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L8230 Abwasser, KanalisationNorm
B-VG Art139 Abs1 Z2Leitsatz
Keine Aufhebung einer Bestimmung der Kanalordnung einer Vorarlberger Gemeinde betreffend die Erhebung eines Ergänzungsbeitrags im Falle der Erweiterung von Gebäuden ab 12 m² zur Deckung der Kosten der Abwasserbeseitigungsanlage; Gebäudeerweiterung kann bei typisierender Betrachtung eine wesentliche erhöhte Inanspruchnahme der Abwasserbeseitigungsanlage bedeutenRechtssatz
Keine Aufhebung der Wortfolge "(Erweiterung von Gebäuden ab 12 m²)" in §11 Abs4 der von der Gemeindevertretung von Lingenau mit Beschluss vom 07.05.2007 und 04.06.2007 erlassenen Kanalordnung der Gemeinde Lingenau als gesetzwidrig.
§15 Vlbg KanalisationsG (Vbg KanalG) sieht vor, dass ein Ergänzungsbeitrag zum Anschlussbeitrag erhoben werden kann, wenn sich die Bewertungseinheit für die Bemessung des Anschlussbeitrages wesentlich ändert. Nach den Materialien soll die Vorschrift die Möglichkeit einräumen, "bei einer nachträglichen wesentlichen Änderung der Bewertungseinheit (zB durch Um- oder Zubauten an Bauwerken, Erweiterung von befestigten Flächen)" den "[(alten)] Anschlußbeitrag rechnerisch neu festzusetzen und [den] Differenzbetrag zwischen alter und neuer Beitragsleistung als Ergänzungsbeitrag einzuheben. Aus verwaltungsökonomischen Gründen soll jedoch nicht jede geringfügige Änderung zur Neufestsetzung führen. Wesentlich wird eine Änderung zB dann sein, wenn ein Gebäude aufgestockt wird."
Nach §11 Abs1 Vbg KanalG werden die Gemeinden ermächtigt, durch Verordnung der Gemeindevertretung im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes zur Deckung der ihnen durch die Errichtung der Abwasserbeseitigungsanlage erwachsenden Kosten Kanalisationsbeiträge zu erheben. Nach Abs3 leg cit sind Kanalisationsbeiträge der Erschließungsbeitrag, der Anschlussbeitrag, der Ergänzungsbeitrag und der Nachtragsbeitrag. Der Anschlussbeitrag wird gemäß §14 leg cit für den Anschluss von Bauwerken und befestigten Anlagen an einen Sammelkanal erhoben. Der Ergänzungsbeitrag kann gemäß §15 leg cit erhoben werden, wenn sich die Bewertungseinheit für die Bemessung des Anschlussbeitrages wesentlich ändert.
Der Anschlussbeitrag nach dem Vbg KanalG ist - zumal seine Vorschreibung ein mit dem Anschluss beginnendes Benützungsverhältnis voraussetzt - finanzausgleichsrechtlich als Benützungsgebühr einzustufen.
Nach Rsp des VfGH bildet die "Größe des Hauses" einen sachlichen Anknüpfungspunkt für die Kalkulation eines Anschlussbeitrages. Demgemäß ist die für den Anschlussbeitrag in §14 Abs2 Vbg KanalG vorgesehene Anknüpfung an die Geschoßfläche ein geeignetes Kriterium, um den Anschlussbeitrag in einer sachgerechten Beziehung zu Art und Ausmaß der Benützung einer Abwasserbeseitigungsanlage festzusetzen.
Vor diesem Hintergrund ist eine Änderung dann als wesentlich iSd §15 Vbg KanalG anzusehen, wenn die Erweiterung des Gebäudes in typisierender Betrachtung mit einer erhöhten Inanspruchnahme der Abwasserbeseitigungsanlage im Zusammenhang stehen kann. Dementsprechend soll nach den Materialien nicht jede geringfügige Änderung zur Neufestsetzung führen. Wesentlich soll nach den Materialien der landesgesetzlichen Bestimmung hingegen eine Änderung dann sein, wenn zB ein Gebäude aufgestockt wird.
Dem Verordnungsgeber kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn er eine Erweiterung von Gebäuden ab 12 m2 einer wesentlichen Änderung der Bewertungseinheit gleichsetzt, da eine solche wie etwa im Falle eines Zubaues ab 12 m2 mit einer erhöhten Nutzung der Abwasserbeseitigungsanlage im Zusammenhang stehen kann.
(Anlassfall E401/2017, E v 28.09.2018, Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Verletzung im Gleichheitsrecht).
Schlagworte
Kanalisation, Abgaben Kanalisation, GebührEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2018:V48.2018Zuletzt aktualisiert am
09.03.2020