TE OGH 2018/9/13 10Ob61/18w

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Veröffentlicht am 13.09.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Dr. Hartmut Ramsauer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Bründl, Rechtsanwalt in Straßwalchen, wegen 10.000 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 18. April 2018, GZ 22 R 50/18h-41, womit das Urteil des Bezirksgerichts Thalgau vom 5. Dezember 2017, GZ 2 C 371/16p-36, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 833,88 EUR (darin enthalten 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger beauftragte das beklagte Bauunternehmen mit der Gesamtsanierung seines Wohnhauses.

Er begehrt die Zahlung von 10.000 EUR sA und bringt – soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich – zusammengefasst vor, er habe die beklagte Partei auf Basis eines von einem Architekten erstellten Leistungsverzeichnisses mit den Sanierungs- und Umbauarbeiten zu einem Pauschalpreis von 270.000 EUR netto beauftragt. Zusatzaufträge habe er keine erteilt. Da die beklagte Partei die beauftragten Leistungen mangelhaft und nicht vollständig ausgeführt habe, bestehe eine Unzahl – bisher nicht verbesserter – baulicher Mängel, darüber hinaus fehlten Fertigstellungsarbeiten. Obwohl die voraussichtlichen Mängelbehebungs- und Fertigstellungs-kosten den Betrag von 10.000 EUR bei weitem übersteigen würden, begehre er für die von ihm beabsichtigte Mängelbehebung im Wege einer Ersatzvornahme aus ökonomischen Gründen vorerst lediglich 10.000 EUR an Deckungskapital. Allein die Kosten der Fassadensanierung würden 10.104,60 EUR ausmachen.

Die beklagte Partei bestritt und wendete zusammengefasst ein, der Auftrag sei zu einem Pauschalpreis auf Basis einer von dem Architekten erstellten Aufstellung erteilt worden, das Leistungsverzeichnis sei nicht Auftragsinhalt geworden. Alle nicht vom Pauschalpreis erfassten Leistungen hätten vereinbarungsgemäß nach tatsächlichem Aufwand abgerechnet, ansonsten vom Kläger als Eigenleistung erbracht werden sollen. Während der Ausführung der Arbeiten habe der Kläger diverse Zusatzleistungen beauftragt, deren Bezahlung er vorerst jeweils zugesichert habe. Im November 2015 habe er von dieser Zusage nichts mehr wissen wollen und angekündigt, er werde die zusätzlich erbrachten Leistungen nicht entgelten. Wegen des damit einhergehenden Vertrauensverlustes sei die beklagte Partei zum Vertragsrücktritt und zur Rückhaltung der noch erforderlichen Fertigstellungsarbeiten berechtigt gewesen. Mangels Konkretisierung, für welche Einzelpositionen das eingeklagte Deckungskapital begehrt werde, sei das Klagebegehren unschlüssig.

Mit dem Schriftsatz vom 18. 5. 2017 schlüsselte der Kläger die Mängelbehebungskosten auf. Unter der Überschrift „Zusammenfassung der Mängel, Minderleistungen und Eigenleistungen“ werden in vierundzwanzig Punkten („Baustellengemeinkosten, Abbruch und Entsorgung, Aufschließung und Infrastruktur, Beton- und Stahlbauarbeiten, Maurerarbeiten, Estricharbeiten, Abdichtungen, Zimmermeisterarbeiten, Trockenbauarbeiten, Fenster und Fenstertüren, Außenwand-Wärmedämmsystem, Schlosserarbeiten, Bauspenglerarbeiten etc“) die einzelnen Mängel detailliert beschrieben und die einzelnen Positionen beziffert. Auch die vom Kläger selbst erbrachten – seinem Standpunkt nach vom Pauschalauftrag umfassten – Leistungen („Eigenleistungen“) sind aufgezählt, werden zum Teil bewertet und stellen einen Teil der Klageforderung dar. Darüber hinaus macht der Kläger aufgrund angeblich vorliegender unbehebbarer (irreparabler) Mängel bei den Estricharbeiten Preisminderung in Form von „Qualitätsabzügen“ geltend (Seite 4 des Schriftsatzes vom 18.5.2017). Insgesamt ergibt sich eine Summe von 173.439,37 EUR. Der Kläger brachte dazu ergänzend vor, der Gerichtssachverständige werde – da lediglich 10.000 EUR an Deckungskapital eingeklagt seien – nur zu prüfen haben, ob die Mängelbehebungskosten zumindest 10.000 EUR erreichen.

In der mündlichen Streitverhandlung vom 24. 9. 2017 erörterte die Richterin mit dem Klagevertreter, dass die Klageforderung weiterhin unschlüssig geblieben sei, weil nicht dargelegt werde, für die Sanierung welcher konkreter Mängel im Wege der Ersatzvornahme 10.000 EUR begehrt werden.

Daraufhin brachte der Klagevertreter vor, das Deckungskapital werde für die im Schriftsatz vom 18. 5. 2017 geltend gemachten und dort auch bewerteten Mängel gefordert.

Das Erstgericht schloss die Verhandlung und wies das Klagebegehren wegen Unschlüssigkeit ab. Der Kläger habe trotz Aufforderung nicht dargelegt, für welche konkreten Mängel er die 10.000 EUR an Deckungskapital begehre, sondern weiterhin einen nicht zuordenbaren Pauschalbetrag von 10.000 EUR geltend gemacht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es liege kein einheitlicher Anspruchsgrund vor, sondern Einzelpositionen, die ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben könnten. Geltend gemacht werden diverse Mängel an verschiedenen Teilen des Gebäudes. Ein verschiedenes rechtliches Schicksal der Einzelpositionen könnte sich auch infolge des von der beklagten Partei bestrittenen Auftragsumfangs und des von ihr behaupteten Vertragsrücktritts ergeben. Dennoch habe der Kläger nicht klargestellt, welche Teile von seinem pauschal formulierten Klagebegehren über 10.000 EUR erfasst sein sollten bzw über welche Einzelpositionen abzusprechen sein werde. Der Kläger habe zwar vorgebracht, dass allein das Deckungskapital für die Behebung der Mängel an der Fassade 10.104,60 EUR betrage, habe aber noch in seiner Berufung daran festgehalten, das Deckungskapital für alle vorhandenen Mängel geltend zu machen.

Das Berufungsgericht ließ die Revision nachträglich mit der Begründung zu, es sei nicht auszuschließen, dass die vom Kläger vertretene Sichtweise richtig sei, es liege ein einheitlicher Anspruch bzw ein einheitlicher Gesamtschaden vor, der nicht weiter aufzuschlüsseln sei.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Zulassungsausspruch ist die Revision nicht zulässig.

1.1. Macht ein Kläger nur einen Teil des Gesamtschadens geltend und können dabei einzelne Schadenspositionen unterschieden werden, die ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben, hat er klarzustellen, welche Teile von seinem pauschal formulierten Begehren erfasst sein sollen, um den Umfang der Rechtskraft bestimmen zu können (zuletzt 8 Ob 97/18z). Die Aufteilung des Pauschalbetrags auf die einzelnen Schadenspositionen kann nicht dem Gericht überlassen werden (3 Ob 241/97f = SZ 70/136; RIS-Justiz RS0031014 [T22, T25, T26]).

1.2. Lediglich gleichartige Ansprüche können zu einem einheitlichen Begehren zusammengefasst werden. Nur wenn ein Schaden als einheitlicher Gesamtschaden zu betrachten ist, bedarf auch die Teileinklagung keiner weiteren Aufschlüsselung (RIS-Justiz RS0031014 [T28, T30]). In einem solchen Fall würde das Gebot nach einer Präzisierung des Vorbringens überspannt, würde man für jeden einzelnen von unter Umständen hundert Fällen ein gesondertes detailliertes Vorbringen fordern (8 Ob 135/03s).

1.3. Ob Schadenspositionen geltend gemacht werden, die einem unterschiedlichen rechtlichen Schicksal zugänglich sind, oder ob ein einheitlicher Anspruch vorliegt, ist nicht immer eindeutig. Die Beurteilung der Frage richtet sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, sodass sich regelmäßig keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO ergeben (4 Ob 137/17a).

2. Die Auffassung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen dieser von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entwickelten Leitlinien:

2.1. Der Kläger macht als Übernehmer von – nach seinem Prozessvorbringen – mangelhaften nicht erbrachten Leistungen im Rahmen einer Generalsanierung seines Wohnhauses den (vorrangigen) Rechtsbehelf der Verbesserung geltend, will also die Reparatur des Geleisteten („Nachbesserung“) bzw die Nachlieferung („Nachtrag des Fehlenden“) erreichen, hinsichtlich der Estricharbeiten fordert er Preisminderung (§ 932 ABGB); zugleich begehrt er Geldersatz für seine – seinem Standpunkt nach – vom Auftrag an die Beklagte umfasste Leistungen, die von dieser vertragswidrig nicht verrichtet wurden und die er deshalb selbst vorgenommen hat („Eigenleistungen“).

2.2. Ist der Mangel noch nicht verbessert und will der Kläger den Schaden beheben lassen, hat er für den Verbesserungsaufwand Anspruch auf Ersatz der objektiv notwendigen Behebungskosten („Deckungskapital“ – RIS-Justiz RS0115060). Die Höhe der insgesamt notwendigen Behebungskosten sowie der Preisminderung und des Ersatzes für „Eigenleistungen“ wird im vorliegenden Fall mit 173.439,37 EUR angeführt, wovon nur ein Teilbetrag von 10.000 EUR geltend gemacht wird.

2.3. Schon insoweit dieses Klagebegehren auf Gewährleistung gestützt wird, wird es aus unterschiedlichen Sachverhalten abgeleitet, nämlich auf verschiedene Ausführungsfehler zurückzuführende Mängel im Zuge von Generalsanierungsarbeiten verschiedenster Art (Maurer-, Maler-, Schlosser-, Zimmermanns-, Bauspenglerarbeiten etc), die an unterschiedlichen Teilen des Wohnhauses vorzunehmen waren (an der Fassade, den Zwischenmauern, Fenstern und Türen, an Balkonen und der Terrasse etc); weiters wird Preisminderung wegen unbehebbarer Mängel am Estrich begehrt. Geltend gemacht werden somit einzelne Schadenspositionen, die nicht nur im Hinblick auf die Diversität der einzelnen Arbeiten an den verschiedenen Gebäudeteilen ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben können, sondern auch infolge des strittigen Auftragsumfangs und des von der beklagten Partei behaupteten berechtigten Vertragsrücktritts (vgl 10 Ob 37/13h). Die Ansicht, aufgrund der im vorliegenden Einzelfall gegebenen Umstände liege kein einheitlicher Gesamtschaden vor, stellt daher keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.

3.In der vom Revisionswerber für seinen Standpunkt ins Treffen geführten Entscheidung 8 Ob 135/03s umfasste das auf eine Pauschalsumme gerichtete (Haupt-)Klagebegehren ausschließlich Mängelbehebungs-kosten, wobei ein detaillierteres Vorbringen als unzumutbar erachtet wurde. Demgegenüber hat der Kläger im vorliegenden Fall den von ihm behaupteten Gesamtschaden bereits exakt aufgeschlüsselt, stellt aber dennoch nicht klar, welche Teile von seinem pauschal formulierten Klagebegehren über 10.000 EUR umfasst sein sollen bzw über welche Schadenspositionen abgesprochen werden soll. Er wollte damit erkennbar erreichen, dass das Erstgericht die von ihm geltend gemachten zahlreichen Einzelpositionen jeweils dem Grunde und der Höhe nach solange in Prüfung zieht, bis ihm 10.000 EUR zugesprochen werden können. Dies ist bei zu unterscheidenden Einzelpositionen, die ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben können, aber nicht möglich.

4. Im Hinblick darauf, dass eine detaillierte Aufschlüsselung der den Gesamtschaden bildenden Einzelpositionen bereits vorliegt, wäre dem Kläger die Schlüssigstellung des eingeklagten Teilbetrags von 10.000 EUR auch möglich gewesen. Beispielsweise hätte er ein Teilbegehren in der Weise einklagen können, dass er in Relation zu dem von ihm bekannt gegebenen Gesamtschaden und den darin enthaltenen einzelnen Positionen den Ersatz eines bestimmten Prozentsatzes des Gesamtschadens und damit der einzelnen Schadenspositionen geltend macht (vgl 10 Ob 63/08z). Weiters hätte er das Deckungskapital in Form eines Haupt- und eines oder mehrerer Eventualbegehren einklagen können, um auf diese Weise eine „Reihung“ einzelner Klagepositionen und deren Prüfung bis zum Erreichen der eingeklagten 10.000 EUR zu bewirken (vgl 1 Ob 141/17t). Die Ansicht des Berufungsgerichts, dies lasse sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht ableiten, ist jedenfalls vertretbar.

Mangels einer Rechtsfrage von über den vorliegenden Einzelfall hinausgehender Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41,50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Textnummer

E123184

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0100OB00061.18W.0913.000

Im RIS seit

19.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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