Entscheidungsdatum
29.08.2018Index
41/03 PersonenstandsrechtNorm
NÄG 1988 §1 Abs1 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Landesrechtspflegerin Ziegler über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 63, vom 11.04.2018, Zahl: …,
zu Recht e r k a n n t:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Entscheidungsgründe
Der Bescheid des Magistrat der Stadt Wien (in Folge: belangte Behörde) vom 11.04.2018, Zahl: …, enthält folgenden Spruch:
„Gemäß §§ 1, 2 Abs. 1 Z 8 des Bundesgesetzes vom 22. März 1988, BGBl. Nr. 195/1988, über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (Namensänderungsgesetz – NÄG) in der geltenden Fassung wird
der minderjährigen
C. B.
geboren am … 2017
in Wien,
wohnhaft in Wien, H.-gasse, die
ÄNDERUNG DES FAMILIENNAMENS IN
D.
bewilligt.“
In seiner gegen diesen Bescheid frist- und formgerecht eingebrachten Beschwerde bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass die Änderung des Familiennamens seiner Tochter von B. auf D. ohne sein Einverständnis mit Beschluss der MA 63 vorgenommen worden sei. Er habe bei der MA 63 vorgesprochen und von dieser die Mitteilung erhalten, er würde in 3 bis 4 Monaten ein Schreiben für das Gericht bekommen. Stattdessen sei die Namensänderung ohne ein Urteil des Gerichtes vorgenommen worden. Er beantrage daher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verfahrens.
Die belangte Behörde hat von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand genommen und die Beschwerde samt bezughabenden Akt dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vorgelegt.
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt zur Zahl ….
Nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Antrag vom 04.01.2018 beantragte die mit der alleinigen Obsorge betraute Mutter der C. B., Frau F. D., die Änderung des Familiennamens ihrer Tochter von B. auf D.. Begründend führte die Antragstellerin aus, der Vater ihrer unehelich geborenen Tochter C., Herr A. B., habe nach Anerkennung der Vaterschaft den Wunsch gehabt, dass C. seinen Familiennamen trage, weshalb dieser von D. auf B. geändert worden sei. Frau D. brachte weiters vor, dass der Vater seit 8.12.2017 von der Polizei gesucht worden und ein Zusammenleben mit ihm nicht möglich gewesen sei. Ihre Kinder, für die sie die alleinige Obsorge habe, würden nur bei ihr wohnen und an ihrem Wohnort auch den Kindergarten bzw. ab September die Schule besuchen. Zudem sei der Name B. für C. sehr schwierig.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 12.03.2018 wurde der Vater, Herr A. B., von dem Antrag auf Änderung des Familiennamens der minderjährigen C. auf D. in Kenntnis gesetzt und ihm die Möglichkeit, schriftliche Einwendungen vorzubringen, geboten.
In seinen Einwendungen bringt der nunmehrige Beschwerdeführer vor, er sei mit der Namensänderung seiner Tochter nicht einverstanden, da er befürchte, dass die Mutter Frau F. D. mit den Kinder in die Türkei reise und nicht mehr zurückkehre.
In der Folge erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 11.04.2018, Zahl: …, mit welchem sie dem Antrag auf Änderung des Familiennamens der minderjährigen C. von B. auf D. bewilligte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes, BGBl. Nr. 195/1988 idgF, lauten auszugsweise:
„Antrag auf Namensänderung
§ 1 (1) Eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung betrifft
1. Einen österreichischen Staatsbürger;
…
(2) Insoweit der Antragsteller in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, hat der gesetzliche Vertreter den Antrag einzubringen. Die Einbringung bedarf der persönlichen Zustimmung des Antragstellers, wenn dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat.
Voraussetzungen der Bewilligung
§ 2. (1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt vor, wenn
...
2. der bisherige Familienname schwer auszusprechen oder zu schreiben ist;
…
5. der Antragsteller einen Familiennamen erhalten will, den er früher zu Recht geführt hat;
…
9. der Antragsteller einen § 155 ABGB entsprechenden Familiennamen der Person erhalten will, der die Obsorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist;
...
Versagung der Bewilligung
§ 3. (1) Die Änderung des Familiennamens oder Vornamens darf nicht bewilligt werden, wenn
...
6. die beantragte Änderung des Familiennamens oder Vornamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist;“
§ 138 ABGB lautet:
Kindeswohl
§ 138. In allen das minderjährige Kind betreffenden Angelegenheiten, insbesondere der Obsorge und der persönlichen Kontakte, ist das Wohl des Kindes (Kindeswohl) als leitender Gesichtspunkt zu berücksichtigen und bestmöglich zu gewährleisten. Wichtige Kriterien bei der Beurteilung des Kindeswohls sind insbesondere
1. eine angemessene Versorgung, insbesondere mit Nahrung, medizinischer und sanitärer Betreuung und Wohnraum, sowie eine sorgfältige Erziehung des Kindes;
2. die Fürsorge, Geborgenheit und der Schutz der körperlichen und seelischen Integrität des Kindes;
3. die Wertschätzung und Akzeptanz des Kindes durch die Eltern;
4. die Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes;
5. die Berücksichtigung der Meinung des Kindes in Abhängigkeit von dessen Verständnis und der Fähigkeit zur Meinungsbildung;
6. die Vermeidung der Beeinträchtigung, die das Kind durch die Um- und Durchsetzung einer Maßnahme gegen seinen Willen erleiden könnte;
7. die Vermeidung der Gefahr für das Kind, Übergriffe oder Gewalt selbst zu erleiden oder an wichtigen Bezugspersonen mitzuerleben;
8. die Vermeidung der Gefahr für das Kind, rechtswidrig verbracht oder zurückgehalten zu werden oder sonst zu Schaden zu kommen;
9. verlässliche Kontakte des Kindes zu beiden Elternteilen und wichtigen Bezugspersonen sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen;
10. die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen des Kindes;
11. die Wahrung der Rechte, Ansprüche und Interessen des Kindes sowie
12. die Lebensverhältnisse des Kindes, seiner Eltern und seiner sonstigen Umgebung.“
§ 156 ABGB lautet:
„§ 156. (1) Den Familiennamen des Kindes bestimmt die mit der Pflege und Erziehung betraute Person. Mehrere damit betraute Personen haben das Einvernehmen herzustellen; es genügt aber die Erklärung einer von ihnen, sofern sie versichert, dass die andere damit einverstanden ist oder das Einvernehmen nicht mit zumutbarem Aufwand erreicht werden kann.“
§ 177 ABGB lautet:
Obsorge der Eltern
„§ 177. (2) Sind die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so ist allein die Mutter mit der Obsorge betraut. Die Eltern können aber vor dem Standesbeamten persönlich und unter gleichzeitiger Anwesenheit nach einer Belehrung über die Rechtsfolgen einmalig bestimmen, dass sie beide mit der Obsorge betraut sind, sofern die Obsorge nicht bereits gerichtlich geregelt ist. Die Bestimmung wird wirksam, sobald beide Eltern persönlich vor dem Standesbeamten übereinstimmende Erklärungen abgegeben haben. Innerhalb von acht Wochen ab ihrer Wirksamkeit kann die Bestimmung ohne Begründung durch einseitige Erklärung eines Elternteils gegenüber dem Standesbeamten widerrufen werden. Vorher gesetzte Vertretungshandlungen bleiben davon unberührt.“
Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Mutter gemäß § 177 Abs. 2 ABGB mit der alleinigen Obsorge ihrer unehelich geborenen Tochter betraut ist. Dass auch dem Vater auf Grund einer übereinstimmenden Erklärung, einer Vereinbarung oder einer gerichtlichen Regelung die Obsorge obliegt, ergibt sich aus der vorliegenden Aktenlage nicht und wird vom Beschwerdeführer auch nicht eingewandt.
Wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, liegen im gegenständlichen Fall entsprechend den Bestimmungen des NÄG insofern die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Namensänderung vor, als die Tochter C. bereits zum Zeitpunkt ihrer Geburt zu Recht den Namen „D.“, ihrer mit der alleinigen Obsorge betrauten Mutter, geführt hat.
Zu den Einwendungen des Beschwerdeführers, die Namensänderung sei ohne sein Einverständnis vorgenommen worden, wird festgestellt, dass ihm auf Grund der alleinigen Obsorge der Mutter über die Tochter, kein Zustimmungsrecht, sondern nur ein Informations- und Äußerungsrecht zukommt. Dieses Äußerungsrecht besteht jedoch lediglich im Innenverhältnis zwischen den Kindeseltern und hat auf Grund der gesetzlichen Konstellation auf die Wirksamkeit der Namensbestimmung keinen Einfluss.
Ebenso kann das Verwaltungsgericht Wien keine dem Wohl und Interesse des Kindes abträgliche Umstände erkennen, die einer Änderung des Namens auf den der Mutter, in deren Haushalt die minderjährige Tochter betreut wird, entgegenstehen.
Angesichts der obigen Ausführungen hat die belangte Behörde zu Recht dem Antrag von Frau F. D. auf Änderung des Familiennamens ihrer minderjährigen Tochter von B. auf D. stattgegeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde abzuweisen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG hat das Verwaltungsgericht Wien von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen, da auf Grund der eindeutigen Aktenlage eine Klärung der Rechtssache durch die mündliche Erörterung nicht zu erwarten ist und auch Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 der europäischen Grundrechtecharta dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen stehen.
Schlagworte
Namensänderung; Minderjährigkeit; Obsorgeberechtigung; Zustimmungsrecht; Informations- und Äußerungsrecht; KindeswohlEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.251.078.RP10.7109.2018Zuletzt aktualisiert am
07.11.2018