TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/20 97/08/0636

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Veröffentlicht am 20.10.1999
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E05204020;
E6J;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art1 litb;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art1 litu Zi;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art4 Abs1 lith;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art71 Abs1 lita Zii;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art72a;
31972R0574 WanderarbeitnehmerV DV;
61994CJ0245 Hoever Zachow VORAB;
61996CJ0085 Martinez Sala VORAB;
61996CJ0275 Kuusijaervi VORAB;
61997CJ0211 Gomez Rivero VORAB;
AlVG 1977 §26 Abs1 Z1;
AlVG 1977 §26 Abs1;
EURallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der A in K, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Favoritenstraße 108/3, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 17. November 1997, Zl. 4/12897/Nr. A81/97-1, betreffend Karenzurlaubsgeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine österreichische Staatsangehörige, stellte am 14. Juli 1997 bei einer regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice den Antrag auf Karenzurlaubsgeld ab 25. Juni 1997. Nach der vorgelegten Arbeitsbescheinigung war sie im Krankenhaus Wegscheid (Deutschland) vom 1. Dezember 1971 bis 20. September 1996 als Dienstnehmerin beschäftigt und in dieser Zeit in K. (Österreich) wohnhaft. Aufgrund der Geburt ihres Kindes Julia am 28. Juni 1996 löste sie dieses Dienstverhältnis durch Kündigung auf. Sie bezog von der AOK Bayern vom 11. Juni 1996 bis 20. September 1996 Mutterschaftsgeld in Höhe von täglich DM 25,--; den Differenzbetrag zu ihrem durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelt zahlte ihr Arbeitgeber. In der Folge wurde ihr mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Landshut Bundeserziehungsgeld gewährt. Mit Bescheid vom 11. Juli 1997 dieses Amtes wurden die Bewilligungsbescheide zurückgenommen und ausgesprochen, dass das Bundeserziehungsgeld der Beschwerdeführerin nicht zustehe und sie verpflichtet sei, den zu Unrecht empfangenen Betrag zu erstatten.

Die angerufene regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gab dem Antrag auf Zuerkennung des Karenzurlaubsgeldes mit Bescheid vom 8. September 1997 keine Folge. Begründet wurde dieser Ausspruch damit, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem (deutschen) Dienstgeber keinen Karenzurlaub vereinbart und sie auch keinen Anspruch auf Wochengeld habe.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin machte sie geltend, es sei zwar richtig, dass sie kein Wochengeld nach dem österreichischen ASVG bezogen habe. Sie habe jedoch die dem österreichischen Wochengeld idente deutsche Leistung, das Mutterschaftsgeld, von der AOK Passau bezogen. Gemäß Art. 72 VO (EWG) 1408/71 habe das AMS das Mutterschaftsgeld wie das Wochengeld gleich zu berücksichtigen. Für den Anspruch auf Karenzurlaubsgeld sei unabdingbare Voraussetzung, dass ein Anspruch auf Wochengeld aus der Krankenversicherung aufgrund eines Arbeitsverhältnisses resultiere. Der Gesetzgeber wolle das Karenzurlaubsgeld nur denen zubilligen, die tatsächlich aus einem Arbeitsverhältnis kämen. Diese Voraussetzungen erfülle sie.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. In der Begründung führte sie nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesstellen aus, es sei unstrittig, dass die Beschwerdeführerin kein Wochengeld in Österreich bezogen habe. Gemäß § 26 Abs. 1 lit. b AlVG sei Voraussetzung, dass "aufgrund eines Dienstverhältnisses infolge der Entbindung" Anspruch auf Wochengeld entstanden sei. Nach Auffassung der Behörde müsse ein Anspruch auf Wochengeld nach den Bestimmungen des ASVG vorliegen, der allerdings von der Krankenkasse unter Heranziehung ausländischer Versicherungszeiten zu berechnen sei. Der Bezug von Mutterschaftsgeld (in der Bundesrepublik Deutschland) sei dem Bezug von Wochengeld (in Österreich) nicht gleichzusetzen. Mit dem EWR-Vertrag sei nur sichergestellt worden, dass EWR-Bürger aufgrund ihrer ausländischen Versicherungszeiten in jedem EWR-Land Anspruch auf Wochengeld hätten. Damit würden die Mindeststandards des Mutterschaftsrechts gewährleistet. Karenzurlaubsgeld sei jedoch eine Leistung, die es nicht in allen EWR-Staaten gebe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht geltend, hätte sich der unstrittige Sachverhalt in Österreich abgespielt, hätte sie Anspruch auf Karenzurlaubsgeld gehabt. Da sie von ihrem Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer Gebrauch gemacht habe, werde sie diskriminiert. Beim Karenzurlaubsgeld handle es sich - ähnlich wie beim deutschen Erziehungsgeld - um eine Familienleistung im Sinne des Art. 72 der Verordnung über soziale Sicherheit Nr. 1408/71. Nach dieser Bestimmung habe der zuständige Träger eines Mitgliedstaates, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb des Leistungsanspruches von der Zurücklegung von Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbständigen Tätigkeit abhängig sei, auch, soweit erforderlich, Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbständigen Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat so zu berücksichtigen, als handelte es sich um Zeiten, die nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden seien. Damit sei klargelegt, dass § 26 AlVG nicht in einem wie von der belangten Behörde vorgenommenen Sinn ausgelegt werden dürfe, dass letztendlich die Beschäftigungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat bzw. Mutterschaftsleistungen eines anderen Mitgliedstaates nachteiliger behandelt würden als österreichische Versicherungszeiten bzw. das österreichische Wochengeld. Die Auffassung der belangten Behörde führe zu einer Diskriminierung einer Wanderarbeitnehmerin, welche sowohl aufgrund des Art. 72 der genannten Verordnung als auch der Art. 48, 51 und 7 EGV unzulässig sei.

Der Beschwerde kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, dass zufolge der Beschäftigung der Beschwerdeführerin in der Bundesrepublik Deutschland bei Beurteilung ihres Anspruches die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zu berücksichtigen ist und dass das angesprochene Karenzurlaubsgeld eine Familienleistung im Sinne dieser Verordnung darstellt. Unstrittig ist weiters, dass die Beschwerdeführerin nach Beendigung ihrer Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland kein Beschäftigungsverhältnis aufgenommen hat. Sie gilt daher als vollarbeitsloser Arbeitnehmer im Sinne der genannten Verordnung.

Das Recht der Familienleistungen ist in den Artikeln 72 bis 79 VO (EWG) 1408/71 geregelt. Die für die Beurteilung des Beschwerdefalles maßgebenden Bestimmungen des Art. 72a und die verwiesenen Teile des Art. 71 lauten wie folgt:

"Artikel 72 a

Vollarbeitslose Arbeitnehmer

Ein vollarbeitsloser Arbeitnehmer, für den Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a) Ziffer ii) oder Buchstabe b) Ziffer ii) erster Satz gilt, bezieht für seine in demselben Mitgliedstaat wie er wohnenden Familienangehörigen die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Staates, als ob diese Rechtsvorschriften für ihn während seiner letzten Beschäftigung gegolten hätten; dabei ist gegebenenfalls Artikel 72 zu berücksichtigen. Diese Leistungen gewährt der Träger des Wohnorts zu seinen Lasten.

Wendet dieser Träger Rechtsvorschriften an, in denen Beitragsabzüge zu Lasten der Arbeitslosen zur Deckung der Familienleistungen vorgesehen sind, ist er befugt, diese Abzüge nach seinen Rechtsvorschriften vorzunehmen."

Art. 71 Abs. 1 Buchstabe a) Z. ii) und Buchstabe b) Z. ii) erster Satz lauten:

"Für die Gewährung der Leistungen an einen arbeitslosen Arbeitnehmer, der während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates als des zuständigen Staates wohnte, gilt folgendes:

a) i) ...

ii)

Grenzgänger erhalten bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dessen Gebiet sie wohnen, als ob während der letzten Beschäftigung die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedsstaates für sie gegolten hätten; diese Leistungen gewährt der Träger des Wohnorts zu seinen Lasten;

              b)              i) ...

ii)

Arbeitnehmer, die nicht Grenzgänger sind und die sich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaates zur Verfügung stellen, in dessen Gebiet sie wohnen, oder in das Gebiet dieses Staates zurückkehren, erhalten bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Staates, als ob sie dort zuletzt beschäftigt gewesen wären; diese Leistungen gewährt der Träger des Wohnortes zu seinen Lasten. ..."

Die Definition der Familienleistung im Art. 1 Buchstabe u) Z. i) der Verordnung Nr. 1408/71 lautet:

"Familienleistungen:

Alle Sach- oder Geldleistungen, die zum Ausgleich von Familienlasten im Rahmen der in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe h) genannten Rechtsvorschriften bestimmt sind, jedoch mit Ausnahme der in Anhang II aufgeführten besonderen Geburts- oder Adoptionsbeihilfen."

Die belangte Behörde - als zuständiger Träger im Sinne des Art. 1 Buchstabe o) Z. ii) der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 - geht zutreffend davon aus, dass es sich beim Karenzurlaubsgeld um eine Familienleistung im Sinne des Art. 1 Buchstabe u) Z. i) der Verordnung handelt. Dafür spricht zunächst schon die Einstufung des Karenz(urlaubs)geldes als Familienleistung im Sinne der genannten Verordnung betreffend die auf Österreich bezogenen Teile der Anhänge 2, 3, 4 und 10 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, aber auch die Rechtsprechung des EuGH:

Wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft wiederholt entschieden hat (vgl. etwa das Urteil vom 10. Oktober 1996 in den Rechtssachen C-245/94 und C 312/94, Hoever und Zachow, Slg. 1996, I-4895), hängt die Unterscheidung zwischen Leistungen, die vom Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 ausgeschlossen sind, und solchen, die von ihm erfasst werden, im Wesentlichen von den grundlegenden Merkmalen der jeweiligen Leistung ab, insbesondere von ihrem Zweck und den Voraussetzungen ihrer Gewährung, nicht dagegen davon, ob eine Leistung von den nationalen Rechtsvorschriften als eine Leistung der sozialen Sicherheit eingestuft wird. Eine Leistung ist dann eine in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 fallende Leistung der sozialen Sicherheit, wenn sie den Begünstigten aufgrund eines gesetzlich umschriebenen Tatbestandes gewährt wird, ohne dass im Einzelfall eine in das Ermessen gestellte Prüfung des persönlichen Bedarfs erfolgt, und wenn sie sich auf eines der in Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 ausdrücklich aufgezählten Risken bezieht. Eine Leistung, die einem Elternteil ermöglichen soll, sich in der ersten Lebensphase eines Kindes dessen Erziehung zu widmen, und die genauer betrachtet dazu dient, die Erziehung des Kindes zu vergüten, die anderen Betreuungs- und Erziehungskosten auszugleichen und gegebenenfalls die finanziellen Nachteile, die der Verzicht auf ein Erwerbseinkommen bedeutet, abzumildern, ist einer Familienleistung im Sinne der Art. 1 Buchstabe u) Z. i) und 4 Abs. 1 Buchstabe h) der Verordnung Nr. 1408/71 gleichzustellen (vgl. Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 11. Juni 1998 in der Rechtssache C-275/96, Anne Kuusijaervi, Slg. 1998, I-3419, und vom 12. Mai 1998 in der Rechtssache C-85/96, Sala).

Was die erste der oben genannten Voraussetzungen anbelangt, ist unbestritten, dass die Vorschriften über die Gewährung des Karenzurlaubsgeldes für die Begünstigten einen gesetzlich umschriebenen Anspruch begründen und dass diese Leistungen Personen gewährt werden, die bestimmte objektive Kriterien erfüllen, ohne dass im Einzelfall eine in das Ermessen gestellte Prüfung ihres persönlichen Bedarfs erfolgt.

Das Karenzurlaubsgeld erfüllt aber auch den erforderlichen Zweck: Es wird aus Anlass der Geburt eines Kindes gewährt und soll damit der Mutter die Möglichkeit eröffnen, sich in der ersten Lebensphase des Kindes dessen Erziehung zu widmen.

Das Karenzurlaubsgeld entspricht daher den Kriterien einer Familienleistung im Sinne der Verordnung Nr. 1408/71.

Nach den Feststellungen ging die Beschwerdeführerin in der BRD einer Beschäftigung nach und war während dessen in Österreich wohnhaft. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher - wie offenbar auch die belangte Behörde - davon aus, dass die Beschwerdeführerin als Grenzgängerin im Sinne des Art. 1 Buchstabe b) und damit auch des Art. 71 Abs. 1 Buchstabe a) Z. ii) der genannten Verordnung anzusehen ist.

Nach dem eingangs genannten Art. 72 a in Verbindung mit Art. 71 Abs. 1 Buchstabe a) Z. ii) hat die Beschwerdeführerin daher als unstrittig vollarbeitslose Arbeitnehmerin für ihre in dem selben Mitgliedstaat (Österreich) wie sie wohnenden Familienangehörigen Anspruch auf die Familienleistungen (Karenzurlaubsgeld) nach den Rechtsvorschriften dieses Staates, als ob diese Rechtsvorschriften für sie während ihrer Letztbeschäftigung gegolten hätten. Obwohl Art. 72 a der Verordnung 1408/71 davon spricht, dass ein vollarbeitsloser Arbeitnehmer für seine in dem selben Mitgliedstaat wie er wohnenden Familienangehörigen die Familienleistungen bezieht, ist dieser Artikel auf die Beschwerdeführerin, die einen eigenen Anspruch hat, anzuwenden (vgl. die Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in den bereits zitierten Rechtssachen Hoever und Zachow, sowie das Urteil vom 3. Juni 1999 in der Rechtssache C-211/97, Paula Gomez-Rivero, und das Urteil vom 11. Juni 1998 in der Rechtssache C-275/96, Anne Kuusijaervi, Slg. 1998, I-3419).

Art. 72 a bestimmt, dass der vollarbeitslose Arbeitnehmer die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnsitzstaates bezieht, als ob diese Rechtsvorschriften für ihn während seiner letzten Beschäftigung gegolten hätten. Damit sind die Beschäftigungszeiten den entsprechenden inländischen Beschäftigungszeiten mit den daraus resultierenden Ansprüchen gleichgestellt. Diese Gleichstellungsanordnung missachtet die belangte Behörde, wenn sie davon ausgeht, die Beschwerdeführerin müsse einen Anspruch auf Wochengeld nach den österreichischen Bestimmungen haben. Einer derartigen Auslegung des § 26 Abs. 1 Z. 1 lit. b AlVG steht vielmehr, wie die Beschwerdeführerin zutreffend geltend macht, das Gleichstellungsgebot des Art. 72 a der Verordnung 1408/71 entgegen. Bei den von der belangten Behörde festgestellten Beschäftigungsverhältnissen und Leistungsbezügen der Beschwerdeführerin in der Bundesrepublik Deutschland sind daher nicht nur - wie die belangte Behörde meint - die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Z. 1 lit. a AlVG, sondern auch die der lit. b gegeben; lit. c ist offenbar unstrittig. Die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Gewährung des Karenzurlaubsgeldes ist daher rechtswidrig.

Im Hinblick auf das in der Bundesrepublik Deutschland geführte Verfahren der Beschwerdeführerin wird die belangte Behörde jedoch das Verbot des Zusammentreffens von Leistungen im Sinne des Art. 12 der Verordnung 1408/71 zu beachten haben.

Da die belangte Behörde die dargestellte Rechtslage verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Oktober 1999

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Verordnung unmittelbare Anwendung EURallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997080636.X00

Im RIS seit

21.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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