Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt *****, vertreten durch Rudeck – Schlager Rechtsanwalts KG in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. E***** W*****, vertreten durch Dr. Harald Kirchlechner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 16. Mai 2018, GZ 39 R 411/17f-28, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Entgegen den Ausführungen in der Revision ist die Rechtsprechung zur Verantwortung des Mieters für unleidliches Verhalten (§ 30 Abs 2 Z 3 2. Fall MRG) von Personen, die mit seinem Willen die Wohnung benützen, eindeutig: Er hat dieses Verhalten nur dann nicht zu verantworten, wenn er davon keine Kenntnis hatte und deshalb nicht einschreiten konnte. War der Mieter aber in der Lage einzuschreiten, kann er sich nicht auf sein Unvermögen oder etwa darauf berufen, dass er alle ihm zu Gebote stehenden bzw ihm nach der Sachlage zumutbaren Abwehrmittel ausgeschöpft habe (RIS-Justiz RS0070371). Wollte man dem Mieter den Einwand zugestehen, dass er alle zumutbaren Abwehrmittel ausgeschöpft habe, ihm aber subjektiv tatsächlich die Abhilfe nicht gelungen sei, wäre der Schutzzweck des Kündigungsgrundes unterlaufen, der primär darin liegt, die übrigen Hausbewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen (1 Ob 268/99i; 3 Ob 220/09p; 6 Ob 189/13g). Das Gesetz gewährt den in ihrem Hausfrieden bedrohten Mietern Schutz und lässt die „Verewigung“ eines untragbaren Zustands nicht zu, mag er durch das Verhalten eines Mieters selbst oder durch das seiner Familienangehörigen hervorgerufen sein (RIS-Justiz RS0070371 [T3]). Auf dieser Grundlage besteht kein Zweifel, dass der Beklagte für das ihm bekannte Verhalten seines Sohnes einzustehen hat.
Für die Berechtigung der Aufkündigung ist grundsätzlich maßgebend, ob der Tatbestand zur Zeit der Aufkündigung erfüllt war; das Einstellen eines Verhaltens nach der Aufkündigung kann allerdings bei der Beurteilung, ob das Gesamtverhalten die Aufkündigung im Einzelfall rechtfertigte, mitberücksichtigt werden (RIS-Justiz RS0070378). Verhaltensänderungen nach Einbringen der Aufkündigung haben aber nur dann Einfluss auf das Schicksal der Aufkündigung, wenn sie den Schluss zulassen, dass die Wiederholung der bisherigen Unzukömmlichkeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist (RIS-Justiz RS0070340, RS0067534). Ob das zutrifft, ist eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0042790, RS0070340 [T3]). Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt hier nicht vor: Grund für das unleidliche Verhalten ist eine psychische Erkrankung des Sohnes, der nur gelegentlich in Behandlung ist und Medikamente immer wieder absetzt. Damit ist nicht sichergestellt, dass die Verhaltensänderung tatsächlich anhält.
Textnummer
E123179European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00152.18V.0924.000Im RIS seit
19.11.2018Zuletzt aktualisiert am
18.02.2019