf, Zugriff 27.4.2016

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Italian Council for Refugees (12.3.2016): Wrong counts and closing doors. The reception of refugees and asylum seekers in Europe, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/shadow-reports/aida_wrong_counts_and_closing_doors.pdf, Zugriff 14.4.2016

Hotspots

In Italien sind bisher 3 Hotspots eröffnet worden (Lampedusa, Pozzallo, Trapani). Geplant sind 6 Hotspots mit insgesamt 2.500 Plätzen. Deren Zweck ist es, dort zusammen mit Personal der europäischen Asylunterstützungsagentur EASO die mixed migration flows zu kanalisieren und Migranten von Asylwerbern zu trennen. Letztere werden in die Regionalzentren überstellt (AIDA 12.2015; UNHCR 18.2.2016). Bestimmte Nationalitäten kommen für Relocation in andere EU-Länder in Frage (AI 24.2.2016).

Die Hotspots ernteten Kritik von NGOs, da es sich um geschlossene Zentren handelt. Auch sollen die Bedingungen zum Teil schlecht sein, sodass sich die NGO Médécins Sans Frontières (MSF) aus dem Hotspot Pozzallo zurückzog (AIDA 12.3.2016)

Quellen:

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Italy, https://www.ecoi.net/local_link/319839/459035_de.html, Zugriff 14.4.2016

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Italian Council for Refugees (12.2015):

National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_update.iv_.pdf, Zugriff 14.4.2016

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Italian Council for Refugees (12.3.2016): Wrong counts and closing doors. The reception of refugees and asylum seekers in Europe, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/shadow-reports/aida_wrong_counts_and_closing_doors.pdf, Zugriff 14.4.2016

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (18.2.2016): Europe's Refugee Emergency Response Update #23; 12-18 February 2016, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1456926739_56cd6e0f4.pdf, Zugriff 14.4.2016

Dublin-Rückkehrer

Als größtes Problem für Rückkehrer wird die Unterbringungssituation betrachtet. Dublin-Rückkehrer (AW oder Schutzberechtigte), die zuvor in Italien nicht untergebracht waren, haben bei Rückkehr Zugang zu Unterbringung. Eine Aussage darüber, wie lange es dauert bis auch tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich. Berichten zufolge ist es in der Vergangenheit zu Fällen gekommen, in denen Dublin-Rückkehrer nicht untergebracht werden konnten und sich selbst unterbringen mussten, mitunter in Behelfssiedlungen. (AIDA 12.2015).

Gleichzeitig besagen ältere Berichte, dass ein AW, der dem Unterbringungszentrum ohne Genehmigung über eine bestimmte Frist fernbleibt, seinen Unterbringungsplatz verliert und danach nicht wieder in derselben Struktur untergebracht werden kann (AIDA 1.2015). Angeblich gilt dieses Verbot der erneuten Unterbringung für 6 Monate nach dem Verlassen der Unterbringung (SFH 5.2011).

Um die Unterbringungssituation von Dublin-Rückkehrern zu verbessern, wurden ab 2011 im Rahmen des Europäischen Flüchtlingsfonds (FER) Projekte nahe der Flughäfen finanziert, an denen diese am häufigsten ankommen (ARCO, ARCA, ASTRA am Flughafen Rom-Fiumicino; STELLA, ALI, TERRA am Flughafen Mailand-Malpensa; und weitere in Venedig, Bari und Bologna) (AIDA 1.2015). Informationen aus dem ital. Innenministerium zufolge, sind diese Projekte mittlerweile alle ausgelaufen und wurden von der EU nicht nachfinanziert. Die Betroffenen sind derzeit durchweg in den national unterhaltenen Zentren untergebracht (CPSA, CDA, CARA, CIE, SPRAR). Die genaue Aufteilung auf die diversen Arten von Einrichtungen ist nicht bekannt, jedoch die Aufteilung nach Region (siehe Grafik). Am 29.2.2016 waren insgesamt 107.387 Personen in den diversen Einrichtungen untergebracht.

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte Italien im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind (AIDA 12.2015). Im Februar 2016 wurde in einem neuen Rundbrief diese Liste aktualisiert. Sie umfasst 23 SPRAR-Projekte mit zusammen 85 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 15.2.2016).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Italian Council for Refugees (1.2015):

National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_italy_thirdupdate_final_0.pdf, Zugriff 27.4.2016

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Italian Council for Refugees (12.2015):

National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_update.iv_.pdf, Zugriff 27.4.2016

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MdI - Ministero dell Interno (15.2.2016): Circular Letter, per -E-Mail

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SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (5.2011): Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, https://www.ecoi.net/file_upload/6_1309862586_110524-bericht-italien-sfhjussbuss-deutsche-uebersetzung.pdf, Zugriff 27.4.2016

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VB des BM.I Italien (10.3.2016): Auskunft des ital. Innenministeriums, per E-Mail

Medizinische Versorgung

Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. AW haben dieses Recht ab Registrierung ihres Asylantrags. Das gilt sowohl für untergebrachte, wie für nicht untergebrachte AW. Die Anmeldung erfolgt in den Büros der lokalen Gesundheitsdienste (Aziende sanitaria locali, ASL). Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen: freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.);

Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung;

kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern. Asylwerber und Schutzberechtigte können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei der ASL als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr ("Ticket") bezahlen. In einem Zentrum Untergebrachte erhalten bei diesem Schritt Hilfe von ihren Betreuern. Nach Ablauf der ersten 6 Monate müssen sich AW offiziell arbeitslos melden, um die Ticketbefreiung behalten zu können. Zum effektiven Zugang zu medizinischer Versorgung für Asylwerber und Schutzberechtigte erklärt AIDA, dass bei den Mitarbeitern im Gesundheitsbereich Desinformation und Mangel an Erfahrung in der Behandlung von Migranten häufig sind. Die Sprachbarriere ist aber das größte Zugangshindernis (AIDA 12.2015).

AW und Schutzberechtigte mit psychischen Problemen (z.B. Folteropfer) haben das Recht auf dieselbe Behandlung wie italienische Staatsbürger. In der Praxis können sie von spezialisierten Dienstleistungen profitieren, die im Rahmen des Nationalen Gesundheitsdienstes und von spezialisierten NGOs und Privaten angeboten werden. Verschiedene medizinische Zentren und Ärzte, die früher im sogenannten NIRAST (Italian Network for Asylum Seekers who Survived Torture) organisiert waren, arbeiten unter verschiedenen Finanzierungen weiter in der Unterstützung von Folteropfern (AIDA 12.2015).

Irreguläre Migranten haben das Recht auf medizinische Notversorgung und präventive Versorgung zum Schutz der individuellen und kollektiven Gesundheit. Damit haben sie dieselben Rechte wie italienische Staatsbürger (AIDA 12.2015).

Illegal aufhältige Personen können von medizinischen Notdiensten usw. Gebrauch machen. Die Gesetze verbieten es dem medizinischen und Verwaltungspersonal die Polizei bezüglich illegaler Migranten zu informieren (UNHRC 21.7.2014).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Italian Council for Refugees (12.2015):

National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_update.iv_.pdf, Zugriff 27.4.2016

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UNHRC - United Nations Human Rights Council (21.7.2014): National report submitted by the Government of Italy, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1414580593_g1408921.pdf, Zugriff 27.4.2016

Anerkannte Flüchtlinge / subsidiär Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte sind laut LD 142/2015 nunmehr unterschiedslos für 5 Jahre (verlängerbar) aufenthaltsberechtigt. Dasselbe Dekret hat auch die Aktivitäten der National Coordinating Working Group zur Verbesserung des nationalen Aufnahmesystems und des Integrationsplans für Schutzberechtigte bestätigt. In dieser Arbeitsgruppe sind auch Vertreter von UNHCR und NGOs (AIDA 12.2015).

2011 wurde zur Verbesserung der Integration von Schutzberechtigten das nationale Unterbringungssystem erweitert und ein Nationaler Integrationsplan etabliert. Jobtrainings und andere Integrationsprogramme sind auch durch nationale Fördertöpfe bzw. AMIF möglich. In diesem Rahmen fördert das ital. Innenministerium NGOs, welche Integrationsmaßnahmen anbieten. Diese Projekte sind allerdings zeitlich begrenzt und richten sich an eine eingeschränkte Zahl von Nutznießern. Auch die Gemeinden können Jobtrainings und -praktika finanzieren, sowie Arbeitsstipendien (borse lavoro), die Italienern und Fremden gleichermaßen zur Verfügung stehen (AIDA 12.2015).

Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Die Anmeldung erfolgt in den Büros der lokalen Gesundheitsdienste (Aziende sanitaria locali, ASL). Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen: freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.);

Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung;

kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern. Asylwerber und Schutzberechtigte können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei der ASL als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr ("Ticket") bezahlen. Zum effektiven Zugang zu medizinischer Versorgung für Asylwerber und Schutzberechtigte erklärt AIDA, dass bei den Mitarbeitern im Gesundheitsbereich Desinformation und Mangel an Erfahrung in der Behandlung von Migranten häufig sind. Die Sprachbarriere ist aber das größte Zugangshindernis (AIDA 12.2015).

USDOS bezeichnet die Anstrengungen der ital. Regierung zur Integration von Flüchtlingen als begrenzt. Die hohe Arbeitslosigkeit erschwert es ihnen zusätzlich legale Beschäftigung zu finden (USDOS 4.2016).

Generell ist es für Schutzberechtigte, die nach Italien zurückgeschickt werden, schwierig, eine Unterkunft zu finden. Das italienische System geht davon aus, dass man ab Gewährung des Schutzstatus arbeiten und für sich selbst sorgen kann. Bezüglich Sozialhilfe sind anerkannte Flüchtlinge mit Italienern gleichgestellt. Das italienische Sozialhilfesystem ist jedoch schwach und kann kein Existenzminimum garantieren. Es beruht stark auf der Unterstützung durch die Familie (SFH 10.2013; vgl. SFH 4.8.2014).

Die sozioökonomische Integration von Schutzberechtigten ist de facto an die Regionen delegiert. Die Regionen haben dabei weitreichende Kompetenzen zur Regelung sozialer Belange. Insgesamt ist das Niveau der Integration von Flüchtlingen zwischen einzelnen Regionen und Gemeinden sehr unterschiedlich und unklare Kompetenzverteilungen verkomplizieren die Abläufe. Aufgrund der Wirtschaftskrise gab es budgetäre Kürzungen mit unmittelbaren negativen Auswirkungen auf die Unterstützung Schutzberechtigter. Die Integrationsaussichten Schutzberechtigter in Italien sind damit begrenzt. Die Ausübung bestimmter Rechte bedingt angeblich das Vorhandensein von Dokumenten, welche viele Schutzberechtigte nicht haben und aus ihren Herkunftsstaaten auch nicht erhalten können (UNHCR 3.2015).

Nicht-Italiener werden auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert und gelegentlich Opfer von Ausbeutung. NGOs zufolge schmälert der Mangel an Beratung und Trainingsprogrammen die Chancen der Flüchtlinge auf eine Anstellung (USDOS 4.2016).

Rückkehrer mit Schutzstatus in Italien, die zuvor bereits in einem CARA untergebracht waren, haben bei Rückkehr kein Recht mehr auf Unterbringung in einem solchen. Sie können ausnahmsweise dort untergebracht werden, wenn Plätze frei sind. Schutzberechtigte haben Zugang zu Unterbringung im SPRAR. Dort existieren standardisierte Integrationsprogramme für AW und Schutzberechtigte, die auch Jobtrainings und Praktika umfassen. Die Integrationsmaß-nahmen für AW und Schutzberechtigte in den italienischen Zentren werden aber generell als unzulänglich kritisiert (AIDA 12.2015).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Italian Council for Refugees (12.2015):

National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_update.iv_.pdf, Zugriff 27.4.2016

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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