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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, BSc, in der Rechtssache der Revision des Z N in B, vertreten durch Dr. Joachim Rathbauer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Weißenwolffstraße 1/4/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. August 2018, Zl. W251 2147963- 1/22E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde des aus Afghanistan stammenden Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13. Jänner 2017, mit dem der Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt wurde, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei, sowie eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt wurde, ab. Weiters sprach das BVwG aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Begründend führte das BVwG betreffend die Rückkehrentscheidung - soweit für das Revisionsverfahren relevant -
aus, dass der Revisionswerber keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet habe. Hinsichtlich der Beziehung zwischen dem Revisionswerber und seiner Freundin stellte das BVwG fest, dass der Revisionswerber zwar regelmäßig Kontakt mit seiner Freundin habe, sie bisher aber keinen gemeinsamen Haushalt geführt hätten und keine wirtschaftliche Abhängigkeit vorliege. Zudem gäbe es keine Heiratspläne. Daraus leitete das BVwG ab, dass es an der erforderlichen Beziehungsintensität mangle und kein schützenswertes Familienleben vorliege. Weiters würden öffentliche Interessen die privaten Interessen des Revisionswerbers überwiegen.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 In der Zulässigkeitsbegründung wird vorgebracht, dass die Feststellung des BVwG, wonach keine Heiratspläne zwischen dem Revisionswerber und seiner Freundin bestünden, falsch sei.
8 Diesem Vorbringen ist zunächst entgegen zu halten, dass die Freundin in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG zwar die Frage nach einer zukünftig geplanten Heirat bzw. einem Kinderwunsch grundsätzlich bejahte, jedoch auch angab, dass diesbezüglich keine konkreten Pläne bestehen würden und sie mit dem Revisionswerber auch nicht verlobt sei. Der der Revision beigelegte Auftrag des Magistrats der Landeshauptstadt Linz zur Vorlage angeführter Dokumente für die Eheschließung vom 13. August 2018 ist auf Grund des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltenden Neuerungsverbotes unbeachtlich.
9 Weiters ist darauf zu verweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte darstellt, ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474, mwN).
10 Die Revision zeigt nicht auf, dass die vom BVwG im vorliegenden Einzelfall durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK nicht auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt oder nicht in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden wäre, sodass sich diese als nicht revisibel erweist (vgl. VwGH 12.6.2018, Ra 2018/20/0177-0180, mwN).
11 Soweit die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen geltend macht, das BVwG habe den Antrag des Revisionswerbers, Frau S zur Sachverständigen in Bezug auf die Situation im Herkunftsland zu bestellen, zu Unrecht abgelehnt, ist zunächst auszuführen, dass sich das BVwG mit der vorgelegten Stellungnahme von Frau S ausführlich auseinandergesetzt hat und diese in die Beweiswürdigung einbezogen hat.
12 Zwar darf sich das Verwaltungsgericht über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH 19.10.2017, Ra 2017/20/0211), ob aber eine Beweisaufnahme notwendig ist, unterliegt der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 8.1.2015, Ra 2014/08/0064, mwN).
13 Eine derart krasse Fehlbeurteilung ist im vorliegenden Fall nicht zu sehen, zumal nach der ständigen hg. Rechtsprechung die Asylbehörden bei den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern die zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einzubeziehen haben. Das gilt gleichsam für von einem Verwaltungsgericht geführte Asylverfahren. Auch das BVwG hatte daher seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen (vgl. VwGH 6.6.2018, Ra 2018/01/0239, mwN).
14 Die Revision zeigt nicht auf, inwiefern die Beurteilung der Situation des Revisionswerbers in seinem Herkunftsland anhand der vom BVwG herangezogenen Länderberichten grob fehlerhaft wäre.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 22. Oktober 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018200446.L00Im RIS seit
14.11.2018Zuletzt aktualisiert am
29.11.2018